Gewährleistung und Garantie
Gesetzliche Gewährleistung
Wenn Konsument:innen etwas kaufen, können sie erwarten, dass die Ware ohne Mängel übergeben wird. Wird bei der Übergabe ein sichtbarer Mangel festgestellt, sollten sie die Annahme der Ware verweigern. Entdecken sie einen Mangel erst später, nachdem die Ware bereits übernommen wurde, können sie ihre Rechte aus der gesetzlichen Gewährleistung gegenüber dem Unternehmen geltend machen.
Für Verbraucherverträge, die ab dem 01.01.2022 abgeschlossen wurden, gilt das Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG). Dieses Gesetz umfasst den Kauf von (beweglichen) Waren (auch solche, die erst hergestellt werden müssen, zum Beispiel bei Werklieferverträgen) sowie Verträge über digitale Leistungen (zum Beispiel Fotos, Videos, Musik, E-Books, die in digitaler Form bereitgestellt werden oder auch Social Media zum Beispiel Facebook und Streamingdienste zum Beispiel Netflix). Solche Bereitstellungsverträge unterliegen dem VGG nicht nur dann, wenn die Konsument:innen als Entgelt für die digitale Leistung eine Zahlung zu erbringen haben, sondern auch dann, wenn die „Gegenleistung“ nur in der Hingabe von personenbezogenen Daten besteht.
Vom Anwendungsbereich des VGG ausgenommen sind unter anderem der Kauf lebender Tiere, analoge Dienstleistungen (wie ein Friseurbesuch), Glücksspiel- und Finanzdienstleistungen. Auch der Kauf von Immobilien, Stromlieferverträge oder reine Werkverträge (zum Beispiel über den Bau eines Hauses) fallen nicht darunter. In diesen Fällen gilt das Gewährleistungsrecht des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) und das Konsumentenschutzgesetz (KSchG), die jedoch weitgehend ähnliche Regelungen wie das VGG enthalten.
Was bedeutet Gewährleistung?
Die Gewährleistung ist - im Gegensatz zur Garantie (siehe dazu unten) - die gesetzlich vorgesehene verschuldensunabhängige Haftung des Unternehmers für Mängel, die die Ware/Leistung bereits im Zeitpunkt der Übergabe aufweist, auch wenn sich dieser Mangel vielleicht erst später zeigt (geheimer Mangel beziehungsweise verborgener Mangel).
Entstehen neue Mängel erst nach der Übergabe, handelt es sich dabei um keinen Gewährleistungsfall.
AUSNAHME
Bei der fortlaufenden Bereitstellung von digitalen Dienstleistungen (zum Beispiel Netflix) hat der Unternehmer auch für jene Mängel Gewähr zu leisten, die während der Dauer der Bereitstellungspflicht auftreten oder hervorkommen. Der Mangel muss daher nicht bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Bereitstellung angelegt sein, sondern er kann auch nachträglich entstehen oder hervorkommen.Wann liegt ein Mangel vor?
Von einem Mangel spricht man, wenn die Ware nicht die vereinbarten oder üblicherweise erwarteten Eigenschaften aufweist (zum Beispiel darf die Bindung eines Buches nicht nach dreimaligem Aufschlagen kaputtgehen, und ein Dach muss dicht sein sowie der üblichen Schneelast standhalten). Außerdem muss die Ware einer eventuellen Beschreibung, Probe oder Werbung entsprechen.
Der/die Unternehmer:in muss bei Waren mit digitalen Elementen (zum Beispiel Smart-TV) und digitalen Leistungen (zum Beispiel E-Book, Streamingdienst) auch Updates (zum Beispiel Sicherheitsupdates) zur Verfügung stellen, um damit die Ware mit digitalen Elementen oder die digitale Leistung mangelfrei zu erhalten. Konsument:innen müssen über diese Updates und auch die Folgen des Nicht-Installierens innerhalb angemessener Frist vom Unternehmen informiert werden. Vorsicht: Installieren Sie diese zur Verfügung gestellten Updates nicht, könnte dies zum Entfall der Haftung des Unternehmens führen!
Vermutung der Mangelhaftigkeit
Grundsätzlich ist es Sache der Konsument:innen zu beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dieser bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war. Häufig beruhen Mängel, die kurz nach der Übergabe auftreten, auf einem Fehler, der bereits zum Zeitpunkt der Übergabe bestanden hat. Deshalb gibt es die gesetzliche Vermutung (Beweiserleichterung), dass ein Mangel bereits bei der Übergabe oder Bereitstellung (bei digitalen Leistungen) vorhanden war, wenn er innerhalb von 12 Monaten nach der Übergabe auftritt. Innerhalb dieses ersten Jahres muss das Unternehmen beweisen, dass es eine fehlerfreie Ware/Leistung übergeben oder bereitgestellt hat. Handelt es sich um fortlaufende digitale Leistungen (zum Beispiel Netflix), so trifft ihn die Beweislast während des gesamten Bereitstellungszeitraums.
Bei Verträgen, die nicht unter das VVG fallen wie zum Beispiel Werkverträge beträgt diese Frist 6 Monate. Das Unternehmen muss nun beweisen, dass der Mangel bei Übergabe noch nicht vorhanden war. Diese Vermutung der Mangelhaftigkeit ist besonders wichtig, da es bei komplexen technischen Geräten oft schwierig ist, nachträglich zu beweisen, warum ein Defekt aufgetreten ist und ob er schon bei der Übergabe vorhanden war.
AUSNAHME
Diese gesetzliche Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache (zum Beispiel verderbliche Waren) oder mit der Art des Mangels (zum Beispiel typische Abnützungserscheinungen) unvereinbar ist.Welche Gewährleistungsbehelfe gibt es?
Grundsätzlich stehen Konsument:innen die kostenlose Verbesserung, der Austausch, die Preisminderung und die Vertragsauflösung als Möglichkeiten zur Verfügung.
Vorrangig sieht das Gesetz aber eine Verbesserung beziehungsweise den Austausch vor. Diese Maßnahmen müssen innerhalb einer angemessenen Frist (zum Beispiel 14 Tage) durchgeführt werden.
Primäre Gewährleistungsbehelfe
Konsument:innen können daher vom Unternehmer zunächst nur die Verbesserung (zum Beispiel Neustreichen der Wand, Austausch des kaputten Mobiltelefondisplays) oder den Austausch der mangelhaften Ware (zum Beispiel Austausch des „gesamten“ Handys) verlangen. Das Unternehmen soll dadurch eine "zweite Chance" haben, den vertragsgemäßen Zustand herzustellen. Den Konsument:innen steht zwischen der Verbesserung und dem Austausch ein Wahlrecht zu.
AUSNAHME
Kein Wahlrecht steht bei unverhältnismäßig hohem Aufwand oder bei Unmöglichkeit zu.Sekundäre Gewährleistungsbehelfe
Preisminderung oder Auflösung des Vertrages können Konsument:innen nur fordern,
- wenn die Verbesserung und der Austausch unmöglich oder für das Unternehmen mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären,
- wenn der/die Unternehmer:in die Verbesserung oder den Austausch in angemessener Frist nicht durchführt oder die Verbesserung fehlschlägt,
- wenn das Unternehmen die Verbesserung oder den Austausch verweigert,
- wenn die Verbesserung oder der Austausch für Konsument:innen mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wäre oder
- wenn Konsument:innen die Verbesserung oder der Austausch aus triftigen, in der Person des Händlers liegenden Gründen unzumutbar ist.
- Schließlich wenn ein Mangel ein schweres Sicherheitsrisiko darstellt und die Möglichkeit der Konsument:innen zur bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache ernsthaft beeinträchtigt wäre (zum Beispiel defekter Elektroherd mit Sicherheitsrisiko)
Konsument:innen haben grundsätzlich zwischen Preisminderung und Vertragsauflösung ein Wahlrecht. Diese Wahlmöglichkeit fällt jedoch bei einem geringfügigen Mangel weg, da hier keine Vertragsauflösung möglich ist.
Beispiele
Geringfügig ist der Mangel etwa, wenn bei einem Neuwagen Vibrationsgeräusche des Schaltknüppels ohne Funktionsbeeinträchtigungen auftreten.Nicht geringfügig ist der Mangel hingegen bei einem Neuwagen, bei dem im Inneren im Winter die Temperaturen trotz aufpreispflichtiger Klimaanlage unter 20 Grad bleiben oder wenn ein Neuwagen bei erheblicher Beschleunigung keine Spursicherheit aufweist .
Kommt es zu einer Vertragsauflösung, dann kann das Unternehmen die Rückzahlung des Kaufpreises so lange verweigern, bis es die Ware erhalten hat oder Konsument:innen ihm den Nachweis über die Rücksendung übermittelt haben. In diesem Fall haben die Konsument:innen in Vorleistung zu treten.
Erfüllungsort und Kosten der Gewährleistung
Ein:e Unternehmer:in hat seine/ihre Gewährleistungspflicht grundsätzlich an dem Ort zu erfüllen, an dem die Sache dem/der Konsument:in übergeben worden ist. Auf Verlangen der Konsument:innen muss das Unternehmen seiner Gewährleistungspflicht an jenem inländischen Ort nachkommen, an dem sich die mangelhafte Sache gewöhnlich befindet (zum Beispiel bei den Konsument:innen zu Hause), wenn der Standort für den/die Unternehmer:in nicht überraschend ist und die Beförderung der Sache zum Unternehmen wegen ihrer Art (zum Beispiel Sache ist sperrig oder schwer) unzumutbar ist.
Das Unternehmen kann aber, wenn dies für die Konsument:innen zumutbar ist, die Übersendung der mangelhaften Sache verlangen. Das Unternehmen hat dann aber Gefahr und Kosten der Übersendung zu tragen.
Kosten der Gewährleistung
Grundsätzlich sind die notwendigen Kosten der Verbesserung oder des Austauschs (insbesondere Versand-, Arbeits- und Materialkosten) vom Unternehmen zu tragen. Beim Warenkaufvertrag können aber unter Umständen auch die Durchführung des Aus- und Einbaus der Ware direkt vor Ort oder Ersatz der entsprechenden Kosten verlangt werden.
Baut der/die Konsument:in die gekaufte Sache selbst ein und stellt sich heraus, dass sie mangelhaft ist, muss der/die Unternehmer:in nicht nur dafür sorgen, dass die gelieferte Ware mangelfrei ist, sprich sie reparieren oder austauschen, sondern auch die Kosten für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der mangelfreien Ware übernehmen.
Beispiel
Der/die Käufer:in hat Fliesen im Baumarkt gekauft und sie daheim selbst verlegt. Stellt sich nach dem Verlegen heraus, dass die Fliesen mangelhaft sind, schuldet der/die Unternehmer:in nicht nur neue Fliesen, sondern auch die Kosten für Ein- und Ausbau.Zurückbehaltungsrecht
Haben Sie noch nicht (alles) bezahlt, so können Sie bis zur endgültigen Mängelbehebung einen Teil oder den gesamten noch offenen Betrag zurückbehalten. Bei ganz geringfügigen Mängeln darf nur ein dem Mangel angemessener Teil zurückbehalten werden (Schikaneverbot).
Gibt es Formvorschriften?
Alle Gewährleistungsbehelfe können von Konsument:innen grundsätzlich durch formfreie, außergerichtliche Erklärung geltend gemacht werden. Aus Beweisgründen ist aber zu einer schriftlichen Geltendmachung zu raten.
Wenngleich die Gewährleistungsbehelfe formfrei erfolgen können, wahrt nur eine gerichtliche Geltendmachung die Verjährungsfrist (siehe Punkt: Gewährleistungsfrist, Verjährung)
. Wenn der/die Unternehmer:in zum Beispiel die Preisminderung beziehungsweise die Auflösung des Vertrages nicht akzeptiert, müssen Konsument:innen innerhalb der Geltendmachungsfrist (3 Monate ab Ende der Gewährleistungsfrist) die Klage erheben. Eine außergerichtliche Anzeige des Mangels oder ein außergerichtliches Gewährleistungsbegehren hat auf den Fristablauf hingegen keine Auswirkungen!
Gewährleistungsfrist, Verjährung
Die Gewährleistungsfrist beträgt 2 Jahre bei beweglichen Sachen und digitalen Dienstleistungen (werden digitale Leistungen fortlaufend bereitgestellt, besteht diese Frist aber über den gesamten Bereitstellungszeitraum!) und 3 Jahre bei unbeweglichen Sachen. Für gebrauchte bewegliche Sachen kann allerdings einzeln eine Fristverkürzung auf ein Jahr ausgehandelt werden. Bei Gebrauchtautos gilt das nur, wenn mehr als ein Jahr seit der Erstzulassung vergangen ist. Die Frist für unbewegliche Sachen gilt nicht nur für die Veräußerung unbeweglicher Sachen, sondern auch für Arbeiten daran (zum Beispiel Anstreichen, Verputzen, Installationen).
Die Frist beginnt mit der Übergabe der Sache beziehungsweise der Bereitstellung der digitalen Dienstleistung zu laufen. Sie kann verlängert, aber nicht verkürzt werden. Die Gewährleistungsrechte der Konsument:innen können vor Kenntnis des Mangels weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Hat der/die Unternehmer:in den Mangel verbessert oder den Austausch vorgenommen, beginnt die 2-jährige Frist von neuem zu laufen.
Beispiel
Ein:e Unternehmer:in hat einem/r Konsumenten:in einen Fernseher verkauft, bei dem nach 5 Monaten der Bildschirm schwarz ist. Der/Die Unternehmer:in tauscht den Fernseher daraufhin aus. Die Gewährleistungsfrist beginnt mit dem Austausch von dem gesamten Gerät somit neu zu laufen. Wird nur ein Teil des Fernsehers verbessert, so beginnt die Frist nur für den verbesserten Teil neu zu laufen.Die Gewährleistungsfrist ist dabei jener Zeitraum, innerhalb dessen der Mangel hervorkommen muss, damit der/die Verbraucher:in Rechte aus der Gewährleistung geltend machen kann. Für die gerichtliche Geltendmachung dieser Mängel hat der/die Verbraucher:in jedoch länger Zeit: Die Frist für die Geltendmachung beträgt bei Sachmängeln 3 Monate ab Ende der Gewährleistungsfrist (also nicht: ab Erkennen des Mangels).
Beispiel
Ein:e Konsument:in kauft am 2.1.2025 einen neuen Fernseher. Schon am 31.3.2025 funktioniert er nicht mehr. Für die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte hat er bis zum 2.4.2027 Zeit. (Ende der Gewährleistungsfrist 2.1.2027 + 3 Monate). Ab Ablauf der Gewährleistungsfrist beginnt daher eine zusätzliche 3-monatige Verjährungsfrist zu laufen, innerhalb der der Mangel gegebenenfalls eingeklagt werden muss.Garantie
Gewährleistungsrechte sind von Rechten aus einer „Garantie“ zu unterscheiden. Eine Garantie stellt die Haftungsübernahme für die vertragsgemäße Leistung dar und kann entweder vom Verkäufer der Sache oder von einem Dritten (Hersteller) übernommen werden. Sie ist gesetzlich nicht verpflichtend vorgesehen, sondern ergibt sich aus der Vereinbarung. Eine Zusage des Verkäufers ist nur dann als Garantie anzusehen, wenn sie dem Verbraucher Rechte verschafft, die über die gesetzlichen Gewährleistungsrechte hinausgehen, insbesondere eine Verlängerung der Frist oder Mangelfreiheit der Sache (nicht nur im Zeitpunkt der Übergabe, sondern) während eines bestimmten Zeitraums. Wird die Garantie von einem nicht gewährleistungspflichtigen Dritten (zum Beispiel Hersteller) abgegeben, dann kann diese auch weniger Schutz bieten als die gesetzliche Gewährleistung.
Art und Umfang der Garantie (wie Garantiefrist) hängen vom Inhalt der Garantiebedingungen ab. In diesen ist meist auch vorgegeben, wie bei einem Garantiefall vorzugehen ist. Weiters kann in diesen festgelegt werden, dass Sie einen Selbstbehalt zu zahlen haben beziehungsweise in welchen Fällen keine Leistung erbracht wird. Sie sollten sich an die in den Garantiebedingungen gemachten Auflagen halten, da ansonsten Ihre Garantieansprüche verfallen.
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