OGH Ent­scheidung zum „Diesel-Abgas- Skandal“: Der Kauf­vertrag wird rück­abgewickelt, der klagende Käufer muss sich die Nutzung anrechnen lassen!

Ein Fahrzeugeigentümer hat seinen Fahrzeughändler auf Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen nicht behobener Mängel beziehungsweise Irrtum geklagt und nun vom Obersten Gerichtshof (OGH) Recht bekommen.

Mehr Stick­oxid im Normal­betrieb

Hintergrund war der Kauf eines VW Tiguan mit dem Motortyp EA189 (Abgasklasse EU5) im Jahr 2015. Am Fahrzeugprüfstand haben betroffene Fahrzeuge die vorgeschriebenen Stickoxidwerte (NOx) eingehalten.

Im „Normalbetrieb“ wurden, wegen einer Umschaltung der Abgasrückführung, wesentlich höhere NOx Werte ausgestoßen. Im Oktober 2015 schrieb daher das deutsche Kraftfahrbundesamt (KBA) dem Hersteller vor, die Abschaltung zu entfernen.

Dies sollte mittels Softwareupdate erfolgen, daher wurden die Fahrzeugbesitzer:innen in die Werkstätten beordert, wobei die neue Software die Umschaltung des Fahrmodus beendete, jedoch das sogenannte "Thermofenster" bestehen ließ.

Softwareupdate behebt die Mängel nicht

Mit dem Thermofenster erfolgt die Abgasrückführung mit Senkung des NOx-Wertes nur im Temperaturbereich zwischen 15-33 Grad Celsius. Bei tieferen oder höheren Temperaturen wird die Abgasrückführung reduziert, weil es sonst zur Versottung des Motors beziehungsweise zur Beschädigung von Motorteilen kommt.

Der Kläger verweigerte das angebotene Softwareupdate mit der Begründung, dass er das Auto nicht gekauft hätte, wenn er gewusst hätte, dass ein Mangel vorhanden ist, der auch durch ein Update nicht behoben werden kann.

Zumal bei österreichischen Temperaturen regelmäßig erhöhte NOx-Werte gegeben wären, würde demnach der auferlegte Werkstatttermin tatsächlich keine Mängelbehebung bewirken.

OGH spricht Kauf­preis ab­züglich Benutzungs­entgelt zu

Der OGH hob mit seinem Urteil (10 Ob 2/23a) den Kaufvertrag auf und verrechnete für eine Kilometerlaufleistung von 70.680 km ein Benützungsentgelt in Höhe von 7.563,69 Euro.  Demnach erhält der Käufer (ungeachtet des Zinsenlaufes etc.) 19.326,31 Euro gegen Rückgabe des Fahrzeuges zurück.

Preisminderung um 20 Prozent

Nicht in allen Klagsfällen wird von den Betroffenen eine Vertragsauflösung geltend gemacht. Vielfach geht es um Schadenersatz beziehungsweise Wertminderung, wobei in den Klagen von einer Preisminderung in Höhe von 20 Prozent des Kaufpreises ausgegangen wird – das wären im „OGH-Fall“ 5.378 Euro gewesen. Bei zusätzlichen 4 Prozent Zinsen ergibt sich auch hier ein stattlicher Betrag.

Rasche Lösung für Kon­sumenten er­forderlich

Sucht man ein vergleichbares Gebrauchtfahrzeug (VW Tiguan EZ 2015 mit weniger als 80.000 km Laufleistung), auf Internetplattformen wie „willhaben.at“, so finden sich (nur sehr wenige) Händlerangebote zwischen 15.000 – 16.000 Euro, sowie Privatangebote bis zu 19.000 Euro.

Die Eurotax-Händler Verkaufswerte dürften bei etwa 15.000 Euro für derartige Fahrzeuge gelegen sein, wobei der Händlereinkauf bei etwa 12.300 Euro anzusetzen ist. Abgesehen von Schadenersatzansprüchen gegen den Hersteller (als Zweitbeklagten), für die auf eine Vorabentscheidung des EuGH (Europäischen Gerichtshof) gewartet wird, ist bei weiteren erfolgreichen Rückabwicklungen durchaus mit einigem Geldaufwand zu rechnen – zu zahlen von den geklagten Händlern.

Stellt man den Aufwand für die Gerichtsverfahren und die Kosten hierfür (inklusive Anwaltskosten) gegenüber, so sollte der Hersteller (wie in Deutschland längst durchgeführt) nicht nur im Sinne der übrigen betroffenen Konsument:innen rasch zu Vergleichslösungen gelangen. 

Jetzt kostenlosen AK Newsletter abonnieren!

Wir informieren Sie gerne regelmäßig über Aktuelles zum Thema Konsumentenschutz. 


Kontakt

Kontakt

Konsumentenschutz
TEL: +43 50 6906 2
Anfrage ...
  • © 2024 AK Oberösterreich | Volksgartenstrasse 40 4020 Linz, +43 50 6906 0

  • Datenschutz
  • Impressum