Abfertigung neu
Für Arbeitsverträge, die ab dem 1.1.2003 abgeschlossen wurden: Wie das neue Abfertigungssystem funktioniert und welche Ansprüche Sie haben.
Eine aktuelle Studie der Gewerkschaft GPA über betriebliche Vorsorgekassen (BVK) in Österreich gibt einen Überblick über deren wirtschaftliche Lage. Mit dem 2003 geschaffenen System der BVK, umgangssprachlich auch bekannt als „Abfertigung Neu“, sollten die bisherigen Abfertigungsverpflichtungen der Arbeitgeber/-innen an eigens dafür eingerichtete Vorsorgekassen ausgelagert werden.
Aktuell gibt es in Österreich folgende 8 Vorsorgekassen:
Alle 8 Abfertigungskassen zusammen verwalteten Ende 2020 ein Vermögen von 14,7 Milliarden Euro für rund 3,6 Millionen Arbeitnehmer/-innen (sogenannte Anwartschaftsberechtigte).
Die größten Marktanteile - gemessen am verwalteten Vermögen - haben VBV (32,6 Prozent), Valida Plus (24,9 Prozent) und Allianz (12,8 Prozent).
HINWEIS
Der Markt ist also stark konzentriert: Die größten 3 Anbieter dominieren über mehr als 70 Prozent des Marktes. Insgesamt zeigt sich ein sehr beschaulicher Wettbewerb.Da das System der BVK gesetzlich verpflichtend ist, der Markt deshalb von selbst wächst und die Verrechnung hoher Kosten durch die Betreiber erlaubt ist, entstehen automatische Gewinne für die Vorsorgekassen. 2020 waren die Einnahmen der BVK mehr als doppelt so hoch als ihre Aufwendungen. Da die Einnahmen aus verrechneten Verwaltungskosten zudem jährlich schneller wachsen als die Aufwendungen, steigen die Gewinne der BVK von Jahr zu Jahr.
Die Auswahl der BVK erfolgt durch eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber/-in und Betriebsrat. Die Vorsorgekassen veranlagen die Beiträge der Arbeitnehmer/-innen und dürfen dafür Kosten berechnen: zum einen Verwaltungskosten von den laufenden Beiträgen und zum anderen Vermögensverwaltungskosten vom verwalteten Vermögen.
Die Verwaltungskosten für die laufenden Beiträge liegen derzeit je nach BVK zwischen 1,3 Prozent und 1,9 Prozent der laufenden Beiträge. Das System weist insgesamt sehr hohe Verwaltungskosten auf: Zwischen 2003 bis 2020 haben die BVK Kosten in Höhe von 37,2 Prozent der erzielten Veranlagungserträge verrechnet.
Bei den Vermögensverwaltungskosten verlangen 4 Anbieter (Allianz, BONUS, Valida Plus und VBV) die gesetzlich maximal erlaubten 0,7 Prozent des verwalteten Vermögens. Die geringsten Vermögensverwaltungskosten verlangt die BUAK – sie kommt mit 0,4 Prozent aus und gehört als einzige Kasse keinem Finanzinstitut. Im Vergleich dazu liegen die Vermögensverwaltungskosten bei Pensionskassen zwischen 0,1 Prozent und 0,25 Prozent. Und das, obwohl Pensionskassen ein deutlich komplexeres und aufwändigeres Produkt anbieten.
Die BVK erzielten 2020 Gewinne von 50,5 Millionen Euro und eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von rund 19 Prozent. Fast die Hälfte der Gewinne wurde an die Aktionäre als Dividende ausgeschüttet.
Dabei war der Veranlagungserfolg der Vorsorgekassen sowohl im vergangenen Jahr als auch in der Langfristbetrachtung 2004-2020 sehr bescheiden: Vergangenes Jahr lag die Rendite bei 1,37 Prozent und die Inflation bei 1,4 Prozent. Im Zeitraum 2004 bis 2020 lag die Rendite bei 2,47 Prozent und die Inflation bei 1,87 Prozent. Allerdings sind bei den angegebenen Renditen die Verwaltungskosten, die von den Beiträgen abgezogen werden, bevor sie veranlagt werden, noch gar nicht berücksichtigt. Macht man das, ergibt sich für Arbeitnehmer/-innen in vielen Fällen eine negative Realverzinsung ihrer Abfertigungsbeiträge.
Das System der „Abfertigung Neu“ mittels gewinnorientierter Vorsorgekassen sollte dringend reformiert werden, um eine kostengünstigere Struktur zu erreichen, damit die Arbeitnehmer/-innen eine positive Realverzinsung ihrer Beiträge und eine vernünftig hohe Abfertigung, also vergleichbar mit jener aus dem alten System, erreichen können. Derzeit ist das System nur ein gutes Geschäft für die Vorsorgekassen beziehungsweise deren Eigentümer/-innen. Deswegen fordern Arbeiterkammern und Gewerkschaften eine deutliche Senkung der gesetzlichen Obergrenze für die Verrechnung von Verwaltungskosten durch die BVK.
Um Arbeitnehmer/-innen eine bessere Übersicht über ihre Ansprüche zu ermöglichen, sollten alle bei vorherigen Arbeitgeber/-innen erarbeitete Abfertigungsansprüche auf die jeweils aktuelle Vorsorgekasse übertragen werden.
Um mehr Kostentransparenz zu erreichen, sollten BVK verpflichtet werden, die von einem Wirtschaftstreuhänder bestätigte Gesamtkostenquote der einzelnen Veranlagungsprodukte anzugeben.
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