Pflichtpraktikum
Pflichtpraktikant:innen sind Schüler:innen, die auf
Grund von schulrechtlichen Vorschriften (in technischen, gewerblichen
und kunstgewerblichen höheren und mittleren Schulen sowie gewerblichen,
kunstgewerblichen und technisch-gewerblichen Fachschulen) während der
Ferien in einem Betrieb einer bestimmten Branche zwecks Ergänzung ihrer
schulischen Ausbildung tätig sein müssen.
Pflichtpraktikum an kaufmännischen Schulen seit dem Schuljahr 2014/15
Auch für die Schüler:innen der Handelsschule (HAS), der Handeslakademie (HAK) und des Aufbaulehrganges (AUL) wurde mit den Lehrplänen 2014 ein verpflichtendes Praktikum eingeführt. Zuvor gab es an diesen Schulen nur freiwillige Praktika.
Das Praktikums-Arbeitsverhältnis
wird in der Regel auf bestimmte Zeit abgeschlossen und ist somit ein
befristetes Arbeitsverhältnis, das mit Ablauf der Zeit automatisch endet.
Voraussetzung
Voraussetzung für die Ausübung eines Pflichtpraktikums ist:
- die erfüllte Schulpflicht und
- das vollendete 15. Lebensjahr
Was Pflichtpraktikanten beachten sollten
Suche nach einer Praktikumsstelle
Praktika
können sowohl im In- als auch im Ausland absolviert werden. In der
Regel geben die Schulen Adressen von Betrieben, die Praktikant:innen
beschäftigen, bekannt. Sucht man sich eine Praktikumsstelle selbst,
sollte unbedingt mit der Schule abgeklärt werden, ob dieser Betrieb auch
geeignet ist, die schulrechtlichen Anforderungen des Pflichtpraktikums
zu erfüllen.
Bei Auslandspraktika obliegt es der Schule, auf die
damit verbundenen Besonderheiten hinzuweisen. Die Eignung von
Praxisstellen im Ausland ist mit entsprechenden Unterlagen glaubhaft zu
machen.
Informationen über Ferialjobs und Pflichtpraktikumsstellen findet man auch im Internet unter
ACHTUNG
Ein Volontariat und ein Ferialjob werden in der Regel nicht als Pflichtpraktikumszeit anerkannt.
Fakultatives Praktikum:
Einige Lehrpläne sehen zusätzlich fakultative Praktika vor. Diese sind nicht zwingend vorgeschrieben.
Achtung: Bei ausreichender Relevanz, die jeweils von der Schule zu beurteilen ist, ist allerdings auch bei fakultativen Praktika ein Vermerk über deren Ablegung in das Abschlusszeugnis aufzunehmen.
Hat man eine Praktikumsstelle in Aussicht, ist es ratsam, in einem persönlichen Gespräch abzuklären:
- Dauer des Praktikums
(Beginn und Ende mit Datum: Der Kollektivvertrag für das oberösterreichische Gastgewerbe sieht dies sogar verpflichtend vor!) - Art der Arbeitsleistung (Einsatzbereiche)
- Arbeitsort(e)
- Arbeitszeiten
- Entlohnung
bei auswärtigen Praktikumsstellen zusätzlich unter anderem:
- ob und zu welchen Bedingungen ein Quartier vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird (Ort und Art der Unterkunft)
- ob Tagesverpflegung unentgeltlich / zu welchen Bedingungen gewährt wird
- ob Wäsche im Betrieb gewaschen werden darf
TIPP
Empfehlenswert ist es, den Arbeitsplatz und vor allem die Unterkunft bereits anlässlich des Vorstellungsgespräches zu besichtigen.
ACHTUNG: Auslandspraktikum
Vor Abschluss eines Praktikum-Arbeitsvertrages im Ausland sollte unbedingt mit der Schule Rücksprache gehalten werden!
Bei der Österreichischen Gesundheitskasse sollte man sich vorab über die für das betreffende Land geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen erkundigen.
Kontaktdaten:
+43 50 76614
ÖGK - Arbeiten & Ausland
Vor dem Arbeitsbeginn
Arbeitsvertrag
Treffen
Sie über Beschäftigungsdauer, Entlohnung, Arbeitsort, Arbeitszeit,
Tätigkeit und andere wichtige Punkte vor Beginn Ihres Praktikums eine
schriftliche Vereinbarung. Ein Vertrag ist laut schulrechtlichen
Bestimmungen erforderlich.
Spezielle Bestimmungen für den Vertrag zwischen Arbeitgeber und Praktikant:in gibt es nicht: Auf das Praktikant:innen-Arbeitsverhältnis finden die arbeitsrechtlichen Vorschriften Anwendung.
Bestimmungen von Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen gelten
allerdings nur insoweit, als sie Praktikant:innen nicht ausdrücklich
ausschließen.
Entlohnung
Da es sich beim
Pflichtpraktikum üblicherweise um ein Arbeitsverhältnis handelt, besteht
für den Arbeitgeber grundsätzlich die Verpflichtung, Entgelt zu
bezahlen.
Bei der Vereinbarung dieses Entgelts sind die lohnrechtlichen Bestimmungen von allfälligen Kollektivverträgen,
die einen Mindestanspruch festsetzen, zu berücksichtigen.
Vereinbarungen über eine höhere Entlohnung als diesen Mindestanspruch
können natürlich jederzeit getroffen werden.
Ist auf das
betreffende Arbeitsverhältnis kein Kollektivvertrag anwendbar, so ist
ein angemessenes Entgelt zu bezahlen. Dieses Entgelt soll ein Ausgleich
zwischen der erbrachten Arbeitsleistung des Praktikanten/der Praktikantin und den
Ausbildungsbemühungen des Arbeitgebers sein.
Aufgrund der besonderen Zielsetzung schuldet der Arbeitgeber aber nicht nur Entgelt und Fürsorge, er muss sich auch zur Ausbildung des Praktikanten/der Praktikantin im vom Lehrplan vorgeschriebenen Rahmen verpflichten.
Beispiel: Hotel- und Gastgewerbe
Für Praktika im Hotel- und Gastgewerbe legt der Kollektivvertrag beispielsweise Folgendes fest: Praktikant:innen haben Anspruch auf ein Entgelt in der Höhe des Lehrlingseinkommens (früher: Lehrlingsentschädigung) für das mit dem Schuljahr korrespondierenden Lehrjahr. Lehrlingseinkommen (gültig seit 01.05.2024 für ganz Österreich):
1. Lehrjahr: 1.000 Euro
2. Lehrjahr: 1.120 Euro
3. Lehrjahr: 1.320 Euro
4. Lehrjahr: 1.420 Euro
Praktika,
die zwischen 2 Schuljahren geleistet werden, sind jeweils dem
vorangegangenen Schuljahr zuzurechnen. Bei einem Pflichtpraktikum in den
Ferien zwischen 3. und 4. Schuljahr gebührt somit zumindest
ein Entgelt in Höhe des Lehrlingseinkommens für das 3. Lehrjahr.
Entgelt
für Feiertags- und Sonntagsarbeit, Entgeltfortzahlung bei Krankheit,
Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld), Ersatzleistung für nicht
verbrauchten Urlaub und dergleichen richten sich nach den gesetzlichen
oder kollektivvertraglichen Bestimmungen, die auch bei einem "normalen"
Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommen.
Kost und Quartier
Häufig
sind Praktikumsstellen nicht unmittelbar am Wohnort der Jugendlichen.
Ein Anspruch auf Kost und Quartier durch den Arbeitgeber besteht aber
grundsätzlich nicht.
TIPP
Gibt es daher Kost und Quartier nicht kostenlos, sollten Sie einen Abzugsbetrag im Vorstellungsgespräch vereinbaren und dann unbedingt in den abzuschließenden Arbeitsvertrag aufnehmen.
ACHTUNG
In einigen Kollektivverträgen sind Höchstbeträge angegeben, die für die Bereitstellung von Unterkunft und dergleichen vom Arbeitgeber abgezogen werden dürfen (etwa im oberösterreichischen Gastgewerbe).
Dienstzettel
Dauert Ihr Praktikum länger als ein Monat, muss Ihnen der Arbeitgeber unaufgefordert einen Dienstzettel aushändigen.
Während der Arbeit
Versicherung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, jeden Pflichtpraktikanten/jede Pflichtpraktikantin,
der/die gegen Entgelt beschäftigt wird, unverzüglich nach Aufnahme der
Beschäftigung bei der zuständigen Gebietskrankenkasse zur Vollversicherung (Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung) anzumelden.
Dienstkleidung
Grundsätzlich
ist die Anschaffung der Arbeitskleidung Aufgabe des
Praktikanten/der Praktikantin. Kollektivvertragliche - günstigere - Regelungen sind
jedoch zu beachten. Wird zum Beispiel im Gastgewerbe eine spezielle
Kleidung/Uniform verlangt, dann ist diese vom Arbeitgeber unentgeltlich
zur Verfügung zu stellen, in Stand zu halten und zu reinigen.
Arbeitszeit
Führen Sie detaillierte Aufzeichnungen
über Arbeitszeit (Beginn und Ende) und Pausen. Diese sind als Beweis
bei Streitigkeiten besonders wichtig. Wenn möglich sollten die
Aufzeichnungen für Beweiszwecke auch von Arbeitskolleg:innen oder vom
Arbeitgeber unterschrieben werden. Ein Musterformular zur Aufzeichnung
Ihrer Arbeitszeit haben wir für Sie vorbereitet.
Arbeitszeit-Regelungen für Praktikant:innen unter 18 Jahre
Bis
zur Vollendung des 18. Lebensjahres darf die tägliche Arbeitszeit 8
Stunden und die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden grundsätzlich nicht
übersteigen.
Unter gewissen Voraussetzungen ist jedoch eine
andere Verteilung der Wochenarbeitszeit zulässig. Insbesondere für das
Hotel- und Gastgewerbe gibt es Ausnahmebestimmungen. Auch bei Anwendung
dieser Ausnahmeregelungen darf die tägliche Arbeitszeit maximal 9
Stunden (nur in einem bestimmten Ausnahmefall 9,5 Stunden) und die
wöchentliche Arbeitszeit maximal 45 Stunden betragen.
Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit
In
der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen dürfen
Jugendliche grundsätzlich nicht beschäftigt werden. Ausnahmen (etwa im
Gastgewerbe): Hier dürfen Jugendliche über 16 Jahren bis 23 Uhr und auch
an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden. Jeder 2. Sonntag hat
jedoch arbeitsfrei zu bleiben!
Überstunden
Von Jugendlichen dürfen keine Überstunden
verlangt werden. Werden trotz Verbot welche geleistet, müssen sie
jedenfalls entlohnt werden (Grundlohn plus Zuschlag oder Zeitausgleich
1:1,5)!
Ruhepausen & Ruhezeiten
Ferner haben Jugendliche Anspruch auf eine Ruhepause
von mindestens einer halben Stunde, sofern die Gesamtdauer der
täglichen Arbeitszeit mehr als 4,5 Stunden beträgt. Diese Pause ist
spätestens nach 6 Stunden zu gewähren.
Jugendliche unter 18 Jahren haben nach dem Ende der täglichen Arbeitszeit Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 12 Stunden. Diese Ruhezeit ist – außer im Gastgewerbe – innerhalb von 24 Stunden nach Arbeitsbeginn zu gewähren.
Praktikant:innen über 18 Jahre
Hier
gelten diese besonderen Schutzvorschriften nicht. Für sie gelten die
Bestimmungen des Arbeitszeit- und des Arbeitsruhegesetzes, wie für alle
anderen erwachsenen Arbeitnehmer:innen auch.
Arbeitsverhinderung
Analog
der Regelung für Lehrlinge ist davon auszugehen, dass
Arbeitsverhinderungen - etwa wegen einer Erkrankung -, die weniger als
ein Drittel der vorgeschriebenen Praxiszeit betragen, auf den Nachweis
der Absolvierung des Praktikums anzurechnen sind.
Bei
einer längeren Abwesenheit - zum Beispiel nach einem Arbeitsunfall -
muss die Zeit der Verhinderung nicht auf die Dauer des Pflichtpraktikums
angerechnet werden.
Wenn der Arbeitgeber den Praktikanten/die Praktikantin nicht zweckentsprechend beschäftigt
Kommt
der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur zweckentsprechenden beziehungsweise vereinbarten Beschäftigung nicht nach, so soll zumindest einmal
nachweislich die Erfüllung des Pflichtpraktikumvertrages verlangt
werden. Führt diese Aufforderung zu keiner Veränderung, kann das
Pflichtpraktikumverhältnis vorzeitig aufgelöst und Schadenersatz
gefordert werden.
TIPP
Bevor Sie solche Schritte setzen, klären Sie den Sachverhalt immer mit einem AK-Rechtsexperten ab!
Arbeitsende
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die
Kündigung eines solchen, für relativ kurze Zeit befristeten,
Praktikum-Arbeitsvertrages ist aufgrund seines speziellen - der
Ausbildung dienenden - Zwecks nicht zulässig.
Ausnahmen: - Einvernehmliche Auflösung
Eine einvernehmliche Auflösung,
bei der Praktikant:in (Eltern) und Arbeitgeber die Auflösung und
deren Zeitpunkt gemeinsam festlegen, ist jederzeit möglich.
- Vorzeitige Auflösung durch Arbeitgeber (Entlassung)
Die Chefin/Der Chef kann das Arbeitsverhältnis aus schwerwiegenden
Gründen (schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin wie etwa
erwiesener Diebstahl, Arbeitsverweigerung) einseitig vorzeitig auflösen.
- Vorzeitige Auflösung durch Praktikant:in (Austritt)
Wenn der Arbeitgeber seine Pflichten grob verletzt (etwa
vertragswidrige Tätigkeit, Vorenthaltung oder ungerechtfertigte
Schmälerung des gebührenden Entgelts, erhebliche Verletzung wesentlicher
Vertragsbestimmungen oder arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften durch
den Arbeitgeber kann auch der Ferialarbeitnehmer/die Ferialarbeitnehmerin das
Arbeitsverhältnis vorzeitig auflösen.
Tritt der Praktikant/die Praktikantin berechtigt vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus oder
wird er unberechtigt entlassen, so hat ihm der Arbeitgeber das
Entgelt zu bezahlen, das bis zum vereinbarten Vertragsende gebührt
hätte. Geschieht dies nicht, müssen die Ansprüche innerhalb von 6
Monaten gerichtlich geltend gemacht werden. Ansonsten verfallen sie.
TIPP
Wird ein Praktikums-Vertrag - egal von welchem Vertragspartner/welcher Vertragspartnerin - vorzeitig aufgelöst, sollte auf jeden Fall Kontakt mit einem AK-Rechtsexperten/einer AK-Rechtsexpertin aufgenommen werden. Die Arbeiterkammer bietet nicht nur kostenlose Rechtsberatung an, sondern - sofern notwendig - auch kostenlose Rechtsvertretung.
Lohnabrechnung
Bei Beendigung Ihrer
Beschäftigung müssen Sie eine schriftliche Lohnabrechnung erhalten, aus
der Bruttolohn, Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeitrag und sonstige
Abgaben ersichtlich sind. Zuschläge sind gesondert anzuführen.
Unterzeichnen Sie keine Verzichtserklärungen!
Kontrollieren
Sie die Lohnabrechnung unverzüglich. Achten Sie darauf, ob auch
geleistete Überstunden sowie anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld und
eine Urlaubsabfindung verrechnet wurden.
ACHTUNG
Fordern Sie fehlende Beträge rasch ein. In manchen Kollektivverträgen ist nämlich festgeschrieben, dass offene Ansprüche nur binnen eines gewissen - oft extrem kurzen - Zeitraumes geltend gemacht werden können. Ist dieser verstrichen, verfallen die Ansprüche endgültig.
Dienstzeugnis
Bei Pflichtpraktika muss der Arbeitgeber eine Bestätigung für die Schule ausstellen.
Auf
Verlangen hat der Arbeitgeber auch ein Dienstzeugnis
auszustellen, das Angaben über die Dauer des Praktikums und die Art der
geleisteten Tätigkeit enthält. Anmerkungen, die die künftige berufliche
Tätigkeit beeinträchtigen könnten, dürfen in einem Dienstzeugnis jedoch
nicht enthalten sein.
Hinweis: Der Nachweis für die Schule kann auch in Form des Dienstzeugnisses erbracht werden.
TIPP
Für die Zeit des Praktikums sind Sie AK-Mitglied. Bei Problemen mit Ihrem Job stehen Ihnen die AK-Rechtsexpertinnen und -experten gerne mit Rat und Tat zur Seite!
Wenn das Praktikum nicht absolviert werden konnte
Ist
es dem Schüler/der Schülerin ohne sein/ihr Verschulden nicht möglich, ein
Pflichtpraktikum in der vorgeschriebenen Zeit zu absolvieren, so hat
er/sie dieses während der schulfreien Zeit des folgenden Schuljahres -
jedenfalls aber vor Abschluss der lehrplanmäßig letzten Schulstufe - zu
absolvieren.
Das Pflichtpraktikum kann allerdings zur Gänze
entfallen, wenn der Schüler/die Schülerin nachweist, dass keine
Praxismöglichkeit bestand oder dass er/sie aus unvorhersehbaren oder
unabwendbaren Gründen daran verhindert war.