Kurt Bayer bei der Vollversammlung der AK Oberösterreich: Österreich braucht eine verbindliche Krisenstrategie
In seinem Referat bei der Vollversammlung der AK Oberösterreich kritisierte der Ökonom Kurt Bayer die Krisenpolitik der Bundesregierung scharf: Sie folge keiner Strategie, bestehe nur aus vielen teuren Ad-Hoc-Einzelmaßnahmen, sei verteilungsungerecht und blende Präventionsmaßnahmen völlig aus.
Erforderlich sei eine klare Strategie mit verbindlichen Umsetzungsplänen unter demokratischer Einbindung der Zivilgesellschaft und der konstruktiven Opposition. Sie müsse den Zusammenhang einzelner Krisenphänomene und die Verteilungswirkung aller Maßnahmen in den Blick nehmen. Nötig seien sowohl Eingriffe in versagende Märkte als auch verstärkte Förderungen für besonders verletzliche Personengruppen.
Bundesregierung ohne Strategie
Kurt Bayer diagnostiziert mehrere aktuelle, zum Teil schon länger bestehende und einander überschneidende Krisen: Die Klima- und Umweltkrise, eine soziale Krise der Einkommens- und Vermögensverteilung, die noch nicht bewältigte Finanzkrise 2008, die Coronakrise und die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energie- und Inflationskrise.
Eine wirksame Krisenpolitik bestehe aus Förderungen und Regulierung, kurz- und langfristigen Maßnahmen, die volks- und einzelwirtschaftliche Folgen für Unternehmen und Haushalte berücksichtigen, und sie produziere Gewinner und Verlierer. Die österreichische Regierung führe dazu aber keine öffentliche Diskussion und habe keine erkennbare Strategie.
Inflation in Österreich zu hoch
Mit 9,8 Prozent im April 2023 habe Österreich eine deutliche höhere Inflation als die Eurozone (7,0) und viele Nachbarländer. Zurückzuführen sei das unter anderem auf ein Steigen der Gewinnmargen. Haupttreiber der Inflation sind die Sektoren Energie/Wohnen, Nahrungsmittel und Verkehr. Die Inflation bleibe weiter hoch und werde sich erst 2024/25 abflachen.
Gießkannenprinzip löst keine Probleme
Die aktuelle Krisenbekämpfung der österreichischen Regierung bestehe fast nur aus Förderungen nach dem Gießkannenprinzip. Eine Diskussion, wer Hilfe am meisten benötigt und wie beziehungsweise von wem die hohen Förderungen von mehr als 50 Milliarden Euro bezahlt werden sollen, werde nicht geführt. Es gebe kaum Eingriffe in die Märkte und gar keine Präventionsmaßnahmen.
„Eine erfolgreiche Krisenpolitik benötigt eine sichtbare Strategie und eine um die Zivilgesellschaft erweiterte “Wirtschaftspolitische Aussprache“ à la Kreisky. Zur Ideenfindung und um eine breite Akzeptanz der Maßnahmen sicherzustellen, müssen alle konstruktiven Kräfte eingebunden werden“, sagte Bayer.
Bayer schlägt vor:
- Verbindliche Umsetzungspläne
- Die Beachtung des Zusammenhangs einzelner Krisenphänomene und deren Verteilungswirkung
- Vorausschauende Prävention statt teurer Ad-Hoc-Maßnahmen
- Markteingriffe bei Marktversagen und Förderungen für besonders verwundbare Personengruppen je nach Effizienz und Effektivität
- Eingriffe in den Preismechanismus bei Energie, Nahrungsmitteln und Mieten
- Die Einrichtung einer effektiven Preiskommission zur Analyse und Erstellung von Politikvorschlägen
- Eine effektive Wettbewerbsbehörde mit erweitertem Auftrag in Richtung Analyse der Preiskalkulation der Unternehmen
- Die Abschöpfung von Supergewinnen und die Rückforderung von Überförderungen
- Krisenvorsorge (etwa Gesundheit, Klimaanpassung, Preis/Wettbewerbsbehörden)
- Eine Industriestrategie für Klima, Energie und Digitalisierung
Wer ist Kurt Bayer?
Dr. Kurt Bayer ist einer der renommiertesten österreichischen Ökonomen. Er war in seiner erfolgreichen nationalen und internationalen Karriere unter anderem im Wirtschaftsforschungsinstitut, im Finanzministerium, im Wirtschafts- und Finanzausschuss der EU sowie in führenden Funktionen bei der OECD, der Weltbank und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung tätig.
Mittlerweile emeritiert, ist Bayer weiterhin als Finanzexperte bei Attac engagiert und bringt als Gastautor für verschiedene Medien im In- und Ausland immer wieder fortschrittliche und arbeitnehmerorientierte wirtschaftspolitische Positionen in die öffentliche Debatte ein.
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