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Der Arbeitsklima Index zeigt das drastische Ausmaß der Job-Unzufriedenheit bei Leiharbeitern/-innen. Eines der Hauptprobleme ist das oft niedrige Einkommen.
Leiharbeit hat sich mittlerweile auch am österreichischen Arbeitsmarkt festgesetzt. Laut Sozialministerium wurden in Österreich von Juli 2013 bis Juni 2014 insgesamt 146.972 Personen für mindestens einen Tag als Arbeitskräft e überlassen. Vor allem in wirtschaft lich unsicheren Zeiten nutzen Unternehmen Leiharbeiter/innen immer öft er als eine Art „zweite Belegschaft “. In Krisenzeiten sind sie dann die ersten, die wieder gehen müssen. So auch jetzt wieder: Wie die jüngste Arbeitslosenstatistik verrät, gab es heuer den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit unter überlassenen Arbeitskräft en (plus 14,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Viel zu oft gehören Leiharbeiter/-innen nach wie vor zur Rand belegschaft in den heimischen Betrieben.
Arbeiterkammer und Gewerkschaften haben vor allem mit dem eigenen Kollektivvertrag für Leiharbeiter/-innen viele rechtliche Verbesserungen durchgesetzt. Der wichtigste Punkt ist der Grundsatz, dass der beste Mindestlohn gilt. Das heißt, je nachdem in welche Branche man überlassen wird, muss man die Löhne bzw. Gehälter bekommen, die die Kollegen/-innen des Beschäft igerbetriebes laut ihrem Kollektivvertrag erhalten. Wenn aber die Löhne / Gehälter im Kollektivvertrag des Beschäftigerbetriebes unter den Mindestentgelten des Arbeitskräfteüberlassungs-Kollektivvertrages liegen, so gelten jene laut Arbeitskräfteüberlassungs-Kollektivvertrag. Wichtig dabei: Das gilt sowohl während einer Überlassung als auch in überlassungsfreien Zeiten. Während einer „Stehzeit“ haben die Leiharbeiter/-innen Anspruch auf das Durchschnittsentgelt der letzten 13 Wochen. Einseitige Urlaubsanordnung der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers während der „Stehzeit“ ist nicht zulässig.
Trotz dieser Verbesserungen zeigt der Arbeitsklima Index, dass Leiharbeiter/-innen in wesentlichen Punkten unzufriedener als konventionell Beschäftigte sind. Mit ihren Rechten sind immer weniger – aktuell nur 31 Prozent – zufrieden. 27 Prozent sagen, dass ihr Einkommen nicht ausreicht. Weitere 52 Prozent kommen mit ihrem Einkommen nur knapp über die Runden. Im Vergleich: Von den sonstigen Beschäftigten sagen „nur“ zehn Prozent, dass ihr Einkommen nicht ausreicht und 45 Prozent kommen knapp damit aus.
Immer noch verdienen 13 Prozent der vollzeitbeschäftigten überlassenen Arbeitskräfte im Monat weniger als 1000 Euro netto, unter den restlichen Vollzeitbeschäftigten liegt dieser Anteil um die Hälfte niedriger. Als logische Folge sind überlassene Arbeitskräfte mit ihrem Lohn bzw. Gehalt oft nicht zufrieden: Nur acht Prozent sind uneingeschränkt zufrieden, weitere 15 Prozent zumindest „ziemlich“. Zum Vergleich: Unter den restlichen Beschäftigten sind insgesamt 57 Prozent mit ihrer Entlohnung zufrieden.
Die Einkommenssituation und die schwierige berufliche Situation senken die Lebenszufriedenheit von Leiharbeitern/-innen drastisch.
Mit ihrer sozialen Absicherung ist aktuell nur etwas mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Leiharbeiter/-innen zufrieden. Der Anteil ist gegenüber 2013 um acht Prozentpunkte gesunken. Zum Vergleich: Bei konventionell Beschäftigten liegt die Zufriedenheit mit der sozialen Absicherung bei 66 Prozent – und dieser Wert bleibt konstant gleich hoch.
Aktuell sind nur 56 Prozent der in Leiharbeit Beschäftigten mit ihrem Leben zufrieden. In den Jahren 2009 und 2011/12 lag die Lebenszufriedenheit zwischenzeitlich sogar bei unter 50 Prozent. Ein wesentlicher Grund dafür ist die ständige Unsicherheit: 44 Prozent der „Überlassenen“ halten ihren Job für wenig bis gar nicht sicher. Sie sehen sich selbst als Manövriermasse der Unternehmen. Die soziale Einstellung des Betriebes ihr/ihm gegenüber empfindet mehr als jede/-r Zweite als nicht zufriedenstellend. Auch nicht einmal die Hälfte ist mit dem Führungsstil ihrer Vorgesetzten zufrieden, nur zwei Drittel mit der Beziehung zu ihren Kolleginnen und Kollegen.
Die gesundheitlichen Belastungen sind für Leiharbeiter/-innen sehr hoch. Nicht nur die schlechten Gesundheitsbedingungen und der Zeitdruck machen ihnen zu schaffen, auch andere Belastungen wie z.B. der ständige Arbeitsdruck, technische und organisatorische Veränderungen sowie Einsamkeit und Isolation bei der Arbeit.
Dr. Johann Kalliauer, Präsident der AK Oberösterreich
Die Arbeiterkammer und die Gewerkschaften sind mit der Leiharbeit nach wie vor nicht glücklich. Man muss diese Form der Beschäftigung aber als Realität nehmen und versuchen, so viele Verbesserungen wie nur möglich durchzusetzen. Bezüglich Entlohnung gibt es konkrete Erfolge. Der wichtigste davon: Der bessere Mindestlohn gilt. Wie sich das auf die Einkommenssituation von Leiharbeitern/-innen auswirkt, werden die Daten des Arbeitsklima Index in Zukunft zeigen. Und es gibt weitere rechtliche Verbesserungen, was z.B. „Stehzeiten“ betrifft . Dennoch sagen immer noch zu viele überlassene Arbeitskräfte, dass sie mit ihrem Einkommen nicht auskommen oder nicht damit zufrieden sind. Das muss Ansporn sein, die Einkommenssituation dieser Beschäftigten zu verbessern.
Ein Ziel der Arbeiterkammer ist, die Anzahl der Menschen, die auf Leiharbeit angewiesen sind, zu verringern. Arbeitskräfteüberlassung muss eine Ausnahme bleiben. Dafür ist der Anteil von Leiharbeitskräften in Betrieben bei zehn Prozent zu begrenzen.
Arbeiter/-innen und Angestellte haben naturgemäß unterschiedliche körperliche Belastungen in ihren Jobs. Aber Stress ist nicht nur ein Angestelltenphänomen.
Ein Blick auf die Basisindikatoren verrät das Ausmaß der körperlichen Belastung von Arbeiter/-innen im Vergleich zu Angestellten. 27 Prozent der Arbeiter/-innen fühlen sich durch schlechte Gesundheitsbedingungen belastet, 26 Prozent durch Unfallund Verletzungsgefahr. Bei den Angestellten sind es nur vier bzw. fünf Prozent. 15 Prozent der Arbeiter/-innen sind meistens im Freien tätig, aber nur drei Prozent der Angestellten. Stress ist kein ausschließliches Angestellten-Phänomen: Ein Viertel der Arbeiter/-innen fühlt sich durch Zeitdruck belastet (18 Prozent der Angestellten).
Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Beurteilung der Karrierechancen. So sind nur 39 Prozent der Arbeiter/-innen mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten zufrieden, bei Angestellten sind es 52 Prozent. Mit den Weiterbildungsmöglichkeiten sind 44 Prozent der Arbeiter/-innen, aber 63 Prozent der Angestellten zufrieden.
Die niedrigere Arbeitszufriedenheit bei Arbeitern/-innen zeigt sich auch in Fragen des gesellschaftlichen Status oder der beruflichen Tätigkeit. So sind nur 55 Prozent der Arbeiter/-innen, aber 68 Prozent der Angestellten mit ihren Rechten als Arbeitnehmer/-in zufrieden. 70 Prozent der Arbeiter/-innen sind mit Art und Inhalt ihrer beruflichen Tätigkeit zufrieden – gegenüber 84 Prozent der Angestellten.
60 Prozent der Angestellten, aber nur noch 34 Prozent der Arbeiter/-innen halten es für wahrscheinlich, bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter durchzuarbeiten. 61 Prozent der Arbeiter/-innen würden gerne wieder im selben Betrieb zu arbeiten beginnen, Angestellte zeigen sich mit 75 Prozent auch in dieser Frage deutlich zufriedener mit ihrer beruflichen und betrieblichen Situation.
Generell schätzen Zugewanderte ihre beruflichen Chancen pessimistischer ein. Zusätzlich gibt es Unterschiede je nach Herkunft der Migranten/-innen.
Im
Zeitraum 2010 bis 2014 waren Migranten/-innen in Wien mit ihren
Aufstiegschancen am unzufriedensten. Generell steigt die Zufriedenheit je
kleiner der Wohnort ist. Nur 23 Prozent der Arbeiter/-innen mit
Migrationshintergrund sind mit den Chancen zufrieden. Aber auch Angestellte und
öffentlich Bedienstete mit Migrationshintergrund sehen weniger berufliche
Entwicklungsmöglichkeiten.
Noch immer gibt es in Österreich einen stark segmentierten Arbeitsmarkt für Migranten/-innen: Der Anteil an Beschäftigten mit Migrationshintergrund ist in der Hotellerie (36 Prozent) am höchsten. Auch in der Textilbranche (35 Prozent), im Kultur-, Sport- und Unterhaltungssektor (31 Prozent) und im Bauwesen (24 Prozent) gibt es viele Beschäftigte mit Migrationshintergrund. Auffällig ist: Beschäftigte aus Ost- oder Westeuropa sind mehrheitlich in Angestelltenverhältnissen oder im öffentlichen Dienst beschäftigt. Arbeitnehmer/-innen mit türkischem oder ex-jugoslawischem Background sind zu mehr als der Hälfte Arbeiter/-innen. Ein Drittel der Beschäftigten mit serbokroatischem Migrationshintergrund hat maximal Pflichtschulabschluss, unter türkischstämmigen Zuwanderern sind es sogar 57 Prozent.
Sozialer Aufstieg erweist sich für Beschäftigte mit türkischem oder serbokroatischem Background oft als schwierig: Zwar ist der Anteil an Arbeitern/-innen in der zweiten Generation niedriger, liegt aber in diesen beiden Herkunftsgruppen mit über 40 Prozent immer noch am höchsten.
Die Schwierigkeiten, auf die Migranten/-innen in zweiter Generation oftmals stoßen, zeigen sich zunächst in der Arbeitszufriedenheit: Migrantische Beschäftigte, die hier geboren sind, erzielen im Arbeitsklima Index nur noch einen Wert von 100 Punkten – um sechs Punkte weniger als der Durchschnitt aller Beschäftigten.
Migranten/-innen, die schon in zweiter Generation hier leben, fühlen sich bezüglich Einkommen, Weiterbildung, Mitbestimmung oder Aufstiegschancen wesentlich benachteiligt. So sind auch nur 59 Prozent der Beschäftigten in zweiter Generation mit ihrer sozialen Position zufrieden – unter Beschäftigten ohne Migrationshintergrund sind es 70 Prozent.
Wie unterschiedlich die Aufstiegschancen auch für die unterschiedlichen Herkunftsgruppen sind, zeigt sich besonders deutlich in der Veränderung des Anteils an Migranten/-innen mit Führungsaufgaben: Beschäftigte mit türkischem oder serbokroatischem Hintergrund schaffen es in erster und zweiter Generation gleich selten in Führungsjobs. Unter west- oder osteuropäischen Migranten/-innen in zweiter Generation erhöht sich der Anteil derjenigen mit Führungsjobs um das Doppelte bis Dreifache.
Arbeitsklima Index 2015 - Februar
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