15.01.2021

AK Freistadt legt Bilanz über Corona-Krisenjahr 2020: Be­ratungen stiegen um 15 Prozent - 1,7 Millionen Euro erkämpft

Die Covid-19-Krise schlägt sich auch in der Bilanz der AK Freistadt über das Jahr 2020 nieder: Die Sorgen, Ängste und Probleme der Beschäftigten im Bezirk führten zu einer Steigerung der Beratungs­zahlen um 15 Prozent. 5.522 Arbeitnehmer/-innen suchten Rat und Hilfe. „Dabei ging es in erster Linie um Unklarheiten bei der Entlohnung, Auflösung von Dienstverhältnissen, Pension und Endabrechnung. Corona-bedingt hatten wir sehr oft auch Fragen zu Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheitsvorkehrungen Kinderbetreuung, Home-Office und Auslandsurlauben“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Erkämpft hat die AK im Bezirk alles in allem fast 1,7 Millionen Euro.

Noch nie suchten so viele Menschen Rat und Hilfe bei den Servicestellen der AK Oberösterreich wie im Jahr 2020. „Die Zahl der Anfragen erreichte eine Rekordhöhe: Rund 375.000 Anfragen bearbeiteten die AK-Expertinnen und -Experten“, so der AK-Präsident.

119,7 Millionen Euro erkämpft

Durch Lockdown und Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz waren persönliche Be­ratungen nur mehr eingeschränkt möglich. Ihr Anteil sank übers Jahr gerechnet um 28 Prozent auf rund 45.000. Das tat der Beratungsqualität jedoch keinen Abbruch. Denn umso mehr wurden Telefon und Internet als Instrumente der Fragebeantwortung genutzt. So stieg die Zahl der Mail-Anfragen um 71 Prozent auf mehr als 50.000. Die meisten Anfragen erfolgten per Telefon. Fast 280.000 mal griffen die AK-Mitglieder zum Hörer, um sich Rat zu holen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamt­beratungen von 74,6 Prozent (+ 20 Prozent).

Schnell angepasst

Trotz der Ausnahmesituation kam die „klassische“ Rechtsberatung nicht zu kurz. Insgesamt konnte die AK Oberösterreich 2020 für ihre Mitglieder 119,7 Millionen Euro erkämpfen. Geld, das den Betroffenen eigentlich zugestanden wäre, das sie aber erst mit Hilfe der Arbeiterkammer bekommen haben: darunter vorenthaltene Löhne, unbezahlte Über­stunden oder fehlende Kündigungsentschädigungen. Der Großteil – rund 56,2 Millionen Euro – entfiel auf das Sozialrecht. Ein weiterer großer Anteil – nämlich 46,4 Millionen Euro – wurde in Insolvenzverfahren für die von Firmenpleiten betroffenen Beschäftigten erkämpft. Und in Arbeitsrechtsangelegenheiten holte die AK 13,8 Millionen Euro herein, rund zwei Millionen mehr als im Vorjahr. Der Rest des Gesamtbetrags entfällt auf Inter­ventionen in Konsumentenschutzangelegenheiten und auf die Lohnsteuerberatung.

AK OÖ-Homepage stark nachgefragt

Der Auskunftsbedarf und die vorübergehende Einstellung der persönlichen Beratungen wirkten sich im Vorjahr auch auf die Nutzung der Website der AK Oberösterreich – ooe.arbeiterkammer.at – enorm aus. Sie legte bei den Seitenaufrufen und Besuchen stark zu. Die Web­site wurde um 50 Prozent mehr genutzt als im Jahr davor. Der größte Teil des Zuwachses lässt sich auf die spezifisch für Corona relevanten arbeitsrechtlichen Themen zurückzuführen. Der Online-Besuch des Bereichs „Arbeit & Recht“ verdreifachte sich nahezu von 521.000 auf 1.371.660 Seitenaufrufe (+ 165 Prozent).

Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. gestartet

Die Arbeit im Home-Office hat durch die Corona-bedingten Lockdowns eine unglaubliche Dynamik erfahren. Nutzten vor Beginn der Pandemie nur rund fünf Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich Home-Office, arbeiteten laut einer IFES-Erhebung im April und im Oktober 2020 bereits rund 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause aus.  Die Arbeiterkammer OÖ hat daher mit dem Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. ein interaktives Serviceangebot für die Beschäftigten, bei dem sämtliche Details zur Home-Office-Thematik beantwortet werden, gestartet. H.O.T.T. beinhaltet zehn Fragen, liefert am Ende eine individuelle Auswertung zur persönlichen Arbeitsplatzgestaltung sowie zu organisatorischen und rechtlichen Aspekten. Weitere Infos und eine Home-Office-Mustervereinbarung werden per E-Mail zugesandt. Mit H.O.T.T. haben die Arbeitnehmer/-innen somit das geeignete Werkzeug, um sämtliche Unklarheiten mit dem Arbeitgeber aus dem Weg zu räumen.

„Damit Home-Office sowohl für Beschäftigte als auch für Betriebe passt, benötigt es gesetzliche Grundlagen, betriebliche Rahmenbedingungen, eine ausgeprägte Vertrauenskultur und eine neue Form von Führung“, verlangt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Die Arbeiter­kammer Oberösterreich fordert daher von der Bundesregierung: gesetzliche Rahmenbedingungen für verein­barungspflichtiges Home-Office, stärkere Mitwirkungsrechte des Betriebsrates bei der Gestaltung von Home-Office, arbeitszeitrechtliche Vorgaben müssen auch im Home-Office eingehalten werden, klare Vorgaben im Rahmen des Arbeitnehmerschutzes, vor allem in Hinblick auf Ergonomie und psychische Belastungen, einen umfassenden Unfallversicherungsschutz im Home-Office, der Arbeitgeber hat die Pflicht, adäquate Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, die gesetzliche Verankerung eines (pauschalen) Kostenersatzes für Arbeitnehmer/-innen im Home-Office vom Arbeitgeber, der gänzlich von der Steuer sowie von der Sozialversicherung befreit ist.

Erfolge auf interessenpolitischer Ebene

„Die AK war im Jahr 2020 nicht nur auf persönlicher Ebene für die Mitglieder da, sondern auch auf interessenpolitischer Ebene. Durch Stellungnahmen, Gesetzesbegutachtungen und Forderungen konnten Verbesserungen für die Arbeitnehmer/-innen durchgesetzt werden“, erklärt der AK-Präsident. Ein Beispiel dafür ist der Einsatz zum Schutz von schwangeren Beschäftigten: Die AK Oberösterreich hatte schon während des ersten Lockdowns im März ein präventives Beschäftigungsverbot für Schwangere während der Corona Krise gefordert. Mit einer neuen Regelung sind nun viele schwangere Beschäftigte in der Pflege, in der mobilen Pflege Krankenhäusern, in Kinderbetreuungseinrichtungen und anderen Bereichen mit direktem Körperkontakt zu anderen Personen (Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen) besser geschützt. Wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen (kein Körperkontakt, Mindestabstand von einem Meter) oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz (etwa Homeoffice) nicht möglich ist, dann hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Wird die Freistellung in Anspruch genommen, haben Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz des Entgelts.

Telefone liefen auch in der AK Freistadt heiß

Die weltweite Krise forderte die Arbeitnehmer/-innen auch im Bezirk Freistadt so stark wie noch nie: Rekord­arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Ängste vor Jobverlust, Probleme bei der Organisation der Kinderbetreuung und finanzielle Sorgen ließen viele Beschäftigte verzweifeln – und die Telefone der Bezirksstelle heiß laufen. Dabei war die Beratung der AK-Mitglieder gar nicht so einfach: „Einen großen Teil der Anfragen haben wir im Home-Office und über Mobiltelefon bearbeitet. Da haben wir Mitte März praktisch über Nacht unser System umgestellt und konnten so ein zuverlässiges Beratungsangebot sicherstellen. Das viel größere Problem aber war die Flut an Gesetzen, Verordnungen und Erlässen. Die rechtlichen Grundlagen waren zum Teil missverständlich und unklar formuliert, wurden permanent geändert, zum Teil in der Nacht, und sie hinkten oft wochenlang den Pressekonferenz-Ankündigungen der Regierung hinterher. Da war es dann sehr schwierig, seriöse Auskünfte zu geben“, so Klaus Riegler. „Dazu kam dann noch die Verunsicherung bei vielen, weil sie von ihren Arbeitgebern oft unrichtige Informationen bekamen. Zum Beispiel beim Thema Auslandsurlaube im Sommer.“

5.522 Beratungen – E-Mail-Anfragen mehr als verdoppelt

Fast 80 Prozent der Ratsuchenden nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch (4.231). Die persönlichen Beratungen gingen um ein Viertel auf 1.004 zurück. Sprunghaft, um mehr als das Doppelte, stiegen hingegen die E-Mail-Anfragen – von 128 auf 287. Zusätzlich haben Bildungsexperten/-innen 15 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt.

Durch außergerichtliche Interventionen wurden im letzten Jahr 135.933 Euro hereingebracht. Durch Rechts­vertretung vor dem Arbeitsgericht mussten 175.004 Euro erkämpft werden. Insgesamt wurden 81 Fälle gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen. Dabei ging es in den einzelnen Fällen um Beträge von 37,50 bis 100.674 Euro.

In Sozialrechtsangelegenheiten (Pensionen, Renten, Pflegegeld) erstritt die AK Freistadt im vergangenen Jahr 1,212.517 Euro. Zusätzlich wurden 2020 für Arbeitnehmer/-innen aus insolventen Betrieben 155.231 Euro durchgesetzt. In Summe erreichte die AK Freistadt im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 1,678.685 Euro.

Ein Fall aus dem Arbeits­recht abseits von Corona: 1.800 Euro für Angestellte

Bei vielen Arbeitsrechtsproblemen reicht eine Beratung nicht aus. Die AK muss bei den Arbeitgebern intervenieren, und wenn das nichts bewirkt, vor Gericht gehen. Solche Verfahren können monate-, manchmal sogar jahrelang dauern.

Es kann aber auch anders gehen: Eine Frau aus dem Bezirk kam nach der Auflösung ihres Arbeits­verhältnisses zur AK. In den letzten Monaten des Arbeitsverhältnisses wurden nämlich die von der Arbeitnehmerin erbrachten Arbeitsstunden nicht ordnungsgemäß abgerechnet und ausbezahlt. Es ging um ein vorenthaltenes Entgelt von 1.800 Euro. Die AK intervenierte daraufhin bei der Firma und diese überwies unverzüglich den Differenzbetrag auf das Konto der Angestellten. Innerhalb weniger Tage konnte der Rechtsakt positiv abgeschlossen werden.

Und ein Fall aus dem Sozial­recht: Trotz schwerer Krankheiten I-Pension abgelehnt

Immer wieder werden falsche Be­hauptungen über die gesetzlichen Pensionen in der öffentlichen Diskussion aufgestellt. Dass es gar nicht so leicht ist, eine Pension zu bekommen, davon kann ein Arbeiter aus Bezirk Freistadt „ein Lied singen“. Der schwerkranke Mann litt u.a. an massiven Schädigungen der Wirbelsäule, an heftigen Schmerzen im gesamten Bewegungsapparat, Schulterschmerzen, Schmerzen in den Händen und unter depressiven Angstzuständen. Weil er nicht mehr arbeiten konnte, beantragte der Arbeiter eine Invaliditäts­pension. Doch diese wurde abgelehnt.

Der Mann wandte sich an die Arbeiter­kammer, die daraufhin eine Klage gegen den negativen Pensionsbescheid einbrachte und mehrere fachärztliche Gutachten beantragte. Schließlich gab die Pensionsversicherung nach und der Arbeiter bekam durch einen gerichtlichen Vergleich die zustehende I-Pension zuerkannt.

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AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer © F. Stöllinger, Arbeiterkammer Oberösterreich

Dr. Johann Kalliauer

AK-Präsident


Bezirksstellenleiter Klaus Riegler
Bezirksstellenleiter Klaus Riegler © Erwin Wimmer, AKOOE

Klaus Riegler

AK-Bezirksstellenleiter

Bezirksstelle Freistadt
Bezirksstelle Freistadt © -, AKOOE
Die AK-Bezirksstelle Freistadt 
Die AK OÖ-Rechtsberater/-innen waren im Vorjahr corona-bedingt besonders gefragt. Sie beantworteten insgesamt 375.000 Anfragen.
AK Beratung © E. Wimmer, Arbeiterkammer Oberösterreich
Die AK-Rechts­berater/-innen waren im Vorjahr corona-bedingt besonders ge­fragt. Sie be­antworteten oberösterreichweit insgesamt 375.000 Anfragen
Arbeitnehmer
Arbeitnehmer © Florian Stöllinger, AKOOE

Die Arbeiterkammer hat auch letztes Jahr sehr viel Geld für die Beschäftigten erkämpft.

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