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Die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen: Rund ein Drittel der Beschäftigten arbeitet in der Freizeit – viele sogar, wenn sie krank oder auf Urlaub sind.
Etwa ein Drittel der Beschäftigten arbeitet ohne finanzielle und zeitliche Gegenleistung nach Dienstschluss weiter – mehr als zehn Prozent sogar häufig. Männer sind davon mehr betroffen als Frauen. Sie haben auch häufiger einen All-in-Vertrag, mit dem oftmals alle geleisteten Überstunden als abgegolten gesehen werden. Mit zunehmendem Alter und höherer Bildung steigt die Arbeit in der Freizeit stark an. Sechs von zehn Beschäftigten mit Matura erledigen in ihrer Freizeit noch etwas für die Arbeit, fast ein Viertel sogar häufig.
Damit nicht genug: Im Urlaub arbeiten 18 Prozent der Beschäftigten und selbst im Krankenstand können 14 Prozent nicht loslassen. Auch das trifft in stärkerem Ausmaß auf Männer, ältere Beschäftigte und höher Gebildete zu: Fast 30 Prozent der Menschen mit Matura arbeiten im Krankenstand.
Möglich machen das Smartphone, Laptop & Co. Denn die Anzahl der Arbeitnehmer/-innen mit Dienst-Smartphones steigt kontinuierlich. Hatte vor zwei Jahren noch jede/-r zehnte Beschäftigte ein dienstliches Smartphone, so ist es heute schon jede/-r Siebte. Zehn Prozent haben einen dienstlichen Laptop oder Tablet-Computer. Und jede/-r Dritte nutzt diese Geräte in der Freizeit, um etwas für die Arbeit zu erledigen, 14 Prozent sogar jeden Tag.
Durch die All-In Verträge ist die Entgrenzung zwischen Arbeitszeit und Freizeit fließend und nimmt laufend zu. Ende 2015 hatten bereits 24 Prozent der Befragten einen Arbeitsvertrag, der „alles abdeckt“ – also über 800.000 Menschen in Österreich. Zwei Jahre zuvor waren es noch 18 Prozent. Diese Arbeitnehmer/-innen müssen meist mehr Überstunden machen als vereinbart wurde - oftmals ohne finanzielle oder zeitliche Abgeltung. Ähnliches gilt für jene 16 Prozent, die eine Überstundenpauschale haben.
Ständige Verfügbarkeit für den Betrieb hat ihren Preis: Während etwa ein Viertel der Menschen, die nicht in der Freizeit arbeiten, Schlafstörungen hat, sind es bei jenen, die auch in der Freizeit arbeiten, fast 40 Prozent. Sie können auch viel schwerer abschalten, weil sie die Schwierigkeiten aus dem Büro mit in die Freizeit und nach Hause nehmen.
Fast die Hälfte der jungen Arbeitnehmer/-innen mit abgeschlossener Ausbildung möchte den Beruf oder die Firma wechseln, weil sie kaum noch Chancen sieht.
Jugendliche und junge Erwachsene unter 25 Jahren kommen auf dem Arbeitsmarkt immer stärker unter Druck: Anfang 2016 waren 54.082 offiziell als arbeitslos gemeldet, 27.960 befanden sich in Schulungen. 6.145 Lehrstellensuchende standen lediglich 2.969 gemeldeten offenen Lehrstellen gegenüber. 39 Prozent aller jungen Menschen in Beschäftigung waren schon einmal arbeitslos. 23 Prozent halten ihren aktuellen Arbeitsplatz für gefährdet.
Dramatisch ist die Einschätzung der eigenen Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten durch die jungen Beschäftigten: Waren 2008 damit noch mehr als zwei Drittel aller unter 26-Jährigen zufrieden, so ist es 2015 nicht einmal mehr die Hälfte. Junge Beschäftigte mit abgeschlossener Ausbildung sind sogar etwas unzufriedener mit ihren Aufstiegsmöglichkeiten als jene, die noch in Ausbildung sind.
Einer der Gründe ist die demografische Entwicklung und der steigende Anteil älterer Arbeitnehmer/-innen in den Betrieben. Diese verbauen den Jugendlichen den Aufstieg auf der Karriereleiter. Kostendruck und wirtschaftliche Unsicherheiten verleiten die Unternehmen, Karriere-und Gehaltssprünge auszusetzen und jungen Menschen nur noch befristete oder geringfügige Verträge anzubieten. Eine Folge: 15Prozent aller jungen Erwachsenen, die keiner Ausbildung mehr nachgehen, kommen mit ihrem Gehalt gar nicht aus, für mehr als die Hälfte reicht es nur knapp.
Eine weitere Folge: 23 Prozent der jungen Beschäftigten wollen in Zukunft die Firma wechseln, 25 Prozent sogar den Beruf. Bei Jugendlichen in Ausbildung streben 24 Prozent später einen neuen Beruf an und 18 Prozent wollen ihre Situation durch einen Firmenwechsel verbessern.
Dr. Johann Kalliauer, Präsident der AK Oberösterreich
Beinahe jede/-r vierte Beschäftigte in Österreich hat einen All-In-Vertrag, das heißt: einen Arbeitsvertrag, in dem sämtliche arbeitsrechtlichen Ansprüche pauschal abgegolten werden. Und mit dem die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen, weil die Beschäftigten allzeit für ihre Arbeitgeber bereit sind – in der Freizeit, im Urlaub und auch im Krankenstand.
All-In-Verträge bringen den Arbeitnehmern/-innen zumeist nur Nachteile. Neben dem fixen Grundgehalt zahlt das Unternehmen meist einen pauschalierten Überstundenzuschlag. Wenn die Beschäftigten mehr Überstunden machen als vertraglich vereinbart, bleiben diese oftmals unbezahlt. Darum ist es aus meiner Sicht erfreulich, dass es seit 1. Jänner 2016 eine Änderung im Arbeitsrecht gibt, für die sich die Arbeiterkammer lange eingesetzt hat und die All-In-Verträge transparenter machen soll. So muss nun am Dienstzettel oder im Arbeitsvertrag der Bruttolohn für eine 40-Stunden-Woche ausgewiesen sein.
Junge Beschäftigte verlieren den Glauben an ihre beruflichen Chancen in der Zukunft, weil sich ihre Situation im Betrieb und in der Arbeitswelt verschlechtert hat.
Trotz oftmals unsicherer Arbeitsverhältnisse sind Jugendliche traditionell zufriedener als ältere Beschäftigte. Aktuell liegt der Arbeitsklima Index der 15- bis 25-Jährigen bei 109 Punkten – um drei Punkte höher wie der Indexwert aller Beschäftigten in Österreich, aber so tief wie in den letzten zehn Jahren nicht. Verantwortlich dafür ist die gesunkene Zufriedenheit mit der Situation im Betrieb und mit der Arbeitssituation generell.
Waren 2014 noch 68 Prozent der Jugendlichen mit der sozialen Einstellung ihres Betriebs gegenüber den Beschäftigten zufrieden, so sind es ein Jahr später nur noch 59 Prozent. Auch die Zufriedenheit mit dem Führungsstil der Vorgesetzten ist innerhalb eines Jahres um fünf Prozentpunkte auf 67 Prozent gesunken. Mit Art und Inhalt der eigenen beruflichen Tätigkeit waren 2015 nur mehr 72 Prozent der 15- bis 25-jährigen Beschäftigten zufrieden – 2014 waren es noch 79 Prozent gewesen.
Auch die betrieblichen Rahmenbedingungen werden immer schlechter bewertet, weil Jugendliche innerbetrieblich zunehmend unter Druck geraten: 67 Prozent – und damit um acht Prozentpunkte weniger als ein Jahr zuvor – sind mit der Arbeitszeitregelung im eigenen Betrieb zufrieden. 39 Prozent fühlen sich durch den ständigen Arbeitsdruck zumindest mittel belastet, 48 Prozent durch den Zeitdruck in der Arbeit.
Auch der Zukunftsoptimismus der jungen Menschen ist zurückgegangen: Sie haben zwar immer noch optimistischere Erwartungen an die Zukunft als ältere Beschäftigte, der Indexwert ist aber innerhalb eines Jahres von 65 auf 62 Punkte gesunken. Zum Vergleich: Über 45-Jährige erreichen nur einen Wert von 47 Punkten.
Die Sicht der Beschäftigten wird in wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussionen viel zu wenig berücksichtigt. Auch, weil es vermeintlich zu wenig gesicherte Daten dazu gibt. Der Österreichische Arbeitsklima Index liefert seit 18 Jahren diese Daten und ist so ein Maßstab für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Der Arbeitsklima Index erfasst die subjektive Dimension und erweitert so das Wissen über wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.
Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter österreichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4.000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ ausgewählt, so dass daraus relevante Schlüsse für die Befindlichkeit aller Arbeitnehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeitsklima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet. Ergänzend gibt es Sonderauswertungen.
Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima. Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima-Datenbank für Auswertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb weniger Minuten online den persönlichen Zufriedenheitsindex am Arbeitsplatz zu berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeitszufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.
Reinigungskräfte sind zu 84 Prozent Frauen. Sie sehen kaum Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten und schätzen ihre Arbeitsmarktchancen schlecht ein.
Laut Gewerkschaft vida sind in Österreich rund 40.000 Menschen in der Reinigungsbranche beschäftigt – die Schattenwirtschaft wird auf das Zehnfache geschätzt. Laut Arbeitsklima Index ist die Branche zu 84 Prozent weiblich dominiert, die Beschäftigten sind überdurchschnittlich migrantisch, zu großen Teilen gering qualifiziert und mehr als die Hälfte ist über 45 Jahre alt. Die wenigen männlichen Reinigungskräfte arbeiten fast ausschließlich Vollzeit, die Frauen zu zwei Drittel Teilzeit.
Der Arbeitsklima Index von Reinigungskräften liegt bei 96 Punkten (2010-2015) und damit um elf Punkte unter dem Durchschnitt sonstiger Branchen und Berufe. Nur knapp ein Drittel ist mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten zufrieden und nur knapp ein Viertel sagt, dass es im Fall eines Jobverlusts leicht sei, wieder eine annehmbare Stelle zu finden. Das heißt umgekehrt: 77 Prozent glauben, dass sie sich auf dem Arbeitsmarkt schwer tun würden.
Nicht einmal die Hälfte ist mit dem Einkommen zufrieden. Für 57 Prozent reicht es gerade aus, um über die Runden zu kommen, für 21 Prozent gar nicht. Das Medianeinkommen von Reinigungskräften liegt bei 975 Euro netto pro Monat. Kein Wunder, dass 36 Prozent befürchten, nicht von ihrer Pension leben zu können.
Arbeit in der Reinigung ist nicht nur schlecht bezahlt und wenig aussichtsreich, sie ist auch wenig sinnstiftend, kaum abwechslungsreich, gesundheitlich belastend und schmerzhaft. Während im Durchschnitt aller Branchen mehr als ein Drittel einen Sinn in der eigenen Tätigkeit erkennt, sind es bei Reinigungskräften nur 24 Prozent. Nur jede/-r fünfte Beschäftigte findet die Arbeit abwechslungsreich, 17 Prozent sehen sie als immer gleichen Trott.
Reinigungskräfte fühlen sich gesundheitlich weniger gut als Beschäftigte in anderen Berufen. Besonders Schmerzen in den Beinen machen 37 Prozent der in der Reinigung beschäftigten Menschen zu schaffen. Umso problematischer ist, dass weniger als ein Viertel aller in der Reinigung beschäftigten Personen auf Gesundheitsangebote zurückgreifen kann. Sie werden also mit ihren gesundheitlichen Problemen alleine gelassen – mit ein Grund, dass zwei Drittel glauben, den Job nicht bis zur Pension ausüben zu können.
Arbeitsklima Index 2016 - März
Charts von IFES und SORA
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