24.02.2020

Kindernahrungs­ergänzungs­mittel - über­dosiert und teuer

Viele Eltern sorgen sich, dass ihre Kinder nicht optimal mit Nährstoffen versorgt sind und greifen zu Nahrungsergänzungsmitteln. Die sind aber nicht zu empfehlen - so das Fazit einer Erhebung durch die Arbeiterkammer Oberösterreich. Der Großteil der Produkte enthält Zucker, Süßungsmittel oder künstliche Süßstoffe, die keinen Mehrwert liefern. 79 Prozent der Präparate liegen außerdem über dem täglichen Bedarf für Vier- bis unter Siebenjährige. 21 Prozent überschreiten die empfohlenen Höchstmengen für Erwachsene. Die Kosten der Produkte reichen von ca. 2 bis 77 Euro pro Monat und Kind.

Testergebnis: Nahrungsergänzungsmittel für Kinder (0,2 MB)

Kinder­nahrungs­ergänzungs­mittel im Test

Die Arbeiterkammer Oberösterreich kaufte 14 zufällig ausgewählte Nahrungsergänzungsmittel (zum Kauen oder Lutschen) bei Apotheken, Internetvertrieben und Einzelhandelsgeschäften, die auf Kinder abzielen. Beurteilt wurde nach D-A-CH-Referenzwerten und nach Höchstwerten die vom deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2018 herausgegebenen wurden. Kennzeichnungselemente und Werbeaussagen überprüft auch geprüft. Bei einigen wurden die Hersteller kontaktiert.  

AK fordert gesetzliche Höchstgrenze

In Deutschland, Österreich und der Schweiz gelten die D-A-CH Werte als Grundlage für eine optimale Nährstoffversorgung. Die empfohlenen Zufuhrmengen an Mikronährstoffen beziehen sich aufs aufnehmen über Nahrungsmittel und Supplementen. Die Gefahr einer zu hohen Nährstoffzufuhr über Lebensmittel spielt kaum eine Rolle. Bei Selbstmedikation mit Vitamin- und Mineralstoffpräparaten ist sie aber gegeben - vor allem wenn man mehrerer Präparate oder zusätzlichem angereicherte Lebensmitteln nimmt.

Bei 11 der 14 Produkte kommt es bei mindestens einem Nährstoff zur Überschreitung der D-A-CH-Zufuhrempfehlungen für 4- bis unter 7-Jährige – besonders ausgeprägt bei Biotin, wo bis zu 1000 Prozent der empfohlenen Tagesdosis erreicht werden.

Lediglich 3 Präparate liegen innerhalb der Empfehlungen der Expert:innen. Davon schöpft eines die empfohlene Tageszufuhr bei fast allen enthaltenen Mikronährstoffen zu 100 Prozent aus. Ein anderes ist eher eine Nascherei als eine sinnvolle Nahrungsergänzung.  

AK fordert gesetzliche Nährstoff-Höchstmengen in Nahrungsergänzungsmitteln:

  • Für Mikronährstoffe in Supplementen gibt es weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene verbindliche Höchstmengen. Orientierungshilfe für deren Einsatz in Nahrungsergänzungsmitteln bieten die vom BfR erarbeiteten Höchstmengenvorschläge. 

  • 3 Produkte überschreiten die vom BfR als sicher angesehene Höchstmenge für Vitamin A um das 1,5 bis 2-fache.

  • 4 Produkte liegen bei Jod, Folsäure beziehungsweise Vitamin A gerade noch im Grenzbereich.

  • Beachtlich, denn die vom BfR als sicher kalkulierten Höchstmengen gelten für Personen ab 15 Jahren. Für 4- bis 7-Jährige wären daher noch geringere Dosierungen nötig!

  • 2 Produkte enthalten außerdem Beta-Carotin. Diesen Nährstoff empfiehlt das BfR aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes nur mit großer Vorsicht einzusetzen, da dieser Nährstoff durch Anreicherung von Lebensmitteln und Getränken verbreitet vorkommt.  

Nahrungs­ergänzung oder Nasch­erei?

Nährstoffsupplemente sollten nur Stoffe aus natürlichem Ursprung enthalten, die für die Gesundheit erforderlich sind. 5 Produkte enthalten allerdings auch Zucker und Glucosesirup - ein fragwürdiger Zusatznutzen für die Gesundheit, vor allem bei Verzehrsempfehlungen von bis zu 30 Drops täglich (TEREZIA).

Darüber hinaus enthalten alle zuckerhaltigen Produkte im Test auch Säuerungsmittel - eine ungünstige Kombination, die den Zahnschmelz angreifen kann.

In 8 Produkten stecken Süßungsmittel (Xylit, Sorbit, etc.) oder künstliche Süßstoffe (Aspartam, Acesulfam K).

Nur 1 Pro­dukt war un­gesüßt.

Die Allgemeinmedizinerin Dr. med. univ. Katharina Raß-Viehböck bringt es auf den Punkt: „Viele Eltern machen sich Sorgen, wenn sich ihre Kinder über lange Phasen nur sehr einseitig ernähren. Es mag manchmal auch schwierig sein, ihnen gesunde und naturbelassene Lebensmittel schmackhaft zu machen. Dennoch sind die angebotenen Vitamin- und Nährstoffpräparate nicht zu empfehlen. Allein schon die Zusammensetzung beziehungsweise Kombination mit Zucker beziehungsweise künstlichen Süßstoffen hebt die Wirkung der Vitamine eigentlich wieder auf. Für die Aufnahme bzw. Verwertung von Vitaminen im Körper sind die sekundären Pflanzenhilfsstoffe, wie sie zum Beispiel in Obst und Gemüse vorkommen, von essentieller Bedeutung.“ 

Downloads

Kontakt

Kontakt

Konsumentenschutz
TEL: +43 50 6906 2
Anfrage ...
  • © 2024 AK Oberösterreich | Volksgartenstrasse 40 4020 Linz, +43 50 6906 0

  • Datenschutz
  • Impressum