07.02.2020

Die Schere geht weiter auf

Unzufriedene Beschäftigte fühlen sich isoliert

Während der Arbeitsklima Index aller Beschäftigten im Schnitt konstant zwischen 108 und 109 Punkten liegt, erreichen die unzufriedensten 10 Prozent nur einen Indexwert von 62 Punkten.

Die 10 Prozent der zufriedensten Arbeitnehmer/-innen erreichen im Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre einen Arbeitsklima Index von 140 Punkten – dieser Wert schwankt je nach Konjunktur zwischen 136 und 143 Indexpunkten. Dennoch wächst der Abstand zu den unzufriedensten Beschäftigten kontinuierlich an. Kamen die 10 Prozent mit der niedrigsten Arbeitszufriedenheit bis 2013 noch auf Indexwerte zwischen 66 und 73 Punkte, so sind sie in den vergangenen Jahren nochmals um knapp 10 Indexpunkte abgesackt.

Alle Bildungsniveaus betroffen
Aktuell beträgt der Abstand zwischen dem zufriedensten und dem unzufriedensten Zehntel der österreichischen Beschäftigten 80 Indexpunkte. Die Kluft zwischen den Zufriedenen und den Unzufriedenen wird also immer größer.

Wer aber sind die Beschäftigten, die ganz und gar nicht mit ihrer Arbeit zufrieden sind? Textilarbeiter/-innen, Reinigungskräfte sowie Fabriksarbeiter/-innen, Beschäftigte am Bau und Lagerarbeiter/-innen finden sich am häufigsten unter den 10 Prozent mit der niedrigsten Arbeitszufriedenheit. Auch im Handel und Tourismus arbeiten viele Beschäftigte mit extrem niedriger Arbeitszufriedenheit. Eine zentrale Rolle spielt die Ausbildung: 20 Prozent der Menschen, die nach der Pflichtschule keine weitere Ausbildung mehr absolviert haben, zählen zur Gruppe mit der niedrigsten Arbeitszufriedenheit. Schon mit einem Lehrabschluss reduziert sich der Anteil auf nur noch 8 Prozent. Im Zeitvergleich zählen immer mehr
Frauen, Zuwanderer (vor allem von außerhalb Europas), Teilzeitbeschäftigte und sogar Akademiker/-innen sowie leitende Angestellte zur Gruppe mit extrem niedriger Arbeitszufriedenheit. Die Beschäftigten mit der niedrigsten
Arbeitszufriedenheit haben in vielen Bereichen verloren. Besonders auffällig ist aber der Rückgang bei der sozialen Einbindung im Betrieb: Waren 2000 noch mehr als drei Viertel der Beschäftigten mit extrem niedriger Arbeitszufriedenheit mit der Beziehung zu ihren Kollegen/-innen zufrieden, so ist dieser Wert bis heute auf 45 Prozent abgesackt.

Isolation und Einsamkeit
Umgekehrt gaben noch nie so viele dieser Beschäftigten an, unter Isolation und Einsamkeit im Betrieb zu leiden. Im Vergleich dazu sind nahezu 100 Prozent aller Beschäftigten mit der höchsten Arbeitszufriedenheit mit ihrer sozialen Einbindung zufrieden und fast niemand fühlt sich durch Einsamkeit oder Isolation belastet.

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ARBEITEN BIS 60/65

Ältere glauben nicht, bis zur Pension durchzuhalten

4 von 5 Bankangestellten halten es für wahrscheinlich, dass sie ihren Beruf bis zum Alter von 65 Jahren ausüben können - in der Altenpflege sagt das nur ein Viertel der Beschäftigten.

Mit zunehmendem Alter verlieren die Beschäftigten in Österreich den Glauben daran, bis zur Pension durchhalten zu können. Lediglich am Ende es Erwerbslebens – in der Gruppe der über-56-Jährigen – steigt der Optimismus, den jetzigen Beruf bis 60 beziehungsweise 65 zu bewältigen. In Prozentzahlen gegossen: Rund die Hälfte der Arbeitnehmer/-innen zwischen 36 und 55 Jahren glaubt daran, bis zur Pension durchzuhalten. Bei den Beschäftigten über 56 ist dieser
Anteil mit 56 Prozent etwas höher.

Junge sind zuversichtlich
Am höchsten ist die Zuversicht, bis zum Pensionsalter durchzuhalten, bei den Jungen: So glauben 7 von 10 der 26- bis 30-Jährigen und knapp zwei Drittel er 31- bis 35-Jährigen, dass sie ihren Job bis zum (derzeit gültigen) Regelpensionsalter schaffen. Generell glauben Frauen aller Altersgruppen seltener daran, bis zur Pension im derzeitigen Job durchzuhalten, als Männer. Am größten ist der Unterschied in der Altersgruppe er 41- bis 45-Jährigen: Hier glauben 58 Prozent der Männer, aber nur 42 Prozent der Frauen, dass sie bis zur Pension durchhalten.

Pflege, Reinigung, Bau
Knapp drei Viertel der Beschäftigten in der Altenpflege und 6 von 10 Pflegekräften in der medizinischen Betreuung halten es für nicht  wahrscheinlich, dass sie ihren Job auch noch mit 60 beziehungsweise 65 Jahren ausüben können. Wenig zuversichtlich sind auch knapp zwei Drittel der Reinigungskräfte und der Arbeiter/-innen am Bau und im Baunebengewerbe (Maurer, Zimmerer, Tischler, Dachdecker, Maler) sowie 6 von 10 Fabriksarbeiter/-innen.

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GESUND IN PENSION

Kommentar von Dr. Johann Kalliauer
Präsident der AK Oberösterreich


Die größer werdende Gruppe der Beschäftigten zwischen 55 und 64 Jahre steht im besonderen Maße vor der Herausforderung, die eigene Gesundheit und Arbeitsfähigkeit zu erhalten, um bis zum Regelpensionsalter im Arbeitsleben durchhalten zu können. Unternehmen müssen – sofern sie ihre älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht verlieren wollen – deshalb künftig verstärkt darauf achten, dass die Arbeitsplätze altersgerecht ausgestattet sind. 

Die Ergebnisse des Arbeitsklima Index zeigen aber, dass das Konzept vom altersgerechten Arbeiten in Österreich noch nicht sehr weit verbreitet ist. Ältere Beschäftigte geben genauso häufig wie Jüngere an, unter Zeitdruck, Arbeitsdruck und schlechten Gesundheitsbedingungen zu leiden und sie müssen auch Schichtarbeit oder Nachtdienste leisten, um nur einige wenige belastende und krankmachende Faktoren zu nennen.

Um diese Faktoren zu minimieren und altersgerechte Arbeitsplätze zu schaffen, gibt es verschiedene Ansatzpunkte, wie etwa flexible Arbeitszeitmodelle, weniger Schicht- und Nachtarbeit, mehr Gestaltungsspielräume, Reduzierung des Zeitdrucks und der körperlichen Belastungen sowie Bereitstellung von Weiterbildungsmöglichkeiten.

BELASTETE ÄLTERE

Viele Arbeitsplätze in Österreich sind nicht altersgerecht

Hohe Arbeitsbelastungen wirken sich negativ auf die Arbeitsfähigkeit älterer Beschäftigter aus. Fast die Hälfte der Beschäftigten über 45 hat Sorge, bis zur Pension durchzuhalten.

Mehr als 1 Million Beschäftigte in Österreich sind älter als 50 Jahre. Viele Unternehmen haben aber auf alternde Belegschaften noch nicht ausreichend reagiert. Das zeigt der Vergleich der Arbeitsbelastungen dieser älteren Beschäftigten mit jenen der Arbeitnehmer/-innen unter 55 Jahren.

Ungünstige Arbeitszeiten …
Ältere spüren ähnlichen Zeitdruck und Arbeitsdruck wie Jüngere, kommen seltener in den Genuss einer Gleitzeitregelung, müssen immer noch  Schichtarbeit und Nachtdienste leisten. Deutlich benachteiligt sind Ältere bei der beruflichen Weiterbildung: Während ein Drittel der Unter-55-Jährigen in den vergangenen 12 Monaten zumindest eine Weiterbildungsmaßnahme in Anspruch nehmen konnte, war es bei den 55- bis 64-Jährigen nur ein Fünftel.

All das hat Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit - nämlich schon ab 45 Jahren. Arbeitnehmer/-innen ab diesem Alter, die nicht durch Zeitdruck oder ständigen Arbeitsdruck belastet sind, glauben zu rund 55 Prozent, dass sie es bis zur Pension schaffen. Bei jenen, die hingegen Zeit- oder Arbeitsdruck verspüren, sind es um 14 Prozentpunkte weniger. Deutlich negativ wirken sich auch schlechte Gesundheitsbedingungen sowie Unfall- und Verletzungsgefahr aus.

… haben negative Auswirkungen
Besonders starke Auswirkungen auf das subjektive Empfinden der eigenen Arbeitsfähigkeit hat die Arbeitszeitregelung im Betrieb: 7 von 10 Menschen mit einer Gleitzeitvereinbarung glauben, bis 65 arbeiten zu können. Bei Beschäftigten, die Schichtarbeit oder Nachtdienste leisten müssen, sind es hingegen nur 4 von 10.

WAS ZUFRIEDEN MACHT

Karriere, Prestige und Arbeitsmarktchancen

Wenn Unternehmen neue Mitarbeiter/-innen rekrutieren und sie auch halten wollen, müssen sie ihnen gute Karriere- und Entwicklungsperspektiven bieten.

Über die Arbeitszufriedenheit entscheiden viele Faktoren. Den relativ größten Einfluss nehmen die subjektiven Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten (v.a. bei Jungen) sowie die Arbeitsmarktchancen (eher bei Älteren). Sind Arbeitnehmer/-innen diesbezüglich optimistisch (bei gleichen sonstigen Arbeitsbedingungen), erhöht sich ihr Arbeitsklima Index am stärksten.

Wirtschaftliche Zukunft
Sind die Beschäftigten mit ihrem sozialen Status und ihren Rechten als Arbeitnehmer/-innen zufrieden und blicken optimistisch in die wirtschaftliche Zukunft des Landes, dann sind sie allgemein zufriedener in ihrer beruflichen Tätigkeit. Ebenfalls relevant sind die Arbeitsbedingungen und die damit verbundenen Belastungen: Führungsstil, Innovationsstress (stärker bei Älteren) sowie psychischer und physischer Stress haben allesamt ähnlichen Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit. Verhältnismäßig weniger Einfluss nimmt hingegen das Einkommen. Die Zeiteinteilung (also die Vereinbarkeit von Familie und Beruf) ist insbesondere für Junge wichtig.

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Wieder in derselben Firma anfangen?

Etwas mehr als drei Viertel der Beschäftigten in Österreich sagen, dass sie unbedingt (39 Prozent) oder eher (38 Prozent) wieder bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber zu arbeiten beginnen würden. Nur 8 Prozent würden das eher nicht oder auf keinen Fall tun. 

Eine starke Bindung an die Firma resultiert etwa aus dem Ansehen des Unternehmens: Sind Beschäftigte damit zufrieden, würden sie zu 83 Prozent wieder im selben Unternehmen anfangen zu arbeiten. Unter jenen, die mit dem Ansehen der Firma unzufrieden sind, würde nicht einmal die Hälfte
wieder den gleichen Arbeitgeber wählen. Weitere wichtige Faktoren sind die Sicherheit des Arbeitsplatzes, die Beziehung zu den Kollegen/-innen, die Einschätzung der eigenen Rechte, die Zufriedenheit mit der Tätigkeit, mit der sozialen Einstellung des Betriebs und mit den Gestaltungsmöglichkeiten und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

All diese Faktoren wirken auf die Arbeitszufriedenheit, die Loyalität der Mitarbeiter/-innen und auf das Image der Firma. Darum sollten Arbeitgeber auf die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Mitarbeiter/-innen eingehen und die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass die Beschäftigten gerne, lange und
loyal für die Firma arbeiten.

Der Arbeitsklima Index

Die Sicht der Beschäftigten wird in wirtschafts- und sozialpolitischen Diskussionen viel zu wenig berücksichtigt. Auch, weil es vermeintlich zu wenig gesicherte Daten dazu gibt. Der Österreichische Arbeitsklima Index liefert seit 23 Jahren diese Daten und ist so ein Maßstab für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Der Arbeitsklima Index erfasst die subjektive Dimension und erweitert so das Wissen über wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.

Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter österreichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4.000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ, sodass daraus relevante Schlüsse für die Befindlichkeit aller Arbeitnehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeitsklima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet und veröffentlicht. Ergänzend gibt es Sonderauswertungen.

Daten online

Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima. Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima-Datenbank für Auswertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb weniger Minuten online den persönlichen Zufriedenheitsindex am Arbeitsplatz zu berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeitszufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.

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