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Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat auf dem Arbeitsmarkt seit dem Jahr 2008 vieles verändert. Immer mehr Arbeitnehmer/-innen müssen sich mit atypischen Formen der Beschäftigung abfinden.
Der Anteil an unbefristeten Vollzeitbeschäftigten hat sich seit 2008 von 74 auf 68 Prozent verringert. 2008 waren 26 Prozent der unselbstständig Beschäftigten entweder in Teilzeit (befristet oder unbefristet), in Leiharbeit, geringfügig oder als Freie/r Dienstnehmer/-in beschäftigt. Diese Beschäftigungsformen werden oft als „atypisch“ bezeichnet. 2013/14 sind bereits 32 Prozent aller unselbstständig Arbeitenden in solchen Jobs tätig.
Die größte Gruppe machen dabei unbefristete Teilzeitbeschäftigte aus (16 Prozent), gefolgt von sechs Prozent, die geringfügig beschäftigt sind. Vier Prozent sind Leiharbeiter/-innen, drei Prozent Freie Dienstnehmer/-innen. Insgesamt drei Prozent sind befristet beschäftigt Vollzeit oder Teilzeit). Im Vergleich zu 2008 hat Teilzeitbeschäftigung ebenso zugenommen wie geringfügige Beschäftigung und Leiharbeit. Damit waren in Österreich Ende 2008 knapp über 900.000 unselbstständig Erwerbstätige atypisch beschäftigt, fünf Jahre danach sind es um fast 250.000 Menschen mehr (1,2 Millionen). Im Grunde besteht der Beschäftigungsanstieg hierzulande fast zur Gänze aus atypischen Stellen, Nomalarbeitsverhältnisse werden immer seltener. Vor allem Männer in höheren beruflichen Positionen und ohne Migrationshintergrund bekleiden am ehesten noch Normalarbeitsverhältnisse.
Frauen sind deutlich häufiger in atypischer Beschäftigung als Männer. Die Hälfte der Frauen zwischen 31 und 45 Jahren ist atypisch beschäftigt, gegenüber nur 16 Prozent der Männer in dieser Altersgruppe. Frauen sind auch drei Mal so häufig geringfügig beschäftigt (neun Prozent) als Männer (drei Prozent).
Niedrigqualifizierte sind häufiger in befristeten Vollzeitpositionen und in Leiharbeit zu finden, Höherqualifizierte dafür öfter in befristeten Teilzeitstellen und als Freie Dienstnehmer/-innen. Auffällig ist, dass 44 Prozent Migranten/-innen atypisch beschäftigt sind, vor allem als Leiharbeiter/-innen (15 Prozent). In Wien, Kärnten und in Salzburg liegt die Quote an atypisch Beschäftigten etwas über dem Durchschnitt.
Einen höheren Anteil von atypisch Beschäftigen gibt es u.a. in der Gastronomie, im Dienstleistungsbereich, in der Kulturbranche sowie im Gesundheits- und Sozialwesen.
Dr. Johann Kalliauer, Präsident der AK Oberösterreich
Der starke Anstieg an atypischer Beschäftigung unter Personen mit maximal Pflichtschulabschluss ist dramatisch: Der Anteil an atypisch Beschäftigten ist mittlerweile auf die Hälfte angewachsen. 2008 war es knapp ein Drittel. Vor allem der Anteil an Leiharbeiter/-innen ist stark gestiegen - von drei Prozent im Jahr 2008 auf 15 Prozent 2013/14. Somit hat sich der Leiharbeiter-Anteil verfünffacht!
Das Problem ist die Arbeitsplatzknappheit für Geringqualifizierte. Niedrigqualifizierte sind deutlich häufiger arbeitslos und finden schwerer neue Jobs. Die Daten des Arbeitsklima Index zeigen: Für Personen mit geringer Bildung und niedriger beruflicher Qualifikation wird es immer schwieriger feste Vollzeitarbeit zu bekommen. Auch gibt es diese Art von Stellen immer seltener. Niedrigqualifizierte müssen sich deshalb immer öfter mit atypischen Beschäftigungsformen und insbesondere mit Leiharbeit – verharmlosend „Zeitarbeit“ genannt – abfinden, um nicht arbeitslos zu werden oder zu bleiben.
Der Arbeitsklima Index zeigt, dass atypisch Beschäftigte ihre Zukunftschancen deutlich schlechter einschätzen als Arbeitnehmer/-innen mit festen Vollzeitstellen.
Teilzeit, geringfügige Beschäftigung, befristete Jobs und vor allem die Leiharbeit werden immer wieder als Flexibilisierung des Arbeitsmarktes oder als Einstiegschance für so genannte Risikogruppen gepriesen. Die Frage ist aber: Bieten diese Jobs eine langfristige Perspektive?
Die Betroffenen sehen es nüchtern: Atypisch Beschäftigte schätzen ihre Arbeitsmarkt- und Karrierechancen klar schlechter ein, sind wesentlich unzufriedener mit ihrem Einkommen und kommen seltener damit aus, sind unglücklich mit ihrer sozialen Absicherung, haben eine niedrigere Lebens- und Berufszufriedenheit, sind unzufriedener mit den betrieblichen Sozialleistungen und deutlich pessimistischer hinsichtlich der wirtschaftlichen Zukunft des Betriebs, des Landes und ihres gesellschaftlichen Status.
Atypisch Beschäftigte schätzen nicht nur ihren Arbeitsplatz als weniger sicher ein (84 Prozent) als Personen in Normalarbeitsverhältnissen (90 Prozent), sondern auch ihre Chancen auf einen neuen Job im Falle eines Verlusts des derzeitigen. Die Zufriedenheit mit Weiterbildungsangeboten (55 Prozent) und den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten (46 Prozent) ist unter atypisch Beschäftigten deutlich niedriger, vor allem unter Leiharbeitern/-innen.
Ein Drittel der atypisch Beschäftigten sagt, sie werden nicht von ihrer Altersversorgung leben können, 18 Prozent können jetzt schon nicht von ihrem Einkommen allein leben. Das trifft vor allem auf Geringfügige, Freie Dienstnehmer/-innen und Leiharbeiter/-innen zu. Die Einkommenszufriedenheit liegt nur bei 46 Prozent, das Medianeinkommen bei 975 Euro netto/Monat. Das alles führt zum Schluss, dass atypische Beschäftigung möglicherweise vor allem arbeitslosen Personen kurzfristig eine Perspektive auf Beschäftigung ermöglicht, längerfristig aber keine stabile und erträgliche Beschäftigungsform darstellt.
Beschäftigte in größeren Betrieben sind in manchen Punkten zufriedener als jene in kleineren Betrieben. Aber auch in diesen Unternehmen gibt es positive Aspekte.
Der Arbeitsklima Index zeigt, dass der Anteil an unselbstständig Beschäftigten in Kleinbetrieben deutlich zugenommen hat, während der Anteil in mittleren und Großbetrieben gesunken ist. Die
Betriebsgröße hängt in punkto Arbeitszufriedenheit am ehesten mit dem Einkommen und dem Erleben von psychischem Stress zusammen.
Betrieben (ab 500 Mitarbeiter/-innen) ist mit dem Einkommen zufrieden. In Kleinbetrieben (unter 19 Beschäftigte) sagen das nur 56 Prozent. Noch deutlicher ist die Diskrepanz beim Auskommen mit dem Einkommen: 66 Prozent der in Großbetrieben Arbeitenden sagen, dass sie mit ihrem Einkommen gut auskommen, hingegen meinen das nur 36 Prozent der in kleineren Betrieben Beschäftigten. Diese Unterschiede gelten insbesondere für die Branchen Industrie und Gewerbe, Handel und Gesundheit / Soziales. Im Unterrichtssektor und in der Verwaltung sind diese Unterschiede nicht festzustellen.
Zeitdruck wird in Großbetrieben von 28 Prozent der Befragten beklagt, in kleineren Betrieben von nur 15 Prozent. Auch die psychischen und organisatorischen Belastungen sind in Großbetrieben höher als in Kleinbetrieben. Einzig die Mitsprachemöglichkeiten sind in Großbetrieben weniger stark ausgeprägt als in kleineren Betrieben. Hingegen können laut Österreichischem Arbeitsgesundheitsmonitor in Großbetrieben 69 Prozent Beschäftigten von einer oder mehr gesundheitsfördernden Maßnahmen profitieren, in kleineren Betrieben nur rund 35 Prozent.
Wirtschafts- und sozialpolitische Diskussionen sind voll mit Zahlen und Werten, die oft auf Abbau des Sozialstaates und weniger Verteilungsgerechtigkeit abzielen. Der Österreichische Arbeitsklima Index ist ein Maßstab für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel aus der Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Er untersucht deren Einschätzung hinsichtlich Gesellschaft, Betrieb, Arbeit und Erwartungen. Im Gegensatz zu üblichen Kennzahlen der wirtschaftlichen Entwicklung erfasst der Arbeitsklima Index die subjektive Dimension und erweitert das Wissen über wirtschaftliche Entwicklungen und ihre Folgen für die Gesellschaft.
Die Berechnung des Arbeitsklima Index beruht auf vierteljährlichen Umfragen unter österreichischen Arbeitnehmern/-innen. Die Stichprobe von rund 4000 Befragten pro Jahr ist repräsentativ ausgewählt, so dass daraus relevante Schlüsse für die Befindlichkeit aller Arbeitnehmer/-innen gezogen werden können. Der Arbeitsklima Index wird seit dem Frühjahr 1997 zweimal jährlich berechnet. Ergänzend gibt es Sonderauswertungen.
Aktuelle Ergebnisse und Hintergrundinformationen finden Sie unter www.arbeitsklima.at. Dort steht nicht nur die umfangreiche Arbeitsklima Datenbank für Auswertungen zur Verfügung, sondern es ist auch möglich, innerhalb weniger Minuten online den persönlichen Zufriedenheitsindex am Arbeitsplatz berechnen. Ebenfalls online ist der Führungskräfte Monitor: Er beantwortet die Frage, wie es um die Arbeitszufriedenheit der österreichischen Führungskräfte steht.
Der Arbeitsklima Index für Beschäftigte im Bauwesen hat sich gebessert, aber der Wert von 104 Punkten liegt immer noch fünf Punkte unter dem Arbeitsklima Index der restlichen Beschäftigten.
Bauarbeiter/-innen (die Branche ist überwiegend männlich geprägt) sind oft schweren, körperlichen Belastungen ausgesetzt. So fühlen sich 28 Prozent der im Bauwesen Beschäftigten sehr oder ziemlich durch Unfall- und Verletzungsgefahr belastet. 30 Prozent klagen über schlechte Bedingungen für die Gesundheit: Nicht einmal die Hälfte glaubt, den Job bis 65 ausüben zu können.
Der Arbeitsmarkt in der Baubranche ist starken saisonalen Schwankungen unterworfen. Daran sind die Beschäftigten mehr oder weniger gewöhnt. Zusätzlich hat die Finanz- und Wirtschaftskrise der
letzten Jahre ihre Spuren hinterlassen, sogar Großbetriebe schlitterten in die Insolvenz. So sind sich aktuell nur 16 Prozent der im Bauwesen Beschäftigten ihres Arbeitsplatzes sehr sicher, 65 Prozent zumindest ziemlich sicher. In den restlichen Branchen sind sich 24 Prozent ihres Arbeitsplatzes sehr sicher und ebenfalls 65 Prozent ziemlich sicher.
16 Prozent der Beschäftigten im Bauwesen waren in den letzten 12 Monaten arbeitslos. Bei 44 Prozent kam es darüber hinaus in der bisherigen Erwerbskarriere schon einmal zu Phasen von Arbeitslosigkeit, unter den restlichen Beschäftigten sagen das 37 Prozent. Mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Beschäftigten im Bauwesen glaubt, im Fall des Arbeitsplatzverlusts nur schwer einen neuen Job zu finden.
Verglichen mit einer Arbeitsklima Index-Auswertung im Bauwesen vor drei Jahren haben sich die Werte entweder nur leicht verbessert oder sogar verschlechtert. Im Jahr 2011 lag der Indexwert im Bauwesen bei 101 Punkten, derzeit bei 104. Besonders deutlich st der Unterschied in den Teilindizes Arbeit (minus vier Punkte) sowie Betrieb und Erwartungen (minus drei Punkte). Beschäftigte im Bauwesen sind also mit ihrer betrieblichen Situation, ihrer Arbeit an sich und den Zukunftsaussichten weniger zufrieden als Beschäftigte in den übrigen Branchen.
Der Anteil an Migranten/-innen im Bauwesen liegt traditionell höher als in vielen anderen Branchen. Aktuell haben 21 Prozent der Beschäftigten im Bauwesen einen Migrationshintergrund.
Deutlich höher als in anderen Branchen liegt auch der Anteil an Leiharbeiter/-nnen im Bauwesen: Aktuell sind zehn Prozent der Beschäftigten im Bauwesen als Leiharbeiter/-innen beschäftigt - 2012 waren es acht Prozent. In der Krise, also 2008 und 2009, lag der Anteil nur bei drei bis vier Prozent. Damals waren es vor allem Leiharbeiter/-innen, die als erstes ihre Stelle verloren haben. Als es der Baubranche wieder besser ging, nutzten die Unternehmen die Gelegenheit, den Anteil der Leiharbeiter/-innen zu erhöhen.
Arbeitsklima Index 2014 - April
Charts von Ifes und Sora
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