Studie zeigt auf: 29.500 junge Menschen in Oberösterreich bräuchten psychosoziale Unterstützung
Die Ergebnisse einer aktuellen Studie des SORA Institute of Social Research and Consulting im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich sind alarmierend: Bei rund 40 Prozent der Oberösterreicher/-innen hat sich die psychische Gesundheit während der Pandemie verschlechtert. 18 Prozent berichten von Suizidgedanken an zumindest einzelnen Tagen in den letzten Wochen vor der Befragung – bei den jungen Menschen bis 25 Jahre sind es sogar 35 Prozent.
Obwohl es schon vor der Pandemie Versorgungsengpässe für psychisch belastete Menschen gab, fehlt es bis heute an einem breiten, leistbaren Angebot. Die Arbeiterkammer fordert daher unter anderem den flächendeckenden Ausbau kostenloser und niederschwelliger psychosozialer Dienste.
Zukunftsangst und Einsamkeit
Im Auftrag der Arbeiterkammer Oberösterreich befragte das SORA Institute of Social Research and Consulting im März telefonisch und online 1.212 Oberösterreicher/-innen ab 16 Jahren. Vor allem bei Unter-25-Jährigen in Ausbildung gab es einen massiven Einbruch der psychischen Gesundheit.
Besorgniserregend ist neben der hohen Zahl an Menschen mit Suizidgedanken an zumindest einzelnen Tagen auch der Umstand, dass rund 70 Prozent der Jungen unter Hoffnungslosigkeit, unkontrollierbaren Sorgen und Einsamkeit leiden. Ebenso viele machen sich Sorgen um ihre Zukunft, sie haben Angst, den Anschluss an das Leben nachhaltig verloren zu haben. 54 Prozent berichten von schweren Konflikten zuhause.
Bedürfnisse nicht beachtet
9 von 10 Jugendlichen sahen ihre Bedürfnisse nicht ausreichend in den Covid-Maßnahmen berücksichtigt. Das ist demokratiepolitisch ein Alarmsignal. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) berichteten von einem Bedarf an Unterstützung im Bereich Arbeit und Bildung, 41 Prozent in Bezug auf ihre psychische Gesundheit. Mit Blick auf die psychische Gesundheit sind dies derzeit rund 29.500 junge Menschen in Oberösterreich, die sehr oder eher großen Bedarf an Unterstützung und Hilfe haben.
Ungefähr 39 Prozent hätten psychosoziale Hilfe gebraucht, haben sie aber nicht in Anspruch genommen beziehungsweise konnten das nicht – vorrangig wegen fehlender Informationen oder zu hoher Kosten. In Summe können sich insgesamt 72.500 Hilfesuchende in Oberösterreich das vorhandene Angebot an psychosozialer Unterstützung nicht leisten.
Pandemie verschärft Versorgungsengpass
Schon vor Ausbruch der Pandemie gab es Versorgungsengpässe, die sich in der Covid-Krise durch die stark steigende Anzahl an Betroffenen deutlich verschärft haben. Ein Bericht der Statistik Austria zur „Stationären psychischen Akutversorgung in Österreich“ zeigte schon im Jahr 2019 deutlich, dass der österreichweite Bedarf an Krankenhausbetten in psychiatrischen Abteilungen das tatsächliche Angebot deutlich überstiegen hat. Rund ein Fünftel des Fehlbestands entfiel auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Während der Pandemie gerieten die Krankenhäuser durch die Versorgung der Covid-Patienten/-innen zusätzlich unter Druck. Auch im niedergelassenen Bereich reichte das Kontingent an kassenfinanzierten Therapie-plätzen schon vor Ausbruch der Pandemie kaum aus.
Ausbau ist schleppend
„Dennoch war die Politik hier zu zögerlich und die dringend notwendigen finanziellen Mittel für einen umfangreichen Ausbau der Versorgungsstrukturen haben gefehlt. Damit wurde in Kauf genommen, dass viele Hilfesuchende noch tiefer in eine psychische Krise rutschten“, kritisiert AK-Präsident Andreas Stangl. Zwar hat die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) einen Ausbau um zusätzliche 300.000 Stunden beschlossen, zeitgerechte Unterstützung ist dadurch aber bei weitem nicht für alle Hilfesuchenden gewährleistet.
Der neue Maßnahmenplan der ÖGK soll zeitnah eine bundesweite Versorgung von 1,23 Prozent der Anspruchsberechtigten (88.662) mit psychotherapeutischen Sachleistungen sicherstellen. Nicht alle, die übrig bleiben, können sich Wahltherapeuten/-innen leisten: Laut SORA meint jede/-r Fünfte mit Unterstützungsbedarf, für sie/ihn seien die Angebote schlichtweg nicht leistbar.
Hilfe darf keine Geldfrage sein
„Die Frage, ob und wann ich psychotherapeutisch behandelt werde, darf nicht länger von der Größe meines Geldtascherls abhängen. Fehlende Hilfe verursacht neben unsäglichem und vermeidbarem Leid bei den Betroffenen auch hohe Folgekosten durch Fehlzeiten, abgebrochene Ausbildungen, durchwachsene Erwerbsbiographien und frühzeitige Pensionsantritte“, so Stangl.
Monatelange Wartezeiten auf psychotherapeutische Hilfe und überfüllte Psychiatrien in den Krankenhäusern müssen aus Sicht der Arbeiterkammer ein Ende haben. Wie für andere gesundheitliche Probleme auch, sollte es ein flächendeckendes, niederschwelliges Angebot über die E-Card geben.
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