09.02.2021

Bilanz der AK Braunau im Krisenjahr 2020: Telefonische und E-Mail-Be­ratung deutlich gestiegen – 4,2 Millionen Euro erkämpft

Die Covid-19-Krise schlägt sich auch in der Bilanz der Arbeiterkammer Braunau über das Jahr 2020 nieder: Die Sorgen, Ängste und Probleme der Beschäftigten im Bezirk führten zu einer Steigerung der Beratungen um knapp 8 Prozent. Insgesamt suchten 6.212 Arbeitnehmer/-innen Rat und Hilfe. „Dabei ging es in erster Linie um Unklarheiten bei der Entlohnung, die Auflösung von Dienst­verhältnissen, Endabrechnungen und Pensionen. Corona-bedingt hatten wir sehr oft auch Fragen zu Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheitsvorkehrungen, Kinderbetreuung, Home-Office und Auslandsurlauben“, sagt der stellvertretende AK-Direktor Mag. Ernst Stummer. Erkämpft hat die AK im Bezirk Braunau alles in allem fast 4,2 Millionen Euro.

Anfragen erreichten Rekordhöhe

Noch nie suchten so viele Menschen Rat und Hilfe bei den Servicestellen der AK Oberösterreich wie im Jahr 2020. „Die Zahl der Anfragen erreichte eine neue Rekordhöhe: Rund 375.000 Anfragen bearbeiteten die AK-Expertinnen und -Experten im vergangenen Jahr“, sagt der stellvertretende AK-Direktor Mag. Ernst Stummer.

Durch Lockdown und Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz waren persönliche Beratungen nur mehr eingeschränkt möglich. Ihr Anteil sank übers Jahr gerechnet um 28 Prozent auf rund 45.000. Das tat der Beratungsqualität jedoch keinen Abbruch. Denn umso mehr wurden Telefon und Internet als Instrumente der Frage­beantwortung genutzt. So stieg die Zahl der Mail-Anfragen um 71 Prozent auf mehr als 50.000. Die meisten Anfragen erfolgten per Telefon: Fast 280.000 Mal griffen die AK-Mitglieder zum Hörer, um sich Rat zu holen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamt­beratungen von knapp 75 Prozent (plus 20 Prozent).

119,7 Millionen Euro für die oberösterreichischen Beschäftigten erkämpft

Trotz der Ausnahmesituation kam die „klassische“ Rechtsberatung nicht zu kurz. Insgesamt konnte die AK Oberösterreich 2020 für ihre Mitglieder 119,7 Millionen Euro erkämpfen. Geld, das den Betroffenen eigentlich zugestanden wäre, das sie aber erst mit Hilfe der Arbeiterkammer bekommen haben: darunter vorenthaltene Löhne, unbezahlte Überstunden oder fehlende Kündigungsentschädigungen.

Der größte Teil – rund 56,2 Millionen Euro – entfiel auf das Sozialrecht. Ein weiterer großer Anteil – nämlich 46,4 Millionen Euro – wurde in Insolvenzverfahren für die von Firmenpleiten betroffenen Beschäftigten erkämpft. Und in Arbeitsrechtsangelegenheiten holte die AK 13,8 Millionen Euro herein, rund 2 Millionen mehr als im Vorjahr. Der Rest des Gesamtbetrags entfällt auf Interventionen in Konsumentenschutzangelegenheiten und auf die Lohnsteuerberatung.

AK-Homepage stark nachgefragt

Der Auskunftsbedarf und die vorübergehende Einstellung der persönlichen Beratungen wirkten sich im Vorjahr auch auf die Nutzung der Website der AK Oberösterreich – ooe.arbeiterkammer.at – enorm aus. Sie legte bei den Seitenaufrufen und Besuchen stark zu. Die Web-site wurde um 50 Prozent mehr genutzt als im Jahr davor. Der größte Teil des Zuwachses lässt sich auf die spezifisch für Corona relevanten arbeitsrechtlichen Themen zurückführen. Der Online-Besuch des Bereichs „Arbeit & Recht“ verdreifachte sich nahezu von 521.000 auf 1,371.660 Seitenaufrufe (plus 165 Prozent).

Erfolge auf interessen­politischer Ebene

Die AK war im Jahr 2020 nicht nur auf persönlicher Ebene für die Mitglieder da, sondern auch auf interessenpolitischer Ebene. Durch Stellungnahmen, Gesetzesbegutachtungen und Forderungen konnten Verbesserungen für die Arbeitnehmer/-innen durchgesetzt werden. 2 Beispiele dafür sind der Einsatz zum Schutz von schwangeren Beschäftigten und für eine gesetzliche Regelung beim Home-Office.

Schutz für Schwangere: Die AK Oberösterreich hatte schon während des ersten Lockdowns im März ein präventives Beschäftigungsverbot für Schwangere während der Corona Krise gefordert. Mit einer neuen Regelung sind nun viele schwangere Beschäftigte in der Pflege, in der mobilen Pflege, in Krankenhäusern und Kinderbetreuungs­einrichtungen sowie in anderen Bereichen mit direktem Körperkontakt zu anderen Personen (Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen) besser geschützt. Wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen (kein Körperkontakt, Mindestabstand von 2 Metern) oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz (etwa Home-Office) nicht möglich ist, dann hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Wird die Freistellung in Anspruch genommen, haben Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz des Entgelts.

Regelung für Home-Office: Die Arbeit im Home-Office hat durch die Corona-bedingten Lockdowns eine unglaubliche Dynamik erfahren. Waren vor Beginn der Pandemie nur rund 5 Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich im Home-Office tätig, arbeiteten laut einer IFES-Erhebung im April und Oktober 2020 bereits rund 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause aus. Nach mehrmonatigen Verhandlungen haben sich Sozialpartner und Bundesregierung in der Vorwoche auf eine Home-Office-Regelung geeinigt. Die Bemühungen der AK haben sich ausgezahlt, endlich gibt es klare Rahmenbedingungen für die Arbeit zuhause. Zentraler Punkt ist die Freiwilligkeit. Niemand kann gezwungen werden, im Home-Office zu arbeiten. Die Nutzung von Home-Office muss in Zukunft schriftlich vereinbart werden.

Die neuen Regeln stellen klar, dass der Arbeit­geber Arbeitsmittel wie Laptop, Handy und WLAN bereitstellen oder einen Kostenersatz zahlen muss. Die Abschreibung von Kosten für Anschaffungen und die Steuerfreiheit für Zuschüsse vom Arbeitgeber sorgen dafür, dass Betroffene einen finanziellen Ausgleich bekommen. Zudem ist nunmehr das wichtige Thema Unfallversicherung geregelt. Das betrifft auch Wegunfälle vom Home-Office in die Arbeitsstätte, zu einem Arzttermin oder wenn man die Kinder in den Kindergarten bringt.

H.O.T.T. klärt offene Fragen zum Home-Office

Die AK Oberösterreich hat mit dem Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. ein interaktives Serviceangebot für die Beschäftigten entwickelt. Dieses bietet wichtige Informationen zur Home-Office-Thematik und stellt 10 Fragen an den Nutzer/-innen. Die individuelle Auswertung liefert Erkenntnisse zur persönlichen Arbeitsplatzgestaltung sowie zu organisatorischen und rechtlichen Aspekten. Weitere Infos und eine Home-Office-Muster­vereinbarung werden per E-Mail zugesandt. 

Telefone liefen auch in der AK Braunau heiß

Die weltweite Krise forderte die Arbeitnehmer/-innen auch im Bezirk Braunau so stark wie noch nie: Zu den traditionell häufigen Anfragen rund um die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, zum Entgelt und zu Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension kamen neue Themen hinzu. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, die Angst vor Jobverlust, Probleme bei der Organisation der Kinderbetreuung und finanzielle Sorgen ließen viele Beschäftigte verzweifeln – und die Telefone der Bezirksstelle heiß laufen.

Dabei war die Beratung alles andere als einfach: „Wir haben Mitte März praktisch über Nacht unser System umgestellt, um ein zuverlässiges Beratungsangebot sicherstellen zu können. Einen großen Teil der Anfragen haben wir im Home-Office per Laptop und Handy bearbeitet. Das hat gut funktioniert. Das viel größere Problem war hingegen die Flut an Gesetzen, Verordnungen und Erlässen. Die rechtlichen Grundlagen waren zum Teil miss­verständlich und unklar formuliert, wurden permanent geändert, zum Teil in der Nacht und übers Wochenende, und sie hinkten oft wochenlang den Ankündigungen der Regierung hinterher. Das machte es schwierig, seriöse Auskünfte zu geben“, sagt Bezirksstellenleiter Stefan Wimmer.

6.212 Beratungen – E-Mail-Anfragen mehr als verdoppelt

6 von 10 Ratsuchenden nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch, die persönlichen Beratungen gingen um ein Achtel zurück. Sprunghaft gestiegen sind die E-Mail-Anfragen – von 235 auf 494. Zusätzlich haben die Bildungs­experten/-innen 54 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt.

In 217 gerichtlich oder außergerichtlich erledigten arbeitsrechtlichen Fällen wurden im vergangenen Jahr 840.723 Euro hereingebracht. Im Fall mit dem größten Streitwert erreichte die AK eine Zahlung von 113.000 Euro. Aber auch bei kleinen Summen kämpfen die Rechtsexperten/-innen konsequent um die berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder. In einem Fall musste die AK wegen 43 Euro beim Arbeitgeber intervenieren – mit Erfolg.

In Sozialrechtsangelegenheiten (Pensionen, Renten, Pflegegeld) erstritt die Arbeiterkammer Braunau im vergangenen Jahr in 110 Fällen insgesamt 3,277.390 Euro.

Zusätzlich wurden 2020 für Arbeitnehmer/-innen aus insolventen Betrieben 48.702 Euro durchgesetzt. In Summe erreichte die AK Braunau im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 4,166.816 Euro.

Auf einen Blick: Die Bilanz 2020 der AK Braunau

Beratungen6.212
davon telefonisch3.837
davon persönlich1.881
davon schriftlich oder per E-Mail494
Vertretungen327
davon im Arbeitsrecht217
davon im Sozialrecht110

 

Vertretungserfolg4,166.816
davon außergerichtlich354.066
davon gerichtlich486.658
davon im Sozialrecht3,277.390
davon in Insolvenzverfahren48.702


Angeblicher Verstoß gegen Konkurrenz­klausel – AK Braunau erhob Einspruch gegen Klage

Ein Arbeitnehmer aus Braunau war 9 Jahre lang als Entwickler bei einer Firma im Bezirk beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag war eine Konkurrenzklausel beinhaltet. Auf diese Klausel berief sich der ehemalige Arbeitgeber nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses und forderte von seinem früheren Mitarbeiter mehr als 9.700 Euro.

Der Arbeitnehmer hatte sich auf seinen Wunsch mit seinem früheren Chef auf eine einvernehmliche Auflösung verständigt. Nach Ende seiner Berufstätigkeit meldete er beim Deutschen Patentamt eine Erfindung an und gründete eine GmbH. Mit dieser ging er aber nicht auf den Markt, sondern wartete den Ablauf der Frist der Konkurrenzklausel ab, um erst danach selbständig tätig zu werden. Sein Ex-Chef sah allein schon im Anmelden eines Patents eine Verletzung der Konkurrenzklausel und klagte den Erfinder. Gegen diese Klage erhob die AK Einspruch – mit Erfolg: Der Firmenchef sah ein, dass kein Verstoß gegen die Vertragsklausel vorlag und zog die Klage samt seinen Forderungen zurück.

Ein Fall aus dem Sozialrecht: Invaliditäts­pension erkämpft

Immer wieder werden falsche Behauptungen über die gesetzlichen Pensionen in der öffentlichen Diskussion aufgestellt. Dass es gar nicht so leicht ist, eine Pension zu bekommen, davon kann ein Arbeiter aus dem Bezirk Braunau „ein Lied singen“. Dem Mann wurde 2019 die Invaliditätspension verweigert, obwohl er mehrere Erkrankungen aufweist, die ihm das Ausüben seines Berufes unmöglich machten: ein Karpaltunnelsyndrom, das seine Hebeleistung deutlich verminderte, verschiedene Herzerkrankungen, Sehstörungen und häufig Kopfschmerzen samt Schwindel und Ohnmachtsfällen. An eine Berufstätigkeit war nicht zu denken. Darum klagte die Arbeiterkammer Braunau gegen den ablehnenden Bescheid – und durfte sich mit dem schwerkranken Mann über einen schönen Erfolg freuen: Er bekam im vergangenen Jahr nach neuerlicher Begutachtung die Invaliditäts­pension unbefristet zugesprochen.

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Stv. Direktor Ernst Stummer
Stv. Direktor Ernst Stummer © Florian Stöllinger, AKOOE

Stv. Direktor der AK Oberösterreich

Mag. Ernst Stummer 

AK-Bezirksstellenleiter Stefan Wimmer
AK-Bezirksstellenleiter Stefan Wimmer © AKOOE, AKOOE

AK-Bezirksstellenleiter

Stefan Wimmer

AK-Bezirksstelle Braunau
AK-Bezirksstelle Braunau © AKOOE, AKOOE
AK-Bezirksstelle Braunau
Die AK OÖ-Rechtsberater/-innen waren im Vorjahr corona-bedingt besonders gefragt. Sie beantworteten insgesamt 375.000 Anfragen.
AK Beratung © E. Wimmer, Arbeiterkammer Oberösterreich
AK-Beratung

Es ging in erster Linie um Unklarheiten bei der Entlohnung, die Auflösung von Dienstverhältnissen, Endabrechnungen und Pensionen. Corona-bedingt hatten wir sehr oft auch Fragen zu Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheits­vorkehrungen, Kinderbetreuung, Home-Office und Auslandsurlauben

mag. ernst stummer

Stv. Direktor der Arbeiterkammer Oberösterreich

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