AK-Präsident Stangl: Aktuelle Daten zeigen: nicht Krankenstände sind das Problem, sondern krank arbeiten
Seit der Kassenfusion steht unser Gesundheitssystem an der Kippe. Nun bekommen auch noch die Beschäftigten öffentlich Vorwürfe, dass Fehlzeiten angeblich „aus dem Ruder laufen“. Forderungen, dass die ersten Krankenstandstage als unbezahlter Urlaub gelten sollen, stellen die Arbeitnehmer:innen unter Generalverdacht und gehen an der Realität der Arbeitswelt vorbei.
Angst vor Konsequenzen
Ein Blick auf die aktuellen Daten zu Krankenständen zeigt das Gegenteil. Fast zwei Drittel der Menschen gehen krank arbeiten – aus Angst vor Konsequenzen oder davor, die Kolleg:innen im Stich zu lassen. Die Krankenstandstage pro Kopf schwanken in Österreich in den vergangenen Jahren zwar leicht, ein langfristiger Anstieg lässt sich allerdings nicht belegen. Im Gegenteil, erst seit 2022 beginnen die Krankenstandstage wieder leicht zu steigen. Zuvor war die Dauer der Krankenstände in Österreich seit 1980 (17,4 Tage) bis 2006 (12 Tage) im Sinkflug und pendelte dann bis zum Jahr 2021 um die 13 Tage.
Deutschland an der Spitze
Im Vergleich mit anderen OECD-Staaten ist Österreich bei weitem nicht Spitzenreiter. Laut letztverfügbarer OECD-Daten lag Österreich 2022 mit 14,9 Tagen im Mittelfeld. Deutschland war mit 24,9 bezahlten Fehltagen pro Jahr europaweit an der Spitze, gefolgt von Lettland (20,2 Tage) und Tschechien (19,2 Tage).
Körperliche und psychische Belastungen
In Oberösterreich betrug die durchschnittliche Krankenstandsdauer ÖGK-Versicherter im Jahr 2024 15,5 Tage. In jenen Branchen, in denen die körperliche oder psychische Belastung besonders hoch ist – wie im Bergbau (17,0 Tage in OÖ 2024), in der Versorgung und Abfallentsorgung (18,7 Tage) oder auch im Gesundheits- und Sozialwesen (16,5 Tage) – sind die Krankenstände naturgemäß etwas höher. Am höchsten sind diese in der Arbeitskräfteüberlassung (22,3 Tage).
Starkes Pflichtgefühl
Der Vergleich der letzten 10 Jahre verdeutlicht: der Anteil jener Menschen, die trotz Krankheit arbeiten, steigt! Lag der Anteil im Jahr 2015 noch bei rund 30 Prozent, hat er sich innerhalb von 10 Jahren mehr als verdoppelt! Die Gründe dafür, dass viele Beschäftigte krank zur Arbeit gehen, sind vielfältig. Für 57,3 Prozent der Betroffenen steht ein starkes Pflichtgefühl gegenüber Kolleg:innen im Vordergrund. Rund 39 Prozent geben an, dass es schlicht keine Vertretung gibt oder niemand sonst ihre Arbeit übernehmen kann.
Folgen deutlich spürbar
Die Folgen des Phänomens Präsentismus sind deutlich spürbar. Jede:r Fünfte (rund 20 Prozent) gibt an, dadurch länger krank gewesen zu sein, als es bei entsprechender Erholung notwendig gewesen wäre. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) berichtet von mangelnder Konzentration am Arbeitsplatz, was nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch die Qualität der Arbeit beeinträchtigen kann.
Die Forderungen der Arbeiterkammer Oberösterreich:
- Es braucht eine gerechte, qualitative Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Oberösterreich.
- Wartezeiten auf Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems müssen in allen Bereichen drastisch reduziert werden.
- Es darf zu keinen Verschlechterungen im Bereich der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kommen. Überlegungen, die ersten Krankenstandstage als unbezahlte Urlaubstage oder Karenztage zu deklarieren, sind entschieden zurückzuweisen.
- Es braucht einen Kündigungsschutz während des Krankenstandes.
- Es müssen verstärkt Investitionen in Prävention und betriebliche Gesundheitsförderung sowie strukturelle Maßnahmen wie ausreichende Personalausstattung gesetzt werden.
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