Jugendnetzwerkdialog Schärding und Ried: Rege Diskussion und neue Konzepte gegen Mobilitätsarmut von Jugendlichen
Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis. Um am sozialen, ökonomischen und kulturellen Leben teilhaben zu können, braucht es gute und leistbare Mobilitätsangebote. Viele junge Menschen in Österreich sind in ihrer Mobilität stark eingeschränkt. Insbesondere bei der Schul- und Berufswahl spielt das eine entscheidende Rolle. Bei der Ideenwerkstatt „Bewältigung von Mobilitätsarmut“ des Jugendnetzwerkes Schärding und Ried in der Arbeiterkammer Schärding mit Teilnehmern/-innen von sozialen Organisationen, Institutionen und Betrieben wurden Lösungsstrategien diskutiert. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert etwa, dass Jugendliche in Unterstützungsangeboten, wie zum Beispiel der Produktionsschule, den gleichen Zugang zum Lehrlings- und Jugendticket haben sollen wie Lehrlinge und Schüler/-innen.
Öffentliches Netz nicht ausgebaut
Viele Jugendliche, gerade im ländlichen Raum, leiden darunter, dass das Netz öffentlicher Verkehrsmittel häufig nicht ausreichend ausgebaut ist. Zwar sind die Verbindungen nach Schärding und Ried relativ gut, das Angebot zwischen den einzelnen Gemeinden lässt jedoch vielfach zu wünschen übrig. Das wird etwa dann zum Problem, wenn Jugendliche eine Lehre machen wollen, der Lehrbetrieb sich aber in einer Gemeinde befindet, die mit Öffis schwer oder gar nicht erreichbar ist. Dadurch würden insbesondere Jugendliche, die es schwer haben, Lehrstellen zu finden, benachteiligt.
Keinen Anspruch auf Jugendticket
Ein weiteres Problem: Jene, die den Übergang von der Schule in den Beruf noch nicht geschafft haben und Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen, in der sie auf die Berufswelt vorbereitet werden, haben im Gegensatz zu Schülern/-innen und Lehrlingen keinen Anspruch auf das Lehrlings- oder Jugendticket. Gegen einen kleinen Selbstbehalt hätten die Jugendlichen damit freie Fahrt zwischen Wohn- und Ausbildungsort. Mit der Aufzahlung zum Jugendticket könnten sie sich darüber hinaus günstig im gesamten Netz des Oberösterreichischen Verkehrsverbunds bewegen. Je nach Fördergeber und Angebot ist die finanzielle Unterstützung für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel unterschiedlich geregelt.
Gleiche Chancen für alle!
„Jugendliche in Unterstützungsangeboten kommen überwiegend ohnehin schon aus mobilitätsarmen Familien. Sie dürfen nicht noch zusätzlich ausgegrenzt werden. Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher einen Zugang zum Lehrlings- beziehungsweise Jugendticket für alle, die sich in Unterstützungsprojekten befinden“, so AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Mit der Gleichstellung der Ticketpreise für Jugendliche in Unterstützungsangeboten mit jenen, die für Schüler/-innen und Lehrlinge gelten, würden sie von den selben Mobilitätsmöglichkeiten und somit einer besseren sozialen Teilhabe profitieren.
Wolfgang Öhlinger von der Regionalbetreuung des Oberösterreichischen Verkehrsverbunds (OÖVV) erklärte, dass die Planungen und Umsetzungen regionaler Verkehrskonzepte zehn Jahre betragen und in diesem Zeitraum nur geringe Änderungen möglich sind. Daher sei es für die Betriebe wichtig, sich bei der Gemeinde vor der Ansiedlung über die öffentliche Verkehrsanbindung zu informieren, um den Betriebsstandort für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut erreichbar zu machen.
Bessere Angebote für bessere Chancen
Kerstin Hofstätter von Streetwork Ried sprach auch über die Rolle der Betriebe:
„Für Jugendliche und Auszubildende ist die Lage im ländlichen Raum prekär. Viele dieser jungen Menschen haben keinen Führerschein und sind auf Mitfahrgelegenheiten in die Arbeit angewiesen. Funktioniert dies nicht oder gibt es wegen den schlechten Bus- und Zugverbindungen endlose Steh- und Fahrzeiten, droht öfter der Jobverlust oder Lehrabbruch. Wir sollten den Bedarf erheben und für die Entscheidungsträger sichtbar machen. In der Zwischenzeit wäre es toll, die Firmen mit ins Boot zu holen, um so gemeinsam Möglichkeiten und Alternativen zu schaffen, zum Beispiel betrieblich organisierte Fahrgemeinschaften. Um der Benachteiligung für unsere Jugend entgegenzuwirken, müssen wir uns gut vernetzen, den Anspruch auf freien Zugang zu Bildung forcieren und auf Chancengleichheit setzen.“
Gleichzeitig gibt es erfreulicherweise einige Betriebe, die Verständnis für die Situation der Jugendlichen aufbringen und die Arbeitszeiten der Lehrlinge an den Busfahrplan anpassen. Daneben organisieren engagierte Mitarbeiter/-innen Fahrgemeinschaften, und in manchen Fällen holen Firmen ihre Mitarbeiter/-innen sogar per Shuttledienst ab. Vereinzelte Lehrbetriebe belohnen ihre Lehrlinge mit der Kostenübernahme des Führerscheins - meist aber nur dann, wenn der Lehrabschluss mit Auszeichnung bewältigt wird.
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Bildtext: V.l.n.r.: Wolfgang Öhlinger, OÖVV, Kerstin Hofstätter, Streetwork Ried, Wolfgang Schwarz, Arbeiterkammer Schärding, Rita Atzwanger, Leaderregion Innviertel
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