Erste Hilfe bei Mobbing - 10 Punkte für das Erst­gespräch mit Betroffenen

Für Betriebsräte/-innen ist die Konfrontation mit betrieblichem Mobbing nicht einfach. Es geht einerseits darum, den Betroffenen Hilfestellung zu geben, andererseits ist es die Aufgabe des Betriebsrats der Ursache für das Mobbing nachzugehen, um Mobbinghandlungen in Zukunft zu unterbinden.

Erst­gespräch in akuter Krise

Eine große Herausforderung ist das "Erstgespräch" mit Betroffenen. Vom Gelingen dieses Gesprächs hängt viel ab.

  • Die betroffenen Beschäftigten befinden sich oft in einer akuten Krisensituation.
  • Meistens dauert das Mobbing bereits einige Monate ohne dass es von den anderen "scheinbar" bemerkt wurde. 
  • Mobbing läuft zumeist verdeckt und äußerst subtil. Es kann sowohl durch Kollegen/-innen (Mobbing) als auch durch Führungskräfte (Bossing) ausgelöst werden und ist in vielen Fällen schwer nachweisbar. 
  • Mobbing kann verbal und nonverbal ablaufen. "Scheinbar" harmlose Bemerkungen, abwertende Blicke, das Gefühl von Ausgeschlossenheit durch die Gruppe und anderes mehr können bei den Betroffenen psychische und physische Reaktionen auslösen.

Mobbing­betroffene ernst­nehmen

Gerade in Erstgesprächen mit den Betriebsräten/-innen schildern Betroffene solche Situationen, die für Außenstehende oft harmlos wirken. Die "psychische" Gewalt, die in Mobbinghandlungen steckt, ist nicht sichtbar und rücken den Betroffenen oft in ein schiefes Licht.  Nicht selten hört man auch von Betriebsräten/-innen Aussagen wie: "Der ist einfach so empfindlich und hält nichts aus", oder "Die hat ja selber psychische Probleme" .

Trotz aller Unsicherheit ist es jedoch wichtig, Mobbing im Betrieb ernstzunehmen. Auch wenn ungelöste Konflikte in einer Gruppe dahinter stehen, die (noch) nicht als Mobbing bezeichnet werden können, ist es die Aufgabe der Führung und der Betriebsräte/-innen nach Lösungen zu suchen. Werden Konflikte zu lange auf die lange Bank geschoben, kann Mobbing entstehen, das erheblichen Schaden anrichten kann.

Erste-Hilfe für das Erst­gespräch bei Mobbing

In der betrieblichen Praxis zeigt sich, dass Betriebsräte/-innen auf unterschiedliche Weise auf das Mobbing aufmerksam werden können:

  • Die Betroffenen wenden sich vertrauensvoll an den Betriebsrat und bitten um Hilfe (meist persönliches Gespräch, Telefon)

  • Aufgrund von Fehlverhalten des/der Betroffenen wird der Betriebsrat aufmerksam (etwa unentschuldigte Fehlzeit, unentschuldigtes Verlassen des Arbeitsplatzes, Beschimpfungen einer Führungskraft)

  • Androhung von Kündigung oder erhöhte Krankenstände, Fehlerhäufigkeit, Leistungsverlust, Konflikte mit Kollegen etc.

Damit die Betriebsräte/-innen Hilfestellung geben können, müssen sie sich jedoch erst selber ein Bild über die Vorfälle machen. Es geht dabei jedoch nicht so sehr um die Frage: Wer ist Opfer? Wer ist Täter? Sondern mehr um die Frage: Was ist hilfreich, um die Arbeitssituation aller in das Mobbing involvierten Personen zu entlasten?

Im Rahmen des Erstgesprächs sollte die Rolle des Betriebsrats und was er/sie tun kann daher klar vermittelt werden.

Tipps für das Erst­gespräch und Erst­kontakt

Betroffene von Mobbing stehen unter massivem Druck. Vor allem der Stress und die Belastung sind für Außenstehende deutlich spürbar. Sie reden oft sehr schnell, sind atemlos, das Gespräch wirkt unstrukturiert und schwer nachvollziehbar. Folgende Tipps können daher hilfreich sein.

Tipps

  1. Druck herausnehmen, der/dem Betroffenen mit Freundlichkeit und Behutsamkeit begegnen, die Situation entschleunigen:
    "Bitte langsam, nicht so schnell…" "Ich habe jetzt gar nichts verstanden." solche oder ähnliche Sätze können helfen, das Tempo zu reduzieren.

  2. Geeigneten Raum zum Gespräch anbieten:
    ohne Störung durch Telefonate

  3. Zeit nehmen und versichern, dass der zeitliche Rahmen passt:
    "Ich habe mir gedacht, wir nehmen uns die Zeit, so etwa eine Stunde. Passt das für Dich?"

  4. Verschwiegenheitspflicht
    Sicherheit und Vertraulichkeit zusichern: kein Schritt wird ohne Zustimmung der/des Betroffenen gemacht

  5. Ziel des Gesprächs formulieren:
    Was möchte die/der Betroffene vom Betriebsrat? Was kann der Betriebsrat tun?

  6. Aktives Zuhören:
    die Betroffene/den Betroffenen ohne Unterbrechung erzählen lassen, nach einiger Zeit stoppen und zusammenfassen, was verstanden wurde,  dem Gespräch Struktur geben

  7. Mobbinghandlungen konkretisieren:
    Was ist passiert? Wer ist beteiligt? Welche Motive stehen hinter dem Mobbing?

  8. Auf Hilfsmittel aufmerksam machen:
    etwa Mobbing-Tagebuch führen

  9. Welche Lösungswege wurden bereits versucht? Gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten suchen:
    Wo kann der  Betriebsrat helfen? Bei welchen Gesprächen kann der Betriebsrat dabei sein? Was könnte an die Führung weitergegeben werden? Externe Hilfe (wie Supervision, Coaching, Psychotherapie, Arbeitsmedizin)

  10. Die nächsten Schritte konkretisieren:
    Was macht der/die Betroffene? Was macht der Betriebsrat?

Mit dem persönlichen Gespräch ist jedoch das Mobbing im Betrieb noch nicht bewältigt.

Betriebsräte/-innen sollten daher auch auf betriebliche Präventionsmaßnahmen gegen Mobbing bestehen. Dies kann in Form von verschiedenen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen bis zum Abschluss einer Betriebsvereinbarung gegen Mobbing reichen. Präventivangebote und professionelle betriebliche Intervention rechnen sich langfristig. Sie schützen vor Ausbreitung von Mobbing und verhindern menschliches Leid und betrieblichen Schaden.

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