Unternehmen in der Krise
Unternehmenskrisen bedrohen die Existenz eines Unternehmens und damit auch Arbeitsplätze. Das neue Restrukturierungsverfahren hat das Ziel, Krisen frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig Maßnahmen einzuleiten, um letztendlich Arbeitsplätze zu sichern.
Mit dem am 17.07.2021 in Kraft getretenen Restrukturierungsverfahren soll die europaweite Harmonisierung durch die Einführung präventiver Restruktierungsmaßnahmen geschaffen werden.
Unternehmen retten
Ziel ist es, Unternehmen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind zu retten und die Bestandsfähigkeit wiederherzustellen. Dadurch soll es zur Sicherung von Arbeitsplätzen, Entschuldung gescheiterter Unternehmen und zum Abbau notleidender Kredite kommen.
Das Bundesgesetz über die Restrukturierung (Restrukturierungsordnung – ReO) sieht ein neues, gerichtliches vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren vor, das der Schuldnerin/dem Schuldner ermöglichen soll, in Form eines Restrukturierungsplans geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine drohende Insolvenz abzuwenden und das Unternehmen zu sanieren.
Voraussetzungen für das Verfahren
- Das Restrukturierungsverfahren nach der ReO ist nur auf Antrag der Schuldnerin/des Schuldners einzuleiten.
- Die Schulderin/Der Schuldner muss eine Unternehmerin/ein Unternehmer sein.
- Eine wahrscheinliche Insolvenz der Schuldnerin/des Schuldners muss gegeben sein. Diese liegt dann vor, wenn der Bestand des schuldnerischen Unternehmens ohne Restrukturierung gefährdet wäre.
Dies ist anzunehmen, wenn
- die Zahlungsunfähigkeit droht ODER
- die Eigenkapitalquote 8 Prozent unterschreitet und die fiktive Schuldentilgungsdauer 15 Jahre übersteigt.
- In den letzten 7 Jahren darf weder ein Restrukturierungsverfahren, noch ein Sanierungsverfahren über die Schuldnerin/den Schuldner eingeleitet worden sein (7-Jahres-Sperre).
Das Restrukturierungsverfahren
- Antrag bei Gericht
Das Restrukturierungsverfahren muss bei Gericht beantragt werden. - Darlegung eines Restrukturierungsplanes
Im Zuge dieses Verfahrens muss unter anderem ein Restrukturierungsplan dargelegt werden.
Alternativ kann ein Restrukturierungskonzept erstellt werden. In diesem Fall räumt das Gericht eine Frist von maximal 60 Tagen für die Nachreichung des Restrukturierungsplan ein. Das Restrukturierungskonzept muss die beabsichtigten Restrukturierungsmaßnahmen beinhalten. - Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten
Das Gericht kann eine Restrukturierungsbeauftragte/einen Restrukturierungsbeauftragten bestellen, die/der die Schuldnerin/den Schuldner bei der Ausarbeitung des Restrukturierungsplans unterstützt.
Betriebsräte und Unternehmenskrise
Im Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) sind die wirtschaftlichen Mitwirkungsrechte des Betriebsrates verankert. Diese sind hilfreich zur Krisenfrüherkennung. Konkret bedeutet das:
- Das Wirtschaftsgespräch generell nutzen und institutionalisieren
- Den Jahresabschluss jährlich einfordern und analysieren
TIPP FÜR BETRIEBSRÄTE
Mit gezielten Fragen unter anderem zur Eigen- und Fremdkapitalausstattung, Ertragslage, Liquidität und Auftragssituation sind Sie als Betriebsrätin/Betriebsrat in der Lage, drohende Unternehmenskrisen früher zu erkennen und rechtzeitig entsprechende Maßnahmen einzufordern.Aufsichtsrat und Unternehmenskrise
Dem Aufsichtsrat kommt im Krisenfall eine Schlüsselrolle zu. Treten erste Krisenanzeichen auf, hat der Aufsichtsrat die Aufgabe, die Ursachen zu analysieren und vom Management entsprechende Gegensteuerungsmaßnahmen und Konzepte einzufordern.
TIPP FÜR ARBEITNEHMERVERTRETER IM AUFSICHTSRAT
Im Aufsichtsrat gibt es umfassende Informationsmöglichkeiten. Analysieren Sie Ihr Material – Bilanzen, Wirtschaftspläne, Vorschaurechnungen, Liquiditätspläne – sorgfältig, damit Sie die Situation realistisch einschätzen können und wissen, wie dringend gehandelt werden muss.
Sie können zu Ihrer Beratung in allen Angelegenheiten gemäß § 39 (4) ArbVG die zuständige freiwillige Berufsvereinigung oder gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer:innen beiziehen.