Sozialstaatsbeiträge

Mit den sogenannten Lohnnebenkosten wird unser soziales Netz finanziert. Im Wesentlichen sind darunter die Sozialversicherungsbeiträge zu verstehen. Sie sollen helfen, die wichtigsten Bereiche, die die Risiken des Lebens betreffen, abzusichern. Dazu zählen Krankheit, Arbeitslosigkeit, Alter und Unfall. Somit handelt es sich um Sozialstaatsbeiträge

Zusätzlich zum Bruttolohn zahlen Arbeitgeber:innen nur knapp 30 Prozent an Sozialbeiträgen. Damit beteiligen sie sich an der Finanzierung unseres Gesundheitssystems, der Pensionen, des Arbeitslosengeldes, der Unfallversicherung, etc. Der Rest der sogenannten "Lohnnebenkosten" ist der Lohn während des Urlaubs, der Feiertage und der Krankenstände, Weihnachts- und Urlaubsgeld und Abfertigungen – Geld also, das direkt an Arbeitnehmer:innen bezahlt wird! Das verschweigen die Unternehmen gerne.

Gefährden die "Lohn­neben­kosten" die Wettbewerbs­fähigkeit der Wirtschaft?

Hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit haben die sogenannten Lohnnebenkosten allein überhaupt keine Aussagekraft. Wichtiger sind – neben der Qualität der Produkte, der Marktnähe etc. – die sogenannten Lohn-Stückkosten. Das sind die pro Kopf (oder Stunde) bezahlten Löhne im Verhältnis zu den pro Kopf (oder Stunde) neu geschaffenen Werten – vereinfacht gesagt, ist das der Lohnanteil je Wertschöpfungseinheit. Bei den Lohn-Stückkosten in der österreichischen Industrie gab es in den letzten 10 Jahren Auf- und Abbewegungen – in Österreichs Industrie sind sie im Schnitt von 2012 bis 2022 um nicht einmal ein Prozent pro Jahr (0,7 Prozent) gestiegen.

So wirkt sich eine Lohn­neben­kosten­senkung für Sie aus!

  • Weniger Einkommen
    Weniger Urlaubsgeld, weniger Weihnachtsgeld, weniger Abfertigung, ...

  • Weniger bezahlte Freizeit
    Weniger Urlaub, weniger Feiertage, Arztbesuche und Behördengänge nicht mehr in der Dienstzeit, Abzug von Krankenstandstagen vom Urlaub, ...

  • Weniger soziale Sicherheit
    Selbstbehalte beim Arztbesuch, weniger Krankengeld, weniger Pension (mehr unsichere "Eigenvorsorge"), schlechtere Unfallversorgung, weniger Arbeitslosengeld, ...

"Lohn­neben­kosten", die bereits gesenkt wurden

  • Urlaubskürzung (Aliquotierung) bei Selbstkündigung

  • Streichung des Postensuchtags bei Selbstkündigung

  • Auflösung des Entgeltfortzahlungsfonds
    Auch die Auflösung des Entgeltfortzahlungsfonds, aus dem bis zu dessen Abschaffung die Löhne kranker Arbeiterinnen und Arbeiter weiterbezahlt wurden, nutzen viele Unternehmen zur Senkung der "Lohnnebenkosten", in dem sie kranke Arbeiterinnen und Arbeiter einfach kündigen!

  • Senkung der Arbeitgeberbeiträge bei älteren Arbeitnehmer:innen sowie bei Lehrlingen: 
    Zur behaupteten Verbesserung der Situation älterer Arbeitnehmer:innen auf dem Arbeitsmarkt beziehungsweise zur Schaffung zusätzlicher Lehrstellen haben diese Vergünstigungen nicht geführt.

  • Senkung der Unfallversicherungsbeiträge
    Mit dem „Anti-Teuerungspaket“ vom Sommer 2022 wurde der Dienstgeberbeitrag zur Unfallversicherung abermals gesenkt, von 1,2 auf 1,1 Prozent (wirksam ab 2023). Dieser wurde bereits mit 1.1.2019 von 1,3 auf 1,2 % gesenkt, nachdem er schon 2014 von 1,4% auf 1,3% reduziert wurde. (UV-Beitragssenkung um 0,1% = rund 130 Millionen Euro). Eine Begünstigung für Unternehmen auf die Gefahr hin, dass Gesundheitsleistungen für Arbeiter:innen und Angestellte nicht mehr adäquat finanziert werden können.

  • Senkung Familienlastenausgleichsfonds-Beitrag
    Ebenso im Sommer 2022 wurde der Familienlastenausgleichsfonds-Beitrag abermals gesenkt: von 3,9 auf 3,7 Prozent (wirksam ab 2023, spätestens 2025). Dieser wurde schon ab 2016 um 0,4 Prozentpunkte und um weitere 0,2 Prozentpunkte ab 2018 gesenkt. (Senkung des FLAF-Beitragssatzes = rund 800 Millionen Euro jährlich

  • Senkung Insolvenzausfallsgeldfonds-Beitrag
    Auch der IESG-Beitrag wurde schon 2016 von 0,45 auf 0,35 um 0,1 Prozentpunkte verringert, bis 2021 auf 0,2 Prozent gesenkt und abermals dann 2022 auf 0,1% halbiert. 2007 lag dieser noch bei 0,7%. (IESG-Senkung (um 0,2%): in Summe rund 230 Millionen Euro jährlich)

  • Mit 1. Jänner 2024 wurde der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung für Dienstnehmer:innen und Dienstgeber:innen jeweils von 3,0 auf 2,95 Prozent gesenkt.

Darüber hinaus fordern die Unternehmen seit Jahren die Streichung bezahlter Feiertage, Selbstbehalte beim Arztbesuch, den Abzug von Krankenständen und Kuraufenthalten vom Urlaub, etc.

Die wiederholten Senkungen der Dienstgeber-Sozialbeiträge verursachen milliardenschwere Einnahmenausfälle, die bei der Finanzierung sozialer Sicherheit fehlen.

Bei den Unternehmen führen diese Senkungen nur zu weiter steigenden Gewinnen. Zusammen mit den Gewinnsteuersenkungen wird ihr Beitrag zur Finanzierung öffentlicher Leistungen immer geringer!

Für Arbeitnehmer:innen drohen aufgrund der fehlenden Gelder in den Sozialtöpfen aber (weitere) Kürzungen bei den Leistungen aus der Sozialversicherung.

Wertschöpfungs­abgabe als Alternative

Eine Lohnnebenkostensenkung ist weder notwendig noch gerecht. Sinnvoll hingegen wäre, dass die Sozialbeiträge der Unternehmen nicht nur von den Löhnen und Gehältern, sondern von der gesamten Wertschöpfung eines Betriebes berechnet werden. Damit würden sich Betriebe, die Beschäftigte wegrationalisieren, nicht wie jetzt Abgaben ersparen, sondern genauso zur Finanzierung unseres Sozialstaates beitragen, wie arbeitsintensive Unternehmen.

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