Teilzeit ist weiblich
Ein Viertel möchte mehr arbeiten
Acht von zehn Teilzeitjobs in Österreich sind - den alten Rollenbildern gemäß - in Frauenhand, und zwar vorwiegend im Handel, in der Gastronomie und im Gesundheitswesen.
Fast 1,1 Millionen Menschen waren im Jahr 2018 in Österreich teilzeitbeschäftigt - davon rund 200.000 Männer und 885.000 Frauen. Diese ungleiche Verteilung deutet auf das immer noch vorherrschende Zuverdienermodell bei Paaren hin: Der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau kümmert sich neben ihrem Teilzeitjob um Haushalt und Kinder. Insbesondere nach Geburt des ersten Kindes verfestigt sich dieses traditionelle Erwerbsverhalten: Während die Frauen ihre Arbeitszeit zugunsten familiärer Verpflichtungen reduzieren, leisten die Männer in ihren Vollzeitjobs sogar noch mehr Überstunden.
Nach der Babypause in die Teilzeit
Die typische Teilzeitbeschäftigte ist zwischen 35 und 44 Jahre alt, hat eine berufsbildende mittlere Schule absolviert, zwei bis drei Kinder zur Welt gebracht und arbeitet als Angestellte im Gesundheits- und Sozialbereich. Auch im Handel und in der Gastronomie sowie im Unterrichtswesen und im Dienstleistungsbereich liegen die Teilzeitquoten bei rund 40 Prozent.
Teilzeitkräfte schätzen die bessere Zeiteinteilung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Sie machen seltener und weniger Überstunden, sind zufriedener mit der Arbeitszeitregelung im Betrieb und haben weniger Zeitdruck als Vollzeitkräfte.
Einkommen reicht oft nicht
Auf der anderen Seite überwiegen aber die Nachteile: 45 Prozent der Teilzeitbeschäftigten sind mit ihrem Einkommen mittel bis gar nicht zufrieden - unter Vollzeitkräften sind es 31 Prozent. Fast zwei Drittel der Teilzeitbeschäftigten kommen kaum oder gar nicht mit dem Einkommen aus - gegenüber 44 Prozent bei den in Vollzeit arbeitenden Beschäftigten. Auch die eigene soziale Position und die Rechte als Arbeitnehmer/-in sehen Teilzeitkräfte etwas negativer. All das führt dazu, dass 14 Prozent der Teilzeitbeschäftigten den Beruf komplett wechseln wollen - bei den Vollzeitkräften streben nur sieben Prozent einen kompletten Jobwechsel an.
Mehr oder weniger?
Dass Teilzeit immer gewollt ist, lässt sich aus den Daten des Arbeitsklima Index nur bedingt ablesen. Fast drei Viertel der Frauen, die Teilzeit arbeiten, sind mit ihrer jetzigen Arbeitszeit zufrieden - aber immerhin ein Viertel möchte mehr Stunden arbeiten. Nimmt man die vollzeitbeschäftigten Frauen dazu, sagen 45 Prozent, dass sie sich eine Arbeitszeit von weniger als 36 Stunden wünschen. Das heißt aber: Mehr als die Hälfte will mehr arbeiten.
KEINE DAUERLÖSUNG
Kommentar von Dr. Johann Kalliauer
Präsident der AK Oberösterreich
Teilzeit ist in manchen Lebensphasen ein probates Mittel, um Beruf, Familie und Freizeit unter einen Hut zu
bringen. Die Arbeitszeit zu reduzieren, um etwa mehr Zeit mit den Kinder verbringen zu können, ist für viele eine erwünschte, vorübergehende Lösung. Aber in vielen Bereichen ist Teilzeit zur alternativlosen Dauereinrichtung geworden. Im Handel etwa werden seit rund 15 Jahren so gut wie keine Vollzeitstellen mehr angeboten. Damit können Frauen, die keine Kinder haben und 40 Stunden arbeiten möchten, ihren Wunsch nach mehr Arbeit nicht realisieren. Dazu kommt, dass gerade Teilzeitjobs oftmals schlecht bezahlt sind. Als „Zuverdienst“ zum Einkommen des Partners mag das für manche verkraftbar sein - für alleinerziehende Mütter sind 10 Euro brutto pro Stunde bei einer 20-Stunden-Woche eindeutig zu wenig zum Leben.
Kein Wunder, dass der Anteil jener, die ihren Beruf gänzlich wechseln wollen, unter Teilzeitkräften doppelt so hoch ist, wie unter Vollzeitkräften.
Mir ist nichts daran gelegen, Teilzeit zu verteufeln. Sie kann aber insbesondere für Single-Frauen zur Armutsfalle werden. Wenn es keine Vollzeitstellen mehr gibt, wird aus dem „gewünschten Modell“ rasch ein Zwang. Darum muss es mehr Vollzeitjobs für Frauen und ein Rückkehrrecht auf Vollzeit nach der Babypause geben. Gleichzeitig muss die Arbeitszeit gerechter zwischen Männern und Frauen verteilt werden.
KARRIERE MIT LEHRE?
Duale Ausbildung zahlt sich aus - und zwar für alle!
Die Lehre ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren der österreichischen Wirtschaft. Aber immer weniger Unternehmen bilden junge Menschen zu Fachkräften aus.
Zwischen 1980 und 2018 ist die Zahl der Lehrlinge in Österreich von mehr als 194.000 pro Jahr auf weniger als 108.000 gesunken. Inzwischen gibt es hierzulande mehr als 3,5 Mal mehr Studierende als Lehrlinge. Das alleine ist aber nicht der Grund für den eklatanten Rückgang bei der dualen Ausbildung: Auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist drastisch gesunken - von 2002 (38.999 Betriebe) bis 2018 (28.970) um 26 Prozent. Gleichzeitig klagen viele Unternehmen über einen angeblichen Mangel an Fachkräften. Sie berauben sich mit ihrer Untätigkeit selbst eines wichtigen Erfolgsfaktors.
Lehre macht zufrieden
Und sie rauben jungen Menschen die Chance auf ein erfülltes Berufsleben. Denn: Lehre zahlt sich aus. Im Vergleich zu Personen mit maximal Pflichtschulabschluss sind Lehrabsolventen/-innen in allen Subdimensionen des Arbeitsklima Index zufriedener. Bei den Karrierechancen um 14 Punkte, beim Einkommen bei der allgemeinen Berufszufriedenheit und bei den eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt jeweils um zwölf Punkte.
Auskommen mit dem Einkommen
62 Prozent der Beschäftigten mit Lehrabschluss sind zufrieden mit ihrem Einkommen - bei Personen mit maximal Pflichtschule sind es nur 44 Prozent. Dementsprechend kommen 95 Prozent der Fachkräfte mit ihrem Einkommen über die Runden - bei 19 Prozent der Ungelernten reicht das Einkommen hingegen nicht aus. Dazu kommt, dass Personen mit abgeschlossener Lehre ihre Arbeitsplätze als sicherer beurteilen, mit ihren Rechten als Arbeitnehmer/-innen und ihrer sozialen Position zufriedener sind als jene, die maximal die Pflichtschule absolviert haben.
ALLES BEIM ALTEN
Mädchen und Burschen zieht es in einige wenige Berufe
Das Ranking der beliebtesten Lehrberufe hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert. Die Absolventen/-innen sind in diesen Berufen überdurchschnittlich zufrieden.
Bei den Mädchen sind die drei beliebtesten Lehrberufe wie auch schon vor 15 Jahren: Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau, Friseurin. Bei den Burschen hingegen gab es eine Änderung am „Stockerl“ - während Kfz-Techniker und
Elektrotechniker immer noch zu den Top-3 Lehrberufen zählen, haben die Metalltechniker nun den Tischlern den Rang abgelaufen. Burschen beklagen während der Lehrzeit körperlich belastende Arbeitsbedingungen, erfreuen sich aber in höherem Maße als Mädchen an der Höhe ihrer Lehrlingsentschädigung und ihren künftigen Aufstiegschancen.
Männer werden Chefs
Beschäftigte mit Lehrabschluss in den häufigsten Lehrberufen sind mit ihrem Leben, ihrer Arbeit, dem Einkommen und den Rechten als Arbeitnehmer/-innen überdurchschnittlich zufrieden. Spannender ist hier schon ein Blick auf die untypische Berufswahl: Erlernen Männer einen klassischen Frauenberuf, so sind sie später zufriedener als Frauen, aber auch als Männer in Männerdomäne - was wohl daran liegt, dass Männer in Frauenbranchen häufig zu Führungskräften ernannt werden. Sie verdienen dort auch um rund 400 Euro netto mehr als ihre Kolleginnen.
Einsam unter Männern
Umgekehrt sind auch Frauen in Männerdomänen zufriedener als in traditionellen Frauenjobs, weil sie dort mehr verdienen und bessere Entwicklungsmöglichkeiten vorfinden. Einzig das Verhältnis zu den Kollegen ist schwieriger. Jede fünfte Frau mit Lehrabschluss in einem klassischen Männerberuf ist mit der Beziehung zu den Kollegen mittel bis gar nicht zufrieden. Mehr als ein Viertel der Frauen fühlt sich zumindest manchmal durch Einsamkeit und Isolation in der Arbeit belastet.
SCHÖNE BERUFE
Hohe Arbeitszufriedenheit trotz geringer Einkommen
Friseurinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen sowie Fitness- und Wellnesstrainerinnen: Neun von zehn Beschäftigten in den Schönheits- und Gesundheitsberufen sind Frauen.
Das Geschäft mit der Schönheit und Fitness boomt. Aber wie geht es den Beschäftigten, die sich um das Wohlergehen der Wellnessgesellschaft kümmern? Kurzgefasst: Gut! Der Arbeitsklima Index von Beschäftigten in Schönheits- und Gesundheitsberufen liegt mit 112 Punkten um vier Indexpunkte über dem Durchschnitt aller Branchen und Berufe.
Viel Arbeit, wenig Zeitdruck
Diese hohe Zufriedenheit resultiert aus mehreren Faktoren. Acht von zehn Beschäftigten sind mit ihrer Arbeitszeit zufrieden, obwohl 56 Prozent zumindest gelegentlich Überstunden machen müssen. Allerdings verspüren die Beschäftigten geringere Arbeitsbelastungen als andere Arbeitnehmer/-innen: Nur zehn Prozent fühlen sich durch Zeitdruck stark belastet, sechs Prozent durch ständigen Arbeitsdruck. Im Vergleich: Unter allen Beschäftigten in Österreich klagen 22 Prozent über Zeitdruck und 16 Prozent über ständigen Arbeitsdruck ohne Zeit zum Verschnaufen.
Entscheidend für die hohe Zufriedenheit ist auch das Arbeitsumfeld: 84 Prozent sind mit dem Führungsstil ihrer Vorgesetzten zufrieden, 91 Prozent mit dem Verhältnis zu den Kollegen/-innen.
SCHATTENSEITEN DER SCHÖNHEIT
Sinnstiftende Arbeit, Freude am Job, gutes Arbeitsklima: Beschäftigte in Schönheitsberufen sind zufrieden mit ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrem Leben insgesamt. Nichtsdestotrotz hat das Geschäft mit der Schönheit auch seine Schattenseiten. Denn Friseurinnen, Kosmetikerinnen und Masseurinnen sind zwar größtenteils gut ausgebildet - drei Viertel haben eine Lehre abgeschlossen -, dennoch lassen ihre Einkommen zu wünschen übrig. Fast die Hälfte ist mit dem Lohn oder Gehalt unzufrieden, im Durchschnitt aller Berufe sind es „nur“ 34 Prozent. Und sieben von zehn kommen kaum oder gar nicht mit ihrem Einkommen aus. Unter allen Beschäftigten sagen das 47 Prozent. Wenig verwunderlich glauben 21 Prozent der (vorwiegend jungen) Beschäftigten in der Schönheitsbranche, dass sie wohl nicht von ihrer künftigen Pension leben können.
DER ARBEITSKLIMA INDEX
Die Sicht der Beschäftigten wird in wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussionen viel zu wenig berücksichtigt. Auch, weil es vermeintlich zu wenig gesicherte Daten dazu gibt. Der Österreichische Arbeitsklima Index liefert seit 21 Jahren diese Daten und ist so ein Maßstab für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Der Arbeitsklima Index erfasst die subjektive Dimension und erweitert so das Wissen über wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.
Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter österreichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ, sodass daraus relevante Schlüsse für die Befindlichkeit aller Arbeitnehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeitsklima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet und veröffentlicht. Ergänzend gibt es Sonderauswertungen.
DATEN ONLINE
Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima.
Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima-Datenbank für Auswertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb weniger Minuten online den persönlichen Zufriedenheitsindex am Arbeitsplatz zu berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeitszufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.
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ARBEITSKLIMA INDEX 2019 - April
Präsentation von IFES UND SORA
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