AK-Green­washing-Check: Schützen „klima­neutrale“ Produkte wirk­lich das Klima?

Immer öfter werden Produkte und Dienstleistungen als „CO2-neutral“ oder „klimaneutral“ beworben. Aber können bewusste Konsument:innen damit wirklich einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten? 

Da derartige Werbeversprechen für Konsument:innen schwer nachprüfbar sind, hat der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich insgesamt 12 Produkte und Dienstleistungen, die als „klimaneutral“ beworben werden, einem Greenwashing-Check unterzogen. Das Ergebnis: Nicht alles, wo „klimaneutral draufsteht“ ist es!

Klima­neutral ist nicht gleich emissions­frei

Viele Unternehmen bewerben ihre Produkte und Dienstleistungen als klimaneutral. Dabei ist klimaneutral aber nicht mit emissionsfrei gleichzusetzen. Das Prinzip der Klimaneutralität funktioniert so: Ein Hersteller lässt den CO2-Ausstoß, der durch die Produktion und den Transport eines Produktes entsteht, von einem Zertifizierungsunternehmen berechnen. Diese Menge an Emissionen gleicht der Hersteller dann aus, indem er in Klimaschutzprojekte investiert.

Klima­neutrale Test­sieger 

Die Hersteller Logitech, Wasa und Two Thirds überzeugen in der AK-Analyse. Alle 3 machen sehr gut transparent, wie CO2 in der Produktion bereits eingespart wurde oder wie nicht vermeidbare Emissionen durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten kompensiert werden sollen.

Mit großem Aufwand und mit Hilfe einer anspruchsvollen Bewertungsmethode wurden die CO2-Emissionen ermittelt, die von diesen 3 Unternehmen verursacht werden. Dabei wurden jeweils das gesamte Unternehmen miteinbezogen und nicht nur ein bestimmtes Produkt oder eine Produktgruppe. Auch die jeweiligen Klimaschutzziele sind bei den Testsiegern klar definiert und ambitioniert. 

Akuter Green­washing-Ver­dacht

Ein anderes Bild zeigt der Greenwashing-Check beim Duschgel von Nivea, dem Mineralwasser von Evian, dem Pesto vom Ppura sowie dem als „klimaneutral“ beworbenen Treibstoff der OMV. Bei allen 4 konnte nicht im Detail nachvollzogen werden, wie und im welchem Umfang CO2 eingespart oder kompensiert wurde. 

Außerdem stellt sich die dringende Frage, ob das in Plastik verpackte Nivea Duschgel, das in PET-Flaschen abgefüllte und durch ganz Europa transportierte Evian Mineralwassers oder gar der Treibstoff der OMV überhaupt kompensiert werden kann oder sollte.

Die Einsparung des Produktes selbst wäre in diesen Fällen wohl die effizienteste CO2-Vermeidung. Dennoch dürfen sie aktuell noch, auch ohne nachvollziehbare Methode, als „klimaneutral“ beworben werden – eindeutiges Greenwashing aus Sicht der Arbeiterkammer. 

Wie wurde Klima­neutralität be­wertet?

Bei der Bewertung des AK-Konsumentenschutzes wurde in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen ConPlusUltra 

  • zunächst ermittelt, ob das jeweilige Produkt überhaupt gänzlich klimaneutral sein oder werden kann (Dekarbonisierungspotential). Nur in diesem Fall wäre eine ergänzende Kompensation auch sinnvoll.

  • Anschließend geprüft, welche CO2-Bewertungsmethode angewendet wurde und ob die Bewertung durch das Unternehmen selbst oder einer unabhängigen externen Prüfeinrichtung durchgeführt wurde. 

  • Dabei wurde darauf geachtet, welche Systemgrenzen für die Ermittlung der CO2-Emissionen gesetzt wurden, also ob nur die verursachten Emissionen eines Produktes oder das gesamte Unternehmen miteinbezogen wurden. 

  • Darüber hinaus wurden die Transparenz und Qualität der zur Verfügung gestellten Daten bewertet.

  •  Abschließend wurden die jeweiligen Klimaschutzprojekte, die von der Kompensation profitieren sollen, beurteilt und bewertet, ob es eine Klimastrategie beziehungsweise Klimaziele im Unternehmen gibt.

Ist CO2-Kompensation für Produkte über­haupt sinn­voll?

Ja, aber mit Einschränkungen! Aus Sicht der Nachhaltigkeitsexpert:innen der AK Oberösterreich ist eine Kompensation grundsätzlich nur dann sinnvoll, wenn Unternehmen den größten Teil ihrer direkten und energiebedingten Emissionen zunächst vermeiden, reduzieren oder direkt ersetzen – anstelle sie zu kompensieren. Eine freiwillige Kompensation kann nur zum Klimaschutz beitragen, wenn sie sich auf unvermeidbare Emissionen beschränkt.

EU-Verordnung gegen Green­washing

Auf europäischer Ebene wurde Ende März 2023 der erste Entwurf der "Green Claims"-Verordnung vorgelegt. Das Regelwerk soll dazu beitragen Greenwashing zukünftig zu vermeiden. Unternehmen müssen sich laut Verordnung mit ihren Behauptungen auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, genaue Informationen anführen und einschlägige internationale Normen berücksichtigen.

Werbe­versprechen kritisch hinter­fragen

Aber auch in Zukunft darf die Bezeichnung "Klimaneutralität" gemäß des Verordnungsentwurfs weiterhin verwendet werden. Immerhin muss laut der Verordnung ausgewiesen werden, ob Klimaneutralität durch Einsparungen und nicht durch CO2 Kompensation erreicht wurde. 

Damit müssen Konsument:innen auch weiterhin sehr kritisch auf die Werbeversprechen von Unternehmen achten, denn natürlich sollten Unternehmen ihre Emissionen reduzieren, anstatt sich davon freizukaufen. 

Klare Regeln für „grüne Wer­bung“

Unternehmen sollten nur dann eigene "grüne" Labels kreieren dürfen, wenn diese auch von externen Kontrollstellen überprüft werden. Außerdem müssen auch soziale Aspekte beachtet werden. Die geplanten Strafen bei Verstößen müssen bindend sein und dürfen nicht einfach umgangen werden, indem Unternehmen innerhalb einer bestimmten Frist ihre Werbung ändern.

Viele Produkte und Dienst­leistungen werden als klima­neutral be­worben, obwohl die Her­stellung nicht emissions­frei ist. Solches "Green­washing" ist zu kontrollieren. Zudem müssen Unter­nehmen Emissionen reduzieren, anstatt sich mit CO2-Zertifikaten einen "grünen An­strich" er­kaufen.

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