Dienstverhinderungen
Hochzeit, Geburt oder Begräbnis - Wann bekomme ich frei? Eine Übersicht über die wichtigsten Regelungen für Arbeiter:innen und Angestellte.
Wenn nahe Angehörige erkranken oder die Betreuungsperson eines Kindes ausfällt, können Arbeitnehmer:innen Pflege- beziehungsweise Betreuungsfreistellung nehmen. Wichtig ist, dass Sie Ihren Arbeitgeber so rasch wie möglich informieren. Pflege- und Betreuungs-Freistellung ist üblicherweise auf 1 Woche pro Jahr begrenzt. Für längere Freistellungen muss man sich Urlaub nehmen.
Der Arbeitgeber ist unverzüglich zu informieren, wenn Pflege- oder Betreuungsfreistellung in Anspruch genommen wird. Unverzüglich bedeutet: so schnell wie möglich.
Für den Nachweis der Pflegebedürftigkeit eines erkrankten nahen Angehörigen ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Verlangt der Arbeitgeber zum Beispiel eine ärztliche Bestätigung als Nachweis, dann hat er auch die dafür möglicherweise anfallenden Kosten zu tragen.
ACHTUNG
Bewusst falsche Angaben für eine Pflegefreistellung können zu einer berechtigten fristlosen Entlassung führen!
Sind Beschäftigte wegen der notwendigen Pflege einer/eines erkrankten nahen Angehörigen oder einer im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten Person an der Arbeitsleistung nachweislich verhindert, besteht Anspruch auf bezahlte Pflegefreistellung.
Ein gemeinsamer Haushalt besteht, wenn zwischen der Arbeitnehmerin/dem Arbeitnehmer und der/dem Angehörigen eine Wirtschafts- und Wohngemeinschaft besteht - nicht also ein bloßes Nebeneinanderwohnen. Dabei ist es gleichgültig, ob die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer der/dem Angehörigen gegenüber unterhaltspflichtig ist.
Nicht nur eine akute oder plötzlich auftretende Krankheit gilt für die Freistellung. Entscheidend ist die Pflegebedürftigkeit, die auch durch ein chronisches Leiden bedingt sein kann.
Grundsätzlich muss eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer alle zumutbaren Vorkehrungen treffen, damit es zu keiner Arbeitsverhinderung wegen des Pflegefalles kommt. So wird etwa die Pflege durch die Arbeitnehmerin/den Arbeitnehmer nicht notwendig sein, wenn eine andere geeignete Person zur Verfügung steht. Dieser muss allerdings die Übernahme der Pflege zumutbar sein.
Es ist aber davon auszugehen, dass die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer die im Gesetz vorgesehenen Angehörigen in erster Linie selbst pflegen wird und dass der Einsatz dritter Personen (zum Beispiel von Pflegepersonal) im Normalfall nicht zugemutet werden kann.
Auch können in Frage kommende Personen selbst darüber entscheiden, wer im Einzelfall die Pflege übernimmt. Sind etwa beide Elternteile berufstätig, können Sie selbst festlegen, wer beim kranken Kind bleibt.
Sowohl leibliche Eltern als auch eingetragene Partner:innen, Lebensgefährt:innen sowie Ehegatt:innen haben hinsichtlich der nicht leiblichen Kinder einen Anspruch auf Pflegefreistellung bei stationären Aufenthalten im Krankenhaus.
Bei leiblichen Eltern besteht der Anspruch auf jeden Fall, alle anderen müssen in einem gemeinsamen Haushalt leben.
Das Kind darf nicht älter als 10 Jahre sein
Die einzige Ausnahme dabei besteht, wenn es für das Kindeswohl medizinisch erforderlich ist, dass das Kind begleitet wird. In diesem Fall empfehlen wir, eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu treffen, denn eine Fortzahlung des Entgelts gibt es nur dann, wenn der behandelnde Arzt eine Bestätigung ausstellt, dass die Begleitung des Kindes für die Zeit des Krankenhaus- oder Kuraufenthaltes für den Heilungserfolg unbedingt erforderlich ist.
Ein Anspruch auf Freistellung besteht zur notwendigen Betreuung des (gesunden) Kindes (auch Adoptiv- oder Pflegekind), wenn die Person, die das Kind ständig betreut hat, verhindert ist. Hier ist kein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind erforderlich.
Der Anspruch auf Pflege- oder Betreuungsfreistellung (bei Fortzahlung des Arbeitsentgeltes) ist pro Arbeitsjahr mit dem Höchstausmaß der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (inklusive regelmäßiger Überstunden) begrenzt. Er kann sowohl durch eine längere Freistellung als auch durch mehrere kürzere Freistellungen ausgeschöpft werden. Also nicht nur wochenweise, sondern bei Bedarf auch tage- oder stundenweise.
Darüber hinaus gibt es eine zusätzliche Pflegefreistellungswoche innerhalb eines Arbeitsjahres, wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind (auch Wahl- und Pflegekind) oder ein im gemeinsamen Haushalt lebendes leibliches Kind der Ehegattin/des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners oder Lebensgefährtin/Lebensgefährten neuerlich pflegebedürftig erkrankt ist.
Hier gilt allerdings eine Altersgrenze von 12 Jahren. Das gilt ebenso für Arbeitnehmer:innen, die nicht mit ihrem leiblichen Kind im gemeinsamen Haushalt leben im Falle der notwendigen Pflege ihres/seines erkrankten Kindes (Wahl- oder Pflegekindes).
Tritt zudem ein neuerlicher Pflegebedarf ein, kann die Arbeitnehmerin/der Arbeitnehmer für die Zeit der notwendigen Pflege ohne vorherige Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Urlaub nehmen.
Dieses Recht auf einseitigen Urlaubsantritt gilt für die notwendige Pflege eigener Kinder, der im gemeinsamen Haushalt lebenden leibliche Kinder der Ehegattin/des Ehegatten sowie der eingetragenen Partnerin/des eingetragenen Partners oder der Lebensgefährtin/des Lebensgefährten. Auch Arbeitnehmer:innen, die nicht mit ihrem leiblichen Kind im gemeinsamen Haushalt leben, können im Falle der notwendigen Pflege ihres/seines erkrankten Kindes (Wahl-/Pflegekindes) Urlaub nehmen.
ACHTUNG
Es gilt die Altersgrenze von 12 Jahren.
Unter "neuerlich" ist zu verstehen, dass eine neue Krankheit eintritt. Ansonsten ist ein zeitlicher Abstand notwendig.
ACHTUNG
Günstigere Regelungen in Gesetzen (etwa Generalklausel über Dienstverhinderungen im Angestelltengesetz), in Kollektivverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsverträgen bleiben unberührt.
Mit jedem Arbeitsjahr gibt es einen neuen, vollen Anspruch auf Pflegefreistellung. Was innerhalb eines Arbeitsjahres nicht verbraucht wird, verfällt. Es gibt keine Übertragung des Restanspruches ins nächste Arbeitsjahr.
"Dienstverhinderung" als Alternative zur Pflegefreistellung
Alle Arbeitnehmer:innen behalten den Anspruch auf Entgelt, wenn sie durch wichtige, ihre Person betreffende Gründe ohne ihr Verschulden für verhältnismäßig kurze Zeit verhindert sind, ihre Arbeit zu leisten. Die Erkrankung eines Kindes zählt jedenfalls dazu. Diese bezahlte Dienstfreistellung kann auch mehrmals pro Jahr in Anspruch genommen werden, allerdings pro Anlassfall nicht länger als 1 Woche.
Während der Pflege/Betreuung dürfen Sie finanziell nicht schlechter gestellt sein. Das heißt: Sie bekommen jenes Entgelt, das Sie auch bekommen hätten, wenn Sie die Pflege- oder Betreuungsfreistellung nicht in Anspruch genommen hätten.
Lässt sich das nicht ohne weiteres feststellen, ist der Durchschnittsverdienst der letzten voll gearbeiteten 13 Wochen heranzuziehen (inklusive zum Beispiel Akkord, leistungsbezogene Prämien oder Überstunden). Aufwandsentschädigungen (wie Diäten oder Kilometergelder) bleiben bei der Durchschnittsberechnung unberücksichtigt. Allerdings können im Kollektivvertrag abweichende Berechnungsarten festgelegt sein.
Eine Kündigung wegen der beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Pflegefreistellung kann bei Gericht angefochten werden.
ACHTUNG
Die Anfechtungsfristen sind sehr kurz! Wenden Sie sich daher bitte sofort an Ihre Arbeiterkammer oder Ihre Gewerkschaft, wenn Sie die Kündigung bekämpfen möchten.Broschüren
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