Sozialstaat wirkt!

Mit sozialen Leistungen federt der Sozialstaat Risiken ab, die jeden Menschen im Laufe des Lebens treffen können. Dazu zählen etwa Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Arbeitsunfälle. Diese sozialen Leistungen kommen allen unabhängig von der Höhe ihres Einkommens (ausgenommen Notstandshilfe und Sozialhilfe) zugute.

Ein wichtiger Grundsatz unseres Sozialstaats ist Solidarität. Das Solidarprinzip in der Sozialversicherung verhindert, dass Personen mit einem größeren Risiko (etwa krank zu werden) höhere Beiträge zahlen müssen, wie das bei privaten Versicherungen der Fall ist.

Der Sozial­staat ist für alle da

Das Ausmaß der gesamten Sozialausgaben und ihre Inanspruchnahme durch die verschiedenen Einkommensgruppen der Gesellschaft stellt das WIFO in seiner Studie „Umverteilung durch den Staat in Österreich“ (siehe Studie und A&W-Blog) dar.

Ein gut ausgebauter Sozialstaat nützt allen. Und jene, die aufgrund besonderer Umstände mehr Unterstützung brauchen, bekommen sie auch:

  • Fast 3 Viertel aller Sozialausgaben (ohne Pensionen) entfallen auf die beiden Bereiche "Gesundheit und Pflege" (44 Prozent) und "Bildung" (29 Prozent), die von allen Einkommensgruppen fast gleichmäßig in Anspruch genommen werden.

Sozialstaat schafft Ausgleich

Durch staatliche Ausgaben und Steueraktivitäten wird die Wohlstandslage der österreichischen Haushalte deutlich ausgeglichener. Die einkommensschwachen Haushalte können ihren geringen Einkommensanteil fast verdoppeln, bei den einkommensstarken gibt es kleine Rückgänge. Das mittlere Einkommensdrittel bleibt etwa gleich.

Ohne Sozialstaat bezieht das Haushaltsdrittel mit den niedrigen Einkommen nur 12 Prozent aller Einkommen („Markteinkommen“ wie Brutto-Löhne, Gewinne, Mieterträge, Zinsen, Dividenden sowie aus Ansprüchen der Erwerbstätigkeit entstandenes Pensionseinkommen). Nach der Einhebung von Steuern und der Nutzung von sozialstaatlichen Ausgaben erhöht sich der Anteil auf 22 Prozent des gesamten Einkommens (inklusive sozialer Sachleistungen wie Kinderbetreuung).

Der Anteil des mittleren Gesellschaftsdrittels bleibt mit 30 Prozent etwa gleich.

Beim Drittel mit den hohen Einkommen gibt es einen Rückgang von 59 auf 48 Prozent.

Staats­ausgaben wirken um­verteilend, Steuern nicht

Eine Besonderheit dabei ist, dass die Steuer- und Abgabenpolitik insgesamt kaum umverteilend wirkt, da die Abgabenleistung, wie etwa Lohnsteuer und Mehrwertsteuer, dem ursprünglichen Einkommensanteil entspricht: So bezieht das bestverdienendste Drittel 59 Prozent der Einkommen und zahlt 63 Prozent aller Steuern und Abgaben. Ähnlich verhält es sich beim mittleren Drittel mit einem Steueranteil von 26 Prozent (Einkommensanteil 29 Prozent). Das einkommensschwächste Drittel, das 12 Prozent der Einkommen bezieht, bezahlt 11 Prozent der Steuern und Abgaben.

Erst die sozialstaatlichen Ausgaben wirken umverteilend: Das geringverdienendste Drittel nimmt 44 Prozent aller Geld- und Sachleistungen in Anspruch, das mittlere Drittel beansprucht etwa 1 Drittel (31 Prozent) der Leistungen und das bestverdienende Drittel erhält etwa 1 Viertel (26 Prozent). Alles zusammengenommen entsteht die oben beschriebene ausgleichende Wirkung.

Niedrig­verdiener zahlen fast so viel Steuern wie Großverdiener

„Die Schieflage im österreichischen Steuersystem, also die viel zu hohe Besteuerung von Arbeit auf der einen und sehr niedrige Besteuerung von Vermögen und Kapital auf der anderen Seite, ist ein Problem, welches durchwegs bekannt ist. Weniger bekannt ist, dass das österreichische Steuersystem in seiner Gesamtheit betrachtet auch wenig progressiv ist. Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass jene, die es sich leisten können, auch relativ betrachtet einen größeren Anteil am Steuersystem schultern sollten, als weniger einkommensstarke Menschen. Je stärker dieses ausgeprägt ist, desto progressiver ist ein Steuersystem.

In Österreich stehen der progressiven Lohn- und Einkommensteuer (der Steuersatz steigt mit steigendem Einkommen) gegenteilige Elemente nämlich regressive Steuern und Abgaben, wie Konsumsteuern und Sozialabgaben, gegenüber. Hier leisten kleine Einkommen prozentuell einen größeren Beitrag als große Einkommen.

Insgesamt ergibt sich deshalb wenig Unterschied in den relativen Beiträgen von Großverdienern und Kleinverdienern. Von ihrem gesamten Einkommen (aus Arbeit und Sozialtransfers) zahlen die österreichischen Erwerbstätigen-Haushalte im niedrigverdienenden Zehntel etwa 41 Prozent für Steuern und Abgaben. Im hochverdienenden Zehntel sind es nur rund 8 Prozentpunkte mehr.

Anders als oft dargestellt, werden die gesamten Sozialbeiträge (auch der sogenannte Dienstgeber-Beitrag – siehe dazu Lohnnebenkosten) faktisch von den Arbeitenden getragen, wie auch das WIFO in seiner Studie feststellt. 

Aufgrund dieser Verteilung der Gesamtheit aller Steuerbeiträge ist es auch problematisch, wenn Geringverdiener/-innen von größeren Reformen, die meistens in der Lohnsteuer stattfinden, nicht auch begünstigt werden. Dies wird vielfach dadurch gerechtfertigt, dass diese wenig oder keine Lohnsteuer bezahlen und nur die vermeintlichen „Leistungsträger“ entlastet werden müssen. Wenn Menschen mit kleinen Einkommen jedoch keine Lohnsteuer bezahlen, bedeutet das nicht, dass sie keine Leistungsträger/-innen im Steuersystem (von der Arbeitsleistung an sich ganz zu schweigen) sind. Es bedeutet nur, dass ihr Einkommen zu niedrig ist, um über die Steuerfreigrenze zu kommen. Dafür bezahlen diese Einkommensgruppen aber umso größere relative Beiträge über Sozialversicherungsabgaben und Konsumsteuern. Steuerreformen müssen deshalb alle Einkommensgruppen berücksichtigen!

Digitalisierungs­gewinne gerecht verteilen

Die – auch durch die zunehmende Digitalisierung – steigende Wertschöpfung muss gerecht verteilt werden. Insbesondere kann das Aufkommen der Steuern wertschöpfungsorientierter gestaltet werden: Indem die sogenannten Dienstgeber-Beiträge nicht allein von den Löhnen und Gehältern der Beschäftigten berechnet werden, sondern von der gesamten Wertschöpfung (inklusive Gewinnen), die in einem Unternehmen erzielt wird. Das ist weder eine neue Unternehmenssteuer, noch eine Maschinenbesteuerung, sondern eine Änderung der Berechnungsbasis.

Unternehmen, die mit wenig Personal hohe (Digitalisierungs-)Gewinne erzielen, sollen einen gerechteren Beitrag leisten. Das könnte auch wie ein echter Beschäftigungsbonus wirken, da personalintensive Betriebe nicht mehr den Hauptanteil zur Finanzierung sozialer Sicherheit aufbringen müssen.

Die AK fordert: Sozialstaat weiter ausbauen

Der österreichische Sozialstaat ist im internationalen Vergleich gut ausgebaut. Die Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft - wie etwa die weitere Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Erreichung von Vollbeschäftigung, Kinderbetreuung und Pflege - ist ein Ausbau des Sozialstaats und kein Abbau.

Darum fordert die AK:

  • Ein klares Bekenntnis zu einem starken und verlässlichen Sozialstaat. Dazu gehört es, die Finanzierung des Sozialstaates auf lange Frist sicherzustellen und auch den Faktor Arbeit bei der Finanzierung zu entlasten und dafür Gewinne, Großvermögen und Erbschaften in die Pflicht zu nehmen.

  • Weitere Initiativen setzen, um die Arbeitslosigkeit  insbesondere von Älteren zu bekämpfen und die soziale Absicherung zu stärken. Die Aktion 20.000 sollte zu einer echten Jobgarantie ausgebaut werden, die Menschen ab 45, die mindestens 2 Jahre lang keine Arbeit finden konnten, eine Beschäftigungsmöglichkeit garantiert.

  • Soziale Sicherung armutsfest machen! Die von der abgesetzten türkis-blauen Regierung implementierte neue Sozialhilfe, - die die Mindestsicherung abgeschafft hat -  ist gänzlich zu überarbeiten, da sie Ungleichheit, Armut und soziale Ausgrenzung stark erhöht. Das letzte Netz der sozialen Sicherung soll Integration fördern und soziale Notlagen lindern, nicht diese noch weiter verschärfen.

  • Ausbau der sozialen Infrastruktur! Gerade in den Bereichen Kinderbetreuung und Pflege ist ein Ausbau der Leistungen notwendig und rechnet sich auch ökonomisch.
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