Kellner/-innen wollen wechseln

Atypische Arbeitsverhältnisse nehmen zu

Saisonale Schwankungen in der Gastronomie bringen viel Unsicherheit mit sich: Phasen von Arbeitslosigkeit, unregelmäßige Einkommen, unzureichende soziale Absicherung.

Rund 216.000 Menschen arbeiteten 2016 in Österreich im Beherbergungs- und Gastronomiesektor - um 14 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Dieser Anstieg basiert zum größten Teil auf einer Zunahme von atypischen Arbeitsverhältnissen: Zwischen 2008 und 2015 ist die Zahl der geringfügig Beschäftigten im Tourismussektor um beinahe 61 Prozent gestiegen. Ein Viertel arbeitet mittlerweile geringfügig, mehr als 40 Prozent sind teilzeitbeschäftigt.

Junge und Frauen überwiegen

Mehr als die Hälfte der Beschäftigten sind weiblich, fast die Hälfte ist jünger als 35 Jahre. Ein Viertel hat maximal Pflichtschulabschluss, 37 Prozent haben einen Lehrabschluss, elf Prozent einen
mittleren Abschluss und etwas mehr als ein Viertel Matura oder Universitätsabschluss.

Die saisonal schwankende Beschäftigung bringt für viele Probleme mit sich: Jede/-r zehnte Beschäftigte im Gastronomiesektor war in den letzten zwölf Monaten arbeitslos. Rund ein Viertel fühlt sich durch ein unregelmäßiges Einkommen belastet. Im Durchschnitt aller Branchen trifft das „nur“ auf 15 Prozent zu. Und fast ein Drittel ist mit der sozialen Absicherung nur mittel bis gar nicht zufrieden.

Job oft nur als Übergangslösung

Kein Wunder, dass insbesondere Kellner/-innen ihren Job oftmals nur als Übergangslösung sehen: 28 Prozent von ihnen wollen in einen anderen Job wechseln. Im Durchschnitt aller Berufsgruppen sind es nur sieben Prozent. Weitere 18 Prozent wollen zu einem anderen Arbeitgeber wechseln.

Alles in allem haben Köche und Kellner/-innen eine leicht unterdurchschnittliche Arbeitszufriedenheit. Warum das so ist, zeigt ein Blick auf die Teilindizes: Nur 38 Prozent der Beschäftigten in der Gastronomie sagen, dass sie gut von ihrem Einkommen leben können.

Unzufrieden mit Sozialleistungen

Nur knapp die Hälfte der Beschäftigten ist mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten zufrieden. Rund ein Drittel der Kellner/-innen ist mit dem Führungsstil ihrer Vorgesetzten unzufrieden, 46 Prozent sind unzufrieden mit den Mitbestimmungsmöglichkeiten. Und auch betriebliche Sozialleistungen lassen in der Gastronomie zu wünschen übrig: Nur 64 Prozent aller Gastronomiebeschäftigten sind mit der sozialen Einstellung ihres Arbeitgebers zufrieden, um rund sechs Prozentpunkte weniger als im Schnitt aller Beschäftigter. Bei den Kellnern/-innen sind es sogar nur rund 56 Prozent.

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HARTE GASTROJOBS

Belastungen führen zu gesundheitlichen Beschwerden

Beschäftigte in der Gastronomie und Hotellerie klagen aber unregelmäßige Arbeitszeiten, hohe gesundheitliche Belastungen und schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Arbeit in der Gastronomie ist für viele Beschäftigte belastend und führt häufig zu gesundheitlichen Beschwerden und Erkrankungen. 22 Prozent der Arbeitnehmer/-innen fühlen sich stark durch ständigen Arbeitsdruck ohne Verschnaufpausen belastet - im Durchschnitt aller Branchen sagen das „nur“ 16 Prozent. Fast ein Viertel der Beschäftigten fühlt sich durch permanenten Zeitdruck belastet.

Köche besonders belastet

Besonders belastet fühlen sich Köche: 29 Prozent sind durch Zeitdruck stark belastet, 23 Prozent durch ständigen Arbeitsdruck, hinzu kommen ständige Wechsel von Arbeitsabläufen (15 Prozent), Unfall- und Verletzungsgefahr sowie schlechte Gesundheitsbedingungen (jeweils elf Prozent).

Auch die Lage und Verteilung der Arbeitszeit zählen zu den Belastungsfaktoren: Für die überwiegende Mehrheit der Gastro-Beschäftigten gehört Wochenendarbeit zur Normalität, ein Viertel muss auch häufig nachts arbeiten. Darunter leidet die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Privatleben: Nur 68 Prozent der Gastronomiebeschäftigten bezeichnen diese als gut, unter sonstigen Beschäftigten sind es 81 Prozent. Vor allem Kellner/-innen bewerten zu rund einem Drittel ihre Vereinbarkeit nur als mittel bis schlecht. Und für Eltern ist die Arbeit in der Gastronomie oft nur schwer mit Kinderbetreuungspflichten vereinbar: 37 Prozent der Gastronomiebeschäftigten mit Kindern im Haushalt bewerten die Vereinbarkeit als mittel bis schlecht.

Längere Krankenstände

All diese Belastungsfaktoren zeigen Wirkung: Gastronomie-Beschäftigte sind durchschnittlich 11,3 Tage pro Jahr im Krankenstand und somit um 1,5 Tage länger als der Durchschnitt aller Beschäftigten. Und nur die Hälfte der Beschäftigten glaubt, bis zur Pension im jetzigen Job durchzuhalten.

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BESSER AUSBILDEN

Kommentar von Dr. Johann Kalliauer, Präsident der AK Oberösterreich

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Wenn Wirte über Personalmangel Und fehlende Fachkräfte klagen, sollten sie sich besser an der eigenen Nase nehmen. Denn ihre Probleme sind oftmals hausgemacht. Viele, die in der Gastronomie arbeiten, wollen vor allem eines: den Job wechseln. Dasv zeigt der Arbeitsklima Index. Die oftmals belastenden Arbeitsbedingungen, überlange Arbeitszeiten zu Randzeiten und schlechte Entlohnung auf Basis von Teilzeitarbeit oder geringfügiger Beschäftigung stellen kaum Anreize dar, im Gastgewerbe zu bleiben oder eine Beschäftigung im Gastronomiebereich aufzunehmen.

Immer weniger Betriebe nehmen Lehrlinge auf

Dazu kommt: Wer schwer geeignetes Personal für Küche oder Bedienung findet, sollte in  Erwägung ziehen, selbst Leute auszubilden. Tatsächlich sinkt die Zahl der Lehrlinge in der Sparte kontinuierlich: 1980 gab es noch 16.232 Lehrlinge in diesem Bereich, bis 2017 ist diese Zahl auf nur noch 8905 gesunken. Gleichzeitig ist auch die Zahl der Lehrbetriebe deutlich zurückgegangen:
2007 gab es noch 5010 Lehrbetriebe in der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft, 2017 waren es laut WKO nur noch 3159.

HANS PREINFALK IST TOT

Der Mister Arbeitsklima Index verstarb am 20. März

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„Der Arbeitsklima Index ist aus der Sozialwissenschaftlichen Forschung in Österreich
nicht mehr wegzudenken, findet Regelmäßig große mediale Aufmerksamkeit Und hat weit über die Grenzen Österreichs hinaus internationale Beachtung Und Anerkennung gefunden. Vor allem Der Arbeitsklima Index, aber auch andere Innovationen, die Hans Preinfalk in der oberösterreichischen Arbeiterkammer eingeführt hat, werden noch viele Jahre Lang nachwirken und mit dem Namen Hans Preinfalk verbunden sein“, würdigt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer seinen langjährigen Wegbegleiter in einer AK-Presseaussendung.

Zahlreiche Innovationen

Hans Preinfalk wurde 1949 in Ampflwang in Oberösterreich geboren. In die oberösterreichische Arbeiterkammer trat er 1975 ein, wo er Ende der 1980er-Jahre die Leitung der Abteilung Kommunikation übernahm. In dieser Tätigkeit zeichnete er für zahlreiche Innovationen verantwortlich, die bis heute zum Vorteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Oberösterreich positiv wirken - sein herausragendes Projekt war Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts die Entwicklung des Österreichischen Arbeitsklima Index.

Vorbildwirkung

Mit dem Arbeitsklima Index leistete Preinfalk nicht nur sozialwissenschaftliche Pionierarbeit in Österreich, er bereicherte mit seinen Ideen auch die Sozialforschung in anderen Ländern. Die Umsetzung des „DGB Index Gute Arbeit“ in Deutschland, die Begründung des "Quality of Work Index" in Luxemburg, das EU Projekt „Insito - Antworten auf die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise“ und die Vernetzung mit Institutionen von Irland über Südtirol bis nach Bulgarien wären ohne ihn nicht möglich gewesen.

DER ARBEITSKLIMA INDEX

Die Sicht der Beschäftigten wird In wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussionen viel zu wenig berücksichtigt. Auch, weil es vermeintlich zu wenig gesicherte Daten dazu gibt. Der Österreichische Arbeitsklima Index liefert seit knapp 20 Jahren diese Daten und ist so ein Maßstab für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Der Arbeitsklima Index erfasst die subjektive Dimension und erweitert so das Wissen über wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.

Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter  Österreichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ, so dass daraus relevante Schlüsse für die Befindlichkeit aller Arbeitnehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeitsklima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet und veröffentlicht. Ergänzend gibt es Sonderauswertungen.

DATEN ONLINE

Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima. Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima-Datenbank für Auswertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb Weniger Minuten online den persönlichen Zufriedenheitsindex am Arbeitsplatz zu berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeitszufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.

ARBEITEN IN DER FREIZEIT

Mehr als ein Drittel ist immer für die Firma erreichbar

Handy, Laptop und Home-Office machen es möglich: in konstant hoher Anteil der Beschäftigten arbeitet auch nach Dienstschluss weiter.

Etwas mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Österreich arbeitet auch in der Freizeit für die Firma weiter. In Zahlen gegossen: 38 Prozent nutzen Handy, Computer oder Laptop, um auch außerhalb
der normalen Arbeitszeit beruflich etwas für die Firma zu erledigen. Das trifft insbesondere auf Männer und ganz speziell auf Arbeitnehmer in einer leitenden Funktion zu: Drei von zehn Führungskräften arbeiten häufig in der Freizeit, die Hälfte zumindest gelegentlich.

Entgrenzung zeigt Wirkung

Wer auch in der Freizeit arbeitet, kann schwer abschalten. Klingt logisch und ist auch statistisch nachgewiesen: Laut Arbeitsklima Index fällt es 44 Prozent der Beschäftigten, die auch nach Dienstschluss arbeiten, schwer abzuschalten. Bei jenen, die nicht in der Freizeit arbeiten, sind es „nur“ 21 Prozent, denen es schwerfällt, nach der Arbeit zur Ruhe zu finden. Im Durchschnitt aller Arbeitnehmer/-innen kann rund ein Viertel nach der Arbeit nicht abschalten.

Noch nicht durchgesetzt haben sich in Österreich Home-Office-Arbeitsplätze und Teleworking: Nur zehn Prozent der Beschäftigten nutzen dieses Angebot regelmäßig. Dafür spielen All-In-Verträge eine immer größere Rolle: Hatten 2013 noch 18 Prozent einen Arbeitsvertrag, mit dem „alles“ abgedeckt war, so waren es 2017 schon 24 Prozent.

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MIT MEDIKAMENTEN IN DIE ARBEIT

Mehr als die Hälfte der Bauarbeiter und Hilfsarbeiter/-innen nimmt regelmäßig Schmerzmittel, um den Arbeitsalltag bewältigen zu können - 13 bzw. elf Prozent sogar mindestens einmal pro Woche, jeweils rund ein Viertel zumindest monatlich. Im Durchschnitt aller Branchen müssen immerhin auch nur 44 Prozent der Beschäftigten zumindest selten Schmerzmittel nehmen, um Tag für Tag zur Arbeit gehen zu können.

Wegen Kopfschmerzen müssen sechs von zehn Arbeitnehmern/-innen zumindest hin und wieder Medikamente nehmen, um den Arbeitsalltag bewältigen zu können. Hier gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen den Geschlechtern: Während 45 Prozent der Männer keinerlei Kopfschmerzmittel benötigen, sind es bei den Frauen nur 30 Prozent. Das heißt im Umkehrschluss: 70 Prozent der Frauen nehmen bei Bedarf Tabletten gegen Kopfschmerzen, um arbeiten zu können.

Etwas weniger dramatisch stellt sich die Situation bei Grippemitteln dar: Knapp die Hälfte aller Beschäftigten hat im vergangenen Jahr Medikamente gegen Grippe genommen, um der Arbeit nachgehen zu können. Hier sticht im Bundesländervergleich Oberösterreich heraus, wo zwei Drittel der Beschäftigten zumindest hin und wieder ein Grippemittel einnehmen, um sich den Belastungen des Arbeitslebens gewachsen zu fühlen.

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