03.10.2022

Mehr­fach belastet und „unsichtbar“: AK-Präsident Stangl fordert endlich mehr Wertschätzung für Reinigungskräfte

Der hohe Anspruch an Hygiene und Sauberkeit am Arbeitsplatz ist in Zeiten von Corona weiter gestiegen. Die Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte haben sich jedoch nach wie vor nicht verbessert. Völlig übersehen werden auch die Mehrfachbelastungen, denen die Beschäftigten in dieser Branche ausgesetzt sind. Sie müssen mit gesundheitsgefährdenden Mitteln arbeiten, werden körperlich extrem stark beansprucht und sind psychisch stark belastet. 

Durchhalten bis Pension wenig wahrscheinlich

Der Arbeitsklima Index der AK OÖ hat für den Zeitraum 2019 bis 2021 aufgezeigt, dass es die Mehrheit der Reinigungskräfte (63 Prozent) für wenig wahrscheinlich hält, bis zur Pension durchzuhalten. Im Vergleich dazu: In anderen Branchen sind es durchschnittlich nur rund 26 Prozent. 

Arbeit in der Nacht und am frühen Morgen

Dazu kommt, dass Reinigungskräfte sozusagen „unsichtbar“ sind. Sie arbeiten häufig zu Randzeiten, nämlich früh morgens oder spät abends, wenn andere Beschäftigte noch nicht da oder schon wieder weg sind. Das bedeutet, dass sie meist alleine arbeiten und keine Ansprechperson haben. Reinigungskräfte fühlen sich deshalb alleine und isoliert. Beschäftigte, die früh morgens und danach erst wieder spät abends arbeiten, müssen den Hin- und Rück-weg zweimal zurücklegen. Zusätzlich zu den zerrissenen Arbeitstagen ist es auch schwer, möglichen Betreuungspflichten nachzugehen. 

Körper wird stark belastet

Dass Reinigungsarbeit auch körperlich anstrengend ist, wird meist übersehen. Vor allem der Muskel-Skelett-Apparat wird stark beansprucht. Laut Arbeitsklima Index der AK OÖ gaben in den Jahren 2019 bis 2021 22,9 Prozent der Beschäftigten an, dass sie sehr stark bzw. eher stark mit anstrengender Arbeit wie dem Heben schwerer Lasten zu kämpfen haben. Schmerzen in der Wirbelsäule oder im Rückenbereich sind daher nur wenig verwunderlich.

Die Arbeiterkammer fordert daher

Prävention muss das oberste Ziel sein

Nur mit gezielter Präventionsarbeit können Reinigungskräfte entlastet sowie arbeitsbedingte Erkrankungen und ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Berufsleben verhindert werden!

Lückenlose Gefahren-Evaluierung

Es braucht mehr Bewusstsein im Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen. Es muss eine lückenlose Arbeitsplatz-Evaluierung stattfinden, die auch für auswärtige Arbeitsstellen, an denen Beschäftigte als betriebsfremde Reinigungskraft eingesetzt werden, verpflichtend ist.

Fürsorgepflicht der Arbeit­geber einhalten

Durch den ständigen Kontakt mit Putzmitteln sind Reinigungskräfte stark gefährdet, Hautkrankheiten zu bekommen. Laut Allgemeinem Sozialversicherungsgesetz gelten Hautkrankheiten allerdings nur dann als Berufskrankheiten, wenn Arbeitnehmer/-innen dazu gezwungen sind, die schädigende Tätigkeit aufzugeben. Der Gesetzgeber müsste hier den Arbeitgeber verpflichten, die Fürsorgepflicht einzuhalten. Mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen und strengeren Kontrollen bei der Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes.

Soziale Absicherung muss stets gewährleistet sein

Wenn die Vorsorge ungenügend ist oder gänzlich fehlt und das zu einer arbeitsbedingten Erkrankung führt, muss die soziale Absicherung gewährleistet werden. Es wäre dringend not-wendig, die Berufskrankheitenliste um arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Erkrankungen oder weitere Krebsarten zu erweitern.

Tagreinigung umsetzen

Damit soll auch ein besserer Präventionsschutz erreicht werden, der aktuell in vielen Fällen aufgrund der Alleinarbeit unzureichend ist.     

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v.l.n.r. Stephanie Müller-Wipperfürth BSc, MSSc, Abteilung Arbeitsbedingungen AK OÖ und AK-Präsident Andreas Stangl
v.l.n.r. Stephanie Müller-Wipperfürth BSc, MSSc, Abteilung Arbeitsbedingungen AK OÖ und AK-Präsident Andreas Stangl © Wolfgang Spitzbart, Arbeiterkammer Oberösterreich


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