Arbeits­unfälle: Vorsorge zahlt sich aus

Im Jahr 2018 gab es insgesamt 99.339 Arbeitsunfälle (inklusive Wegunfälle) von unselbstständig Beschäftigten. Im Vergleich zu den Zahlen aus 2017 lässt sich ein Anstieg um 2,2 Prozent erkennen. Auch die Unfallrate bezogen auf die Anzahl der Erwerbstätigen ist seit 2017 gering angestiegen. Damit setzt nun nach Jahren sinkender Unfallzahlen und Unfallraten eine Trendwende ein.

Grundsätzlich ist die Unfallprävention in Österreich eine Erfolgsgeschichte. Seit der Einführung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) im Jahr 1995 haben sich die Unfallzahlen praktisch halbiert. Einige Maßnahmen der Bundesregierung wie das Ausweiten der Arbeitszeiten, das Reduzieren der Arbeitsinspektion auf eine Beratungsbehörde und die Kürzungen bei der AUVA bedrohen allerdings den erfolgreichen Weg.

Was gilt als Arbeits­unfall?

Als Arbeitsunfälle werden "plötzliche, von außen auftretende Körperschädigungen" bezeichnet, welche in ursächlichem, örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen, welche die Versicherung begründet" - so das Gesetz. Der Schutz der sozialen Unfallversicherung umfasst auch Ausbildungszeiten im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, Wegunfälle von und zur Arbeit sowie Unfälle von Schülern/-innen, Studenten/-innen und Kindern im verpflichtenden Kindergartenjahr.

Aus rechtlicher Sicht ist der Arbeitsunfall klar vom privaten Freizeit- oder Verkehrsunfall abzugrenzen. Die Leistungen der sozialen Unfallversicherung gehen in der Regel weiter als jene der Krankenversicherung und bieten der betroffenen Person somit eine bessere soziale Absicherung.

Oberösterreich leider bundes­weiter Spitzen­reiter

Die Unfallstatistik der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) ermöglicht einen detaillierten Einblick in die Verteilung aller Arbeitsunfälle. Oberösterreich ist regelmäßig unter den unrühmlichen Spitzenreitern, allerdings steht die hohe Zahl an Arbeitsunfällen in direkter Verbindung mit der hohen Anzahl der Erwerbstätigen. Zudem sind viele Menschen im Industriesektor beschäftigt, der als tendenziell unfallträchtiger gilt. 

Wer lange arbeitet, ist mehr gefährdet

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass das Unfallrisiko im Laufe eines Arbeitstages steigt. Während das relative Risiko bis zur 9. Stunde weitgehend konstant bleibt, ist ab dann ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen.

Hinweis

Obwohl die Unfallzahlen im Langzeittrend sinken, sind die Beschäftigten im Bauwesen und im Bereich baunaher Dienstleitungen im Vergleich zur Gesamtwirtschaft einem höheren Risiko ausgesetzt. Unfälle, die sich auf Baustellen ereignen, haben im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen auch häufig schwerere Folgen für die Betroffenen.

In politischen Debatten über die Arbeitszeit (Stichwort: 12-Stunden-Arbeitstag) werden diese wissenschaftlichen Erkenntnisse leider kaum berücksichtigt: 

  • Nach langen Arbeitstagen beziehungsweise in den Abend- und Nachtstunden nimmt die Müdigkeit zu, die Konzentration sinkt und die Unfallgefahr steigt.

  • Hinzu kommt noch das Risiko des Heimweges, wenn übermüdete Beschäftigte als Verkehrsteilnehmer/-innen zur Gefahr für sich selbst und andere werden können.

  • Um Arbeitsunfälle zu vermeiden, sollten Arbeitszeiten gesundheitsfördernd gestaltet werden und ausreichend Erholungsphasen zur Verfügung stehen, anstatt die Arbeitszeiten auszudehnen.

Vorsorge und Prävention wirken

Das langfristige Absinken der Unfallzahlen ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass sich die Anstrengungen im Bereich der Prävention gelohnt haben. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz mit seiner Verpflichtung zur Arbeitsplatzevaluierung hat diesen kontinuierlichen Rückgang an Arbeitsunfällen wesentlich beeinflusst.

Ein wesentlicher Akteur im Bereich der Prävention ist, neben den Sozialpartnern und der Arbeitsinspektion, auch die AUVA. Die von der Bundesregierung durchgeführte Beitragssenkung, welche in den kommenden Jahren noch weitergeführt werden soll, wird negative Folgen auf die Arbeitsunfallprävention in Österreich haben.

Dies wird zu mehr sozialer Unsicherheit und menschlichem Leid bei betroffenen Arbeitnehmern/-innen führen. Dazu müssen zahlreiche Unternehmen mit erheblichen Mehrkosten rechnen. Denn der geringen Reduktion der Lohnnebenkosten stehen zahlreiche verpflichtende Leistungen gegenüber, welche die AUVA bisher kostenlos erbracht hat und welche die Betriebe künftig nicht mehr im gleichen Umfang abrufen können und folglich selbst bezahlen müssen (zum Beispiel die arbeitsmedizinische Betreuung von Betrieben unter 50 Beschäftigten).

Statt die Prävention einzudämmen, sollte der erfolgreiche Weg der vergangenen Jahrzehnte weiterverfolgt werden. Um den Veränderungen in der Arbeitswelt zu begegnen, braucht es eine Weiterentwicklung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und keine Deregulierung und Zerschlagung der wichtigen Institutionen. Die Arbeiterkammer setzt sich für eine Erhaltung des hohen Schutzniveaus ein.

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