Betriebliche Mitbestimmung im Krankenhaus und in der stationären Langzeitpflege während der Pandemie – AK-Blitzumfrage zeigt Verbesserungsbedarf
Im Herbst startete die Arbeiterkammer Oberösterreich eine Blitzumfrage unter den Betriebsräten/-innen im Krankenhaus- und im stationären Langzeitpflegebereich. Wir wollten wissen, wie es in diesen systemrelevanten Bereichen um die betriebliche Mitbestimmung während der Corona-Krise bestellt ist. Betriebsratsvorsitzende und -mitglieder waren aufgerufen, ihre Erfahrungen einzubringen. Trotz der extrem angespannten Situation im Befragungszeitraum (erste Novemberhälfte) erreichten uns 25 Rückmeldungen. Auch wenn die Ergebnisse nicht repräsentativ sind, zeigen sie doch deutlich auf, wo Verbesserungsbedarf herrscht.
Zu wenig Personal, zu viele Überstunden
Knapp 3 von 4 Belegschaftsvertreter/-innen aus Alten- und Pflegeheimen und Krankenhäusern sagten, dass es zu kurzfristig angeordneten Überstunden kommt. Hinzu kommt, dass fast 85 Prozent der Befragten kurzfristige Änderungen der Dienstpläne für ihre Belegschaft beobachten konnten.
„Aktuell stehen wir im Betriebsrat vor der Herausforderung, dass die Leitungen das Arbeitszeitgesetz oder Regelungen des Kollektivvertrages gerne übersehen. Konkretes Beispiel ist hier etwa die kurzfristige Änderung des Dienstplanes - zum Teil am Vortag - ohne die Zustimmung einzuholen.“
„Landeshauptmann Stelzer und Gesundheitslandesrätin Haberlander müssen die dringendst notwendigen Entlastungsmaßnahmen in die Wege leiten.“
Gewährleistung der Sicherheitsmaßnahmen und die Bereitstellung von Schutzausrüstungen
Positiv ist, dass knapp die Hälfte der befragten Betriebsräte/-innen aus den Alten- und Pflegeheimen beziehungsweise Krankenhäusern angaben, dass, wo es möglich ist, Mitarbeiter/-innen (insbesondere Verwaltung) von zu Hause arbeiten können. Mehr als die Hälfte sagte, dass es zum Befragungszeitpunkt bereits zur Ausbezahlung der COVID-19-Prämie für alle Mitarbeiter/-innen gekommen war. Nur weniger als ein Viertel hat allerdings der Aussage zugestimmt, dass Beschäftigte in der Pflege von COVID-19-infizierten Personen eine Infektions- oder Erschwerniszulage erhalten hatten.
Betriebsräte dürfen nicht mitbestimmen
- Erstellung von Pandemieplänen
Wenn es um die konkrete Mitbestimmung geht, ist auffällig, dass keine/-r der Befragten ausgesagt hat, dass sie bei der Erstellung von Pandemieplänen beteiligt gewesen wären. - Auswahl Schutzausrüstung
Auch bei der Auswahl von Schutzausrüstung wurden sie nicht einbezogen, obwohl dies laut Arbeitsverfassungsgesetz vorgesehen ist. Knapp ein Viertel gab an, dass sie bei der Änderung von Arbeitszeiten mitbestimmen konnten. - Einsatz von Risikogruppen
Weniger als ein Fünftel der Betriebsräte/-innen konnten beim Einsatz von Risikogruppen mitbestimmen. - Einsatz von Schwangeren
Beim Einsatz von Schwangeren wurden die Mitbestimmungsmöglichkeit ein wenig besser beschrieben: ein Viertel der Befragten konnten hier zustimmen. - Bonuszahlungen und Prämien
Knapp ein Viertel sagte auch, dass sie bei den Bonuszahlungen und Prämien mitbestimmen können.
Insgesamt muss, aufgrund der vorliegenden Rückmeldungen, davon ausgegangen werden, dass Betriebsräte/-innen eher geringe Mitbestimmungsmöglichkeit eingeräumt bekommen:
„Der Betriebsrat wird meist in Entscheidungen nicht eingebunden, sondern allenfalls informiert.“
„Wir werden nur darüber informiert und können unsere Meinung dazu einbringen. Das meiste ist schon festgelegt. Falls es nicht rechtswidrig ist, muss es so zur Kenntnis genommen werden.“
Betriebliche Mitbestimmung muss gestärkt werden
Folgerichtig stimmen die Betriebsräte/-innen der Altenpflegeheime und Krankenhäuser den Forderungen von Arbeiterkammer und Gewerkschaften bezüglich einer grundsätzlichen Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung umfassend zu. So müssen beispielsweise die Beteiligungsrechte im Arbeitnehmerschutz, etwa bei der Auswahl der Schutzausrüstung oder Mitwirkung bei der Evaluierung, gestärkt werden. Auch die Einsichts- und Kontrollrechte müssen mit mehr Leben gefüllt werden. Etwa wenn es darum geht, einen besseren Einblick in die Dienstpostenberechnung zu bekommen.
Auch wenn die Ergebnisse nicht repräsentativ sind, zeigen sie deutlich Problemfelder im Krankenhaus-, Alten- und Pflegeheimbereich auf. Die Befragung wurde in der ersten Novemberhälfte durchgeführt, weshalb eventuell noch nicht alle Eindrücke der jüngsten Systembelastung eingeflossen sind. Manches läuft eventuell mittlerweile auch besser. Gemeinsam mit den Betriebsräten/-innen wird die Arbeiterkammer Oberösterreich jedoch weiterhin die Entwicklungen kritisch beobachten. Eines ist aber jetzt schon klar: Mit Applaus ist es für die dort Beschäftigten nicht getan.
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