10.02.2021

Hühner- und Puten­fleisch: Tier­schutz-Standards in Öster­reich sind niedrig!

Österreicher:innen essen im Schnitt 9,3 Kilogramm Hühnerfleisch pro Jahr. Bei Putenfleisch sind es 2,6 Kilogramm. Während Hühnerfleisch zum Großteil aus Österreich kommt, sind knapp 60 Prozent des Putenfleisches aus dem Ausland.

Der AK-Konsumentenschutz Oberösterreich und die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN haben gesetzliche Mindeststandards in Österreich und der EU mit nationalen Gütesiegel verglichen: Das AMA-Gütesiegel, geht über gesetzliche Vorgaben kaum hinaus. Nur Bio- und Tierwohlsiegel bieten höhere Standards.

Insgesamt wurden 6 Gütesiegel verglichen. Zwar sichern österreichische Standards vor allem Puten mehr Platz, da es auf europäischer Ebene keine Mindeststandards gibt. Allerdings ist Österreich bei Putenfleisch zu 60 Prozent vom Ausland abhängig. Auch in Österreich werden bei Pute und Masthuhn wesentliche Tierwohlaspekte nicht berücksichtigt.

Woher kommt das Fleisch?

Aus gesundheitlichen Überlegungen wird Putenfleisch wichtiger. Woher verarbeitetes Fleisch in der Wurst oder im Restaurant kommt, können Konsument:innen nicht erkennen. Es gibt bei verarbeitetem Fleisch und in der Gastronomie keine verpflichtend Herkunftskennzeichnung. Eine europäische Lösung ist frühestens Ende 2022 in Sicht. Damit bleiben natürlich auch Haltungsstandards von importierten Hühnern und Puten im Dunkeln.

Tierwohl offenbar un­wichtig

Immerhin haben Puten und Hühner auch in der konventionellen Landwirtschaft in Österreich mehr Platz, als im europäischen Durchschnitt. Während österreichische Puten um ein Drittel mehr Platz haben, wie ihre europäischen Artgenossen, leben Masthühner auf 30 kg/m². Der europäische Mindeststandard bei Hühnern erlaubt eine maximale Besatzdichte von 42 kg/m². Anders sieht es bei Bio-Geflügel aus: Laut der EU-BIO Verordnung sowie bei den Labels BIO-Austria und AMA-BIO haben sowohl Puten als auch Masthühner deutlich mehr Platz.

Achten Sie auf Bio-Siegel

Abgesehen von der geringeren Besatzdichte, geht es Hühnern und Puten in Österreich in der konventionellen Mast nicht besser, als im übrigen Europa. So erlaubt das AMA-Gütesiegel wie auch das österreichische Recht den Einsatz von schnellwachsenden Hochleistungsrassen in der konventionellen Geflügelmast, die auf völlig unnatürliche Ausmaße anwachsen: Das Schlachtgewicht beträgt bei männlichen Puten bis zu 21 kg. Im Vergleich dazu kommen ausgewachsene männliche Truthühner in der freien Natur nur auf etwa 5 bis 11 kg. Diese Hochleistungstiere müssen bis zu einem Kilo pro Woche in ihrem kurzen Leben zulegen, bevor sie mit 15 bis 20 Wochen geschlachtet werden. Durch das schnelle Wachstum und ihr hohes Endgewicht haben vor allem Puten in ihren letzten Lebenswochen Schwierigkeiten sich zu bewegen. Das viel zu schnelle Wachstum kann zu Lahmheit und massiven Knochen- und Gelenksproblemen bei sowohl Hühnern als auch Puten führen.

ÜBRIGENS

 Im Biobereich sind schnellwachsende Rassen nicht erlaubt. 

Kannibalismus und Verhaltens­störungen

Ohne Beschäftigungsmaterial und bei zu wenig Platz neigen Puten zu Verhaltensstörungen wie Federpicken oder Kannibalismus. Die österreichische Tierhaltungsverordnung erlaubt deshalb ausdrücklich das Kürzen der Schnäbel bei Puten. Dennoch verletzen sich die Tiere auch mit gekürzten Schnäbeln in beengten und strukturlosen Ställen gegenseitig. Der Schnabel ist zudem ein wichtiges Tastorgan bei Vögeln durch den empfindliche Nervenenden laufen und der mit den Fingerkuppen des Menschen vergleichbar ist.

AK fordert bessere Kenn­zeichnung und Tierwohl­standards

Es braucht auch bei verarbeitetem Fleisch und in der Gastronomie eine konsequente Kennzeichnung von Haltungsstandards und Herkunft von Hühner- und Putenfleisch. Nur so können Konsument:innen selbst entscheiden, welche Qualität ihr Fleisch haben soll. Aber auch im Bereich Tierwohl gibt es Nachbesserungsbedarf: Ein Verbot des Schnabelkupierens bei Puten, Zugang zu Auslauf ins Freie, sowie den Einsatz langsamer wachsender Rassen.

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