26.04.2019

Teilzeit ist weiblich

Ein Viertel möchte mehr arbeiten

Acht von zehn Teilzeitjobs in Öster­reich sind - den alten Rollenbildern gemäß - in Frauenhand, und zwar vorwiegend im Handel, in der Gastronomie und im Gesundheits­wesen.

Fast 1,1 Millionen Menschen waren im Jahr 2018 in Österreich teilzeit­beschäftigt - davon rund 200.000 Männer und 885.000 Frauen. Diese ungleiche Verteilung deutet auf das immer noch vor­herrschende Zuverdiener­modell bei Paaren hin: Der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau kümmert sich neben ihrem Teilzeitjob um Haushalt und Kinder. Insbe­sondere nach Geburt des ersten Kindes verfestigt sich dieses traditionelle Erwerbs­verhalten: Während die Frauen ihre Arbeits­zeit zugunsten familiärer Verpflichtungen reduzieren, leisten die Männer in ihren Vollzeitjobs sogar noch mehr Überstunden. 

Nach der Babypause in die Teilzeit 

Die typische Teilzeit­beschäftigte ist zwischen 35 und 44 Jahre alt, hat eine berufs­bildende mittlere Schule absolviert, zwei bis drei Kinder zur Welt gebracht und arbeitet als Angestellte im Gesundheits- und Sozial­bereich. Auch im Handel und in der Gastronomie sowie im Unterrichts­wesen und im Dienst­leistungsbereich liegen die Teilzeit­quoten bei rund 40 Prozent.

Teilzeit­kräfte schätzen die bessere Zeit­einteilung und Verein­barkeit von Beruf und Privat­leben. Sie machen seltener und weniger Über­stunden, sind zufriedener mit der Arbeitszeit­regelung im Betrieb und haben weniger Zeitdruck als Vollzeit­kräfte. 

Einkommen reicht oft nicht 

Auf der anderen Seite über­wiegen aber die Nachteile: 45 Prozent der Teilzeit­beschäftigten sind mit ihrem Ein­kommen mittel bis gar nicht zufrieden - unter Vollzeit­kräften sind es 31 Prozent. Fast zwei Drittel der Teilzeit­beschäftigten kommen kaum oder gar nicht mit dem Einkommen aus - gegenüber 44 Prozent bei den in Vollzeit arbeitenden Beschäftigten. Auch die eigene soziale Position und die Rechte als Arbeit­nehmer/-in sehen Teilzeit­kräfte etwas negativer. All das führt dazu, dass 14 Prozent der Teilzeit­beschäftigten den Beruf komplett wechseln wollen - bei den Vollzeitkräften streben nur sieben Prozent einen kompletten Jobwechsel an. 

Mehr oder weniger? 

Dass Teilzeit immer gewollt ist, lässt sich aus den Daten des Arbeits­klima Index nur bedingt ablesen. Fast drei Viertel der Frauen, die Teilzeit arbeiten, sind mit ihrer jetzigen Arbeits­zeit zufrieden - aber immerhin ein Viertel möchte mehr Stunden arbeiten. Nimmt man die vollzeit­beschäftigten Frauen dazu, sagen 45 Prozent, dass sie sich eine Arbeitszeit von weniger als 36 Stunden wünschen. Das heißt aber: Mehr als die Hälfte will mehr arbeiten.

Grafik: Zufriedenheit und Belastungen: Vollzeit vs. Teilzeit
Grafik: Zufriedenheit und Belastungen: Vollzeit vs. Teilzeit © -, Arbeiterkammer Oberösterreich


KEINE DAUER­LÖSUNG

Kommentar von Dr. Johann Kalliauer
Präsident der AK Oberöster­reich

Teilzeit ist in manchen Lebens­phasen ein probates Mittel, um Beruf, Familie und Freizeit unter einen Hut zu
bringen. Die Arbeits­zeit zu reduzieren, um etwa mehr Zeit mit den Kinder verbringen zu können, ist für viele eine erwünschte, vorübergehende Lösung. Aber in vielen Bereichen ist Teilzeit zur alternativ­losen Dauer­einrichtung geworden. Im Handel etwa we­rden seit rund 15 Jahren so gut wie keine Vollzeit­stellen mehr angeboten. Damit können Frauen, die keine Kinder haben und 40 Stunden arbeiten möchten, ihren Wunsch nach mehr Arbeit nicht realisieren. Dazu kommt, dass gerade Teilzeit­jobs oftmals schlecht bezahlt sind. Als „Zuverdienst“ zum Ein­kommen des Partners mag das für manche verkraftbar sein - für allein­erziehende Mütter sind 10 Euro brutto pro Stunde bei einer 20-Stunden-Woche eindeutig zu wenig zum Leben.

Kein Wunder, dass der Anteil jener, die ihren Beruf gänzlich wechseln wollen, unter Teilzeit­kräften doppelt so hoch ist, wie unter Vollzeit­kräften.

Mir ist nichts daran gelegen, Teilzeit zu verteufeln. Sie kann aber insbesondere für Single-Frauen zur Armuts­falle werden. Wenn es keine Vollzeitstellen mehr gibt, wird aus dem „gewünschten Modell“ rasch ein Zwang. Darum muss es mehr Vollzeitjobs für Frauen und ein Rückkehr­recht auf Vollzeit nach der Babypause geben. Gleichzeitig muss die Arbeits­zeit gerechter zwischen Männern und Frauen verteilt werden.

KARRIERE MIT LEHRE?

Duale Ausbil­dung zahlt sich aus - und zwar für alle!

Die Lehre ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren der österreichischen Wirtschaft. Aber immer weniger Unternehmen bilden junge Menschen zu Fachkräften aus.

Zwischen 1980 und 2018 ist die Zahl der Lehrlinge in Öster­reich von mehr als 194.000 pro Jahr auf weniger als 108.000 gesunken. Inzwischen gibt es hier­zulande mehr als 3,5 Mal mehr Studie­rende als Lehrlinge. Das alleine ist aber nicht der Grund für den eklatanten Rück­gang bei der dualen Ausbildung: Auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist drastisch gesunken - von 2002 (38.999 Betriebe) bis 2018 (28.970) um 26 Prozent. Gleich­zeitig klagen viele Unter­nehmen über einen angeblichen Mangel an Fachkräften. Sie berauben sich mit ihrer Untätig­keit selbst eines wichtigen Erfolgs­faktors.

Lehre macht zufrieden

Und sie rauben jungen Menschen die Chance auf ein erfülltes Berufs­leben. Denn: Lehre zahlt sich aus. Im Vergleich zu Personen mit maximal Pflicht­schul­abschluss sind Lehr­absolventen/-innen in allen Sub­dimensionen des Arbeits­klima Index zufriedener. Bei den Karriere­chancen um 14 Punkte, beim Einkommen bei der allgemeinen Berufs­zufriedenheit und bei den eigenen Chancen auf dem Arbeits­markt jeweils um zwölf Punkte.

Auskommen mit dem Einkommen

62 Prozent der Beschäftigten mit Lehr­abschluss sind zufrieden mit ihrem Einkommen - bei Personen mit maximal Pflicht­schule sind es nur 44 Prozent. Dement­sprechend kommen 95 Prozent der Fachkräfte mit ihrem Einkommen über die Runden - bei 19 Prozent der Ungelernten reicht das Einkommen hingegen nicht aus. Dazu kommt, dass Personen mit abge­schlossener Lehre ihre Arbeits­plätze als sicherer beurteilen, mit ihren Rechten als Arbeit­nehmer/-innen und ihrer sozialen Position zufriedener sind als jene, die maximal die Pflicht­schule absolviert haben.

Grafik: Zufriedenheit im Vergleich: Pflichtschule vs. Lehrabschluss
Grafik: Zufriedenheit im Vergleich: Pflichtschule vs. Lehrabschluss © -, Arbeiterkammer Oberösterreich

ALLES BEIM ALTEN

Mädchen und Burschen zieht es in ei­nige wenige Berufe

Das Ranking der beliebtesten Lehr­berufe hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert. Die Absol­venten/-innen sind in diesen Berufen überdurch­schnittlich zufrieden.

Bei den Mädchen sind die drei beliebtesten Lehrberufe wie auch schon vor 15 Jahren: Einzel­handelskauffrau, Büro­kauffrau, Friseurin. Bei den Burschen hingegen gab es eine Änderung am „Stockerl“ - während Kfz-Techniker und
Elektro­techniker immer noch zu den Top-3 Lehrberufen zählen, haben die Metall­techniker nun den Tischlern den Rang abgelaufen. Burschen beklagen während der Lehrzeit körperlich belastende Arbeits­bedingungen, erfreuen sich aber in höherem Maße als Mädchen an der Höhe ihrer Lehrlings­entschädigung und ihren künftigen Aufstiegschancen.

Männer werden Chefs

Beschäftigte mit Lehr­abschluss in den häufigsten Lehr­berufen sind mit ihrem Leben, ihrer Arbeit, dem Einkommen und den Rechten als Arbeit­nehmer/-innen überdurch­schnittlich zufrieden. Spannender ist hier schon ein Blick auf die untypische Berufswahl: Erlernen Männer einen klassischen Frauenberuf, so sind sie später zufriedener als Frauen, aber auch als Männer in Männer­domäne - was wohl daran liegt, dass Männer in Frauen­branchen häufig zu Führungs­kräften ernannt werden. Sie verdienen dort auch um rund 400 Euro netto mehr als ihre Kolleginnen. 

Einsam unter Männern

Umge­kehrt sind auch Frauen in Männer­domänen zufriedener als in traditio­nellen Frauen­jobs, weil sie dort mehr verdienen und bessere Ent­wicklungs­möglichkeiten vorfinden. Einzig das Verhältnis zu den Kollegen ist schwieriger. Jede fünfte Frau mit Lehr­abschluss in einem klassischen Männer­beruf ist mit der Beziehung zu den Kollegen mittel bis gar nicht zufrieden. Mehr als ein Viertel der Frauen fühlt sich zumindest manch­mal durch Einsamkeit und Isolation in der Arbeit belastet.

SCHÖNE BERUFE

Hohe Arbeitszufrieden­heit trotz geringer Ein­kommen

Friseurinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen sowie Fitness- und Wellness­trainerinnen: Neun von zehn Beschäftigten in den Schönheits- und Gesundheits­berufen sind Frauen.

Das Geschäft mit der Schönheit und Fitness boomt. Aber wie geht es den Beschäftigten, die sich um das Wohl­ergehen der Wellness­gesellschaft kümmern? Kurzgefasst: Gut! Der Arbeitsklima Index von Beschäftigten in Schönheits- und Gesundheits­berufen liegt mit 112 Punkten um vier Index­punkte über dem Durch­schnitt aller Branchen und Berufe.

Viel Arbeit, wenig Zeitdruck

Diese hohe Zufriedenheit resultiert aus mehreren Faktoren. Acht von zehn Beschäftigten sind mit ihrer Arbeits­zeit zufrieden, obwohl 56 Prozent zumindest gelegentlich Über­stunden machen müssen. Allerdings verspüren die Beschäftigten geringere Arbeits­belastungen als andere Arbeit­nehmer/-innen: Nur zehn Prozent fühlen sich durch Zeitdruck stark belastet, sechs Prozent durch ständigen Arbeits­druck. Im Vergleich: Unter allen Beschäftigten in Österreich klagen 22 Prozent über Zeitdruck und 16 Prozent über ständigen Arbeits­druck ohne Zeit zum Verschnaufen.

Entscheidend für die hohe Zufrie­den­heit ist auch das Arbeits­umfeld: 84 Prozent sind mit dem Führungs­stil ihrer Vorgesetzten zufrieden, 91 Prozent mit dem Verhältnis zu den Kollegen/-innen.

Grafik: Schönheit muss (nicht) leiden: Zufriedenheit und Belastungen in den Schönheitsberufen
Grafik: Schönheit muss (nicht) leiden: Zufriedenheit und Belastungen in den Schönheitsberufen © -, Arbeiterkammer Oberösterreich


SCHATTEN­SEITEN DER SCHÖN­HEIT

Sinnstiftende Arbeit, Freude am Job, gutes Arbeits­klima: Beschäftigte in Schönheits­berufen sind zufrieden mit ihrer beruflichen Tätigkeit und ihrem Leben insgesamt. Nichts­destotrotz hat das Geschäft mit der Schönheit auch seine Schatten­seiten. Denn Friseurinnen, Kosmetikerinnen und Masseurinnen sind zwar größten­teils gut ausgebildet - drei Viertel haben eine Lehre abge­schlossen -, dennoch lassen ihre Ein­kommen zu wünschen übrig. Fast die Hälfte ist mit dem Lohn oder Gehalt unzu­frieden, im Durchschnitt aller Berufe sind es „nur“ 34 Prozent. Und sieben von zehn kommen kaum oder gar nicht mit ihrem Einkommen aus. Unter allen Be­schäftigten sagen das 47 Prozent. Wenig verwunderlich glauben 21 Prozent der (vorwiegend jungen) Be­schäftigten in der Schönheits­branche, dass sie wohl nicht von ihrer künftigen Pension leben können.

DER ARBEITS­KLIMA INDEX

Die Sicht der Beschäftigten wird in wirtschafts- und sozial­politischen Diskussionen viel zu wenig berücksichtigt. Auch, weil es vermeint­lich zu wenig gesicherte Daten dazu gibt. Der Öster­reichische Arbeits­klima Index liefert seit 21 Jahren diese Daten und ist so ein Maßstab für den wirt­schaftlichen und sozialen Wandel aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Der Arbeitsklima Index erfasst die s­ubjektive Dimension und erweitert so das Wissen über wirtschaftliche Entwick­lungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.

Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf viertel­jährlichen Umfragen unter öster­reichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ, sodass daraus relevante Schlüsse für die Befindlich­keit aller Arbeit­nehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeits­klima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet und veröffentlicht. Ergänzend gibt es Sonder­auswertungen.

DATEN ONLINE

Aktuelle Ergebnisse und Hinter­grund­informationen finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima.
Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima-Daten­bank für Aus­wertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb weniger Minuten online den persönlichen Zufrieden­heitsindex am Arbeits­platz zu berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeits­zufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.

ARBEITSKLIMA INDEX 2019 - April

Präsentation von IFES UND SORA

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