03.02.2021

Bilanz der AK Linz-Land im Krisenjahr 2020: Telefonische und E-Mail-Beratung deutlich gestiegen - 8,7 Millionen Euro erkämpft

Die Covid-19-Krise schlägt sich auch in der Bilanz der Arbeiterkammer Linz-Land über das Jahr 2020 nied­er: Die Sorgen, Ängste und Probleme der Beschäftigten im Bezirk führten zu einer Steigerung der telefonischen Beratungen um 70 Prozent. Die Beratungen per E-Mail verdoppelten sich. Insgesamt suchten 7.651 Arbeitnehmer/-innen Rat und Hilfe. „Dabei ging es vorrangig um Unklarheiten bei der Entlohnung, Auflösung von Dienstverhältnissen, Pension und Endabrechnung. Aufgrund der Corona-Krise und den damit verbundenen Lockdowns mussten unsere Expertinnen und Experten viele Fragen hinsichtlich Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheitsvorkehrungen, Kinder­betreuung, Home-Office und Urlaubsverbrauch beantworten“, sagt AK-Vizepräsident Andreas Stangl. Erkämpft hat die AK im Bezirk alles in allem 8,7 Millionen Euro.

Noch nie suchten so viele Menschen Rat und Hilfe bei den Servicestellen der AK Oberösterreich wie im Jahr 2020. „Die Zahl der Anfragen hat eine neue Rekordhöhe erreicht: Insgesamt haben unsere Expertinnen und Experten im Vorjahr rund 375.000 Anfragen bearbeitet“, so AK-Vizepräsident Andreas Stangl.

Durch Lockdown und Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz waren persönliche Beratungen nur mehr eingeschränkt möglich. Ihr Anteil sank übers Jahr gerechnet um 28 Prozent auf rund 45.000. Das tat der Beratungsqualität jedoch keinen Abbruch. Denn umso mehr wurden Telefon und Internet als Instrumente der Frage­beantwortung genutzt. So stieg die Zahl der Mail-Anfragen um 71 Prozent auf mehr als 50.000. Die meisten Anfragen erfolgten per Telefon. Fast 280.000 Mal griffen die AK-Mitglieder zum Hörer, um sich Rat zu holen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamtberatungen von knapp 75 Prozent und bedeutet einen Anstieg von 20 Prozent.

119,7 Millionen Euro für die ober­österreichischen Beschäftigten erkämpft

Trotz der Ausnahmesituation kam die „klassische“ Rechtsberatung nicht zu kurz. Insgesamt konnte die AK Oberösterreich 2020 für ihre Mitglieder 119,7 Millionen Euro erkämpfen. Geld, das den Betroffenen eigentlich zugestanden wäre, das sie aber erst mit Hilfe der Arbeiterkammer bekommen haben: darunter vorenthaltene Löhne, unbezahlte Überstunden oder fehlende Kündigungsentschädigungen.

Der größte Teil – rund 56,2 Millionen Euro – entfiel auf das Sozialrecht. Ein weiterer großer Anteil – nämlich 46,4 Millionen Euro – wurde in Insolvenzverfahren für die von Firmenpleiten betroffenen Beschäftigten erkämpft. Und in Arbeitsrechtsangelegenheiten holte die AK 13,8 Millionen Euro herein, rund 2 Millionen mehr als im Vorjahr. Der Rest des Gesamtbetrags entfällt auf Interventionen in Konsumentenschutzangelegenheiten und auf die Lohn­steuerberatung.

AK-Homepage stark nachgefragt

Der Auskunftsbedarf und die vorübergehende Einstellung der persönlichen Beratungen wirkten sich im Vorjahr auch auf die Nutzung der Website der AK Oberösterreich – ooe.arbeiterkammer.at  – enorm aus. Sie legte bei den Seitenaufrufen und Besuchen stark zu. Die Website wurde um 50 Prozent mehr genutzt als im Jahr davor. Der größte Teil des Zuwachses lässt sich auf die spezifisch für Corona relevanten arbeitsrechtlichen Themen zurückführen. Der Online-Besuch des Bereichs „Arbeit & Recht“ verdreifachte sich nahezu von 521.000 auf 1.371.660 Seitenaufrufe.

Erfolge auf interessen­politischer Ebene

Die AK war im Jahr 2020 nicht nur auf persönlicher Ebene für die Mitglieder da, sondern auch auf interessenpolitischer Ebene. Durch Stellungnahmen, Gesetzesbegutachtungen und Forderungen konnten Verbesserungen für die Arbeitnehmer/-innen durchgesetzt werden. Zwei Beispiele dafür sind der Einsatz zum Schutz von schwangeren Beschäftigten und für eine gesetzliche Regelung beim Home-Office.

Schutz für Schwangere

Die AK Oberösterreich hatte schon während des ersten Lockdowns im März ein präventives Beschäftigungsverbot für Schwangere während der Corona Krise gefordert. Mit einer neuen Regelung sind nun viele schwangere Beschäftigte in der Pflege, in der mobilen Pflege, in Krankenhäusern und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie in anderen Bereichen mit direktem Körperkontakt zu anderen Personen (Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen) besser geschützt. Wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen (kein Körperkontakt, Mindest­abstand von 2 Metern) oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz (etwa Home-Office) nicht möglich ist, dann hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Wird die Freistellung in Anspruch genommen, haben Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz des Entgelts.

Regelung für Home-Office

Die Arbeit im Home-Office hat durch die Corona-bedingten Lockdowns eine unglaubliche Dynamik erfahren. Waren vor Beginn der Pandemie nur rund 5 Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich im Home-Office tätig, arbeiteten laut einer IFES-Erhebung im April und Oktober 2020 bereits rund 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause aus. Nach mehrmonatigen Verhandlungen haben sich Sozialpartner und Bundesregierung in der Vor­woche auf eine Home-Office-Regelung geeinigt. Die Bemühungen der AK haben sich ausgezahlt, endlich gibt es klare Rahmenbedingungen für die Arbeit zuhause. Zentraler Punkt ist die Freiwilligkeit. Niemand kann gezwungen werden, im Home-Office zu arbeiten. Die Nutzung von Home-Office muss in Zukunft schriftlich vereinbart werden.

Die neuen Regeln stellen klar, dass der Arbeitgeber Arbeitsmittel wie Laptop, Handy und WLAN bereitstellen oder einen Kostenersatz zahlen muss. Die Abschreibung von Kosten für Anschaffungen und die Steuerfreiheit für Zuschüsse vom Arbeitgeber sorgen dafür, dass Betroffene einen finanziellen Ausgleich bekommen. Zudem ist nunmehr das wichtige Thema Unfallversicherung geregelt. Das betrifft auch Wegunfälle vom Home-Office in die Arbeits­stätte, zu einem Arzttermin oder wenn man die Kinder in den Kindergarten bringt.

Home-Office: AK-Tool H.O.T.T. klärt offene Fragen

Die AK Oberösterreich hat mit dem Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. ein interaktives Serviceangebot für die Beschäftigten entwickelt. Dieses bietet wichtige Informationen zur Home-Office-Thematik und stellt 10 Fragen an den Nutzer/-innen. Die individuelle Auswertung liefert Er­kenntnisse zur persönlichen Arbeitsplatzgestaltung sowie zu organisatorischen und rechtlichen Aspekten. Weitere Infos und eine Home-Office-Mustervereinbarung werden per E-Mail zugesandt. Mehr unter hott.arbeiterkammer.at.

Telefone liefen auch in der AK Linz-Land heiß

Die weltweite Krise forderte die Arbeitnehmer/-innen auch im Bezirk Linz-Land so stark wie noch nie: Zu den traditionell häufigen Anfragen rund um offene Entgelte (rund 40 Prozent der Fälle), die Beendigung von Arbeitsverhältnissen und Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension kamen neue Themen hinzu. Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Ängste vor Jobverlust, Probleme bei der Organisation der Kinderbetreuung und finanzielle Sorgen ließen viele Beschäftigte verzweifeln – und die Telefone der Bezirksstelle heiß laufen.

Dabei war die Beratung der AK-Mitglieder gar nicht so einfach – im ersten Lockdown waren ja alle AK-Gebäude geschlossen und die Mitarbeiter/-innen größtenteils im Home-Office. „Ein großer Dank gilt meinen Kolleginnen und Kollegen. Ihre Flexibilität und ihr Einsatz mit Handy und Laptop ermöglichten es, unseren Mitgliedern trotz Lock­downs ein bestmögliches Beratungsangebot zu bieten“, sagt Bezirksstellenleiter Bruno Kamraner.

7.651 Beratungen – E-Mail-Anfragen verdoppelten sich

Sieben von zehn Ratsuchenden nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch (5.559). Das entspricht einem Plus von rund 70 Prozent. Die persönlichen Beratungen gingen hingegen durch die corona-bedingten Schutzmaßnahmen auf 1.568 zurück (2019: 2.246). Sprunghaft stiegen hingegen die E-Mail-Anfragen – sie verdoppelten sich von 260 auf 524. Zusätzlich haben Bildungsexperten/-innen 40 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt.

In 199 gerichtlich oder außergerichtlich erledigten arbeitsrechtlichen Fällen wurden im vergangenen Jahr 525.847 Euro hereingebracht. Im Fall mit dem größten Streitwert erreichte die AK eine Zahlung von 46.960,18 Euro. Aber auch bei kleinen Summen kämpfen die Rechts­experten/-innen konsequent um die berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder. In einem Fall musste die AK wegen 66,14 Euro beim Arbeitgeber intervenieren – mit Erfolg. In derartigen Fällen geht es der AK nicht um die Höhe des Betrages, sondern um das Prinzip, dass Recht auch Recht bleiben muss.

In Sozialrechtsangelegenheiten (Pensionen, Renten, Pflegegeld) erstritt die AK Linz-Land im vergangenen Jahr in 90 Fällen insgesamt 1.450.637 Euro.

Zusätzlich wurden 2020 für Arbeitnehmer/-innen aus insolventen Betrieben 6.757.409 Euro durchgesetzt. In Summe erreichte die AK Linz-Land im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 8.733.893 Euro. Das sind rund 1,6 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor.

Arbeitnehmerin erhielt fast 47.000 Euro für unberechtigte Entlassung

Fast 20 Jahre arbeitete eine Frau aus dem Bezirk Linz-Land als kaufmännische Angestellte, ehe sie fristlos entlassen wurde. Drei Tage zuvor war ihr ein geringfügiges Versehen unterlaufen, das keinesfalls ein Entlassungsgrund war. In ihrer Verzweiflung wandte sie sich an die Arbeiterkammer. Diese stellte eine Differenz beim letzten Monatsentgelt und bei der Abgeltung des Resturlaubes fest. Zudem forderte sie vom Arbeitgeber eine Kündigungsentschädigung ein. Trotz mehrfachem Austausch kam es zu keiner gütlichen Einigung, schließlich wurde Klage beim zuständigen Arbeit- und Sozialgericht eingebracht. Insbesondere durch Zeugenaussagen wurde festgestellt, dass die Entlassung nicht berechtigt war.

Durch einen gerichtlichen Vergleich erhielt die Frau sämtliche Ansprüche in der Höhe von rund 47.000 Euro abgegolten, der ehemalige Arbeitgeber musste zudem die Verfahrenskosten übernehmen.

Zweifacher Vater als Opfer von Eltern­diskriminierung

Der Mitarbeiter einer Baufirma befand sich anlässlich der Geburt seines ersten Kindes rund 6 Monate in Karenz, als er im Anschluss sein Recht auf Elternteilzeit beanspruchte. Sein Arbeitgeber gewährte ihm allerdings diese in der gewünschten Form nicht, sodass eine „normale“ Teilzeitvereinbarung von 36 Wochenstunden vereinbart wurde. Doch seit seiner Rückkehr aus der Karenz hatte der Arbeitnehmer den Eindruck, dass ihn der Arbeitgeber loswerden wollte.

Das Gefühl sollte nicht trügen, ihm wurde eine einvernehmliche Auflösung unterbreitet. Am selben Tag überreichte der Mann ein Vorankündigungsschreiben, mit dem er seinen Rechtsanspruch auf den Papamonat nach der Geburt seines zweiten Kindes geltend machte und gleichzeitig die einvernehmliche Auflösung ablehnte. Am Folgetag lag das Kündigungsschreiben am Tisch. Der Arbeitgeber bestritt die Abgabe des Vorankündigungsschreibens und damit den ab da geltenden Kündigungsschutz. Ein weiteres Problem für den Arbeitnehmer: Er hatte sich die Abgabe nicht schriftlich bestätigen lassen. Daher wandte sich der Mann an die AK. Letztendlich gelang ein Vergleich, der ihm 11.743,49 Euro brachte – jene Summe, die er erhalten hätte müssen, wenn die gesetzlichen Rechtsansprüche des Arbeitnehmers eingehalten worden wären. 

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Andreas Stangl
Andreas Stangl © E. Wimmer, Arbeiterkammer Oberösterreich

 AK-Vizepräsident

Andreas Stangl

AK-Bezirksstellenleiter Bruno Kamraner
AK-Bezirksstellenleiter Bruno Kamraner © Erwin Wimmer, AKOOE

AK-Bezirksstellenleiter

Bruno Kamraner

AK-Bezirksstelle Linz-Land
AK-Bezirksstelle Linz-Land © Weiss-Engelsberger, AKOOE
AK-Bezirksstelle Linz-Land 
AK Beratung
AK Beratung © Langstein Pictures, Arbeiterkammer Oberösterreich
AK-Beratung


Aufgrund der Corona-Krise und den damit verbundenen Lockdowns mussten unsere Expertinnen und Experten viele Fragen hinsichtlich Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheits­vorkehrungen, Kinder­betreuung, Home-Office und Urlaubsverbrauch beantworten

dr. johann kalliauer

AK-PRÄSIDENT

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