Bilanz der AK Ried im Krisenjahr 2020: Telefonische und E-Mail-Beratung deutlich gestiegen - 3,8 Millionen Euro erkämpft
Die Covid-19-Krise schlägt sich auch in der Bilanz der AK Ried über das Jahr 2020 nieder: Die Sorgen, Ängste und Probleme der Beschäftigten im Bezirk führten zu einer Steigerung der Beratungen um mehr als 17 Prozent. Insgesamt suchten 7.766 Arbeitnehmer/-innen Rat und Hilfe. „Dabei ging es in erster Linie um Unklarheiten bei der Entlohnung, die Auflösung von Dienstverhältnissen, Endabrechnungen und Pensionen. Corona-bedingt hatten wir sehr oft auch Fragen zu Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheitsvorkehrungen, Kinderbetreuung, Home-Office und Auslandsurlauben“, sagt AK-Vizepräsidentin Elfriede Schober. Erkämpft hat die AK im Bezirk Ried alles in allem 3,8 Millionen Euro.
Noch nie suchten so viele Menschen Rat und Hilfe bei den Servicestellen der AK Oberösterreich wie im Jahr 2020. „Die Zahl der Anfragen erreichte eine neue Rekordhöhe: Rund 375.000 Anfragen bearbeiteten die AK-Expertinnen und -Experten im vergangenen Jahr“, sagt AK-Vizepräsidentin Elfriede Schober.
Durch Lockdown und Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz waren persönliche Beratungen nur mehr eingeschränkt möglich. Ihr Anteil sank übers Jahr gerechnet um 28 Prozent auf rund 45.000. Das tat der Beratungsqualität jedoch keinen Abbruch. Denn umso mehr wurden Telefon und Internet als Instrumente der Fragebeantwortung genutzt. So stieg die Zahl der Mail-Anfragen um 71 Prozent auf mehr als 50.000. Die meisten Anfragen erfolgten per Telefon: Fast 280.000 Mal griffen die AK-Mitglieder zum Hörer, um sich Rat zu holen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamtberatungen von knapp 75 Prozent (plus 20 Prozent).
119,7 Millionen Euro für die oberösterreichischen Beschäftigten erkämpft
Trotz der Ausnahmesituation kam die „klassische“ Rechtsberatung nicht zu kurz. Insgesamt konnte die Arbeiterkammer Oberösterreich 2020 für ihre Mitglieder 119,7 Millionen Euro erkämpfen. Geld, das den Betroffenen eigentlich zugestanden wäre, das sie aber erst mit Hilfe der Arbeiterkammer bekommen haben: darunter vorenthaltene Löhne, unbezahlte Überstunden oder fehlende Kündigungsentschädigungen.
Der größte Teil - rund 56,2 Millionen Euro - entfiel auf das Sozialrecht. Ein weiterer großer Anteil - nämlich 46,4 Millionen Euro - wurde in Insolvenzverfahren für die von Firmenpleiten betroffenen Beschäftigten erkämpft. Und in Arbeitsrechtsangelegenheiten holte die AK 13,8 Millionen Euro herein, rund 2 Millionen mehr als im Vorjahr. Der Rest des Gesamtbetrags entfällt auf Interventionen in Konsumentenschutzangelegenheiten und auf die Lohnsteuerberatung.
AK-Homepage stark nachgefragt
Der Auskunftsbedarf und die vorübergehende Einstellung der persönlichen Beratungen wirkten sich im Vorjahr auch auf die Nutzung der Website der AK Oberösterreich enorm aus. Sie legte bei den Seitenaufrufen und Besuchen stark zu. Die Website wurde um 50 Prozent mehr genutzt als im Jahr davor. Der größte Teil des Zuwachses lässt sich auf die spezifisch für Corona relevanten arbeitsrechtlichen Themen zurückzuführen. Der Online-Besuch des Bereichs „Arbeit & Recht“ verdreifachte sich nahezu von 521.000 auf 1,371.660 Seitenaufrufe (plus 165 Prozent).
Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. gestartet
Die Arbeit im Home-Office hat durch die Corona-bedingten Lockdowns eine unglaubliche Dynamik erfahren. Nutzten vor Beginn der Pandemie nur rund 5 Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich Home-Office, arbeiteten laut einer IFES-Erhebung im April und im Oktober 2020 bereits rund 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause aus.
Die AK Oberösterreich hat daher mit dem Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. ein interaktives Serviceangebot für die Beschäftigten entwickelt, bei dem sämtliche Details zur Home-Office-Thematik beantwortet werden. H.O.T.T. beinhaltet 10 Fragen, liefert am Ende eine individuelle Auswertung zur persönlichen Arbeitsplatzgestaltung sowie zu organisatorischen und rechtlichen Aspekten. Weitere Infos und eine Home-Office-Mustervereinbarung werden per E-Mail zugesandt. Mit H.O.T.T. haben die Arbeitnehmer/-innen somit das geeignete Werkzeug, um sämtliche Unklarheiten mit dem Arbeitgeber aus dem Weg zu räumen.
Damit Home-Office sowohl für Beschäftigte als auch für Betriebe passt, braucht es gesetzliche Grundlagen, betriebliche Rahmenbedingungen, eine ausgeprägte Vertrauenskultur und eine neue Form von Führung.
Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher von der Bundesregierung
- gesetzliche Rahmenbedingungen für vereinbarungspflichtiges Home-Office,
- stärkere Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bei der Gestaltung von Home-Office,
- klare Vorgaben im Rahmen des Arbeitnehmerschutzes, vor allem in Hinblick auf Ergonomie und psychische Belastungen,
- einen umfassenden Unfallversicherungsschutz im Home-Office
- sowie die gesetzliche Verankerung eines (pauschalen) Kostenersatzes für Arbeitnehmer/-innen im Home-Office vom Arbeitgeber, der gänzlich von der Steuer sowie von der Sozialversicherung befreit ist.
- Arbeitszeitrechtliche Vorgaben müssen auch im Home-Office eingehalten werden. Zudem hat der Arbeitgeber die Pflicht, adäquate Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen.
Erfolge auf interessenpolitischer Ebene
„Die AK war im Jahr 2020 nicht nur auf persönlicher Ebene für die Mitglieder da, sondern auch auf interessenpolitischer Ebene. Durch Stellungnahmen, Gesetzesbegutachtungen und Forderungen konnten Verbesserungen für die Arbeitnehmer/-innen durchgesetzt werden“, erklärt die AK-Vizepräsidentin. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz zum Schutz von schwangeren Beschäftigten: Die Arbeiterkammer Oberösterreich hatte schon während des ersten Lockdowns im März ein präventives Beschäftigungsverbot für Schwangere während der Corona-Krise gefordert.
Mit einer neuen Regelung sind nun viele schwangere Beschäftigte in der Pflege, in der mobilen Pflege, in Krankenhäusern, Kinderbetreuungseinrichtungen und anderen Bereichen mit direktem Körperkontakt zu anderen Personen (Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen) besser geschützt. Wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen (kein Körperkontakt, Mindestabstand von 2 Metern) oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz (etwa Home-Office) nicht möglich ist, hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Wird die Freistellung in Anspruch genommen, haben Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz des Entgelts.
Telefone liefen auch in der AK Ried heiß
Die weltweite Krise forderte die Arbeitnehmer/-innen auch im Bezirk Ried so stark wie noch nie: Zu den traditionell häufigen Anfragen rund um die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, zum Entgelt und zu Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension kamen neue Themen hinzu. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, die Angst vor Jobverlust, Probleme bei der Organisation der Kinderbetreuung und finanzielle Sorgen ließen viele Beschäftigte verzweifeln - und die Telefone der Bezirksstelle heiß laufen.
Dabei war die Beratung der AK-Mitglieder gar nicht so einfach: „Einen großen Teil der Anfragen haben wir im Home-Office und über Mobiltelefon bearbeitet. Wir haben Mitte März praktisch über Nacht unser System umgestellt und konnten so ein zuverlässiges Beratungsangebot sicherstellen. Das viel größere Problem war aber die Flut an Gesetzen, Verordnungen und Erlässen. Die rechtlichen Grundlagen waren zum Teil missverständlich und unklar formuliert, wurden permanent geändert, zum Teil in der Nacht, und sie hinkten oft wochenlang den Pressekonferenz-Ankündigungen der Regierung hinterher. Da war es dann sehr schwierig, seriöse Auskünfte zu geben“, sagt Bezirksstellenleiter Siegfried Wambacher.
7.766 Beratungen – E-Mail-Anfragen mehr als verdoppelt
Zwei Drittel der Ratsuchenden nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch, die persönlichen Beratungen gingen um mehr als ein Viertel zurück. Sprunghaft gestiegen sind hingegen die E-Mail-Anfragen – von 251 auf 624. Zusätzlich haben die Bildungsexperten/-innen 63 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt.
In 174 gerichtlich oder außergerichtlich erledigten arbeitsrechtlichen Fällen wurden im vergangenen Jahr 636.339 Euro hereingebracht. Im Fall mit dem größten Streitwert erreichte die Arbeiterkammer eine Nachzahlung von 115.500 Euro. Aber auch bei kleinen Summen kämpfen die Rechtsexperten/-innen konsequent um die berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder. In einem Fall musste die AK wegen 59 Euro beim Arbeitgeber intervenieren - mit Erfolg.
In Sozialrechtsangelegenheiten (Pensionen, Renten, Pflegegeld) erstritt die Arbeiterkammer Ried im vergangenen Jahr in 123 Fällen insgesamt 2,823.929 Euro.
Zusätzlich wurden 2020 für Arbeitnehmer/-innen aus insolventen Betrieben 361.000 Euro durchgesetzt. In Summe erreichte die AK Ried im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 3.821.268 Euro.
Auf einen Blick: Die Bilanz 2020 der AK Ried
Beratungen | 7.766 | |
---|---|---|
| 5.214 1.928 624 | |
Vertretungen | 297 | |
| 174 123 | |
Vertretungserfolg | 3,821.268 | |
| 366.253 270.087 2,823.929 260.386 |
Aus dem Arbeitsrecht: 18.000 Euro Kündigungsentschädigung erkämpft
Ein Arbeitnehmer aus dem Bezirk Ried bekam von seinem Chef eine sogenannte Änderungskündigung vorgelegt, die ihn vor die Wahl stellte: Entweder er akzeptierte den geänderten, schlechteren Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis würde nach Ablauf der Kündigungsfrist automatisch beendet. Für den Mann war der schlechtere Vertrag inakzeptabel, daher akzeptierte er die Kündigung.
Allerdings wurde das Arbeitsverhältnis termin- und fristwidrig gekündigt. Richtiger Kündigungstermin wäre der 31.12.2020 gewesen. Die AK intervenierte bei der Firma und machte die richtig berechnete unbedingte Kündigungsentschädigung für die restliche Zeit des Arbeitsverhältnisses geltend. Die Firma sah den Fehler ein und zahlte dem Arbeitnehmer etwas mehr als 15.000 Euro brutto nach. Nachdem der Mann bis zum Ablauf der Kündigungsfrist keinen neuen Job gefunden hatte, wurde auch noch eine bedingte Kündigungsentschädigung fällig, die ihm nochmals eine Nachzahlung von etwas mehr als 3.000 Euro bescherte.
Ein Fall aus dem Sozialrecht: Höheres Pflegegeld zugesprochen
Infolge zweier Schlaganfälle war eine Frau aus dem Bezirk Ried auf häusliche Pflege angewiesen. Von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) wurde ihr im Jänner 2020 ein wöchentlicher Pflegebedarf von 102 Stunden attestiert und somit Pflegegeld der Stufe 2 zugesprochen. Nach Einschätzung ihrer Tochter war das deutlich zu wenig. Sie wandte sich daher an die AK Ried. Diese klagte beim Arbeits- und Sozialgericht die Pflegestufe 3 ein.
Bei der Begutachtung durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen ergab sich ein Pflegebedarf von 178 Stunden - damit stand der Frau sogar das Pflegegeld der Stufe 4 zu. Ihr wurde das um 2 Stufen höhere Pflegegeld rückwirkend ab 1.3.2020 zugesprochen.
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