15.07.2022

Arbeits­lose Frauen extrem von Armut bedroht – gender­gerechte Reform der Arbeits­losen­versicherung dringend nötig!

Das durchschnittliche Arbeitslosengeld (ALG) liegt für beide Geschlechter deutlich unter der Armutsgefährdungs­schwelle. Jenes der Oberösterreicher im Schnitt um 182 Euro, jenes der Oberösterreicherinnen sogar um 440 pro Monat. Um Armut effizient zu bekämpfen zu können, ist eine Anhebung der Nettoersatzrate von 55 auf mindestens 70 Prozent des letzten Arbeitseinkommens längst überfällig.

Reform für bessere Ab­sicherung

„Das reicht aber bei weitem nicht aus. Die Benachteiligungen in der Arbeitswelt setzt Frauen bei Arbeitslosigkeit einem hohen Armuts­risiko aus. Wir fordern eine umfassende gendergerechte Arbeitslosenversicherungs-Reform, die vor allem die erschreckend dürftige soziale Absicherung arbeitsloser Frauen verbessert“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl.

Ein arbeitsloser Oberösterreicher bekam 2021 im Durchschnitt 1.189 Euro Arbeitslosengeld, eine Oberösterreicherin gerade einmal 931 Euro, um 259 Euro beziehungsweise 21,7 Prozent (!) weniger. Dieser Unterschied liegt auch weit über dem Bundes-Durchschnitt von 201 Euro beziehungsweise 17,3 Prozent. An Notstandshilfe erhielten Frauen in Oberösterreich im Vorjahr durchschnittlich nur 840 Euro, Männer 1.013 Euro.

Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nach Geschlecht im Jahr 2021 in Österreich und Oberösterreich in Euro
Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nach Geschlecht im Jahr 2021 in Österreich und Oberösterreich in Euro © -, Arbeiterkammer Oberösterreich


Die Armutsgefährdungsschwelle in Österreich liegt mit 1.371 Euro für einen Einpersonenhaushalt weit über diesen Beträgen. Kein Wunder also, dass rund 57 Prozent der ganzjährig Arbeitslosen  - das sind 112.000 Menschen – armutsgefährdet sind.

Frauen werden schlechter be­zahlt

Der Hauptgrund sind die niedrigeren Erwerbseinkommen der Frauen, die mehrere Ursachen haben. Die wichtigste ist die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung: Frauen arbeiten wesentlich häufiger als Männer in schlechter bezahlten Dienstleistungsberufen und Niedriglohn-Branchen.

In Teil­zeit­arbeit ge­drängt

Eine weitere ist die extrem hohe Teilzeitquote. 6 von 10 Oberösterreicherinnen arbeiten in Teilzeit. Das wiederum ist auf den mangelnden Ausbau der Sozialen Dienstleistungen zurückzuführen. Frauen müssen fehlende Kinder­betreuungs- und Pflegeangebote privat ausgleichen und können deshalb oft nicht voll erwerbstätig sein.

Men­schen vor Armut schützen

Die AK fordert daher eine gendergerechte Arbeitslosenversicherungsreform. Sie muss Männer und Frauen wirksam vor Armut schützen. Dazu braucht es:

  • eine Erhöhung der Nettoersatzrate auf mindestens 70 Prozent.

  • eine Erhöhung der Obergrenzen des Ergänzungsbetrags, sodass arbeitslose Personen mit einem Arbeitslosengeld unter dem Ausgleichzulagenrichtsatz auf 80 Prozent beziehungsweise, wenn sie auch einen Familienzuschuss beziehen, auf 90 Prozent des letzten Nettoeinkommens kommen.

  • eine Erhöhung des Familienzuschusses, der seit über 20 Jahren (!) nicht angepasst wurde, auf mindestens 2 Euro pro Tag und Kind.

  • eine sofortige Anhebung der Richtsätze der Sozialhilfe über die Armutsgefährdungsschwelle von aktuell 1.371 Euro.

  • eine zeitliche Verlängerung des Arbeitslosengeld-Bezugs, unabhängig vom Alter. Statt derzeit 20 bis 30 Wochen muss die mögliche Bezugsdauer auf zumindest 39 Wochen erhöht werden.

Regierung will Situation ver­schlechtern

Die von Arbeitsminister Kocher angekündigt Reform droht in die völlig falsche Richtung zu gehen. „Ein degressives Arbeitslosengeld, das mit der Länge der Bezugsdauer nach und nach gekürzt wird, lehnen wir ebenso entschieden ab, wie die angedachte Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien und eine Beschneidung der Zuverdienstmöglichkeiten arbeitssuchender Menschen. Für die behaupteten positiven Anreizeffekte gibt es keine wissen­schaftlichen Belege. Stattdessen würde der Druck auf Arbeitslose steigen, Jobs unter widrigen Bedingungen und mit schlechter Bezahlung anzunehmen und so ihre Verhandlungsposition geschwächt“, sagt der AK- Präsident.

Betreuungs­angebot massiv aus­bauen

Zudem fordert Stangl 1 Milliarde Euro für den Ausbau der Kinderbildung und -betreuung sowie den massiven Ausbau öffentlicher Pflegeeinrichtungen und des öffentlichen Verkehrs. All das ist nötig, um Frauen ein höheres Arbeits­zeitausmaß zu ermöglichen.

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v.l.n.r. Viktoria Reisinger, B.A., M.A. und Andreas Stangl
v.l.n.r. Viktoria Reisinger, B.A., M.A. und Andreas Stangl © Stefan Langes, Arbeiterkammer Oberösterreich


v.l.n.r. Viktoria Reisinger, B.A., M.A. und Andreas Stangl
v.l.n.r. Viktoria Reisinger, B.A., M.A. und Andreas Stangl © Stefan Langes, Arbeiterkammer Oberösterreich


Die Benachteiligungen in der Arbeitswelt setzt arbeitslosen Frauen einem hohen Armutsrisiko aus. Wir fordern eine umfassende gendergerechte Arbeitslosenversicherungs-Reform. Die dürftige soziale Absicherung von Frauen gehört dringend verbessert.

andreas stangl

AK-PRÄSIDENT

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