Gütesiegel: Darauf können Sie sich verlassen
Genuss mit gutem Gewissen. Das versprechen die Gütesiegel FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance. Doch was sind die Ziele dieser Zertifikate?
Die Österreicher:innen sind ein Volk der Kaffeetrinker:innen: 3 Tassen Kaffee trinkt jede/r im Durchschnitt täglich. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von jährlich 8,3 Kilo liegt Österreich weltweit im absoluten Spitzenfeld. Aber nur ein Zwanzigstel stammen aus der fairen Produktion der Gütesiegel FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance. Diese versprechen ein besseres Leben für Kaffeebäuerinnen und Kaffeebauern.
Der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich hat auf Basis von 190 Kriterien sowie unabhängigen Wirkungsstudien untersucht, wie glaubwürdig diese Gütesiegel beziehungsweise deren Sozial- und Umweltstandards tatsächlich sind. Zudem wurde das Angebot an nachhaltigem Kaffee in österreichischen Supermärkten erhoben - mit zum Teil überraschenden Ergebnissen.
20 Millionen Menschen leben weltweit direkt vom Kaffeeanbau – rund 95 Prozent davon sind Kleinbauern in sogenannten Entwicklungsländern. Trotz global steigender Nachfrage nach Kaffee leben mehr als die Hälfte der Kaffeebauern unter der Armutsgrenze von 1,10 Euro pro Tag.
Die stark schwankenden Preise für Rohkaffee decken die steigenden Produktionskosten oft nicht ab. Kaffeebauern erhalten zumeist weniger als 1 Euro für ein halbes Kilo gewaschene Kaffeebohnen, das im Schnitt in Österreich 7 Euro kostet. Von 10 Euro im konventionellen Kaffeehandel wandern 8,40 Euro in die Taschen von Kaffeeröstern und Einzelhandel.
Angesichts dieser dramatischen Ausgangslage haben sich Gütesiegel-Organisationen zum Ziel gesetzt, die Lebensbedingungen der Kaffeebauern zu verbessern. Die relevantesten dabei sind FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance. Nur deren Unterstützung erlaubt es Kleinbauern, in nachhaltige und bessere landwirtschaftliche Methoden zu investieren.
Beim Vergleich der Anforderungen der 3 Gütesiegel zeigte sich ganz klar, dass die Ansprüche hinsichtlich Sozial- und Umweltstandards ähnlich hoch sind.
Zwar liegt FAIRTRADE bei den Sozialstandards leicht vorne, doch haben mittlerweile auch UTZ und Rainforest Alliance ihre Standards verbessert. Umgekehrt haben FAIRTRADE und UTZ ihre Umweltstandards an Rainforest Alliance angepasst.
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In jedem Fall sind aber alle 3 Gütesiegel sehr glaubwürdig. Alle 3 haben fairen Handel und nachhaltige Produktion als Ziel, unterscheiden sich aber in ihren Ansätzen, wie sie diese Ziele erreichen möchten.
Wie anspruchsvoll die 3 Gütesiegel im sozialen Bereich oder bei Arbeitsrechten, bei Geschlechter- und Minderheitengleichstellung sowie beim ethischen Wirtschaften sind, wurde auf Basis von 37 Kriterien analysiert.
Anhand von 45 Kriterien wurden die Umwelt-Anforderungen von FAIRTRADE, UTZ und Rainforest Alliance hinsichtlich der Verwendung von Chemikalien, Bodenschutzmaßnahmen, Biodiversität, Wasserverbrauch, Umweltmanagement und Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel verglichen.
Die Glaubwürdigkeit der Gütesiegel wurde durch die Analyse von 108 Kriterien ermittelt. Dabei wurden die Transparenz, die Rückverfolgbarkeit des zertifizierten Kaffees, die Zugänglichkeit zum jeweiligen Siegel für Produzenten, die Beteiligungsmöglichkeit in strategischen Fragen sowie der Fokus auf die Weiterentwicklung der Gütesiegel verglichen.
Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat – neben den Standards der Gütesiegel – insgesamt mehr als 50 unabhängige, wissenschaftliche Wirkungsstudien ausgewertet, um herauszufinden, ob die Zertifizierung tatsächlich positive Wirkungen für Kaffeebauern oder die Umwelt gezeigt haben:
Zwar werden weltweit bereits 20 Prozent der globalen Kaffeeproduktion nach den strengen Sozial- und Umweltkriterien von FAIRTRADE (5,6 Prozent), UTZ (10 Prozent) oder Rainforest Alliance (5,5 Prozent) erzeugt. Jedoch können lediglich 6,7 Prozent tatsächlich auch als zertifizierter Kaffee verkauft werden.
Der Grund ist die zu geringe Nachfrage. Alle 3 Gütesiegelorganisationen können etwa nur ein Drittel des fairen Kaffees auch als solchen verkaufen. Das heißt, trotz der hohen Ansprüche und Aufwände, können Kleinbauern nur wenig von Prämien oder den höheren Verkaufspreisen profitieren. Stattdessen müssen sie zwei Drittel des nachhaltig produzierten Kaffees am konventionellen Markt verkaufen.
Aktuell werden weltweit 8,3 Millionen Tonnen Kaffee produziert, wovon 1,7 Prozent mit dem FAIRTRADE Siegel, 2,2 Prozent mit dem Rainforest Alliance Siegel und 2,8 Prozent mit dem UTZ Siegel verkauft werden.
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Eine größere Nachfrage nach fairem Kaffee würde die positive Wirkung der Gütesiegel wesentlich steigern. Ohne eine breite Verankerung im Massenmarkt können alle drei Siegel nur wenig Unterstützung für Kleinbauern bieten.
Die Erhebung der Arbeiterkammer Oberösterreich zeigt, dass alle Supermärkte in Österreich nachhaltige Kaffeeprodukte führen, sich aber in der Angebotsvielfalt unterscheiden. Erhoben wurden Röstkaffeeprodukte in Form von Kapseln, ganze Bohnen, gemahlener Kaffee oder Pads.
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Anzahl an zertifizierten Kaffeeprodukten
Spar | |
Merkur | |
Hofer | |
Lidl | |
Billa | |
MPreis | |
Unimarkt | |
Penny | |
Darüber hinaus zeigt es, dass österreichischen Konsument:innen individuelle Kaffeespezialitäten und Qualität wichtiger sind als der Preis. Denn Kaffee in Kapselform kostet im Schnitt pro Kilo rund 60 Euro. Das ist dreimal so viel wie ein Kilo Röstkaffee, ganze Bohne - des teuersten Bio-FAIRTRADE-Edelkaffees!
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