Totalschaden: Auto-Repara­tur nach un­verschuldetem Unfall mög­lich?

Das Thema Totalschaden des Autos nach unverschuldetem Verkehrsunfall gibt immer wieder Anlass zu Anfragen beim AK-Konsumentenschutz. Zumeist geht es dabei um Konsument:innen, die ihr Unfallfahrzeug behalten wollen, von der Haftpflichtversicherung aber lediglich die Differenz zwischen Wiederbeschaffungswert und - hoch angesetztem - Wrackwert ersetzt bekommen. Dadurch wird in manchen Fällen der Verkauf des „Wracks“ erzwungen, obwohl wirtschaftlich sinnvolle Reparaturen – zum Beispiel mit Nachbau- oder Gebrauchtteilen und/oder über günstige freie Werkstätten - möglich wären.

Ein Beispiel aus Ober­österreich

Nach einem unverschuldeten Unfall wollte Herr S. aus dem Bezirk Steyr-Land sein Auto behalten und reparieren. Der Sachverständige der gegnerischen Haftpflichtversicherung stellte jedoch einen Totalschaden fest. Die Versicherung wollte daher für das Fahrzeug, das vor dem Unfall einen Wert von 4.700 Euro hatte, lediglich 2.020 Euro zahlen. Mit diesem Betrag war eine Reparatur in einer Werkstätte unmöglich. Durch die Verwendung von Gebrauchtteilen konnte der Konsument die Kosten schließlich auf ein wirtschaftlich sinnvolles Maß reduzieren. Nach Intervention des AK-Konsumentenschutzes zahlte die Versicherung letztlich doch 3.200 Euro.

Wann liegt ein Total­schaden vor?

In Österreich wird ein Totalschaden angenommen, wenn die voraussichtlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs um mehr als 10 Prozent übersteigen. Bis zu dieser Grenze werden die Reparaturkosten zur Gänze übernommen.

Herr S. hätte bei einem Wiederbeschaffungswert von 4.700 Euro daher Reparaturkosten bis zu 5.170 Euro bezahlt bekommen. Der beigezogene Sachverständige ermittelte jedoch Reparaturkosten in Höhe von 6.787 Euro und stellte damit einen Totalschaden fest.

Wie ermittelt die Ver­sicherung den Wrack­wert?

Bei Feststellung eines Totalschadens, wird der Wrackwert meist über sogenannte „Wrackbörsen“ ermittelt. Dabei handelt es sich um Onlineplattformen, bei denen Händler auf das Wrack bieten können.

Im Fall von Herrn S. stellte sich ein Wiener Händler mit 2.680 Euro als Höchstbieter heraus. Weil Herr S. diesem sein Fahrzeug nicht verkaufen wollte, wurde dieser Betrag vom Wiederbeschaffungswert in Höhe von 4.700 Euro abgezogen, sodass er nur eine Versicherungsleistung von 2.020 Euro erhalten sollte.

Wer Auto behalten will ist im Nach­teil

Nachteilig werden hohe Wrackwerte aus der Wrackbörse dann, wenn Geschädigte ihr Fahrzeug behalten wollen, weil sich dann die Versicherungsleistung entsprechend reduziert, je höher der ermittelte Wrackwert ausfällt. Es kann daher Sinn machen, sich die Wrackwertermittlung näher anzusehen.

Betroffenen Fahrzeugbesitzer:innen, die kein Interesse am Wrack haben, entstehen durch die Wrackbörse keine Nachteile, weil die Summe aus dem Verkaufserlös des Höchstbieters und der Versicherungsleistung ohnehin den Wiederbeschaffungswert ergibt.

Höchstbot nicht immer rele­vant

Will ein Konsument/eine Konsumentin sein/ihr Fahrzeug nach einem unverschuldeten Unfall behalten, darf ihm/ihr vom Wert des Fahrzeugs nicht einfach das Höchstbot der Wrackbörse abgezogen werden. Abzuziehen wäre korrekterweise jener Wert, den Händler am Wohnort des Konsumenten/der Konsumentin für das Fahrzeug bezahlen würden. Denn bei der Ermittlung des Wrackwerts ist auf die Marktverhältnisse am Wohnort des Geschädigten und nicht auf überregionale Höchstgebote abzustellen.

Fragen Sie nach einer Repara­tur

„Zeitwert-Reparaturen“ sind rechtlich möglich, werden aber nicht automatisch angeboten. Betroffene, die ihr Fahrzeug behalten und reparieren wollen, ist anzuraten, konkret die Alternative einer sogenannten Zeitwert-Reparatur zu erfragen.

Insbesondere im Grenzbereich zum Totalschaden müsste über mögliche Reparaturvarianten informiert werden, um „zu schnelle“ Totalschäden zu verhindern (etwa durch Verwendung von günstigeren Nachbau- oder Gebrauchtteilen, Stundensätze lokaler Werkstätten für die Wiederherstellung der Verkehrs- und Betriebsbereitschaft).

In der Praxis wird von Sachverständigen für die voraussichtlichen Reparaturkosten meist der hohe Stundensatz einer Markenwerkstätte kalkuliert. Dies ergibt schnell einen Totalschaden. Würde der Geschädigte selbst eine günstigere Vertrauenswerkstätte beauftragen und deren Kostenvoranschlag herangezogen, ergäbe sich oftmals kein Totalschaden und das Auto müsste auf Kosten der Versicherung repariert werden. Dadurch wäre die Weiterbenützung des Autos gesichert, wogegen bei Totalschäden durchaus „reparaturwürdige“ Fahrzeuge über die Wrackbörse ins Ausland transferiert werden.

Wer Angebote vergleicht kann sparen:

Fordern Sie von der Versicherung das Gutachten des Sachverständigen an, da Sie darin meist die Restwertbeurteilung des Wracks finden. Dazu können Sie sich noch bei Händlern in Ihrer Umgebung nach Angeboten für das Wrack erkundigen. Damit können Sie argumentieren, wenn die Versicherung einen zu hohen Wrackwert in Abzug bringt.

Die Arbeiterkammer Ober­österreich fordert einen System­wechsel

  • Wie in Deutschland soll auch in Österreich der beurteilende Sachverständige vom Geschädigten - auf Kosten der gegnerischen Versicherung - beauftragt werden.
     
  • Ergibt die Berechnung des Sachverständigen einen Totalschaden, hat er den Geschädigten über Reparaturvarianten aufzuklären, wenn dadurch ein Totalschaden abgewendet werden kann (Bsp.: Stundensatz der Vertrauenswerkstätte statt der Markenwerkstätte, Verwendung von Nachbauteilen, Herstellung lediglich der Fahr- und Betriebssicherheit).

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