01.10.2016

Fairer Kaffee - er hält, was er ver­spricht

Die Österreicher:innen sind ein Volk der Kaffeetrinker:innen: 3 Tassen Kaffee trinkt jede/r im Durchschnitt täglich. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von jährlich 8,3 Kilo liegt Österreich weltweit im absoluten Spitzenfeld. Aber nur ein Zwanzigstel stammen aus der fairen Produktion der Gütesiegel FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance. Diese versprechen ein besseres Leben für Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern.

Der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich hat auf Basis von 190 Kriterien sowie unabhängigen Wirkungsstudien untersucht, wie glaubwürdig diese Gütesiegel beziehungsweise deren Sozial- und Umweltstandards tatsächlich sind. Zudem wurde das Angebot an nachhaltigem Kaffee in österreichischen Supermärkten erhoben - mit zum Teil überraschenden Ergebnissen.

Kaffee ist sehr ge­fragt, Bauern leben trotz­dem in Armut

20 Millionen Menschen leben weltweit direkt vom Kaffeeanbau – rund 95 Prozent davon sind Kleinbauern in sogenannten Entwicklungsländern. Trotz global steigender Nachfrage nach Kaffee leben mehr als die Hälfte der Kaffeebauern unter der Armutsgrenze von 1,10 Euro pro Tag.

Die stark schwankenden Preise für Rohkaffee decken die steigenden Produktionskosten oft nicht ab. Kaffeebauern erhalten zumeist weniger als 1 Euro für ein halbes Kilo gewaschene Kaffeebohnen, das im Schnitt in Österreich 7 Euro kostet. Von 10 Euro im konventionellen Kaffeehandel wandern 8,40 Euro in die Taschen von Kaffeeröstern und Einzelhandel.

Was soll "fairer Kaffee" bewirken?

Angesichts dieser dramatischen Ausgangslage haben sich Gütesiegel-Organisationen zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen der Kaffeebauern zu verbessern. Die relevantesten dabei sind FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance. Nur deren Unterstützung erlaubt es Kleinbauern, in nachhaltige und bessere landwirtschaftliche Methoden zu investieren. 

Ergebnis: alle 3 Güte­siegel ver­dienen Ihr Ver­trauen

Beim Vergleich der Anforderungen der 3 Gütesiegel zeigte sich ganz klar, dass die Ansprüche hinsichtlich Sozial- und Umweltstandards ähnlich hoch sind.

Zwar liegt FAIRTRADE bei den Sozialstandards leicht vorne, doch haben mittlerweile auch UTZ und Rainforest Alliance ihre Standards verbessert. Umgekehrt haben FAIRTRADE und UTZ ihre Umweltstandards an Rainforest Alliance angepasst.

Grafik 

In jedem Fall sind aber alle 3 Gütesiegel sehr glaubwürdig. Alle 3 haben fairen Handel und nachhaltige Produktion als Ziel, unterscheiden sich aber in ihren Ansätzen, wie sie diese Ziele erreichen möchten.

Ergebnisse im Detail

Standards für Soziales und Wirtschaft

Wie anspruchsvoll die 3 Gütesiegel im sozialen Bereich oder bei Arbeitsrechten, bei Geschlechter- und Minderheitengleichstellung sowie beim ethischen Wirtschaften sind, wurde auf Basis von 37 Kriterien analysiert. 

Standards für Soziales und Wirschaft


Umweltstandards

Anhand von 45 Kriterien wurden die Umwelt-Anforderungen von FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance hinsichtlich der Verwendung von Chemikalien, Bodenschutzmaßnahmen, Biodiversität, Wasserverbrauch, Umweltmanagement und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel verglichen. 

Umweltstandards


Glaubwürdigkeit

Die Glaubwürdigkeit der Gütesiegel wurde durch die Analyse von 108 Kriterien ermittelt. Dabei wurden die Transparenz, die Rückverfolgbarkeit des zertifizierten Kaffees, die Zugänglichkeit zum jeweiligen Siegel für Produzenten, die Beteiligungsmöglichkeit in strategischen Fragen sowie der Fokus auf die Weiterentwicklung der Gütesiegel verglichen. 

Glaubwürdigkeit

Fairer Kaffee: Kann man den Vor­teil für Kaffee­bauern messen?

Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat – neben den Standards der Gütesiegel – insgesamt mehr als 50 unabhängige, wissenschaftliche Wirkungsstudien ausgewertet, um herauszufinden, ob die Zertifizierung tatsächlich positive Wirkungen für Kaffeebauern oder die Umwelt gezeigt haben:

  • Eine FAIRTRADE Zertifizierung erhöht das Haushaltseinkommen von Kleinbauern um 5 bis 10 Prozent (durch bessere Preise und/oder höhere Erträge). 
  • Zertifizierte Kleinbauern haben im Durchschnitt besseren Zugang zu Krediten und Schulungen, setzen bessere Anbaumethoden ein und verwenden weniger Dünger und Pestizide. 
  • Zudem profitiert oft die ganze Gemeinde von den Sozialprojekten oder Investitionen in die Infrastruktur, die mit Prämiengeldern finanziert wurden. 
  • Die Ergebnisse variieren allerdings abhängig vom Untersuchungszeitraum und der Region. 
  • Insgesamt führt das FAIRTRADE Gütesiegel also zu Verbesserungen der Lebensbedingungen der Kleinbauern. Für die jüngeren Gütesiegel UTZ und Rainforest Alliance gibt es bisher noch kaum unabhängige Studien. 
Was bringen Gütesiegel den Produzent:innen? (Zusammenfassung wissenschaftlicher Studien) (0,5 MB)


Immer noch zu wenig Nach­frage nach fairem Kaffee

Zwar werden weltweit bereits 20 Prozent der globalen Kaffeeproduktion nach den strengen Sozial- und Umweltkriterien von FAIRTRADE (5,6 Prozent), UTZ (10 Prozent) oder Rainforest Alliance (5,5 Prozent) erzeugt. Jedoch können lediglich 6,7 Prozent tatsächlich auch als zertifizierter Kaffee verkauft werden.

Der Grund ist die zu geringe Nachfrage. Alle 3 Gütesiegelorganisationen können etwa nur ein Drittel des fairen Kaffees auch als solchen verkaufen. Das heißt, trotz der hohen Ansprüche und Aufwände, können Kleinbauern nur wenig von Prämien oder den höheren Verkaufspreisen profitieren. Stattdessen müssen sie zwei Drittel des nachhaltig produzierten Kaffees am konventionellen Markt verkaufen. 

Aktuell werden weltweit 8,3 Millionen Tonnen Kaffee produziert, wovon 1,7 Prozent mit dem FAIRTRADE Siegel, 2,2 Prozent mit dem Rainforest Alliance Siegel und 2,8 Prozent mit dem UTZ Siegel verkauft werden. 

Grafik

Eine größere Nachfrage nach fairem Kaffee würde die positive Wirkung der Gütesiegel wesentlich steigern. Ohne eine breite Verankerung im Massenmarkt können alle drei Siegel nur wenig Unterstützung für Kleinbauern bieten.

Fairer Kaffee im Super­markt

Die Erhebung der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigt, dass alle Supermärkte in Österreich nachhaltige Kaffeeprodukte führen, sich aber in der Angebotsvielfalt unterscheiden. Erhoben wurden Röstkaffeeprodukte in Form von Kapseln, ganze Bohnen, gemahlener Kaffee oder Pads. 

Grafik

  • Dabei führt Spar mit 28 unterschiedlichen Kaffeeprodukten das größte nachhaltige Angebot, Penny mit nur 2 fairen Kaffeesorten das kleinste. 
  • Überraschend war die breite Palette an fairem und bio-zertifiziertem Kaffee in Kapselform, die in allen außer 2 Supermarktketten zu kaufen war. 
  • Dieses Angebot hat eine besondere Bedeutung, da laut GfK-Markterhebung seit 2014 Kapselmaschinen mit 38,6 Prozent die meist verwendeten Kaffeemaschinen in österreichischen Haushalten sind. 

Angebot in Supermärkten im Detail


Anzahl an zertifizierten Kaffeeprodukten

Angebot Kaffeeprodukte bei Spar Spar
Angebot Kaffeeprodukte bei Merkur Merkur
Angebot Kaffeeprodukte bei Hofer Hofer
Angebot Kaffeeprodukte bei Lidl Lidl
Angebot Kaffeeprodukte bei Billa Billa
Angebot Kaffeeprodukte bei MPreis MPreis
Angebot Kaffeprodukte bei Unimarkt Unimarkt
Angebot Kaffeeprodukte bei Penny Penny
Angebot Kaffeprodukte in Österreichs Supermärkten
Angebot Kaffeprodukte in Österreichs Supermärkten  

Kapseln sind wichtiger als Kosten

Darüber hinaus zeigt es, dass österreichischen Konsument:innen individuelle Kaffeespezialitäten und Qualität wichtiger sind als der Preis. Denn Kaffee in Kapselform kostet im Schnitt pro Kilo rund 60 Euro. Das ist dreimal so viel wie ein Kilo Röstkaffee, ganze Bohne - des teuersten Bio-FAIRTRADE-Edelkaffees! 

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