Steuerfreier Zuverdienst - gibt es den überhaupt?

Wenn das Einkommen aus der bestehenden (Teilzeit-)Arbeit nicht zum Leben reicht, müssen manche Menschen eine weitere Beschäftigung annehmen. Dabei stellen sich oft Fragen zu Steuer und Sozialversicherung. Etwa die Frage, ob überhaupt und wie viel Steuer bezahlt werden muss. Man sollte sich aber auf jeden Fall darum kümmern - sonst stehen möglicherweise Nachzahlungen ins Haus.


Wir haben einige Fallbeispiele aus unserer Beratungspraxis für Sie zusammengestellt:

Vorbemerkung:
Die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen gelten aufgrund der Gleichstellung bei „echten“ als auch bei „freien“ Dienstverträgen. Die sozialversicherungsrechtliche Geringfügigkeitsgrenze liegt 2022 bei 485,85 Euro.

Fall 1: alle Ein­kommen unter der Gering­fügig­keits­grenze

Arbeitsverhältnis 1Einkommen UNTER der Geringfügigkeitsgrenze
Arbeitsverhältnis 2Einkommen UNTER der Geringfügigkeitsgrenze
  • Sozialversicherung:
    Keiner der beiden Arbeitgeber (AG) führt Sozialversicherung (SV) ab, da jedes Arbeitsverhältnis (AV) für sich unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt. Überschreiten beide AV zusammen die Geringfügigkeitsgrenze, werden von der Gesundheitskasse einmal jährlich im Nachhinein die Arbeitnehmerbeiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung vorgeschrieben – nicht jedoch in der Arbeitslosenversicherung (diese Zeiten zählen also auch bei Nachzahlung der SV-Beiträge nicht als arbeitslosenversicherungspflichtige Zeiten für einen Arbeitslosengeldanspruch!!).

    Sie haben mit rund 14 Prozent des Einkommens als Nachforderung zu rechnen.

  • Lohnsteuer:
    2 Einkünfte unter der Geringfügigkeitsgrenze sind auch gemeinsam steuerfrei.

TIPP

Dennoch sollten sie in diesem Fall eine Arbeitnehmerveranlagung durchführen, da ein Teil der nachbezahlten Sozialversicherungsbeiträge als Negativsteuer gutgeschrieben werden.

Fall 2: Gering­fügig­keits­grenze wird einmal über­schritten

Arbeitsverhältnis 1Einkommen ÜBER der Geringfügigkeitsgrenze
Arbeitsverhältnis 2Einkommen UNTER der Geringfügigkeitsgrenze
  • Sozialversicherung:
    AG 1 führt SV in allen Bereichen ab. Hinsichtlich AV 2 werden von der Gesundheitskasse einmal jährlich im Nachhinein die Arbeitnehmerbeiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung vorgeschrieben, da ja insgesamt über der Geringfügigkeitsgrenze verdient wird (ca. 14 Prozent).

  • Lohnsteuer:
    Bei mehreren lohnsteuerpflichtigen Arbeitsverhältnissen mit zeitlicher Überschneidung muss bis Ende September des Folgejahres eine Arbeitnehmerveranlagung beim Finanzamt abgegeben werden (Pflichtveranlagung). Wenn das jährliche lohnsteuerpflichtige Gesamteinkommen 11.000 Euro übersteigt, haben Sie mit einer Nachzahlung zu rechnen:

    EinkommenLohnsteuer
    über 11.000 Euro
    bis 18.000 Euro
    20 Prozent
    über 18.000 Euro
    bis 31.000 Euro
    32,5 Prozent

    (Gültig für Einkommen ab 01.01.2022)

TIPP

Wenn Sie die Grenze von 11.000 Euro nicht übersteigen, bringt Ihnen die Arbeitnehmerveranlagung voraussichtlich eine Gutschrift: ein Teil der nachbezahlten Sozialversicherungsbeiträge bekommen Sie als Negativsteuer.

Fall 3: Beide Ein­kommen über der Gering­fügig­keits­grenze

Arbeitsverhältnis 1Einkommen ÜBER der Geringfügigkeitsgrenze
Arbeitsverhältnis 2Einkommen ÜBER der Geringfügigkeitsgrenze
  • Sozialversicherung:
    Beide AG führen SV ab. Sie sind unfall-, kranken-, pensions- und arbeitslosenversichert.

  • Lohnsteuer:
    Bei mehreren lohnsteuerpflichtigen Arbeitsverhältnissen mit zeitlicher Überschneidung muss bis Ende September des Folgejahres eine Arbeitnehmerveranlagung beim Finanzamt abgegeben werden (Pflichtveranlagung).

    Wenn das jährliche lohnsteuerpflichtige Einkommen der jeweiligen Arbeitsverhältnisse oder auch nur eines der Arbeitsverhältnisse unter 11.000 Euro liegt, das jährliche lohnsteuerpflichtige Gesamteinkommen beider Arbeitsverhältnisse gemeinsam aber 11.000 Euro übersteigt, haben Sie mit einer Nachzahlung zu rechnen:

    EinkommenLohnsteuer
    über 11.000 Euro
    bis 18.000 Euro
    20 Prozent
    über 18.000 Euro
    bis 31.000 Euro
    32,5 Prozent
    (Gültig für Einkommen ab 01.01.2022)

Allgemeines

Wie die Fälle zeigen, ist immer Sozialversicherung zu bezahlen, wenn mit einem oder auch mehreren „echten“ oder „freien“ Arbeitsverhältnissen gemeinsam die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird. Die Geringfügigkeitsgrenze gilt also nur einmal.

Im Steuerrecht gilt, dass ein lohnsteuerpflichtiges Gesamteinkommen aus allen „echten“ Arbeitsverhältnissen bis 11.000 Euro steuerfrei ist. Wird diese Grenze überschritten, ist für das 11.000 Euro übersteigende Einkommen immer Steuer abzuführen.

Wer also 15.000 Euro verdient, muss für 4.000 Euro Steuer zahlen (15.000 Euro – 11.000 Euro = 4000 Euro). Für Einkommensteile zwischen 11.000 Euro und 18.000 Euro haben Sie 20 Prozent Steuer zu bezahlen.

Kombination: "echtes" Arbeitsverhältnis und andere Einkünfte

Wenn Sie allerdings neben ihrem "echten" Arbeitsverhältnis andere Einkünfte haben, die nicht aus einem Arbeitsverhältnis stammen (etwa aus einem freien Dienstvertrag, Werkvertrag, Mieteinnahmen) , so sind diese bis zu 730 Euro pro Kalenderjahr steuerfrei.

Wenn diese Einkünfte (Gewinn = Einnahmen – Ausgaben) 730 Euro im Kalenderjahr übersteigen und gemeinsam mit ihren Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis insgesamt mehr als 12.000 Euro steuerpflichtiges Einkommen ergeben, ist bis Ende April (bei elektronischer Übermittlung bis Ende Juni) des Folgejahres eine Einkommensteuererklärung abzugeben und Steuer abzuführen.

Liegt der Zuverdienst zwischen 730 Euro und 1.460 Euro, gibt es eine Einschleifregelung: nur das Doppelte des 730 Euro übersteigenden Betrages ist steuerpflichtig (Gewinn 1.200 Euro - 730 Euro = 470 Euro x 2 = 940 Euro werden versteuert).

Freier Dienstvertrag oder Werkvertrag

Sollten Sie sich entschließen Einkünfte außerhalb eines „echten“ Arbeitsverhältnisses etwa in Form eines freien Dienstvertrages oder eines Werkvertrages zu lukrieren, so ist allerdings einiges zu beachten: 

  • Arbeitsrechtliche Ansprüche, wie etwa Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlten Urlaub und 13. und 14. Monatsgehalt gibt es bei diesen „atypischen“ Beschäftigungsformen nicht.

  • Die Versteuerung des erzielten Einkommens muss von der Arbeitnehmerin/vom Arbeitnehmer selbst durchgeführt werden. Beim Werkvertrag trifft auch die Meldeverpflichtung zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft die Werkunternehmerin/den Werkunternehmer selbst. (Sozialversicherungsrechtlich sind die freien Dienstnehmer/-innen den „echten“ Arbeitnehmern/-innen gleichgestellt. Hinsichtlich der SV-Beiträge sind daher die obenstehenden Ausführungen zur Geringfügigkeitsgrenze zu beachten!!)

BROSCHÜRE

Um sich von auf den ersten Blick höheren Stundenlöhnen oder Honorarsätzen nicht blenden zu lassen, haben wir neben den steuerlichen auch die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen in einer Broschüre für Sie zusammengefasst.

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