Sucht­­mittel­­­konsum und -prävention am Arbeits­­­platz: Was gilt es zu be­­achten?

In Österreich gelten rund 5 Prozent der Erwachsenen als alkoholabhängig, weitere 15 Prozent konsumieren Alkohol in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß. Neben Alkohol, Suchtmitteln und Medikamenten sind in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen süchtig nach Handy- oder Glücksspielen.

Schädliches Konsumverhalten und Suchterkrankungen verursachen nicht nur großes menschliches Leid, sondern können am Arbeitsplatz auch Arbeitnehmer:innen, Kolleg:innen oder Kund:innen gefährden. Dazu können sie auch die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und Konflikte in der sozialen Umgebung auslösen.

Der riskante Konsum von Alkohol, Medikamenten und anderen psychoaktiven Substanzen am Arbeitsplatz wirft neben der menschlichen Dimension auch rechtliche Fragen auf. Rechtliche Bestimmungen gewährleisten die Arbeitssicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz. Diese müssen sowohl vom Arbeitgeber als auch von Arbeitnehmer:innen beachtet werden.

Dürfen Arbeit­geber Fragen zu Konsum­gewohnheiten und Sucht bei Bewerbungs­gesprächen stellen?


Welche Pflichten haben Arbeitgeber?

Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die Dienstleistung so zu regeln, dass das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen geschützt werden. [§ 1157 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) beziehungsweise § 18 Angestelltengesetz (AngG)]

Neben dem Schutz der Betroffenen selbst, müssen auch Kolleg:innen vor den Auswirkungen einer Berauschung (zum Beispiel aggressives Verhalten, sexuelle Belästigung, schlechtere Leistungsfähigkeit und dadurch höheres Gefahrenpotential) bewahrt werden.

Weiß der Arbeitgeber von einer Alkohol- oder Drogensucht von Beschäftigten, dürfen diese nicht in einem Bereich eingesetzt werden, in denen sie sich selbst oder andere gefährden könnten.

Welche Pflichten haben Arbeitnehmer:innen?

§ 15 Abs 4 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) regelt ein relatives Unterlassungsverbot, welches es Arbeitnehmer:innen untersagt, sich durch Alkohol, Arzneimittel oder Suchtgift in einen Zustand zu versetzen, in dem sie sich selbst oder andere Personen gefährden könnten.

Arbeitnehmer:innen, die berauscht arbeiten und sich und andere damit gefährden, verstoßen gegen ihre Pflicht, den Arbeitgeber bei den notwendigen Unfallverhütungsmaßnahmen und der Einhaltung der Fürsorgepflicht zu unterstützen. Außerdem verstoßen sie damit gegen ihre Arbeitspflicht, da sie aufgrund der Berauschung nur eingeschränkt leistungsfähig sind.

Kann ein generelles Konsumverbot am Arbeitsplatz ausgesprochen werden?

Absolute beziehungsweise relative Konsumverbote gibt es auf Gesetzes- beziehungsweise Verordnungsebene, etwa in der Bauarbeiterschutzverordnung, im Schifffahrtsgesetz für das Führen gewerbsmäßiger Schiffe, im Führerscheingesetz für LKW- und Omnibus-Fahrer:innen.

Auf betrieblicher Ebene kann der Konsum von Alkohol oder anderen berauschenden Substanzen durch betriebliche Ordnungsvorschriften geregelt werden, sofern es eine objektive und sachliche Rechtfertigung dafür gibt.

Das Konsumverbot kann für die gesamte Arbeitszeit, den gesamten Betrieb, nur für Betriebsteile, für besonders gefährliche Tätigkeiten und dergleichen verhängt werden. In Betrieben mit Betriebsrat können solche Regelungen als allgemeine Ordnungsvorschriften in einer Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsinhaber:in und Betriebsrat vereinbart werden. [§ 97 Abs 1 Z 1 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG)]

Darf ein innerbetriebliches Konsumverbot das Freizeitverhalten von Arbeitnehmer:innen beschränken?

Generelle Konsumverbote, zum Beispiel dass kein Alkohol in der Freizeit getrunken werden darf, greifen in die gesetzlich geschützte Privatsphäre ein und sind daher unzulässig.

Betriebliche Konsumbeschränkungen beziehungsweise -verbote, die das Freizeitverhalten von Arbeitnehmer:innen betreffen, sind jedoch ausnahmsweise zulässig, wenn das Konsumverhalten in der Freizeit Einfluss auf die daran anschließende Beschäftigung hat. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn Arbeitnehmer:innen ihrer vertraglichen Leistungspflicht aufgrund eines zu hohen Restalkoholwertes nicht mehr nachkommen können.

Können Arbeitgeber generelle Alkoholkontrollen am Arbeitsplatz einführen?

Flächendeckende Kontrollen, die mehrere Arbeitnehmer:innen eines Betriebs betreffen (wie Spind- oder Taschenkontrollen sowie Alkoholkontrollen), berühren jedenfalls die Menschenwürde.

HINWEIS

Es bedarf hier einerseits einer notwendigen Betriebsvereinbarung, sofern ein Betriebsrat eingerichtet ist, und andererseits der ausdrücklichen Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmerinnen.

Sämtliche Tests wie Blut-, Alkomaten-, Speichel- oder Urintests stellen einen Eingriff in die gesetzlich geschützte Privatsphäre der Arbeitnehmer:innen dar. Diese gilt es tunlichst zu wahren.

Solche Tests dürfen nur freiwillig und mit Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer:innen durchgeführt werden. Eine Ablehnung darf dabei keine negativen arbeitsrechtlichen Folgen nach sich ziehen.

Kontrollmaßnahmen, die einen gravierenden Eingriff in die gesetzlich geschützte Privatsphäre darstellen, dürfen auch bei einer Zustimmung durch Arbeitnehmer:innen nicht vorgenommen werden.

Welche Präventions- beziehungsweise Akutmaßnahmen können im Betrieb gesetzt werden?

Wichtig ist, sowohl im Verdachts- als auch im Akutfall nicht wegzuschauen, sondern zu handeln. Es sollte mit den Betroffenen ein verständnisvolles, respektvolles Gespräch auf Augenhöhe geführt werden.

Arbeitgeber sind aufgrund ihrer Fürsorgepflicht zwar nicht verpflichtet, Arbeitnehmer:innen bei einer Entzugsbehandlung zu unterstützen, das bedeutet aber nicht, dass auf betrieblicher Ebene nichts getan werden kann. Im Gegenteil! Arbeitgeber können aus freien Stücken Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer:innen setzen:

  • Erstellung eines Stufenplans
  • diverse Unterstützungsangebote
  • Einstellen des Alkoholausschanks in der Kantine
  • Zurverfügungstellung einer Vielfalt von alkoholfreien Getränken am Arbeitsplatz, neben dem nach § 27 Abs 9 ASchG verpflichtend bereitzustellenden Getränken
  • etc.

In Betrieben mit Betriebsrat können solche Maßnahmen in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. [§ 97 Abs 1 Z 8 und 9 ArbVG]

Netzwerk zur betrieblichen Suchtprävention

Diesem äußerst wichtigen Thema widmet sich das Netzwerk „Betriebliche Suchtprävention Oberösterreich“, bestehend aus Expert:innen der Arbeiterkammer Oberösterreich, der Wirtschaftskammer Oberösterreich, des Instituts Suchtprävention der pro mente Oberösterreich, der Österreichischen Gesundheitskasse sowie der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) unter dem Motto „Handeln statt wegschauen“.

Das Netzwerk „Betriebliche Suchtprävention Oberösterreich“ bietet Angebote und nähere Informationen über die Möglichkeiten und Anwendungsbereiche der betrieblichen Suchtprävention.

Die gemeinsame Zielsetzung des oberösterreichischen Netzwerks für Suchtprävention in der Arbeitswelt

  • Weiterentwicklung des Informations- und Beratungsangebotes und Etablierung von Maßnahmen zur Suchtprävention in der oberösterreichischen Arbeitswelt.
  • Die betriebliche Sozialpartnerschaft nimmt das Thema Sucht und Suchtprävention bewusster wahr und sorgt für gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen, um Suchterkrankungen zu vermeiden.
  • Ausbau von Präventionsmaßnahmen in der Arbeitswelt, die zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung der Arbeitsbedingungen führen.
  • Ausbau und Weiterentwicklung eines professionellen und standardisierten betrieblichen Eingliederungsmanagements nach längeren Krankenständen.
  • Bei der Durchführung der Evaluierung psychischer Belastungen besonderes Augenmerk auf Sucht und Suchtprävention legen.
  • Verpflichtende Beteiligung von Arbeitspsycholog:innen bei betrieblichen Präventionsaspekten.
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