06.10.2023

AK-Kinder­betreuungs­atlas: Trotz mancher Vor­zeige-Gemeinde ist der Weg zum Kinder­land Nr.1 in Ober­österreich noch weit

Das Angebot an Kinderbildung und -betreuung in Krabbelstuben, Kindergärten und Horten hat sich für berufstätige Eltern gegenüber dem Vorjahr in Oberösterreich kaum verbessert – vor allem im ländlichen Raum. Das zeigt die aktuelle IFES-Erhebung im Auftrag der AK Oberösterreich. Erfreulicherweise hat sich die Zahl jener Gemeinden, die über alle Altersgruppen hinweg eine Top Kinderbetreuung anbieten, im Vergleich zum Vorjahr von 75 auf 82 erhöht.

Fakten zur aktuellen Situation in OÖ 

Mit ihrem Kinderbetreuungsatlas bietet die Arbeiterkammer Oberösterreich einen umfassenden Überblick über das Angebot an Kinderbildung und -betreuung bis zum Volksschulalter. Im Auftrag der AK hat das Institut für empirische Sozialforschung (IFES) die entsprechenden Daten erhoben und ausgewertet.
 
4 Kriterien sind für die Gesamt-Kategorienbildung besonders wichtig, um Eltern eine Vollzeitarbeit zu ermöglichen: 

  • der Umfang der täglichen Öffnungszeiten
  • das Angebot eines Mittagessens
  • die Sommerbetreuung
  • die Summe der Schließzeiten im Laufe eines Arbeitsjahres 

in Krabbelstuben, Kindergärten und in der Nachmittagsbetreuung für Volksschulkinder. 

Zudem wurde das Angebot nach 3 Altersgruppen (Unter-Dreijährige, Drei- bis Sechsjährige, Volksschulkinder) aufgeschlüsselt. Gemeinden konnten somit maximal 12 Kriterien erfüllen.

Kinder­betreuung mit viel Luft nach oben

Die Zahl jener Gemeinden, die über alle Altersgruppen hinweg eine Top-Kinderbetreuung anbieten, hat sich erhöht. Diese sogenannten 1A-Gemeinden sind seit dem Vorjahr von 75 auf 82 angewachsen (+9,3 Prozent). Das entspricht 18,7 Prozent der oberösterreichischen Gemeinden.
Mehr geworden sind auch die A-Gemeinden. Ihre Zahl stieg von 76 auf 94 (21,5 Prozent) an. In Summe verfügen somit rund 40,2 Prozent der oberösterreichischen Gemeinden über ein sehr gut ausgebautes Angebot an institutioneller Kinderbildung und -betreuung.

Gemeinden ver­weigern Daten 

Die Zahl der B-Gemeinden hat sich um 9 auf 84 Gemeinden reduziert, jene der C-Gemeinden hat um 29 auf 60 Gemeinden abgenommen. Die Zahl der D-Gemeinden blieb mit 40 unverändert. Stark gesunken ist die Zahl der E-Gemeinden, um 16 auf nunmehr 16. Was unter anderem auf eine höhere Datenverweigerungsquote zurückzuführen ist.

Gute Bezirke – schlechte Bezirke

Der Bezirk mit den anteilsmäßig meisten 1-A Gemeinden bleibt Linz-Land (inklusive Linz-Stadt). 78,3 Prozent der Bezirksgemeinden bieten eine sehr gute institutionelle Kinderbetreuung. Hohe Anteile an 1A-Gemeinden gibt es auch in den Bezirken Steyr-Land (38,1 Prozent inkl. Steyr-Stadt), Urfahr-Umgebung (37,0 Prozent), Gmunden (35,0 Prozent) und Eferding (33,3 Prozent). Schärding und Ried sind mit 3,3 beziehungsweise 2,8 Prozent die Bezirke mit dem niedrigsten Anteil an 1A-Gemeinden.
 
Die Bezirke Wels-Land (inklusive Wels-Stadt) und Grieskirchen haben mit 36,0 Prozent oder 33,3 Prozent die höchsten Anteile an A-Gemeinden. Die wenigsten A-Gemeinden gibt es in den Bezirken Ried (13,9 Prozent), Linz-Land (13,0 Prozent) und Rohrbach (10,8 Prozent).

Nur jede 16. Gemeinde ist bei Klein­kindern Top

Gerade einmal 6,4 Prozent der 438 oberösterreichischen Gemeinden haben bei den Unter-Dreijährigen ein vollzeittaugliches Kinderbetreuungsangebot. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg von nur 0,5 Prozentpunkten. Verbesserungen für diese Altersgruppe finden nur in homöopathischen Dosen statt. 

Der Bezirk mit dem höchsten Anteil an 1A-Gemeinden ist mit weitem Abstand der Bezirk Linz-Land (inklusive Linz-Stadt) mit 26,1 Prozent. Am nächsten kommen noch Steyr-Land (inklusive Steyr-Stadt) mit 14,3 Prozent und Grieskirchen (12,1 Prozent). In den Bezirken Ried und Rohrbach gibt es in dieser Altersgruppe keine einzige 1A-Gemeinde. 

Nur rund eine von 4 Gemeinden erfüllt die Kriterien für ein institutionelles Kinderbetreuungsangebot der Kategorie A. 31 Gemeinden bieten kaum ein oder gar kein Angebot für Unter-Dreijährige (7 Prozent). Der Bezirk mit dem höchsten Anteil an E-Gemeinden (21,7 Prozent) bei den Unter-Dreijährigen ist Kirchdorf.

Verschlechterungen beim Betreuungsangebot für Drei- bis Sechsjährige
Über ein Top-Angebot für Drei- bis Sechsjährige verfügen nur mehr 97 Gemeinden, also etwas mehr als ein Fünftel aller oberösterreichischen Gemeinden. Im Vorjahr waren es noch 106. In Linz-Land (inklusive Linz-Stadt) ist rund jede zweite Gemeinde (52,2 Prozent) in dieser Altersgruppe eine 1A-Gemeinde. Hohe Anteile gibt es noch in Grieskirchen (42,4 Prozent) und Eferding (41,7 Prozent). Den niedrigsten 1A-Gemeinden-Anteil weist der Bezirk Rohrbach mit 5,4 Prozent auf. Die meisten E-Gemeinden gibt es mit 19,1 Prozent im Bezirk Steyr-Land (inklusive Steyr-Stadt).

An­gebot für Volks­schul­kinder nur Durch­schnitt

97 oberösterreichische Gemeinden haben für Volksschüler:innen ein Betreuungsangebot der höchsten Kategorie A (22,2 Prozent). Das sind um 7 mehr als im Vorjahr. 171 Gemeinden haben ein C-Angebot (39 Prozent), 26 (6,0 Prozent) sind in der Kategorie D zu finden. 30 E-Gemeinden (6,9 Prozent) haben kein entsprechendes Betreuungsangebot für Volksschulkinder.

Inn­viertler Gemeinden ver­weigern Daten  

Die Zahl der Gemeinden, die die Datenweitergabe verweigerten, hat sich von 33 auf 61 erhöht. Das ist fast eine Verdoppelung. Die Mehrheit kommt dabei aus den Bezirken Ried und Schärding mit 31,2 Prozent beziehungsweise 14,8 Prozent. Erfreulich ist, dass sich in den Bezirken Linz-Land (inklusive Linz-Stadt) und Wels-Land (inklusive Wels-Stadt) alle Gemeinden an der Erhebung beteiligt haben. 

„Dass manche Gemeinden keine Daten zur Kinderbildung und -betreuung vor Ort zur Verfügung stellen, ist bedenklich und ein Zeugnis für den mangelnden Willen zur Transparenz. Die Datenerhebung ist eine große Chance, Erfolgsmodelle kennenzulernen und über Gemeindekooperationen nachzudenken. Dadurch wären sehr viele Verbesserungen zugunsten berufstätiger Eltern möglich, vor allem auch in ländlichen Gemeinden“, so AK-Präsident Andreas Stangl.

Für die AK Oberösterreich ist klar: Es braucht passende Betreuungsangebote, die Vollzeitarbeit möglich machen. Echte Wahlfreiheit gibt es nur, wenn Eltern auch zwischen Angeboten wählen können. 

Was macht das Land Ober­österreich? 

Der Ankündigung der Landesregierung, Oberösterreich solle „das Kinderland Nummer 1“ werden, müssen endlich Taten folgen. „Daran werden wir das Land Oberösterreich messen“, so Stangl. Der Ausbau stocke zurzeit unter anderem deshalb, weil versäumt wurde, die entsprechenden Ausbildungsmöglichkeiten für pädagogische Fach- und Hilfskräfte zu schaffen.

Daher sind aus AK-Sicht mehrere Maßnahmen notwendig:

  • Rücknahme der Elternbeiträge in der Nachmittagsbetreuung
  • Einführung eines zweiten verpflichtenden und kostenlosen Kindergartenjahres für alle Kinder
  • Ein Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen Betreuungsplatz ab dem zweiten Lebensjahr bis zur achten Schulstufe
  • Ein bundeseinheitlicher Qualitätsrahmenplan für Krabbelstuben, Kindergärten (Betreuungsschlüssel, Ausbildung der Pädagog:innen)
  • Nachhaltige, finanzielle Sicherstellung für Kinderbetreuungseinrichtungen, gekoppelt mit einer verpflichtenden und professionellen Bedarfserhebung in Gemeinden und Bezirken
  • Bessere Arbeitsbedingungen und höhere Einkommen für die Beschäftigten in der Kinderbildung und -betreuung
  • Ausbildungsoffensive, um fehlendes Personal langfristig abzudecken

Die Ergebnisse des AK-Kinderbetreuungsatlas 2023 mit allen Details (wie Öffnungszeiten, Gemeindekooperationen oder Sonderprojekte) für jede einzelne der 438 oberösterreichischen Gemeinden können Sie im Kinderbetreuungsatlas einsehen. 

Bild zum Down­load

Kinderbetreuungsatlas 2023
AK-Präsident Andreas Stangl und Erika Rippatha, DHEPS, Leiterin der Stabsstelle Frauen- und Gleichstellungspolitik der AK OÖ präsentieren den neuen Kinderbetreuungsatlas © Wolfgang Spitzbart, AKOÖ

Dass manche Gemeinden keine Daten zur Kinder­bildung und -betreuung zur Ver­fügung stellen, ist be­denklich und Zeugnis für mangelnden Willen zur Transparenz. Der Kinder­betreuungs­atlas ist eine Chance, Erfolgs­modelle kennen­zu­lernen und über Gemeinde­kooperationen nach­zu­denken. 

Andreas Stangl

AK-Präsident

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