Studieren in Österreich: Probleme der Vereinbarkeit nehmen zu, soziale Lage angespannt
Die neueste Studierenden-Sozialerhebung 2023 macht es deutlich: Die Vereinbarkeit von Studium und Beruf wird zu einer immer größeren Herausforderung für Österreichs Studierende. Immer mehr Studierende müssen neben dem Studium arbeiten, um sich die Ausbildung finanzieren zu können.
Großteil muss neben dem Studium arbeiten
Knapp 70 Prozent der Studierenden sind heutzutage berufstätig und auch das Wochenstundenausmaß hat sich zu den vergangenen Jahre deutlich erhöht. Wer arbeiten gehen muss, um die Lebenserhaltungskosten zu finanzieren, hat logischerweise umgekehrt weniger Zeit zum Studieren und schafft somit auch kaum einen Studienabschluss in Regelstudienzeit. Laut Erhebung muss ein Großteil der erwerbstätigen Studierenden (81 Prozent) spürbar im Studium zurückstecken, sobald sie mehr als 9 Wochenstunden erwerbstätig sind.
Die Studie zeigt auch deutlich, dass zwar immer mehr Frauen (56 Prozent) ein Studium aufnehmen, die stereotype Studienrichtungswahl unverändert bleibt: Frauen wählen vor allem Ausbildungen im Bereich Bildungswesen, Gesundheit und Soziales und kaum Ingenieurwesen oder Informatik.
Zur „First Generation“ (Studierende, deren Eltern selbst nicht studiert haben) zählten im Wintersemester 2022/2023 mehr als die Hälfte der Studienanfänger:innen (57 Prozent), das heißt, sie kommen nicht mehr wie früher aus vorwiegend akademischen Familien. Eine sehr erfreuliche Entwicklung in Richtung mehr sozialer Heterogenität der Studierenden und im Sinne der Durchlässigkeit des Hochschulsystems einerseits.
Andererseits macht die Studie auch deutlich, dass es für diese Studierenden aus vielerlei Gründen immer schwieriger wird: verstärkte Erwerbstätigkeit, verzögerter Übertritt ins Hochschulsystem, längere Verweildauer im Studium, Fokus auf berufsbegleitende Studienangebote (insbesondere an Fachhochschulen), längerer Verbleib im elterlichen Haushalt, um Wohnkosten zu sparen, erhöhtes Risiko für einen Studienabbruch.
Laut Studie leiden knapp 30 Prozent der Studierenden unter (sehr) starken finanziellen Schwierigkeiten.
Über die systematische Verengung des Bildungssystems nach oben und die damit einhergehende strukturelle Ausgrenzung von Studierenden, deren Eltern maximal über einen Pflichtschulabschluss verfügen, berichtet der AK-Bildungsmonitor 2023.
Noch immer kommen 90 Prozent der Studierenden laut Studierenden-Sozialerhebung 2023 mit einer klassisch traditionellen Matura an die Hochschule. Nur 10 Prozent kommen über den zweiten Bildungsweg (Berufsreifeprüfung, Studienberechtigungsprüfung etc.).
Im Sinne eines durchlässigen Bildungssystems hat Österreich in puncto Chancengerechtigkeit und Vielfalt an Bildungswegen noch viel zu tun. Formale Zugangsbeschränkungen, Aufnahmeprüfungen und Barrieren in Form von Studiengebühren verengen diesen Zugang noch mehr und führen zu einer vergleichsweise niedrigen Akademikerquote in Österreich.
AK-Forderung endlich erfüllt: Studienbeihilfe wird rückwirkend angehoben
Eine jahrelange Forderung der AK Oberösterreich wurde endlich umgesetzt: Die Einkommensgrenze bei der Studienbeihilfe und bei der Familienbeihilfe werden rückwirkend ab 1. Jänner 2024 von 15.000 Euro auf 16.455 Euro pro Jahr angehoben. Das entspricht einer Erhöhung von 9,7 Prozent. Ab 2025 wird zudem die Einkommensgrenze jährlich automatisch an die Inflation angepasst. Das bedeutet eine wesentliche Verbesserung, insbesondere für Studierende, die zur Finanzierung des Studiums arbeiten müssen.
Für viele Studierende, vor allem aus Haushalten mit geringem Einkommen, ist der Alltag nicht einfach zu meistern. Gerade in Zeiten großer Teuerungswellen stehen sie vor finanziellen Herausforderungen. Studierende aus nicht wohlhabenden Haushalten müssen in Österreich besonders oft neben dem Studium arbeiten, stecken beim Studium zurück und brauchen dringend eine spürbare Entlastung und finanzielle Unterstützung.
Laut aktueller Eurostudent-Studie ist über die Hälfte (56 Prozent) der österreichischen Studierenden das ganze Jahr über berufstätig, weitere 13 Prozent zumindest zeitweise. Studentinnen arbeiten im Schnitt 20 Wochenstunden, Studenten 23. Auch Studieren mit Kind ist hierzulande eher eine Seltenheit, weil die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Studium kaum möglich ist. Bildungswege und Bildungswünsche dürfen nicht von den finanziellen Mitteln der Eltern abhängen.
AK-Stipendienrechner unterstützt bei Finanzierungsfragen
Die AK Oberösterreich bietet Studierenden unter stipendienrechner.at eine bequeme Online-Hilfe bei Fragen zur Finanzierung des Studiums. Der Stipendienrechner ermittelt den eigenen Anspruch auf Studienförderung und ermöglicht damit einen breiteren Zugang zu höherer Bildung. Kostenlos und jederzeit. Die Einreichfrist für Anträge auf Studienbeihilfe läuft im Wintersemester 2024/25 von 20. September bis 15. Dezember.
Die AK Oberösterreich fordert:
- Kostenfreie Zugangsberechtigungen zur Hochschule über den zweiten Bildungsweg, Zugänge breiter regeln, Alternativen schaffen und die bessere Anerkennung von erworbenen Kompetenzen
- Abschaffung der Studiengebühren an den Fachhochschulen sowie für berufstätige Studierende an den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen
- Maßnahmen zur Erhöhung der sozialen Durchlässigkeit, wie etwa eine weitere Verbesserung der Studienförderung
- Besondere Berücksichtigung berufstätiger Studierender bei der Mittelzuweisung an Hochschulen
Bei Fragen rund um Aus- und Weiterbildung hilft die Bildungsberatung der AK Oberösterreich kostenlos und vertraulich, telefonisch, elektronisch und im persönlichen Gespräch.
Neu sind schriftliche Beratungsangebote per WhatsApp unter +43 50 6906 1601 und per Facebook-Messenger.
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