Nach­haltige Fonds: Tat­sächlich Grün oder nur „Grün­färberei“? 

Nachhaltige Fonds liegen im Trend, nicht zuletzt aufgrund niedriger Sparzinsen. Aber sind grüne Fonds in Österreich so nachhaltig, wie sie sich selbst deklarieren? Eine kritische Bewertung des AK-Konsumentenschutzes zeigt deutliche Unterschiede unter den 180 selbsternannten nachhaltigen Fonds in Österreich.

Die AK-Experten/-innen geben dazu wertvolle Tipps, wie Konsumenten/-innen wirklich nachhaltig investieren können und nicht dem Greenwashing bei Finanzprodukten auf den Leim gehen.

Nach­haltig­keit: Diese Kriterien gelten

Der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich hat in Zusammenarbeit mit den Nachhaltigkeitsexperten/-innen von ESG Plus, einem heimischen Fonds- und Finanzdaten-Analysten, 23 Nachhaltigkeitskriterien mit 122 thematischen Unterkriterien entwickelt. Auf deren Basis wurden die 180 nachhaltigen Aktien-, Anleihen- und Mischfonds am österreichischen Markt bewertet.

Die Details aller Fonds der AK-Analyse inklusive deren Nachhaltigkeitsergebnis, Entwicklung und Kosten finden Sie auf  www.cleanvest.org

Top 10: Spitzen­reiter  IQAM SRI SparTrust M

Zu den Top 10 zählen 8 Anleihenfonds und 2 Aktienfonds. 100 Prozent der maximalen Nachhaltigkeitspunkte erreichte der Anleihenfonds IQAM SRI SparTrust M. Ebenfalls als sehr nachhaltig bewertet wurden Schoellerbank Vorsorgefonds (99 Prozent), Amundi Mündel Bond und Rent (jeweils 98 Prozent), Erste Bond Euro Muendelrent (98 Prozent) und Raiffeisen-Oesterreich-Rent (98 Prozent).

Nach­haltig­keit: Ein dehn­barer Begriff

Bisher gibt es noch keine klaren gesetzlichen Vorgaben für die Bewertung der Nachhaltigkeit bei Fonds, auch wenn bereits auf europäischer Ebene daran gearbeitet wird. Dass gemäß EU Atomkraft und Erdgas unter bestimmten Auflagen als klimafreundlich gelten sollen, erschwert den Konsumenten/-innen die Auswahl sehr.

Zur Orientierung haben die Finanz- und Nachhaltigkeitsexperten/-innen der Arbeiterkammer Oberösterreich gemeinsam mit dem Fonds-Analysten ESG Plus eigene strenge Standards entwickelt, bei denen Atomkraft und Erdgas selbstverständlich als nicht nachhaltig gewertet werden.

Geben Güte­siegel und EU-Regeln Orientierung?

5 dieser 10 Fonds mit bester Bewertung tragen auch das Umweltzeichen UZ49. Nur der ERSTE WWF STOCK ENVIRONMENT ist gemäß EU-Offenlegungsverordnung von der Erste Bank selbst in die höchste Nachhaltigkeitskategorie „Artikel 9“ eingestuft worden, also als Fonds mit konkreten Nachhaltigkeitszielen.

Alle anderen sind „Artikel-8-Fonds“, haben also nach der Selbsteinstufung nur Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigt, ohne sich ausschließlich auf Nachhaltigkeit zu fokussieren.

Green­washing oder eine Frage der Perspektive

Der vorletzte Fonds im AK-Ranking, Erste Bond Dollar Corporate, wirbt in seinem Factsheet damit, dass im Veranlagungsprozess ökologische und soziale Faktoren integriert werden.

Tatsächlich enthält der Anleihen­fonds (zum Zeitpunkt der Erhebung) unter anderem Anteile der Öl- und Gas-Konzerne Enel SpA, ExxonMobil und Royal Dutch Shell. Zusätzlich finden sich auch eine Reihe von Automobilherstellern wie Daimler oder Fluggesellschaften wie Delta Air Lines im Portfolio.

Spätestens hier wird klar, dass die Perspektive von Fondsmanagern/-innen und die Erwartungshaltung von Konsumenten/-innen deutlich auseinander liegen, wenn es darum geht, ob ein Fonds nachhaltig ist. Nach aktuellem EU-Recht geht diese Vorgangsweise in Ordnung.

Nach­haltig­keits­kriterien: Unsere Forderungen

  • Es braucht EU-weit klare, rechtlich bindende Vorgaben für ökologische und soziale Kriterien. Nur unter deren Einhaltung sollten sich Fonds als nachhaltig deklarieren dürfen. Auch ein Schwellenwert für die Gewichtung der Nachhaltigkeitskriterien ist dringend notwendig, den derzeit liegt dieser theoretisch bei 1 Prozent.
     
  • Zum Schutz von Anlegern/-innen sollte eine Prüfung durch die jeweils zuständige Finanzmarktaufsicht verpflichtend eingeführt werden, bevor ein Fonds als nachhaltig deklariert werden darf.
     
  • Die Fondsindustrie ist schon jetzt angehalten, eine strengere Anwendung von Ausschluss- und Positivkriterien anzuwenden, da Konsumenten/-innen ansonsten das Vertrauen verlieren und die Chance auf echtes grünes Investment vertan ist.

AK-Tipps für die nach­haltige Fonds­ver­anlagung

  • Geben Sie Fonds, die nach Artikel 9 deklariert sind, den Vorzug.
     
  • Achten Sie darauf, dass der Fonds Ihrer Wahl zusätzlich das UZ49-Gütesiegel trägt.
     
  • Berücksichtigen Sie bei der Wahl Ihres Fonds die unabhängige und strenge AK-Nachhaltigkeitsbewertung.


Was sind Artikel-8- und Artikel-9-Fonds?

2018 wurde der Aktionsplan zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums durch die EU-Kommission veröffentlicht. Seitdem ist klar, dass man ein nachhaltiges Wachstum in Europa erreichen will, indem gezielt Kapitalflüsse in nachhaltige Investitionen umgelenkt werden.

Deshalb gelten seit 2021 auch nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten: Kapitalanlagegesellschaften müssen ihre Fonds klassifizieren. Neben herkömmlichen Fonds gibt es jetzt auch Artikel-8-Fonds, die zwar Nachhaltigkeits-Aspekte berücksichtigen, aber keinen ausschließlichen Fokus auf Nachhaltigkeit haben.

Die dunkelgrünen Artikel-9-Fonds müssen hingegen genauere Kriterien erfüllen. Klare Definitionen, wann ein Fonds wie klassifiziert werden muss, fehlen bisher allerdings noch.

Zusätzlich zu dieser Klassifizierung gibt es auch Gütesiegel für den nachhaltigen Finanzbereich, wie etwa das Umweltzeichen UZ49, das seit 2004 mehr als 200 Fonds nach eigenen Nachhaltigkeitskriterien bewertet.

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