Crowdinvesting: Viele Gefahren für Anleger

Beim Crowdinvesting werden Unternehmen ohne der Beteiligung von Banken finanziert. Besonders junge Unternehmer/-innen, die sich noch in der Gründungsphase befinden, wählen oft diese Form der Finanzierung. Die benötigten finanziellen Mittel werden dabei durch beteiligte Investoren/-innen - die sogenannte Crowd - aufgebracht. 

Warum Crowdinvesting?

Banken sind an der Finanzierung neu gegründeter Unternehmen nur wenig interessiert, weil sie ein gewisses Risiko mit sich bringen. Bei der Beteiligungsform des Crowinvesting sehen Geldgeber/-innen dagegen eine Chance auf hohe Erträge. Das Risiko, dabei das gesamte eingesetzte Kapital zu verlieren, ist aber trotzdem groß.

Wie funktionert Crowdinvesting?

Unternehmen stellen ihre Projektidee auf Internetplattformen vor. Interessenten/-innen können sich daran beteiligen, indem sie Geld zur Verfügung stellen. Die Mindesthöhe für eine Beteiligung kann unterschiedlich hoch sein, ist aber mit 5.000 Euro pro Person und Jahr für ein Projekt begrenzt. 

Höhere Investitionen sind nur möglich, wenn Privatinvestoren/-innen bestätigen, dass höchstens das doppelte ihres durchschnittlichen Monatseinkommens über 12 Monate gerechnet oder maximal 10 Prozent des Finanzanlagevermögens investiert werden.

Auch bereits bestehende Unternehmen können ihr Kapital mithilfe von Crowdinvesting weiter erhöhen. Sie wenden sich dabei nicht nur über Internetplattformen an die Öffentlichkeit, sondern nutzen auch bereits bestehende Kontakte zu ihren Kunden/-innen. Investoren/-innen bieten sie dabei weitere Möglichkeiten der Beteiligung an. Der „Ertrag“ aus dem Investment kann sehr unterschiedlich sein. Im Falle einer Zinszahlung müssen diese in der Einkommenssteuererklärung angeführt werden.

Welche Formen der Vertragsgestaltung es gibt

1. Qualifizierte Nachrangdarlehen

Darlehensgeber/-innen sind die Investoren/-innen, Darlehensnehmer/-innen die Unternehmen. In einer Anleihe können jährliche Ausschüttungen des Gewinnes - ähnlich wie bei Zinsenzahlungen - vereinbart werden. Die Ausschüttungen werden allerdings nur dann geleistet, wenn sie durch den Unternehmensgewinn gedeckt sind. 

Am Ende der vereinbarten Laufzeit wird in der Regel das investierte Kapital an die Anleger/-innen zurückgezahlt . Das ist aber nur dann möglich, wenn das Unternehmen nicht von einer Insolvenz oder auch nur kurzfristigen Zahlungsfähigkeit bedroht wird. 

In diesem Fall hieße es für Investor/-innen: "Bitte warten!" - im Extremfall (Insolvenz) sogar so lange, bis alle ausstehenden Forderungen an die Gläubiger/-innen gezahlt wurden. Damit Gelder von privaten Anlegern/-innen ohne Vollmacht der Banken gesammelt werden dürfen, muss eine Nachrangigkeit vereinbart werden. 

ACHTUNG, VERSTECKTE GEFAHREN!

Unternehmen locken potentielle Investoren/-innen mit der Aussicht auf hohe Erträge an. Diese Ertragsaussichten sollten aber Warnung genug sein: Das Risiko eines Totalverlustes ist auch der Grund, warum Banken auch nicht zu überhöhten Zinsen dazu bereit sind, diesen Unternehmen Geld zu leihen.

Avoris Immobiliengesellschaft lockt mit hohen Zinsen
Die Firma Avoris versprach mit ihrem Immobilienprojekt „Burggasse Wien“ Anleger/-innen eine jährliche Verzinsung von 6,75 Prozent, die am Ende der Laufzeit gemeinsam mit dem eingesetzten Kapital an die Investoren/-innen zurückgezahlt werden sollen. Der Risikohinweis, dass der Verlust des gesamten Kapitals droht, findet sich erst am Ende des Anlagenpapiers: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“

Gutscheine: Unternehmen versprechen höhere Zinsen
Es ist aber auch eine jährliche Gewinnausschüttung in Form von Gutscheinen, die im Unternehmen eingelöst werden können, möglich. So bietet die Grüne Erde ihren Investoren eine jährliche Verzinsung in Höhe von 4 Prozent an, wenn sie die Ausschüttung in Form von Warengutscheinen wählen.

Entscheiden sich die Investoren/-innen für eine Auszahlung der Zinsen, so beträgt die Verzinsung nur 3 Prozent. Die Laufzeit des Darlehens ist unbeschränkt und kann nach 5 Jahren mit einer 3-monatigen Kündigungsfrist beendet werden - allerdings nur unter der Bedingung, dass das Unternehmen zahlungsfähig ist. 

Mit Gutscheinen zur Schikarte für Bad Hofgastein
Eine Rückzahlung in Form von Gutscheinen bietet eine Beteiligung am Seilbahnprojekt in Bad Hofgastein. Wenn sich Investoren am „Skisparen“ des Projekts „Sportalm neu“ mit 5.000 Euro beteiligen, erhalten sie jährlich einen Gutschein in Höhe von 1.225 Euro, und das 5 Jahre lang. 

Die Gutscheine können gegen Liftkarten oder Produkte, die an den Kassen der Bergbahn angeboten werden, eingetauscht werden. Die Gültigkeit der Gutscheine beträgt 7 Jahre ab der Ausgabe. Eine darüber hinaus gehende Rückzahlung erfolgt nicht.

Wo Sie sich mit einem Nachdrangdarlehen beteiligen können
Einige bekannte Beispiele für Nachrangdarlehen sind das bereits genannte Seilbahnprojekt in Bad Hofgastein und Grüne Erde sowie Karma Werte GmbH, KitzVenture, Avoris Immobilienentwicklungs GmbH mit „Burggasse Wien“, ...

2. Genussscheine

Genussscheine stellen Beteiligungen an Unternehmen dar. Besitzer/-innen haben ein Anrecht auf Gewinnschausschüttung und auf Beteiligungen bei Liquidationserlösen. Allerdings sind Investoren/-innen auch davon betroffen, wenn ein Unernehmen negative Zahlen schreibt. In diesem Fall bekommen sie keine Gewinne ausgezahlt und ihr Genussscheinkapital wird abgewertet. 

Kapitalgarantie gibt's nur dann, wenn Unternehmen zahlen können
Die Beteiligung am Verlust ist ein zwingendes Kriterium, damit das Genusskapital vom Unternehmen als Eigenkapital geführt werden kann. In der Bilanz wird es als Ergänzungskapital angeführt, wodurch im Falle einer Liquidation des Unternehmens die Genussscheininhaber/-innen erst nach allen anderen Gläubigern/-innen befriedigt werden müssen. Eine Kapitalgarantie gilt nur solange der Emittent/die Emittentin auch zahlungsfähig ist. 

Genussscheine haben sehr lange Laufzeiten
Genussscheine haben entweder sehr lange Laufzeiten oder gar kein Laufzeitende. In diesem Fall spricht man von ewigen Genussrechten, die Unternehmen eine langfristige Mittelverwendung garantieren. Anleger/-innen haben dagegen in der Regel kein Interesse an langen oder gar lebenslangen Laufzeiten. Eine Kündigung durch die Investoren/-innen ist meist nicht möglich.

Zur ihren Kapitaleinlangen kommen Genussscheininhaber/-innen bei unbegrenzter Laufzeit nur durch die Liquidation des Unternehmens. Wird dagegen eine Laufzeit vereinbart, kann anstatt der Kapitaltilgung auch ein Umtausch in Aktien oder andere Wertpapiere des Unternehmens vereinbart werden.

AvW: Anleger mussten große Einbußen hinnehmen
AvW versprach seinen Investoren hohe Erträge. Bei solchen Versprechen sollten Geldgeber/-innen allerdings vorsichtig sein, denn hohe Gewinnausschüttungen sind zugleich immer mit einem hohen Risiko verbunden. Dass der Konkurs von AvW die Investoren/-innen in einem solch großen Ausmaß trifft, war für sie trotzdem überraschend und schmerzhaft: Rund 12.500 Anleger/-innen mussten Einbußen hinnehmen. 

3. Stille Gesellschaft

Im Unterschied zu Inhaber/-innen von Genussscheinen haben stille Gesellschafter/-innen das Recht auf Einsicht in die Jahresabrechnung und ein Kündigungsrecht. Recht auf Mitsprache gibt es allerdings keines. Kann das Unternehmen zum Zeitpunkt der Kündigung keine Zahlungen leisten, heißt es für die stillen Gesellschafter/-innen "Bitte warten". Eine Übertragung ist nicht möglich. Im Regelfall werden stille Gesellschaften nur an Unternehmensgewinnen beteiligt. 

4. Crowdspending

Wird Geld gesammelt und dafür kein Geld als Gegenleistung ausgezahlt, sondern kleine Geschenke oder ein anderes kleines Dankeschön als Gegenleistung angeboten, so spricht man von Crowdspending. Anleger/-innen bekommen etwa ein Exemplar des produzierten Produktes, wie eine CD, ein T-Shirt oder eine Trinkflasche. Bei Filmproduktionen verschenken die Unternehmen oft Karten für die Filmvorführung und die Geldgeber/-innen werden auf einer Spendenliste angeführt. 

Hier steht nicht der monetäre Ertrag sondern die Unterstützung einer Idee, die man selbst für interessant oder förderungswürdig hält, im Vordergrund.

Fazit: Vorsicht bei Crowdinvesting

  • Anlagepapiere haben oft unüberschaubare und ungewisse Laufzeiten.
  • Sie bergen ein sehr hohes Verlustrisiko.
  • Die Investoren/-innen haben kein Recht auf eine Mitsprache oder Kontrolle im Unternehmen.
  • Unternehmen versprechen ihren Geldgebern/-innen eine bloße Aussicht auf einen Ertrag.

Was Sie beachten sollten, wenn Sie Investor werden wollen

  • Es handelt sich bei allen genannten Produkten um Risikokapital. Daher sollten Sie sich maximal in dem Ausmaß beteiligen, in dem Sie auch einen Verlust hinnehmen könnten. 
  • Keinesfalls sollten Sie sich beteiligen, wenn das Kapital zu einem bestimmten Zeitpunkt dringend gebraucht wird. 
  • Vertragslaufzeiten sind nicht als fixes Vertragsende mit unmittelbarer Rückzahlung verbunden. Auch nach Ablauf einer vereinbarten Laufzeit wird das Kapital nur ausgezahlt, wenn der Fortbestand oder die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens nicht gefährdet ist.

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