24.06.2020

Die gefährlichsten Berufe

Hohe Unfall- und Verletzungsgefahr

Obwohl die Zahl der Arbeitsunfälle stetig sinkt, arbeiten in Österreich hunderttausende Beschäftigte in gefährlichen Berufen. Viele von ihnen haben Angst und ein höheres Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken.

Körperliche Schwerstbelastungen und die Zahl der Arbeitsunfälle sind in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zurückgegangen. Gab es im Jahr 1980 knapp 200.000 Arbeitsunfälle und 461 daraus resultierende Todesopfer, so waren es 2018 noch rund 110.000 Unfälle und 148 Tote. Diese positive Entwicklung kann aber nicht verschleiern, dass es immer noch Berufe und Branchen gibt, in denen die Beschäftigten unter widrigen und gefährlichen Bedingungen ihrer Arbeit nachgehen müssen.

450.000 Beschäftigte in riskanten Berufen
In den vergangenen drei Monaten fühlten sich im Schnitt zwölf Prozent der  Beschäftigten in Österreich durch Unfall- und Verletzungsgefahr belastet, insbesondere in Handwerksberufen, wie Schlosser, Mechaniker, Maurer oder Elektriker. Häufig klagen auch Arbeiter/-innen am Bau oder in Fabriken über hohe Gefahren am Arbeitsplatz, zum Teil auch Beschäftigte, von denen man es weniger vermuten würde, wie Pfleger/-innen, Regalbetreuer/-innen oder Polizisten/-innen.

Zeitdruck und Überstunden
„Begünstigt“ wird die Unfall- und Verletzungsgefahr von verschiedenen Faktoren. Jene Beschäftigten, die sich im Beruf gefährdet fühlen, müssen deutlich häufiger Überstunden leisten, an den Wochenenden oder in der Nacht arbeiten.

Mehr als die Hälfte fühlt sich durch Zeitdruck belastet, fast zwei Drittel beklagen schlechte Gesundheitsbedingungen, ein Drittel leidet unter monotonen Tätigkeiten. Vier von zehn halten es für sehr unwahrscheinlich, im derzeitigen Beruf bis zur Pension durchzuhalten.
 
Beschäftigte in gefährlichen Berufen entwickeln häufiger jene chronischen Vorerkrankungen, die sie in der aktuellen Corona-Krise zu einer Risikogruppe mit höherem Ansteckungs- und Mortalitätsrisiko zählen lassen, wie Bluthochdruck oder chronische Atemwegserkrankungen. Dennoch waren sie einer höheren Gefahr ausgesetzt, weil sie seltener ins Home-Office wechseln konnten. Knapp ein Drittel fühlte sich nicht ausreichend vor dem Coronavirus geschützt. Unter allen Beschäftigten sagten das nur halb so viele.

Ängstlich zur Arbeit
Ebenfalls mehr als 30 Prozent der gefährdeten Beschäftigten mussten zur Arbeit gehen, obwohl sie sich vor einer Ansteckung fürchteten. Ein Viertel wollte sich frei nehmen – durfte aber nicht. Ein knappes Drittel musste sogar während des Shutdown Überstunden machen.

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NEULAND HOME-OFFICE

Zwei Drittel schätzen die Vorteile der Heimarbeit

Ein großer Teil der Angestellten und Akademiker/-innen verlagerte mit dem Shutdown den Arbeitsplatz in die eigenen vier Wände. Für viele war das eine neue Erfahrung.

In der Corona-Krise wurde der Arbeitsalltag in vielen Berufen von einem Tag auf den anderen völlig neu organisiert. Bei der Mehrheit änderte sich hingegen in Bezug auf den Arbeitsort wenig. Mehr als ein Viertel der Beschäftigten in Österreich arbeitete zwischen März und Mai fast ausschließlich im Home-Office, weitere elf Prozent zumindest teilweise. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer/-innen war weitgehend am üblichen Arbeitsort tätig, insbesondere in den „systemrelevanten“ Berufen, z.B. im Supermarkt, in Pflegeheimen, in Krankenhäusern oder in öffentlichen Verkehrsmitteln.

Frauen wechselten häufiger ins Home-Office als Männer. Das liegt daran, dass Männer häufiger in manuellen Tätigkeiten beschäftigt sind, die nicht von Zuhause aus erledigt werden können. Während jeweils weniger als zehn Prozent der Arbeiter/-innen und Pflichtschulabsolventen/-innen vorwiegend im Home-Office waren, arbeiteten knapp 40 Prozent der qualifizierten und leitenden Angestellten sowie 56 Prozent der Akademiker/-innen während des Shutdown von Zuhause aus.

Beschäftigte und Betriebe mussten sich umstellen
Für rund die Hälfte der Beschäftigten, die vorübergehend ins Home-Office wechselten, war das Arbeiten von Zuhause eine gänzlich neue Erfahrung. Wie flexibel die Beschäftigten und die Firmen die Umstellung aufs Home-Office organisiert haben, zeigt die Tatsache, dass vier von zehn Arbeitnehmer/-innen sagen, in ihrem Unternehmen musste kurzfristig Vieles umgestellt werden, damit sie von Zuhause arbeiten konnten. Letztlich sind zwei Drittel der Heimarbeiter/-innen der Ansicht, dass Home-Office viele Vorteile bringt, die der Betrieb auch über die Krise hinaus nutzen sollte.


JUGEND ZAHLT DEN HÖCHSTEN PREIS

Kommentar von Dr. Johann Kalliauer
Präsident der AK Oberösterreich


Das Coronavirus hat die Arbeitswelt verändert. Die Arbeitslosigkeit ist explodiert, obwohl sie mit dem von den Sozialpartnern ausverhandelten Kurzarbeitsmodell deutlich abgefedert werden konnte. Betrieben droht die Insolvenz, weil sie von der Politik im Stich gelassen werden. Zehntausende Familien haben existenzielle Sorgen.

Die  Schere  zwischen  den  Beschäftigten in sicheren, gut bezahlten Jobs, die zu einem großen Teil von Zuhause arbeiten konnten, und jenen, die in prekären Arbeitsverhältnissen beschäftigt sind oder ihren Job verloren haben und nicht wissen, wie es weitergehen soll, ist in den vergangenen Monaten weiter aufgegangen. Unsere Jugend zahlt den höchsten Preis für die Krise.

Soziale Ungleichheit nimmt weiter zu
Dass die soziale  Ungleichheit weiter zunimmt, ist nicht zu tolerieren. Darum ist es höchst an der Zeit, dass die Bundesregierung ihren Worten endlich Taten folgen lässt. „Koste es, was es wolle“, war vom Bundeskanzler im März zu hören. Hinsichtlich der Rettung von Arbeitsplätzen und der Existenzsicherung ist das Programm der Regierung aber noch ausbaufähig. Darum brauchen wir jetzt so schnell wie möglich ein umfassendes Jugendrettungspaket, eine spürbare Erhöhung des Arbeitslosengeldes und eine echte finanzielle Anerkennung für die Heldinnen und Helden der Krise.

LICHT UND SCHATTEN

Arbeiten im Home-Office hat Vor- und Nachteile

Arbeiten von Zuhause bedeutet: Vereinbarkeit von Familie und Beruf – aber mehr Stress mit den Kindern. Flexible Zeiteinteilung – aber längere Arbeitszeiten.

Jene Beschäftigten, die während des Shutdown überwiegend im Home-Office waren, fühlten sich mit Abstand am besten vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus geschützt. Vielen Beschäftigten ermöglichte die Arbeit von Zuhause die Kinderbetreuung während der Schulschließung. Fast drei Viertel der Frauen schätzen daher die Möglichkeit auf Home-Office. Gleichzeitig führte die Arbeit von Zuhause aufgrund der Doppelbelastung zu mehr Stress für Eltern. Jedes zweite Elternteil sagt, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung jetzt mehr stresst als vor der Krise.

Beschäftigte arbeiten zuhause mehr als vertraglich vereinbart
Ein Fünftel der Beschäftigten im Home-Office sagt, dass das Arbeiten von Zu- hause sehr umständlich ist, ebenso vielen fehlt in den eigenen vier Wänden der Platz, um die Arbeit in gewohnter Weise verrichten zu können. Nicht  zuletzt sagt knapp die Hälfte der Beschäftigten, dass sie im Home-Office mehr Stunden gearbeitet haben als vertraglich vereinbart. Vier von zehn geben an, dass sie auch zu Zeiten tätig waren, zu denen sie normalerweise nicht arbeiten, nämlich frühmorgens, abends, nachts und am Wochenende. Durch diese unregelmäßigen Arbeitszeiten verschwimmt die Grenze zwischen Beruf, Familie und Freizeit.

Besonders belastet waren Eltern schulpflichtiger Kinder. Bei ihnen sind die Arbeitsbelastungen teilweise sogar gestiegen, etwa Stress, Zeitdruck, Überlastung, Isolation am Arbeitsplatz oder ständige Wechsel der  Arbeitsabläufe. Bei Beschäftigten ohne Kinder stellte sich der Arbeitsalltag hingegen weniger belastend dar als vor der Krise.

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IN DER KRISE

hohe Verunsicherung bei den Beschäftigten

Junge, Migranten, Arbeitslose und atypisch Beschäftigte denken, dass sie die aktuelle Krise besonders hart trifft.

Die Corona-Krise hat die Beschäftigten in Österreich verunsichert. Acht von zehn Arbeitnehmern/-innen glauben, die aktuelle Krise werde den Arbeitsmarkt dauerhaft verändern. Gleichzeitig zeigt sich bei jenen Beschäftigten, die in den letzten Monaten nicht arbeitslos oder in Kurzarbeit, sondern normal beschäftigt waren, ein wachsender Optimismus.

In der Existenz gefährdet
Auf der anderen Seite sagen 44 Prozent der Arbeitslosen und 30 Prozent der Menschen in Kurzarbeit, dass sie von der Krise härter getroffen werden als andere. In ihrer Existenz fühlen sich fast die Hälfte der Arbeitslosen und mehr als ein Drittel der Kurzarbeiter/-innen bedroht. 43 Prozent aller Arbeitslosen sagen, dass sie mit ihrem Leben unzufrieden sind.

Aber auch geringfügig Beschäftigte, Leiharbeiter/-innen, Menschen mit Migrationshintergrund, junge Arbeitnehmer/-innen unter 25 und berufstätige Eltern haben den Eindruck, dass sie die Krise härter trifft als andere Menschen. Die Kombination aus niedrigem Bildungsabschluss, Migrationshintergrund und atypischer Beschäftigung, die mit erhöhtem Arbeitsplatzrisiko und zumeist schlechter Bezahlung einhergeht, sorgt dafür, dass sich manche Beschäftigtengruppen deutlich stärker von der Corona-Krise betroffen sehen als andere.

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ARBEITSLOS IN DER CORONA-KRISE

Ende Mai waren laut AMS 473.000 Menschen als arbeitslos vorgemerkt – und somit um fast 70 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Weitere 44.000 Personen befanden sich in Schulungen. Die Arbeitslosenquote lag bei 11,5 Prozent. Diese Zahlen wären noch dramatischer, hätten nicht die Sozialpartner die Corona-Kurzarbeit ausgearbeitet und vereinbart. Rund 1,1 Millionen Arbeitnehmer/-innen waren Ende Mai noch in Kurzarbeit.

Gastronomie und Tourismus arg gebeutelt
Nach Branchen betrachtet stechen massive Unterschiede ins Auge: Während die „systemrelevanten“ Bereiche, wie der Handel und der Gesundheitssektor relativ  unbeschadet davongekommen sind, stieg die Arbeitslosigkeit in der Gastronomie und im Tourismus um 143 Prozent. Auch am Bau und im Verkehrswesen gab es im Mai um rund 80 Prozent mehr Arbeitslose als im Mai 2019.

Für mehr als die Hälfte der derzeit arbeitslosen Befragten kam es nicht überraschend, dass sie ihren Arbeitsplatz verloren hatten. 47 Prozent sagen, dass ihre Arbeitslosigkeit nichts mit der Corona-Krise zu tun hat. Dementsprechend pessimistisch blicken viele in die berufliche Zukunft: 54 Prozent sagen, dass es (auch) wegen der aktuellen Situation schwierig wird, wieder einen neuen Job zu finden.

Der Arbeitsklima Index

Die Sicht der Beschäftigten wird in wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussionen viel zu wenig berücksichtigt. Auch, weil es vermeintlich zu wenig gesicherte Daten dazu gibt. Der Österreichische Arbeitsklima Index liefert seit 23 Jahren diese Daten und ist so ein Maßstab für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Der Arbeitsklima Index erfasst die subjektive Dimension und erweitert so das Wissen über wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.

Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter österreichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4.000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ, sodass daraus relevante Schlüsse für die Befindlichkeit aller Arbeitnehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeitsklima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet und veröffentlicht. Ergänzend gibt es Sonderauswertungen.

Online-Erhebung

Als renommiertes Instrument zur Messung der subjektiven Sichtweisen der österreichischen Beschäftigten kann der Arbeitsklima Index zu einem besseren Verständnis der Auswirkungen des Coronavirus auf die Arbeitswelt beitragen. Daher wurde der Fragenkatalog um rund 15 Fragen zur aktuellen Situation erweitert. Um die Sicherheit der Interviewer/-innen und der Befragten zu gewährleisten, wurden anstatt persönlicher Interviews im Zeitraum März bis Mai 2020 mehr als 1.600 Online-Befragungen durchgeführt.

Daten online

Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima. Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima-Datenbank für Auswertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb weniger Minuten online den persönlichen Zufriedenheitsindex am Arbeitsplatz zu berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeitszufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.

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