AK-Vorschläge für mehr Fairness bei Pensionsberechnung
In Österreich klafft eine deutliche Lücke zwischen den Pensionen von Frauen und Männern. Die Arbeiterkammer Oberösterreich hat daher erstmals eine Pensionsstudie beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) beauftragt. Die Studie zeigt, was die Änderungsvorschläge zur Erhöhung der viel zu niedrigen Frauenpensionen bewirken und was sie kosten.Der Unterschied zwischen Männer- und Frauenpensionen, der sogenannte Gender Pension Gap, beträgt in Österreich im Jahr 2024 immer noch rund 40 Prozent. In Oberösterreich ist der Unterschied zwischen Männern und Frauen noch größer: Der Gender Pension Gap liegt hier bei 45,4 Prozent. Österreichweit liegt unser Bundesland nach Vorarlberg an vorletzter Stelle. Gründe für die Schlechterstellung von Frauen sind die Hürden, mit denen sie im Erwerbsleben konfrontiert sind: lange Teilzeitphasen, niedrigere Einkommen und Unterbrechungen aufgrund von Kindererziehungs- und Pflegezeiten.
Frauenpensionen endlich gerechter machen
Vor dem Hintergrund hoher geschlechtsspezifischer Unterschiede in der gesetzlichen Alterssicherung in Österreich untersucht die Studie die Auswirkungen verschiedener Änderungen im Pensionsrecht auf die Höhe der Alterseinkommen und den Gender Pension Gap. Diese beinhalten die Höherbewertung der Teilversicherungszeiten für Kindererziehung und Arbeitslosigkeit sowie die Einführung eines ausgleichenden Aufwertungsfaktors, damit die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt nicht in die Pension übertragen wird (Gender-Pay-Gap-Faktor).
Szenario 1:
Im ersten Szenario wurden die Teilversicherungsbeiträge für Zeiten der Kindererziehung, die in der Regel in den ersten 4 Lebensjahren eines Kindes gebühren, von derzeit 2.163,78 Euro pro Monat der Kindererziehung (im Jahr 2024) auf das mittlere Bruttomonatsentgelt von ganzjährig Vollzeitbeschäftigten (Median) angehoben. Geht man davon aus, dass Kindererziehungszeiten nur bei Frauen angerechnet werden, verringert das die geschlechtsspezifische Pensionslücke um rund 4 Prozentpunkte von 41,7 Prozent auf 37,2 Prozent.
Eine höhere Bewertung von Kindererziehungszeiten erhöht die durchschnittliche Bruttopension aller Geschlechter um 58 Euro von 1.714 Euro auf 1.772 Euro. Die durchschnittliche Bruttopension der Frauen steigt von 1.313 Euro auf 1.414 Euro, ohne die der Männer zu verändern.
Durch die Aufwertung verringert sich der Gender Pension Gap von rund 937 Euro beziehungsweise 41,7 Prozent um 101 Euro auf rund 836 Euro beziehungsweise 37,2 Prozent. Von der Höherbewertung der Kindererziehungszeiten sind ausschließlich Mütter betroffen. Für sie erhöht sich die durchschnittliche Bruttopension um 133 Euro von 1.309 Euro auf 1.442 Euro.
Szenario 2:
Hier wird eine Höherbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit durch die Anrechnung von 90 Prozent statt 70 Prozent der Bemessungsgrundlage (Letztbezug) des Arbeitslosengeldes bei Bezug von Arbeitslosengeld und von 80 Prozent statt 64,4 Prozent der Bemessungsgrundlage des Arbeitslosengeldes bei Bezug von Notstandshilfe vorgenommen. Für alle Personen mit Arbeitslosigkeitsphasen würde ihre Pension im Schnitt um 2 Prozent höher ausfallen.
Die höhere Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit wirkt sich im Durchschnitt nur geringfügig aus, da typischerweise nur ein kleiner Teil der Erwerbsbiographie und damit der Pensionsberechnung auf Zeiten der Arbeitslosigkeit entfällt. Insgesamt steigt die durchschnittliche Bruttopension aller Geschlechter um 21 Euro von 1.714 Euro auf 1.735 Euro, jene der Frauen um 18 Euro von 1.313 Euro auf 1.331 Euro und jene der Männer um 23 Euro von 2.250 Euro auf 2.273 Euro.
Der Gender Pension Gap steigt in absoluten Zahlen marginal von 937 Euro auf 941 Euro. Prozentual gesehen sinkt er von 41,7 Prozent auf 41,4 Prozent.
Szenario 3:
Die Einführung eines Aufwertungsfaktors (Gender-Pay-Gap-Faktor), durch den die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt gemindert wird, würde sich positiv auf die Pensionshöhe von Frauen auswirken. Durch den Aufwertungsfaktor wird die jährliche Beitragsgrundlage einer erwerbstätigen Frau um jenen Prozentsatz erhöht, um den ihre Beitragsgrundlage von der durchschnittlichen Beitragsgrundlage der Männer abweicht.
Werden die individuellen jährlichen Beitragsgrundlagen der Frauen um den Aufwertungsfaktor erhöht, steigt die durchschnittliche Bruttopension der Frauen um rund 10 Prozent. Der Abstand zwischen Frauen- und Männerpensionen würde sich dadurch deutlich verringern: Der Gender Pension Gap würde in diesem Fall um knapp 6 Prozentpunkte auf 35,9 Prozent sinken.
Die umgesetzte Erhöhung der jährlichen Beitragsgrundlage einer erwerbstätigen Frau um die prozentuelle Abweichung ihrer Beitragsgrundlage von der durchschnittlichen Beitragsgrundlage der Männer erhöht die durchschnittliche Bruttopension um 129 Euro von 1.313 Euro auf 1.442 Euro, die der Männer bleibt unverändert bei 2.250 Euro.
Der Gender Pension Gap verringert sich dadurch um 129 Euro von 937 Euro beziehungsweise 41,7 Prozent auf 808 Euro beziehungsweise 35,9 Prozent.
Finanzierung machbar und mit nachhaltigen Effekten
Die Höherbewertung der Kinderziehungszeiten für Neupensionist:innen des Jahres 2021 würde rund 63 Millionen Euro pro Jahr kosten. Die Höherbewertung der Arbeitslosenzeiten hätte mit 25 Millionen Euro für die Pensionsneuzugänge 2021 den geringsten Mehraufwand aller Szenarien. Der simulierte Aufwertungsfaktor erhöht die Frauenpensionen maßgeblich und führt daher auch zu höheren Mehrausgaben von 95 Millionen Euro.
In Summe ist der jährliche Mehraufwand überschaubar in Relation zu den positiven Effekten.
Sehr viele Menschen würden profitieren
In einem weiteren Schritt wurden die Ergebnisse auf die Haushaltsebene übertragen und überprüft, wie viele Menschen von den Szenarien betroffen wären.
Als direkt Betroffene gelten Personen, deren persönliches Einkommen sich durch eine höhere Pension ändert. Als indirekt betroffen gelten alle Personen, deren persönliches Einkommen sich nicht ändert, in deren Haushalt aber direkt betroffene Mitglieder leben.
In den Szenarien 1 (Kindererziehungszeiten) und 3 (Aufwertungsfaktor) wird beabsichtigt, gezielt das persönliche Einkommen von Frauen zu erhöhen. In Szenario 1 beträgt die Zahl der direkt betroffenen Frauen 375.000, die Zahl der direkt und indirekt Betroffenen liegt bei 735.000. In Szenario 3 sind rund 392.000 Frauen direkt betroffen, wobei etwa ebenso viele Personen aufgrund des höheren Haushaltseinkommens indirekt betroffen sind (insgesamt 777.000). In Szenario 2 (Arbeitslosengeld) sind mit 802.000 sowohl Männer als auch Frauen direkt oder indirekt betroffen.
Haushaltseinkommen würden deutlich steigen
Die Höherbewertung der Kindererziehungszeiten (Szenario 1) und die Einführung eines Aufwertungsfaktors (Szenario 3) würden für Pensionist:innen ein deutlich höheres Haushaltseinkommen bedeuten. In Szenario 1 würde das Haushaltseinkommen um 1,3 Prozent wachsen, in Szenario 2 um 0,3 Prozent und in Szenario 3 um 1,4 Prozent.
Forderungen der Arbeiterkammer Oberösterreich
Ausbau sozialer Dienstleistungen:
- Ausbau vollzeittauglicher, ganzjähriger Kinderbildungs- und -betreuungsplätze mit verbindlichen Qualitätsstandards.
- Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Geburtstag.
- Ausbau der professionellen Dienste der Pflege inklusive Rechtsanspruch, sowie Ausbau kostenloser Kurzzeitpflege, Tageszentren und Entlastungsdienste.
Verbesserungen im Pensionssystem:
- Anheben der Kindererziehungs- und Pflegekarenzzeiten für die Teilpflichtversicherung am Pensionskonto auf die Höhe des Medianeinkommens aller Vollzeitbeschäftigten.
- Eine Höherbewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit am Pensionskonto.
- Die nächste Regierung sollte bei den Pensionsberechnungen einen Aufwertungsfaktor einführen, durch den die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt nicht in die Pension übertragen wird. Die Einführung eines Aufwertungsfaktors (Gender-Pay-Gap-Faktor), der die individuellen jährlichen Beitragsgrundlagen der Frauen um den Gender Pay Gap gegenüber der jährlichen Durchschnittsbeitragsgrundlage der Männer erhöht, würde – wie die WIFO-Studie bestätigt – den Gender Pension Gap deutlich reduzieren.
Beseitigung aller geschlechtsspezifischen Ungleichheiten am Arbeitsmarkt:
- Gleicher Lohn/Gehalt für gleich(wertig)e Arbeit
- Ein kollektivvertraglicher Mindestlohn von 2.000 Euro brutto bei Vollzeit
- Recht auf Vollzeitbeschäftigung
- Eine echte Einkommenstransparenz
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