Arbeitnehmerschutz
Damit Betriebsräte ihrer Aufgabe nachkommen können, haben sie bei vielen Themen ein Mitspracherecht.
Die Kollektivvertrags-Angehörigkeit hängt von der Zugehörigkeit des Unternehmens zur jeweiligen Fachgruppe bei der Wirtschaftskammer ab. Auf Arbeitgeberseite verhandeln Vertreter/-innen der Wirtschaftskammer, auf Arbeitnehmerseite Vertreter/-innen der Gewerkschaft. Um einen anderen Kollektivvertrag anwenden zu können, muss auch die Zuordnung des Unternehmens in der Wirtschaftskammer geändert werden.
Das Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) legt fest, wer kollektivvertragsangehörig ist. Zumeist gilt: Arbeitgeber und Arbeitnehmer/-innen, die zur Zeit des Abschlusses des Kollektivvertrages Mitglieder der am Kollektivvertrag beteiligten Parteien waren oder später werden, sind kollektivvertragsangehörig (§ 8 Ziffer 1 ArbVG).
Aufgrund der Sonderbestimmung des § 12 ArbVG (Außenseiterwirkung) gelten die
jeweiligen Kollektivverträge aber auch dann für die Arbeitnehmer/-innen, wenn
sie nicht Mitglied der abschließenden Gewerkschaft sind. Entscheidend für die
Anwendbarkeit des Kollektivvertrages ist die Zugehörigkeit des Arbeitgebers zur
Kollektivvertragspartei auf Arbeitgeberseite.
Auf Arbeitgeberseite werden in Österreich grundsätzlich die Kollektivverträge
von der Wirtschaftskammer Österreich, im Falle des Bestehens einer freiwilligen
Berufsvereinigung jedoch von dieser abgeschlossen. § 6 ArbVG normiert nämlich
einen Vorrang der freiwilligen Berufsvereinigung bei der Zulässigkeit des
Abschlusses von Kollektivverträgen. Dies ist auch der Grund dafür, warum der
ÖGB und nicht die Arbeiterkammer Kollektivverträge auf Arbeitnehmerseite
abschließt.
Schließt nun auf Arbeitgeberseite eine Berufsvereinigung den Kollektivvertrag ab, so hängt es davon ab, ob der Arbeitgeber Mitglied dieser freiwilligen Berufsvereinigung ist. Hat ein Kollektivvertrag überwiegende Bedeutung erlangt, so können durch eine sogenannte Satzung auch jene Arbeitgeber von diesem Kollektivvertrag erfasst werden, die nicht Mitglied dieser freiwilligen Berufsvereinigung sind.
In den meisten Fällen schließt die Wirtschaftskammer Österreich auf Arbeitgeberseite die Kollektivverträge mit dem ÖGB ab. Für die Zuordnung des Unternehmens gemäß § 2 WKG und deren Eintragung in das Mitgliederverzeichnis ist die jeweilige Landeskammer der Wirtschaftskammer zuständig. Damit wird dieses Unternehmen Mitglied jener Fachgruppe, der es von der Kammer zugeordnet wurde und damit auch dem von der Fachgruppe oder den vom einschlägigen Fachverband abgeschlossenen Kollektivvertrag angehörig.
Ist nun
ein Betriebsrat oder ein Arbeitnehmer der Ansicht, dass auf den Betrieb
eigentlich ein anderer (besserer) Kollektivvertrag zur Anwendung kommen müsste
(etwa Industrie statt Gewerbe), so gibt es seit dem Jahr 2001 ein besonderes
Verfahren im WKG.
Nach § 137 WKG kann eine in Betracht kommende kollektivvertragsfähige
Körperschaft der Arbeitnehmer/-innen (etwa die zuständige Fachgewerkschaft)
eine Aufsichtsbeschwerde wegen der Fachgruppenzugehörigkeit eines
Kammermitgliedes einbringen. Gegen solche aufsichtsbehördlichen Bescheide kann
vor dem Bundesverwaltungsgericht Beschwerde geführt werden.
Damit soll einerseits in die Selbstverwaltung der Wirtschaftskammer, deren
Aufgabe unter anderem auch die Zuordnung eines Unternehmens zur einschlägigen
Fachgruppe ist, nicht eingegriffen werden, andererseits aber ein
rechtsstaatliches Verfahren bestehen, in dessen Rahmen auch die spezifischen
Interessen der betroffenen Arbeitnehmer/-innen berücksichtigt werden.
Dieses Verfahren kommt in der Praxis dann zur Anwendung, wenn meist kleinere
Gewerbebetriebe immer stärker wachsen und dann schon weit über 100 oder 200
Mitarbeiter haben und weiterhin in der Fachgruppe Gewerbe eingeordnet sind, obwohl viele Indizien
bereits dafür sprechen, dass es sich um einen Industriebetrieb handelt.
Da in der Praxis zwischen den Gewerbe- und Industriekollektiverträgen aber zum
Teil größere finanzielle Unterschiede bestehen, haben die Arbeitgeber an einem
Fachgruppen- und damit einem Kollektivvertragswechsel relativ geringes
Interesse.
Umgekehrt ist natürlich das Interesse von Betriebsräten, Arbeitnehmer/-innen
und Gewerkschaften sehr groß, dass Arbeitnehmer/-innen in dem für sie
zuständigen und richtigen Kollektivvertrag eingestuft sind. Daher haben die
zuständigen Gewerkschaften die Möglichkeit, dieses Verfahren in Gang zu setzen.
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