24.07.2024

Flug-CO2-Kompensation: Klima­­sünden wieder gut machen?

Fliegen ist verheerend fürs Klima. Um die dringend notwendigen Klimaziele von Paris einhalten zu können, lautet die Devise „CO2-Sparen“. Völlig vermeiden lässt sich der CO2 Ausstoß oft nicht. Dafür gibt es die Möglichkeit zur CO2 -Kompensation. Dabei soll an anderer Stelle so viel CO2 eingespart werden, wie bei einer Flugreise verursacht wurde. Der Konsumentenschutz der Arbeiterkammer Oberösterreich hat die relevantesten Kompensations-Anbieter am österreichischen Markt verglichen und bewertet.

Test­sieger: Atmosfair und MyClimate

Der Konsumentenschutz hat die freiwilligen Kompensationsangebote für Privatkund:innen von 3 Kompensationsanbietern und 2 Fluglinien, darunter die Airline Lufthansa (zu der auch die Austrian Airlines gehört) und die Billigfluglinie Ryanair, untersucht und miteinander verglichen. Im Test überzeugten die Lösungen von atmosfair und myclimate, die die Beurteilung „sehr gut“ erhalten haben. Lufthansa/Austrian Airlines erhielten ein „gut“, ClimateAustria und Ryanair nur ein „ausreichend“.

Wie wurden die CO2-Flug­kompensationen bewertet?

Neben Qualität der Klimaschutzprojekte und der Transparenz der Mittelverwendung, war ein Praxistest entscheidend für die Beurteilung. Darüber hinaus war für die Bewertung wichtig, wie ernsthaft Anbieter und Fluglinien darauf hingewiesen haben, dass die Vermeidung von CO2-Emissionen wichtiger ist, als deren Kompensation.

Kompensation finanziert Klima­schutz

Das Geld, das Konsument:innen für Kompensation zahlen, fließt in Klimaschutzprojekte, zum Beispiel in den Bau von Solar-, Biomasse- und Windkraftwerken, der Bereitstellung von sauberem Trinkwasser (um das Abkochen zu sparen) oder in die Aufforstung von Wäldern.

Die meisten Projekte werden in so genannten Entwicklungsländern umgesetzt. Darüber hinaus werden etwa bei myclimate und Ryanair auch neue technologische Ansätze finanziert, wie etwa die Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre, was technisch noch schwierig und sehr teuer ist. Prinzipiell werden also Klimaschutzprojekte finanziert.

Förderung von neuen Treib­stoff-Technologien

Lufthansa/Austrian Airlines bieten auch die Möglichkeit der Förderung von Forschungsprojekten von nachhaltigen Flugtreibstoffen, so genannten Sustainable Aviation Fuels (SAF), also Treibstoffen, die aus nichtfossilen Rohstoffen nachhaltig hergestellt werden. Dieser kann von den Konsument:innen, wenn gewünscht, zugekauft werden. Die EU sieht vor, dass Fluggesellschaften ihre Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null reduzieren, was bedeutet, dass ein Teil der Verantwortung die eigenen Klimaziele auf Konsument:innen abgewälzt werden.

Klima­projekte durch hohe Standards zertifiziert

Mitentscheidend für das AK-Testurteil ist die Qualität der Kompensationsprojekte. Klimaschutzprojekte gelten dann als besonders glaubhaft und hochwertig, wenn die Treibhausgaseinsparungen von einem unabhängigen Institut (z.B. Gold Standard) geprüft und zertifiziert werden. Die Projekte aller getesteten Anbieter erfüllen dieses Qualitätskriterium, mit einer Ausnahme: Ryanair kann nur teilweise eine externe Zertifizierung für seine Projekte nachweisen.

Vermeiden besser als Kompensieren

Lediglich der Anbieter atmosfair erläutert auf deren Website ernsthaft und umfangreich, dass die Vermeidung von CO2 Emissionen besser ist als deren Kompensation. Am besten wäre es, die Emissionen würden gar nicht erst anfallen. Nur unvermeidbare Emissionen sollten demnach auch kompensiert werden. Konsument:innen werden zudem über das Thema Klimaschutz umfangreich informiert. Diese Kommunikation wird mit „sehr gut“ bewertet, alle anderen Anbieter oder Airlines erhalten hier lediglich ein „ausreichend“.

Praxis­test legt Unter­schiede offen

Ein Praxistest macht deutlich, dass die verschiedenen Kompensationsangebote zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen für die gleiche Flugstrecke führen. Dabei wurde ermittelt wie viel Kilogramm CO2-Äquivalente laut Anbieter für einen Hin- und Rückflug von Wien nach London anfallen, welcher Preis für die Kompensation dieser zu zahlen ist und wie hoch demnach der Preis für eine Tonne CO2 ist.

Offensichtlich werden von Anbietern, wie Airlines sehr unterschiedliche Berechnungsmethoden (genauer gesagt der Emissionsfaktor pro Flug-km) angewendet, was zu gänzlich anderen Ergebnissen führt.

Fazit aus dem Praxis­test

  • So ist sehr überraschend, dass die Menge an CO2-Äquivalente, die bei der gleichen Flugstrecke (Wien-London-Wien) anfallen, je nach Anbieter äußerst unterschiedliche Ergebnisse lieferte. Während myclimate auf 627 kg CO2-Äquivalente kam, waren es bei Ryanair nur 166 kg.
  • Auch der Preis, den Konsument:innen für die Kompensation dieser Emissionen zahlen sollten, variierten extrem. Ryanair verlangt für diesen Flug eine Mindestpauschale von 2 Euro, mit der Option zur freiwilligen Zahlung von 3,98 Euro. Bei Lufthansa/Austrian Airlines wurden Kompensationskosten von 53,25 Euro vorgeschlagen, wobei Konsument:innen für diesen Flug aber optional zwischen 4,08 und 167,33 Euro Kompensationskosten bezahlen konnten.
  • Vergleicht man die Preise der freiwilligen Kompensation mit jener des verpflichtenden Emissionshandels der EU, an dem Fluggesellschaften seit 2005 teilnehmen müssen, ergeben sich ebenfalls drastische Unterschiede: Während Fluggesellschaften aktuell etwa 80 Euro für das Recht bezahlen, eine Tonne CO2 auszustoßen, ergeben sich bei der freiwilligen Kompensation im Schnitt Preise von etwa 25 Euro. Aufgrund der großen Varianz, die bei Lufthansa/Austrian Airlines gezahlt werden kann, wurde diese beim Durchschnittspreis allerdings nicht mitgerechnet.
  • Nicht nur die CO2-Ergebnisse unterscheiden sich je nach Anbieter stark, sondern auch der Preis pro Tonne CO2. Eine Erklärung für die große Varianz beim Gesamtpreis sind wohl auch die unterschiedlich großen Anteile an Projektabwicklungs- und Verwaltungskosten, die eingerechnet werden.
  • In punkto Transparenz überzeugen atomsfair und myclimate im Praxistest mit „sehr gut“, auch ClimateAustria und Lufthansa/Austrian Airlines erhalten ein „gut“ in Bezug auf Berechnungsmethodik und Kostennachvollziehbarkeit. Aufgrund der intransparenten Berechnungsmethode wird Ryanair kritisch bewertet.

Welt retten durch Kompensation?

Mit einem Treibhausgasausstoß von 8,7 Tonnen CO2 pro Kopf liegen Österreicher:innen weit über dem weltweiten Durchschnitt. Bei freiwilligen Kompensationsangeboten handelt es sich um die Finanzierung von Klimaschutzprojekte. Der Preis der „Kompensation“ kann dabei gänzlich frei gestaltet werden.

Natürlich können damit die entstandenen Treibhausgasemissionen eines Fluges nicht rückgängig gemacht werden. Insofern ist es immer noch nachhaltiger mit der Bahn zu fahren, anstatt einen Flug im Nachgang zu kompensieren. Nichtsdestotrotz macht es Sinn, Klimaschutzprojekte zu unterstützen, die sonst nicht umgesetzt werden könnten. Als kritisch ist es allerdings zu betrachten, wenn Airlines ihre technischen Entwicklungskosten über das schlechte Gewissen von Konsument:innen finanzieren wollen.

So verkleinert sich der Klima-Fußabdruck

Kann eine Urlaubsdestination nur per Flugzeug erreicht werden, gibt es aber auch andere Lebensbereiche, die zur Verkleinerung des individuellen Fußabdruckes wesentlich beitragen:

  • Beim Wohnen (Heizung, Strom), der Mobilität (eigener PKW), der Ernährung oder sonstigem Konsum kann wesentlich an CO2 eingespart werden.
  • Oftmals unterschätzt wird das Einsparungspotential bei der Ernährung. Der Wechsel von einer fleischbetonten auf eine vegane Kost würde individuelle Treibhausgasemissionen halbieren! Aber auch der weniger drastische Schritt, weniger Fleisch zu essen, vor allem der Verzicht auf Rindfleisch, hätte bereits große, positive Auswirkungen auf den individuellen Fußabdruck.
  • Im Bereich der Mobilität schont der Umstieg auf Fahrrad, Öffis und Bahn das Klima ganz besonders und das wird sich hoffentlich bald auch bei der Preisgestaltung zeigen. Denn leider ist ein Flug oftmals noch günstiger als die Bahn.

Nachhaltiger wäre mit der Bahn zu fahren, anstatt einen Flug im Nachgang zu kompensieren. Dennoch macht Kompensation Sinn, um Klimaschutzprojekte zu unterstützen, die sonst nicht umgesetzt werden könnten.

Downloads

Kontakt

Kontakt

Redaktion
Volksgartenstraße 40, 4020 Linz
TEL: +43 50 6906 2182
E-MAIL: kommunikation@akooe.at

Folgen Sie uns auf twitter
Liken Sie uns auf Facebook


  • © 2024 AK Oberösterreich | Volksgartenstrasse 40 4020 Linz, +43 50 6906 0

  • Datenschutz
  • Impressum