Auto­kauf: Über­raschungen bei Gebraucht­wagen vor­beugen!  

Nehmen Sie sich Zeit, um den Inhalt des Kaufvertrages für Ihr Wunschauto genau durchzulesen. Aber nicht nur der Preis und das Kleingedruckte erfordern viel Aufmerksamkeit. Beim Kauf eines Gebrauchtwagens sind oft technische Kenntnisse gefordert. Wir haben Ihnen eine Checkliste für die Prüfung des Gebrauchtwagens zusammengestellt und geben neben rechtlichen auch praktische Tipps:

Check­liste für den Gebraucht­wagenkauf

Bevor Sie sich zum Kauf entschließen, sollten Sie das Auto genau prüfen – allenfalls technikkundige Begleitpersonen beiziehen.

  1.  Wie viel ist der Gebrauchtwagen überhaupt wert?
    Sie haben Ihr Wunschauto gefunden? Wie günstig ein Angebot tatsächlich ist, können Mitglieder der AK Oberösterreich online mit unserem Eurotax-Rechner nachprüfen. Damit ermitteln Sie den Preis, um den dieser PKW erfahrungsgemäß von Händler:innen verkauft wird und kennen damit den Verhandlungsspielraum.

  2. Ankaufstest
    Die vorhandene "Pickerlüberprüfung" ersetzt keinen Ankaufstest! Wenden Sie sich (bei Mitgliedschaft) an einen der Autofahrerclubs und lassen Sie einen Ankaufstest durchführen –  allenfalls auch noch nach dem Ankauf. Auch Auto-Reparaturwerkstätten bieten zuweilen kostenpflichtige Ankaufsüberprüfungen an.

  3. Schäden und Mängel
    Offenkundige Schäden und Mängel (sichtbare Kratzer, Sprünge in Windschutzscheibe oder Scheinwerfer, Beulen) sind mitgekauft. Werden Reparaturen mündlich vereinbart, sollte dies auch im Kaufvertrag festgehalten werden.

  4. Umbauten am Fahrzeug
    Hinterfragen Sie Umbauten wie etwa Spoiler, Tieferlegung und lassen Sie sich die vorliegende Typisierung bestätigen.

  5. Serviceheft und Typenschein kontrollieren!
    Anhand der Serviceeinträge können Sie meist nachvollziehen, ob der Kilometerstand plausibel ist und ob allenfalls ein Zahnriemenwechsel durchgeführt wurde oder unmittelbar ansteht.

    Achtung: Zumeist ist ein Zahnriemenwechsel nicht nur vom Kilometerstand abhängig (rund 70.000 bis 120.000 km oder mehr) sondern auch vom Alter des Zahnriemens (häufig maximal 5 Jahre!).

  6. Spuren von Unfallreparaturen
    Farbspuren an Dichtungen deuten auf Unfallreparaturen. Neuralgische Punkte sind auch die Übergänge von einem Karosserieteil zum anderen (etwa Übergänge von Holm, Radkasten). Ungleiche oder falsche Spaltmaße lassen auf umfangreiche Vorreparaturen schließen.

  7. Abnutzungsspuren
    Abnutzungsspuren am Lenkrad, an den Pedalen, Griffen aber auch an den Sitzen können Hinweise auf hohe Kilometerleistung geben.

  8. Unterbodenschichten
    Dicke Unterbodenschichten können den desolaten Zustand des Unterbodens verschleiern.

  9. Reifen und Reifenalter
    Auf das Herstellungsjahr der Reifen (mitgekaufter Reifen), also die auf der Reifenflanke angebrachte DOT Nummer achten: Die ersten beiden Ziffern bezeichnen die Kalenderwoche des Herstellungsjahr, die dritte steht für die Endziffer des Jahres (ab 2000 2 Endziffern) zum Beispiel "1217" bedeutet Produktion in der 12. Kalenderwoche des Jahres 2017.

    Zwar hält die Reifenindustrie Reifen bis zu 5 Jahre lang (bei entsprechender Lagerung) noch für Neureifen, doch weisen Autofahrerclubs darauf hin, dass die Neureifeneigenschaft bereits nach 3 Jahren nicht mehr gegeben ist (Aushärtung). Eine deutsche Gerichtsentscheidung beurteilt nachvollziehbar bereits einen 2 Jahre und 4 Monate alten Reifen nicht mehr als neu - zumal ein Neureifenkäufer/eine Neureifenkäuferin davon ausgeht, stets die neueste Reifentechnologie zu erwerben. Ein vereinbarter „Zweiter Reifensatz“ sollte gegebenenfalls auch zusätzlich die jeweiligen Felgen anführen, um Streitigkeiten zu vermeiden.

  10. Flüssigkeiten kontrollieren
    Ölstand und Wasserbehälter (Kühlerausgleichsgefäß) sowie Bremsflüssigkeitsstand und Servoflüssigkeit kontrollieren.

  11. Probefahrt: Versicherung
    Wenn Sie auf das Nichtbestehen einer Kaskoversicherung hingewiesen werden, kann ein Unfall bei einer Probefahrt sehr teuer kommen. Oftmals lassen sich Händler entsprechende Bescheinigungen unterschreiben. Vielfach wird aber auch eine Kaskoversicherung mit unterschiedlichem Selbstbehalt vorhanden sein. Wenn gar kein Hinweis erfolgt, dürfen Sie vom Bestehen einer Kaskoversicherung ausgehen.

  12. Fahreigenschaften
    Achten Sie bei Probefahrten darauf, ob das Auto auf eine Seite zieht,  abnormale Betriebsgeräusche oder Vibrationen erzeugt. Blick in den Motorraum und unters Auto nicht vergessen: Flüssigkeitsverluste können teure Reparaturen ankündigen. Kontrollieren Sie auch (Zettel im Motorraum?), wann der letzte Ölwechsel gemacht und welcher Kilometerstand dabei notiert wurde.

  13. Tachomanipulationen
    Wird der Kilometerstand an einem Fahrzeug nach unten korrigiert, ohne beim Weiterverkauf auf diese Veränderung hinzuweisen, so wird ein dadurch erzielter höherer Kaufpreis zu einer strafrechtlichen Verurteilung führen. Oftmals sind solche Veränderungen schwer aber doch nachweisbar. Käufer:innen, denen es vor allem um die Richtigkeit des Tachostandes geht, sollten die Kilometerleistung (siehe weiter unten "Mündliche Zusicherung") daher als Ankaufsmotiv deklarieren. 

  14. Ausstattung des Fahrzeuges  
    Werbeaussagen etwa auf Homepagebewerbungen, Inseraten etc. werden grundsätzlich Vertragsinhalt. Außer der Käufer kannte diese gar nicht oder wenn noch rechtzeitig aufgeklärt wurde (etwa über das Fehlen bestimmter Merkmale wie das Vorhandensein einer Rückfahrkamera etc.).   


Kauf­vertrag

Stornomöglichkeit

Verträge sind einzuhalten! Es gibt kein allgemeines kostenloses Rücktrittsrecht von Ver-trägen. In der Autobranche wird zumeist vertraglich eine Stornomöglichkeit, gegen Zahlung von 10 Prozent der Kaufsumme, als "Vertragsstrafe" angeboten. Kein Verkäufer muss Ihnen diese Möglichkeit einräumen.

Zustandsklassen und Gewährleistung

Zustandsklassen (ZK) entscheiden über den Umfang der Gewährleistung.
Die meisten Kaufverträge weisen ZK auf. Oft wird ein vom zuständigen Bundesministerium, den Autofahrerclubs und dem Verein für Konsumenteninformation empfohlener Musterkaufvertrag mit vordefinierten Zustandsklassen verwendet.

Die Zustandsklassen von 1 bis 4 (von „besonders gut“ bis „defekt“) beschreiben dabei, in welchem Zustand sich das Auto befinden kann. Die Zustandsklassen teilen sich auf A (den mechanischen Zustand), B (die Karosserie), C (den Lack), D (den Innenraum/Sonstiges), sowie E (die elektrische und elektronische Ausrüstung) auf. 

Derzeit sind auch noch alte Musterkaufverträge mit leicht geänderten Zustandsbeschreibungen im Umlauf.

Wer ein Auto mit der Zustandsklasse 3 erwirbt, kauft damit einen alters- und kilometernormalen Reparatur- und Serviceaufwand. Das Auto muss zwar fahr- und betriebssicher sein, allerdings kann etwa ein Zahnriemenwechsel unmittelbar bevorstehen. Das verteuert ein ursprünglich günstiges Angebot erheblich (zwischen 400 und 1400 Euro!). Mit dieser Zustandsklasse akzeptieren Sie auch, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handeln kann, bei dem Reparaturspuren noch sichtbar sein können - allenfalls die Unfallfreiheit trotz dieser Bewertung (ZK 3) zusichern lassen!

Mündliche Zusagen schriftlich bestätigen lassen!

Vielfach ist es möglich, mit dem Verkäufer zu vereinbaren, dass der Ankauf von einer positiven Ankaufsüberprüfung abhängt beziehungsweise dabei festgestellte Mängel behoben werden.

Lassen Sie mündliche Zusicherungen unbedingt schriftlich im Vertrag bestätigen (etwa Unfallfreiheit, Kilometerleistung, kostenloser Rücktritt, wenn der Kaufpreis nicht finanziert werden kann). Ankaufsentscheidende Umstände garantieren lassen!

Wer ist Vertragspartner bzw. Verkäufer?

Wenn der Händler im Vertrag nur als Vermittler aufscheint und der private Vorbesitzer/die private Vorbesitzerin als Verkäufer:in genannt wird, kann die Gewährleistung (gesetzliches "Einstehenmüssen" für ursprünglich vorhandene Mängel) ausgeschlossen sein. Hier ist besondere Vorsicht geboten! Sowohl ARBÖ als auch ÖAMTC bieten Musterkaufverträge für den Privatkauf an.

Gewähr­leistung und Garantie - was ist der Unter­schied? 

Gewährleistung

Gewährleistung ist das gesetzliche "Einstehenmüssen" des Händlers für Mängel, die schon zum Zeitpunkt der Übernahme der Ware vorhanden beziehungsweise angelegt waren.

Beweislast    
Kommen innerhalb des ersten Jahres Mängel hervor, so wird deren ursprüngliches Vorhandensein vermutet. Aufgrund der Schadenstypizität (etwa Bruch eines Bauteiles nach 10.000 km Fahrleistung) kann diese Beweislast des Händlers wieder wegfallen. Für erst nach einem Jahr auftretende Mängel trägt der Käufer/die Käuferin die Beweispflicht bezüglich deren Ursprünglichkeit.

Haftung
Gehaftet wird für ursprüngliche Mängel, die innerhalb von 2 Jahren hervorkommen. Diese Frist kann, für Fahrzeuge deren Erstzulassung länger als 12 Monate zurückliegt, auf 12 Monate eingeschränkt werden. Die Klagbarkeitsmöglichkeit erstreckt sich dann noch weitere 3 Monate nach Ablauf der jeweiligen Gewährleistungsfrist.

ACHTUNG!

Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss oder dessen Einschränkung ist gegenüber Konsument:innen nicht wirksam!

Welche Leistungen sind im Rahmen der Gewährleistung zu erbringen?
Der Händler hat den vertraglich geschuldeten Zustand (Zustandsklasse!) kostenlos herzustellen. In erster Linie hat dies durch die erforderliche Reparatur zu geschehen.

Es besteht kein sofortiger Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages, wenn die Reparatur möglich ist. Diese könnte bei Gebrauchtautos auch mit Gebrauchtteilen erfolgen. Für die Mängelbehebung ist eine „angemessene Frist“ zu gewähren. Soweit in den Geschäftsbedingungen nichts anderes zu finden ist, kann von einer 14-tägigen Frist (ab belegbarer Fristsetzung!) ausgegangen werden. Bei sicherheitsrelevanten Defekten kann ein Vertragsrücktritt auch ohne Nachfristsetzung argumentiert werden. Schwere Mängel berechtigen sonst nach Nachfristsetzung zum (belegbar) angekündigten Vertragsrücktritt. Es kommt aber auch die Verrechnung einer angekündigten Ersatzvornahme durch ein anderes befugtes Unternehmen oder eine Preisminderung infrage. Es muss dem Unternehmen jedoch zuvor (nachweisbar) die Möglichkeit einer Reparatur eingeräumt werden, weil sonst die Gefahr besteht, die Kosten einer Ersatzvornahme nicht durchsetzen zu können. Die Reparaturmöglichkeit ist übrigens am Ort der ursprünglichen Fahrzeugübernahme (Händler) einzuräumen.

Garantie

Garantie ist die freiwillige, vertragliche Zusage des Garantiegebers (meist der Hersteller oder ein Garantieversicherer) für bestimmte Defekte im Garantiezeitraum einzustehen. Der Umfang und die Dauer der Garantie ist von der jeweiligen Garantieerklärung abhängig. Diese können vom Garantiegeber frei gewählt werden. 

Neuwagengarantie
Bei Neuwagen ist im Normalfall immer eine Herstellergarantie gegeben, die allerdings von Hersteller zu Hersteller oder auch zwischen den Modellen unterschiedlichst gestaltet sein kann. Die Herstellergarantie wird standardmäßig auch von der Einhaltung der Serviceintervalle abhängig gemacht. Eine Bindung an die jeweilige Markenwerkstätten ist aufgrund einschlägiger EU-Vorgaben nicht mehr zulässig. Allerdings müssen die Servicierungen von anderen beziehungsweise freien Werkstätten nach Herstellervorgaben erfolgen, um garantieerhaltend zu wirken.

Gebrauchtwagengarantie
Im Gebrauchtwagenhandel finden sich zunehmend Garantieversicherungen, die entweder zusätzlich oder automatisch mitgekauft werden (können).

Garantie-Leistungsumfang 
Bei den gängigen Garantieversicherungen oder Händlergarantien wird genau aufgelistet, welche Bauteile von der Garantie erfasst sind beziehungsweise welche nicht. Die Garantielaufzeit ist der jeweiligen Garantieerklärung (Urkunde) zu entnehmen. Häufig wird bei Garantieversicherungen in Abhängigkeit vom Alter und der Kilometerleistung des Fahrzeuges ein bestimmter Prozentsatz der Reparaturkosten übernommen.

Anders als bei der Herstellergarantie kann von der Händlergarantie oder der Garantieversicherung das Servicierungsunternehmen für garantieerhaltende Maßnahmen vorgegeben werden.

Fahrzeugeintausch – Gewährleistungsausschluss nicht vergessen!

Wird beim Neukauf eines Fahrzeuges gleichzeitig ein altes Auto zurückgegeben, so ist unbedingt anzuraten, für dieses Altfahrzeug die Gewährleistung auszuschließen. Andernfalls würde hierfür eine Gewährleistungspflicht gegenüber dem Händler entstehen können.

„Online-Pickerlprotokolle“ abfragen!

Mitglieder der AK-Oberösterreich können kostenlos eine Onlineabfrage von früheren „Pickerlprotokollen“ (§ 57a KFG) abfragen und so die Plausibilität der Kilometerlaufleistung, aber auch in der Vergangenheit festgestellte Mängel (und allfällige Mängelbehebungen) in Erfahrung bringen. 

Zur Online-Pickerlabfrage

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