Neues EuGH-Urteil stärkt die Rechte von Reisenden
Laut einem neuen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) haben Reisende Anspruch auf Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen an einen insolventen Reiseveranstalter, auch wenn dieser Anspruch bereits vor der Insolvenzeröffnung entstanden ist. Dies gilt beispielsweise für Verbraucher:innen, die ihre Reise wegen der Pandemie stornieren mussten. Das Urteil bestätigt, dass die Insolvenzabsicherung auch in solchen Fällen greift.
Vorabentscheidungsverfahren
Herr N. hatte noch vor Ausbruch der Coronapandemie für Mai 2020 eine Pauschalreise nach Gran Canaria bei einem österreichischen Pauschalreiseanbieter gebucht. Aufgrund der Pandemie konnte er die Reise nicht antreten. Eine Erstattung der vom Konsumenten bereits geleisteten Zahlungen wurde vom Reiseveranstalter zugesagt. Kurz darauf wurde dieser jedoch für insolvent erklärt und der Betrieb geschlossen. Die Arbeiterkammer klagte folglich den Insolvenzversicherer auf Rückerstattung des Reisepreises.
Pauschalreisen müssen laut Gesetz vor Insolvenzen abgesichert sein. Der Insolvenzversicherer lehnte den Erstattungsanspruch im konkreten Fall jedoch ab. Dies mit dem Argument, dass die Insolvenz gerade nicht der Grund für die Stornierung der Reise gewesen sei, sondern die Pandemie. Das Gericht in Wien setzte das Verfahren auf Anregung der Arbeiterkammer hin aus und bat den EuGH um Auslegung des EU-Rechts. Ein Gericht in Brüssel betraute den EuGH zwischenzeitlich mit derselben Fragestellung. Die beiden Vorabentscheidungsverfahren wurden verbunden.
EuGH: Insolvenzabsicherung bei pandemiebedingtem Rücktritt gegeben
Der Europäische Gerichtshof folgt nun unserer Rechtsansicht zu Gunsten der Verbraucher:innen. Nach Auffassung des EuGH ist Art 17 Abs 1 der Pauschalreiserichtlinie so auszulegen, dass auch Ansprüche im Zusammenhang mit einem vor Insolvenzeröffnung ausgeübten Rücktritt auf Grund von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen vom Insolvenzschutz umfasst sind. Sonst würde das in der Richtlinie verankerte Rücktrittsrecht laut EuGH seine praktische Wirksamkeit verlieren. Außerdem haben Reisende in diesem Fall dasselbe finanzielle Risiko wie bei einer Reiseabsage aufgrund von Insolvenz und müssen folglich auch gleichermaßen geschützt werden.
Durch diese Entscheidung wurde die Insolvenzabsicherung für alle Verbraucher:innen in der EU wesentlich verbessert. Der Reisepreis ist den Betroffenen vollständig zu erstatten. Wir empfehlen, sich per Einschreiben an den jeweiligen Insolvenzversicherer zu wenden.
Die Zeichen stehen gut, dass der Rückzahlungsanspruch auch in der Novelle zur Pauschalreiserichtlinie verankert wird. Auch Gutscheine könnten künftig vor Insolvenzen geschützt sein.