AK fordert Experience-Rating in der Arbeitslosenversicherung

Österreichs Betriebe verursachen laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) jährlich zwischen 400 und 500 Millionen Euro  Kosten für die  Arbeitslosenversicherung, weil sie bei Auftragsschwankungen Beschäftigungsverhältnisse vorübergehend beenden, beim Arbeitsmarktservice (AMS) „zwischenparken“ und anschließend wieder einstellen. Hier handelt sich nicht um einzelne schwarze Schafe, sondern um ein systematisches Problem.

Das AMS dient nicht der Profitmaximierung

Diese betriebliche Flexibilisierungsstrategie vorübergehender Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen (temporäre Layoffs) mit anschliesender Wiedereinstellung beim selben Arbeitgeber ist seit Jahrzenten in Österreich gängige Praxis und schadet der Volkswirtschaft.

Im Jahr 2017 verursachten Betriebe durch diese Personalpolitik einen Prozentpunkt der Arbeitsosenquote. Betriebe sind damit für rund ein Achtel der Gesamtarbeitlosigkeit verantwortlich.

Für den Staat entstanden dadurch laut WIFO im Jahr 2017 Kosten in der Höhe von 432 Millionen Euro (52 Millionen Euro alleine in Oberösterreich), weil die betroffenen Arbeitskräfte während der Beschäftigungsunterbrechung Arbeitslosengeld beziehen. Dies sind sehr vorsichtige Berechnungen, da zum Beispiel die vom AMS zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge während der Arbeitslosigkeit noch nicht berücksichtigt sind. Diese SV-Beiträge machen immerhin rund 36 Prozent des direkten Leistungsbezugs aus.  Es geht also dann nicht "nur" um 432 Millionen sondern um 590 Mllionen Euro.

Wir benötigen Ihre Zustimmung, um den Infogram-Service zu laden!

Betroffene Arbeitnehmer leiden darunter

Es ist aber nicht nur ein Problem der öffentlichen Finanzen,  sondern auch für die betroffenen Arbeitnehmer/-innen. Sie sind mit einer ständigen ökonomischen Unsicherheit und mit Zukunftsängsten konfrontiert, werden aus dem betrieblichen Alltag gerissen und haben längerfristig schlechtere Erwerbschancen. 

Wie viele Arbeitnehmer/-innen sind mit dieser Realität konfrontiert?

Im Jahr 2017 waren österreichweit rund 218.000 Arbeitnehmer/-innen nach einer Arbeitslosigkeitsphase unter einem Jahr durch den selben Arbeitgeber wiedereingestellt. In Oberösterreich waren rund 31.100 Arbeitnehmer/-innen betroffen.

Baubranche, Gastronomie und Leiharbeit führend

Betriebe in den Bereichen Bauwirtschaft, Tourismus und Arbeitskräfteüberlassung wählen diese Strategie besonders oft. Das „Parken“ von Beschäftigten beim AMS wird aber in sämtlichen Wirtschaftsbereichen eingesetzt, um den betrieblichen Personalbestand nicht nur auf saisonbedingte, sondern auch auf sonsti-ge Auslastungsschwankungen anzupassen. Auch in den Bereichen „Verkehr und Lagerei“, „Kunst, Unter-haltung und Erholung“, „Grundstücks- und Wohnungswesen“, sowie „Wasser-, Abwasser- und Abfallent-sorgung“ werden relativ häufig Beschäftigungsverhältnisse beendet, und nach kurzer Arbeitslosigkeit werden dieselben Arbeitskräfte wiedereingestellt.

Wer Kosten verursacht soll zahlen!

  • Die Studienautoren Rainer Eppel, Thomas Horvath und Helmut Mahringer weisen auf die Möglichkeit eines „Experience Ratings“ hin, bei dem die Beitragslast der Betriebe für das Arbeitslosenversicherungs-System dem Risiko entsprechender gestaltet werden könnte.
  • Die Finanzierungsbeiträge der Arbeitgeber würden damit von ihrem Kündigungsverhalten abhängen und Betriebe somit – im Sinne des Verursacherprinzips – stärker selbst für die von ihnen mitverursachten Kosten aufkommen. 
  • Diejenigen Betriebe, die wenig Kosten verursachen, könnten im Gegenzug entlastet werden.
  • Erfahrungen aus den USA, wo derartige Systeme seit langem bestehen, zeigen, dass damit die Arbeitslosigkeit und die damit verbundenen Sozialversicherungsausgaben reduziert werden können.

Anreize setzen, Kostenwahrheit schaffen

Aktuell fehlen in Österreich solche Anreizsysteme, weil der Arbeitslosenversicherungsbeitrag für alle Betriebe mit 3 Prozent des Bruttolohns gleich ist. Das Kündigungsverhalten schlägt sich somit nicht in ihren Kosten nieder.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher, dass Betriebe das Arbeitslosengeld im ersten Monat der Arbeitslosigkeit nach der Beschäftigungsbeendigung übernehmen (Ein-Monats-Experience-Rating). 

Dieses Modell entspricht dem Verursacherprinzip, stellt mehr Sicherheit in der Erwerbsbiografie der Arbeitnehmer/-innen her, reduziert der Arbeitslosigkeit und sorgt für eine fairere Verteilung der Finanzierungslasten in der Arbeitslosenversicherung.

„Betriebe, die durch ihre Personalpolitik Kosten verursachen, sollen stärker an diesen beteiligt werden. Jene, die das nicht machen, könnte man dafür entlasten."

 AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.

  • © 2024 AK Oberösterreich | Volksgartenstrasse 40 4020 Linz, +43 50 6906 0

  • Datenschutz
  • Impressum