Gesetzliche Gewähr­­­leistung

Wenn Sie etwas kaufen, können Sie davon ausgehen, dass es fehlerfrei übergeben wird. Bemerken Sie bei der Übergabe einen sichtbaren Mangel, sollten Sie die Ware nicht entgegennehmen. Haben Sie die Ware bereits übernommen und entdecken Sie erst später Mängel, können Sie Ihre Rechte aus der gesetzlichen Gewährleistung gegenüber dem Händler geltend machen. Achten Sie auf den Unterschied von Gewähr­leistung und Garantie.

Gewähr­leistung „alt“ für Verträge bis 31.12.2021

Für Verträge, die bis 31.12.2021 abgeschlossen wurden, ergeben sich bei einem Mangel die Ansprüche der Gewährleistung aus dem Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und dem Konsumentenschutz­gesetz (KSchG). Dabei wird nicht zwischen beweglichen (zum Beispiel Waschmaschine) oder unbeweglichen (zum Beispiel Haus) Sachen unterschieden.

Sie können vom Händler zunächst entweder die Reparatur oder den Austausch verlangen. Das Unternehmen hat also eine „zweite Chance“. Tritt derselbe Fehler nach dem Verbesserungsversuch erneut auf, können Sie die Aufhebung des Vertrages oder Preisminderung geltend machen.

Gewähr­leistungs­frist, Ver­jährung

Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der Gewährleistung beträgt bei beweglichen Sachen 2 Jahre (zum Beispiel Auto, Möbel) und bei unbeweglichen Sachen 3 Jahre (wie Grundstück, Zentralheizung). Die Frist beginnt mit der Übergabe der Sache zu laufen. Sie kann verlängert, aber nicht verkürzt werden. 

BEACHTEN SIE

Beim Kauf von gebrauchten beweglichen Sachen kann die Gewährleistungsfrist auf 1 Jahr verkürzt werden. Das muss zwischen Unternehmer und Konsument/-in ausgehandelt werden. Ein Vermerk in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen reicht dazu nicht aus. Bei Kraftfahrzeugen ist eine solche Verkürzung nur wirksam, wenn seit dem Tag der ersten Zulassung mehr als 1 Jahr verstrichen ist.
Die Gewährleistungsrechte der Konsumenten/-innen können vor Kenntnis des Mangels weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden.

Mangel muss bei Über­gabe vor­handen sein

Die Gewährleistung betrifft nur Mängel, die zum Zeitpunkt der Übergabe der Ware vorhanden waren. Oft sind Mängel, die sich bald nach Übergabe zeigen, auf einen Fehler zurückzuführen, den die Sache bei Übergabe hatte. Deshalb gibt es die gesetzliche Vermutung (Beweiserleichterung), dass ein Mangel schon bei der Übergabe vorhanden war, wenn er innerhalb von 6 Monaten nach der Übergabe auftritt. Das Unternehmen muss nun beweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war.

AUSNAHME:
Diese gesetzliche Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache (zum Beispiel verderbliche Waren) oder mit der Art des Mangels (zum Beispiel typische Abnützungserscheinungen) unvereinbar ist.

Welche Gewähr­leistungs­behelfe gibt es?

Grundsätzlich stehen Konsumenten/-innen die kostenlose Verbesserung, der Austausch, die Preisminderung und die Wandlung (Vertragsauflösung) als Möglichkeiten zur Verfügung.

Vorrangig sieht das Gesetz eine Verbesserung beziehungsweise den Austausch vor.

Primäre Gewährleistungsbehelfe
Konsumenten/-innen können daher von der Firma zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der mangelhaften Ware verlangen. Das Unternehmen (Übergeber/-innen) soll eine "zweite Chance" haben, den vertrags­gemäßen Zustand herzustellen. Den Konsumenten/-innen (Übernehmer) steht zwischen der Verbesserung und dem Austausch ein Wahlrecht zu.

AUSNAHME:
Kein Wahlrecht bei unverhältnismäßig hohem Aufwand.

Sekundäre Gewährleistungsbehelfe
Preisminderung oder Wandlung können Konsumenten/-innen (Übernehmer/-innen) nur fordern,

  • wenn die Verbesserung und der Austausch unmöglich oder für das Unternehmen mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären,
  • wenn der Händler die Verbesserung oder den Austausch in angemessener Frist nicht durchführt oder die Verbesserung fehlschlägt,
  • wenn das Unternehmen die Verbesserung oder den Austausch verweigert,
  • wenn die Verbesserung oder der Austausch für Konsumenten/-innen (Übernehmer/-innen) mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären  oder  
  • wenn Konsumenten/-innen (Übernehmer/-innen) die Verbesserung oder der Austausch aus triftigen, in der Person des Händlers liegenden Gründen unzumutbar ist.

Konsumenten/-innen (Übernehmer/-innen) haben zwischen Preis­minderung und Wandlung ein Wahlrecht. Eine Wandlung ist allerdings bei einem geringfügigen Mangel ausgeschlossen.

Erfüllungs­ort und Kosten der Gewähr­leistung

Ein Unternehmer hat seine Gewährleistungspflicht grundsätzlich an dem Ort zu erfüllen, an dem die Sache dem Konsumenten/der Konsumentin übergeben worden ist. Auf Verlangen der Konsumenten/-innen muss das Unternehmen seiner Gewährleistungspflicht an jenem inländischen Ort nachkommen, an dem sich die mangelhafte Sache gewöhnlich befindet (zum Beispiel bei den Konsumenten/-innen zu Hause), wenn der Standort für den Unternehmer nicht überraschend ist und die Beförderung der Sache zum Unternehmen wegen ihrer Art (zum Beispiel Sache ist sperrig oder schwer) unzumutbar ist.

Das Unternehmen kann aber, wenn dies für die Konsumenten/-innen zumutbar ist, die Übersendung der mangelhaften Sache verlangen. Das Unternehmen hat dann aber Gefahr und Kosten der Übersendung zu tragen.

Kosten der Gewähr­leistung

Die notwendigen Kosten der Ver­besserung oder des Austauschs (insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten) sind vom Unternehmen zu tragen.

Zurückbehaltungsrecht

Haben Sie noch nicht (alles) bezahlt, so können Sie bis zur endgültigen Mängelbehebung einen Teil oder den gesamten noch offenen Betrag zurückbehalten. Bei ganz geringfügigen Mängeln darf nur ein dem Mangel angemessener Teil zurückbehalten werden (Schikaneverbot).


Gewähr­leistung „neu“ für Verträge ab 01.01.2022

Mit 1.1.2022 tritt zu den bisherigen Regelungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) und dem Konsumentenschutzgesetz (KSchG) das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) in Kraft.

Für welche Ver­träge gilt das neue VGG?

Es gilt für Verbraucherverträge, die ab dem 01.01.2022 abgeschlossen werden und umfasst den Kauf von (beweglichen) Waren - auch wenn diese erst herzustellen sind (Werklieferverträge) - sowie Verträge über digitale Leistungen.

Vom Anwendungsbereich ausgeschlossen sind unter anderem der Kauf lebender Tiere, analoge Dienstleistungen (wie ein Friseurbesuch), Glücksspiel- und Finanzdienstleistungen. Auch ein Kauf von Immobilien, Stromlieferverträge oder reine Werkverträge zählen nicht dazu. 

Für welche Eigen­schaften haftet der Unter­nehmer?

Grundsätzlich können Verbraucher/-innen davon ausgehen, dass die Ware oder die bereitgestellte digitale Leistung die vertraglich vereinbarten und objektiv erforderlichen Eigenschaften aufweist.

Für Waren mit digitalen Elementen (wie Laptop mit Betriebssystem) und für digitale Leistungen (zum Beispiel Streamingdienste) trifft das Unternehmen eine Aktualisierungspflicht. Es hat demnach auch jene Updates zur Verfügung zu stellen, die notwendig sind, damit die von ihm erbrachten Leistungen auch künftig dem Vertrag entsprechen. Diese nachträgliche Leistungspflicht besteht bei fortlaufenden Verträgen für die gesamte Vertragslaufzeit, bei Waren mit digitalen Elementen für mindestens 2 Jahre.

Wird die digitale Leistung einzeln bereitgestellt (zum Beispiel E-Book mit unbefristetem Nutzungsrecht), so sind Updates während einer vernünftigerweise erwartbaren Zeitspanne zur Verfügung zu stellen. Konsumenten/-innen müssen über diese Updates und auch die Folgen des Nicht-Installierens innerhalb angemessener Frist vom Unternehmen informiert werden. Unterbleibt die Aktualisierung dann durch den Verbraucher/die Verbraucherin, so kann dies dazu führen, dass das Unternehmen nicht für dadurch entstandene Mängel haftet.

BEACHTEN SIE

Abweichungen von objektiv erforderlichen Eigen­schaften und der Aktualisierungspflicht für digitale Leistungen sind nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Das Unternehmen muss den Verbraucher/die Verbraucherin eigens davon in Kenntnis setzen und der Verbraucher/die Verbraucherin muss dieser Abweichung ausdrücklich und gesondert zustimmen. Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen reicht nicht aus, um diesen Verzicht zu rechtfertigen.
 
Bei Waren mit digitalen Elementen haftet das Unternehmen auch für fehlerhafte Anleitungen, die nicht von ihm sondern vom Anbieter der digitalen Leistung mitgeliefert werden. Außerdem ist ein Kundendienst bereitzustellen.

Gewährleistungs­behelfe

Die Gewährleistungsbehelfe selbst bleiben im Vergleich zur Gewährleistung „alt“ weitgehend gleich. Neu ist, dass bei Vertrags­auflösung das Unternehmen die Rückzahlung des Kaufpreises so lange verweigern kann, bis es die Ware erhalten hat oder der Verbraucher/die Verbraucherin ihm den Nachweis über die Rücksendung übermittelt hat. In diesem Fall hat der Verbraucher/die Verbraucherin in Vorleistung zu gehen.

Gibt es Form­vorschriften?

Alle Gewährleistungsbehelfe können von Verbrauchern/-innen durch formfreie, außergerichtliche Erklärung geltend gemacht werden. Aus Beweisgründen ist aber zu einer schriftlichen Geltendmachung zu raten.

Welche Fristen müssen be­achtet werden?

Die Vermutungsfrist für das Vorliegen des Mangels im Zeitpunkt der Übergabe (bei Waren) oder Bereitstellung (bei digitalen Leistungen) beträgt 1 Jahr. Innerhalb dieses ersten Jahres muss das Unternehmen beweisen, dass es eine fehlerfreie Leistung übergeben oder bereitgestellt hat. Handelt es sich um fortlaufende digitale Leistungen, so trifft ihn die Beweislast während des gesamten Bereitstellungszeitraums.  

Die Gewährleistungsfrist beträgt 2 Jahre. Werden digitale Leistungen fortlaufend bereitgestellt, besteht diese Frist den gesamten Bereitstellungszeitraum. Bei Waren mit digitalen Elementen mindestens aber 2 Jahre ab Übergabe beziehungsweise Bereitstellung.

Ab Ablauf der Gewährleistungsfrist beginnt eine zusätzliche 3-monatige Verjährungs­frist zu laufen, innerhalb der der Mangel gegebenenfalls eingeklagt werden muss.

ACHTUNG

Für Verbraucherverträge, die nicht in den Anwendungsbereich des VGG fallen, beträgt die Vermutungsfrist weiterhin 6 Monate. Die Gewährleistungsfrist (Haftungsfrist) bleibt mit 2 Jahren für Waren gleich. Ab Ablauf der Gewährleistungsfrist beginnt auch hier eine zusätzlichen 3-monatige Verjährungsfrist zu laufen, innerhalb der der Mangel gegebenenfalls eingeklagt werden muss.

Einseitiges Leistungs­änderungs­recht bei digitalen Leistungen

Bei fortlaufender Bereitstellung von digitalen Leistungen steht dem Unternehmen ein einseitiges Leistungsänderungsrecht zur Verfügung. Dies ist allerdings nur in engen Grenzen möglich und muss vertraglich vereinbart sein.

Den Verbrauchern/-innen dürfen durch diese Leistungsänderung keine zusätzlichen Kosten entstehen und sie können den Vertrag binnen 30 Tagen kündigen, wenn der Zugang oder die Nutzung der digitalen Leistung nicht nur geringfügig beeinträchtigt wird.

Zurückbehaltungsrecht

Haben Sie noch nicht (alles) bezahlt, so können Sie bis zur endgültigen Mängelbehebung einen Teil oder den gesamten noch offenen Betrag zurückbehalten. Bei ganz geringfügigen Mängeln darf nur ein dem Mangel angemessener Teil zurückbehalten werden (Schikaneverbot).

Kritik der AK-Konsumenten­schützer/-innen

  • Es gibt weiterhin keine Direkthaftung des Herstellers beziehungsweise der EWR-Importeure.

  • Auch bei langlebigen Produkten beträgt die Gewährleistungsfrist 2 beziehungsweise 3 Jahre – es wurde demnach keine Anreizwirkung in Hinblick auf die Nachhaltigkeit von Produkten geschaffen, denn bei langlebigen Produkten treten erste Mängel meist nach Ablauf der Gewährleistungsfrist auf.

  • Das Gewährleistungsrecht ist je nach Leistungsgegenstand in verschiedenen Gesetzen geregelt: VGG, KSchG und ABGB. Dies führt zu Rechtszersplitterung und Abgrenzungsfragen und ist demnach für Verbraucher/-innen undurchsichtig.

Musterbrief für Verträge bis 31.12.2021

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