Berechnungsmodelle decken Arbeitsbedarf nicht ab

Die gesetzliche Vorgabe (§19 KAKuG) sieht einen sehr vagen Rahmen für die Personalberechnung im Krankenhaus vor. Die in der Praxis eingesetzten Modelle, wie z.B. die PPR stammen Großteils aus den 1990er-Jahren und entsprechen schon lange nicht mehr den heutigen Anforderungen. Eine immer kürzer werdende Verweildauer, neue Pflege- und Therapiekonzepte, die massive Zunahme von Demenzkranken, ein stärkerer Fokus auf Anleitung und Beratung sowie Angehörigenarbeit, die Veränderung der Beschäftigtenstruktur in den Krankenhäusern, eine enorme Zunahme des Dokumentationsaufwands sowie eine unzureichende Beachtung von Krankenständen oder Weiterbildungen bringen die Beschäftigten an die Grenzen der Belastbarkeit - und darüber hinaus. 

An 18 oberösterreichischen Krankenhausstandorten arbeiten neben Ärztinnen und Ärzten etwa 25.000 Beschäftigte, davon rund 16.000 Menschen in der Pflege, als Medizinisch-Technische Dienste, Hebammen, Medizinische Assistenzberufe, Abteilungshilfe, Sozialarbeiter/-innen, etc.

Ein täglicher Spagat zwischen Sinnstiftung und Überlastung

Der Österreichische Arbeitsklima Index zeigt es deutlich: 64 Prozent der Pflege- und medizinischen Beschäftigten im Krankenhaus erleben ihre Berufe als in hohem Maß sinnstiftend - über alle Branchen hinweg sind es 45 Prozent. 33 Prozent empfinden ihre Arbeit aber als sehr stark belastend oder seelisch belastend - über alle Branchen hinweg sind es 11 Prozent.

Zeitdruck ist für 28 Prozent der Beschäftigen im Krankenhaus eine (sehr) große Belastung, bei den Arbeitnehmern/-innen insgesamt sind es nur 23 Prozent. Dass sie bis zur Pension durchhalten bzw. ihren Beruf mit 60/65 Jahren noch ausüben können, glauben nur 39 Prozent der Beschäftigten im Krankenhaus, aber 60 Prozent aller Arbeitnehmer/-innen.

Aufgaben werden immer mehr

Sicher ist: die Arbeitswelt Krankenhaus hat sich verändert, dabei sind die Anforderungen und Aufgaben massiv angestiegen. Befragte aller Berufsgruppen und Kompetenzebenen schildern, dass die Aufgaben in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Nicht nur, das sich das pflegerische, therapeutische und diagnostische Leistungsspektrum weiterentwickelt hat und, dass die Dokumentations- und Qualitätsmanagementaufgaben gestiegen sind. Viele Tätigkeiten wurden innerhalb der Berufsgruppen verschoben - oft ohne Berücksichtigung in den Dienstpostenplänen.

Patientinnen und Patienten mit anderen Bedürfnissen

Die Verweildauer hat sich stark verändert, tagesklinische Eingriffe nehmen zu - alles mit Folgen für die Pflege und Betreuung im Krankenhaus. Außerdem werden die Patienten/-innen älter und multimorbider, häufig auch verbunden mit demenziellen Begleiterkrankungen. Zudem werden Patienten/-innen und Angehörige aufgeklärter und fordernder. Mehr Zeit für Anleitung, Beratung und intensive Gespräche ist kaum vorhanden, schildern die Interviewpartner/-innen.

Ausfallszeiten häufig deutlich höher als eingeplant

Weil es keine verbindlichen rechtlichen Bestimmungen gibt, ist die übliche Praxis, dass in vielen Trägern bei der Dienstpostenplanung 20 Prozent an Ausfallszeiten berücksichtigt werden. Ausfallszeiten sind Arbeitszeiten, die der/die Beschäftigte nicht direkt bei den Patienten/-innen verbringt, wie zum Beispiel Fort- und Weiterbildungen, Projekte, Urlaub, Krankenstand, Kuren und Pflegefreistellung. Die Praxis zeigt, 20 Prozent sind in der Praxis schon lange nicht mehr ausreichend.

Die AK OÖ fordert mehr Personal und leistungsgerechte Personalberechnungsmodelle

Es braucht Personalberechnungsmodelle für die oö. Krankenhäuser, die es den Beschäftigten ermöglichen, gesund das Regelpensionsalter zu erreichen. Gleichzeitig muss auch in Zukunft eine hohe Versorgungsqualität für die Patienten/-innen in Oberösterreichs Krankenhäusern erhalten bleiben.

Eine aktuelle AK-Studie macht deutlich: Es braucht so rasch wie möglich eine Personalaufstockung um 20 Prozent, verteilt über alle Berufsgruppen. Das sind rund 2.500 Vollzeitäquivalente. Damit soll garantiert sein, dass

  • Ausfallszeiten in den Personalberechnungen verbindlich berücksichtigt werden können;
  • Schwangerschaften ab dem Tag der Meldung im Dienstpostenplan entsprechend berücksichtigt werden können und sofortiger Ersatz ermöglicht wird;
  • verbindliche Regelungen für die Besetzung der Nacht- und Wochenenddienste inkl. Qualifikationsniveau geschaffen werden und diese nicht zulasten der
    Tagesbesetzung gehen;
  • zusätzliche Zeitressourcen für alle Bereiche, in denen vermehrt Patienten/-innen mit Demenz betreut werden, geschaffen werden;
  • Unterstützungsberufe zur Entlastung der Gesundheitsberufe wie Abteilungshilfen, Stationssekretariate, etc. eingesetzt werden;
  • ein verstärkter Fokus auch auf die Dienstpostenpläne und Arbeitsbedingungen aller weiteren Berufsgruppen im Krankenhaus (wie Küche, Reinigung, Verwaltung, Wäscherei, Haustechnik, etc.) gelegt wird.
  • Einsichtsrechte und Einbindung für Betriebsräte/-innen und Personalvertreter/-innen in alle Dienstpostenberechnungen geboten werden.

Langfristig unbedingt notwendige Veränderungen

  • Es braucht eine arbeitswissenschaftliche Bewertung der Tätigkeit aller Berufsgruppen im Krankenhaus, die sich in transparenten und gesetzlich verbindlichen Personalbedarfsberechnungen abbildet.
  • Als Garantie für eine zukunftsorientierte Versorgungs- und Arbeitsqualität in Oberösterreichs Krankenhäusern muss die Landesregierung sich klar zur öffentlichen Finanzierung der Gesundheitsleistungen bekennen und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.
  • Die Einführung eines Malus-Systems bei Nichteinhaltung von Pflegequalitätskriterien bzw. Dienstpostenplänen im LKF-System. 

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