Sozial­staat wirkt!

Mit sozialen Leistungen federt der Sozialstaat Risiken ab, die jeden Menschen im Laufe des Lebens treffen können. Dazu zählen etwa Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Arbeitsunfälle. Diese sozialen Leistungen kommen allen unabhängig von der Höhe ihres Einkommens (ausgenommen Notstandshilfe und Sozialhilfe) zugute.

Ein wichtiger Grundsatz unseres Sozialstaats ist Solidarität. Das Solidarprinzip in der Sozialversicherung verhindert, dass Personen mit einem größeren Risiko (etwa krank zu werden) höhere Beiträge zahlen müssen, wie das bei privaten Versicherungen der Fall ist.

Der Sozial­staat ist für alle da

Das Ausmaß der gesamten Sozialausgaben und ihre Inanspruchnahme durch die verschiedenen Einkommensgruppen der Gesellschaft stellt das WIFO in seiner Studie „Umverteilung durch den Staat in Österreich“ (siehe Studie und A&W-Blog) dar.

Ein gut ausgebauter Sozialstaat nützt allen. Und jene, die aufgrund besonderer Umstände mehr Unterstützung brauchen, bekommen sie auch:

Mehr als 2 Drittel aller Sozialausgaben (ohne Pensionen) entfallen auf die beiden Bereiche "Gesundheit" (42,4 Prozent) und "Bildung" (26 Prozent), die von allen Einkommensgruppen fast gleichmäßig in Anspruch genommen werden.

Sozial­staat schafft Aus­gleich

Durch staatliche Ausgaben und Steueraktivitäten wird die Wohlstandslage der österreichischen Haushalte deutlich ausgeglichener. Die einkommensschwachen Haushalte können ihren geringen Einkommensanteil mehr als verdoppeln, bei den einkommensstarken gibt es kleine Rückgänge. Bei den mittleren Einkommen gibt es einen leichten Anstieg.

Ohne (über die gesetzlichen Pensionen hinausgehende) sozialstaatliche Umverteilung bezieht das Haushaltsfünftel mit den niedrigen Einkommen nur 5,5 Prozent aller Einkommen („Markteinkommen“ wie Brutto-Löhne, Gewinne, Mieterträge sowie fiktive Mietersparnis durch selbstbewohntes Eigentum, Zinsen, Dividenden sowie aus Ansprüchen der Erwerbstätigkeit entstandenes öffentliches Pensionseinkommen). Nach der Einhebung von Steuern und der Nutzung von sozialstaatlichen Ausgaben erhöht sich der Anteil auf 13 Prozent des gesamten Einkommens (inklusive sozialer Sachleistungen wie Kinder­betreuung).

Der Anteil der 60-prozentigen gesellschaftlichen Mitte steigt leicht von 54 auf 56 Prozent.

Beim Fünftel mit den hohen Einkommen gibt es einen Rückgang von 41 auf 31 Prozent.

Staats­aus­gaben wirken um­ver­teilend, Steuern kaum

Eine Besonderheit dabei ist, dass die Steuer- und Abgabenpolitik insgesamt kaum umverteilend wirkt, da der Abstand zwischen Abgabenleistung (Lohnsteuer, Mehrwertsteuer, Sozialabgaben etc.) und ursprünglichem Einkommensanteil gering ist : So bezieht das bestverdienendste Fünftel 41,2 Prozent der Einkommen und zahlt 46,6 Prozent aller Steuern und Abgaben. Ähnlich verhält es sich bei der gesellschaftlichen Mitte mit einem Steueranteil von 48,8 Prozent (Einkommensanteil 53,5 Prozent). Das einkommensschwächste Fünftel, das 5,5 Prozent der Einkommen bezieht, bezahlt 4,6 Prozent der Steuern und Abgaben.

Vor allem die sozialstaatlichen Ausgaben wirken umverteilend: 

  • Knapp ein Viertel dieser Ausgaben entfällt auf Geldleistungen (ohne Pensio-nen). Das geringverdienende Fünftel kann davon 42 Prozent in Anspruch nehmen, die mittleren 60 Prozent der Bevölkerung nutzen etwa die Hälfte dieser Leistungen, und das bestverdienende Fünftel benötigt rund 8 Prozent.

  • Mehr als drei Viertel der sozialstaatlichen Ausgaben (ohne Pensionen) wer-den für Sachleistungen verwendet, welche von allen gesellschaftlichen Grup-pen zu relativ gleichen Teilen in Anspruch genommen werden.

Alles zusammengenommen entsteht die oben beschriebene ausgleichende Wirkung.

Niedrige Ein­kommen zahlen (zu) viel Steuern

Die Schieflage im österreichischen Steuersystem, also die viel zu hohe Besteuerung von Arbeit auf der einen und sehr niedrige Besteuerung von Vermögen und Kapital auf der anderen Seite, ist ein Problem, welches durchwegs bekannt ist. Weniger bekannt ist, dass das österreichische Steuersystem in seiner Gesamtheit betrachtet auch wenig progressiv ist. Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass jene, die es sich leisten können, auch relativ betrachtet einen größeren Anteil am Steuersystem schultern sollten, als weniger einkommensstarke Menschen. Je stärker dieses ausgeprägt ist, desto progressiver ist ein Steuersystem.

In Österreich stehen der progressiven Lohn- und Einkommensteuer (der Steuersatz steigt mit steigendem Einkommen) gegenteilige Elemente, nämlich "regressive" Steuern und Abgaben, wie Konsumsteuern und Sozialabgaben, gegenüber. Hier leisten kleine Einkommen prozentuell einen größeren Beitrag als große Einkommen.

Insgesamt ergibt sich deshalb wenig Unterschied in den relativen Beiträgen von Großverdiener:innen und Kleinverdiener:innen. Von ihrem gesamten Einkommen (aus Arbeit und Sozialtransfers) zahlen die österreichischen Erwerbstätigen-Haushalte im niedrigverdienenden Zehntel fast 35 Prozent für Steuern und Abgaben, in der Mitte sind es 42 Prozent und im hochverdienenden Zehntel sind es nur rund 6 Prozentpunkte mehr.

Anders als oft dargestellt, werden die gesamten Sozialbeiträge (auch der sogenannte Dienstgeber-Beitrag – siehe dazu Lohnnebenkosten) faktisch von den Arbeitenden getragen, wie auch das WIFO in seiner Studie feststellt. 

Aufgrund dieser Verteilung der Gesamtheit aller Steuerbeiträge ist es auch problematisch, wenn Geringverdiener:innen von größeren Reformen, die meistens in der Lohnsteuer stattfinden, nicht auch begünstigt werden. Dies wird vielfach dadurch gerechtfertigt, dass diese wenig oder keine Lohnsteuer bezahlen und nur die vermeintlichen „Leistungsträger“ entlastet werden müssen. Wenn Menschen mit kleinen Einkommen jedoch keine Lohnsteuer bezahlen, bedeutet das nicht, dass sie keine Leistungsträger:innen im Steuersystem (von der Arbeitsleistung an sich ganz zu schweigen) sind. Es bedeutet nur, dass ihr Einkommen zu niedrig ist, um über die Steuerfreigrenze zu kommen. Dafür bezahlen diese Einkommensgruppen aber umso größere relative Beiträge über Sozialversicherungsabgaben und Konsumsteuern. Steuerreformen müssen deshalb alle Einkommensgruppen berücksichtigen!

Digitalisierungs­gewinne ge­recht ver­teilen

Die – auch durch die zunehmende Digitalisierung – steigende Wertschöpfung muss gerecht verteilt werden. Insbesondere kann das Aufkommen der Steuern wertschöpfungsorientierter gestaltet werden: Indem die sogenannten Dienstgeber-Beiträge nicht allein von den Löhnen und Gehältern der Beschäftigten berechnet werden, sondern von der gesamten Wertschöpfung (inklusive Gewinnen), die in einem Unternehmen erzielt wird. Das ist weder eine neue Unternehmenssteuer, noch eine Maschinenbesteuerung, sondern eine Änderung der Berechnungsbasis.

Unternehmen, die mit wenig Personal hohe (Digitalisierungs-)Gewinne erzielen, sollen einen gerechteren Beitrag leisten. Das könnte auch wie ein echter Beschäftigungsbonus wirken, da personalintensive Betriebe nicht mehr den Hauptanteil zur Finanzierung sozialer Sicherheit aufbringen müssen.

Die AK fordert: Sozial­staat weiter aus­bauen

Der österreichische Sozialstaat ist im internationalen Vergleich gut ausgebaut. Die Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft - wie etwa die weitere Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Erreichung von Vollbeschäftigung, Kinderbetreuung und Pflege - ist ein Ausbau des Sozialstaats und kein Abbau.

Darum fordert die AK:

  • Ein klares Bekenntnis zu einem starken und verlässlichen Sozialstaat. Dazu gehört es, die Finanzierung des Sozialstaates auf lange Frist sicherzustellen und auch den Faktor Arbeit bei der Finanzierung zu entlasten und dafür Gewinne, Großvermögen und Erbschaften in die Pflicht zu nehmen.

  • Weitere Initiativen setzen, um die Arbeitslosigkeit  insbesondere von Älteren zu bekämpfen und die soziale Absicherung zu stärken. Die "ehemalige" Aktion 20.000 sollte zu einer echten Jobgarantie ausgebaut werden, die Menschen ab 45, die mindestens 2 Jahre lang keine Arbeit finden konnten, eine Beschäftigungsmöglichkeit garantiert.

  • Soziale Sicherung armutsfest machen! Die von der abgesetzten türkis-blauen Regierung implementierte neue Sozialhilfe, - die die Mindestsicherung abgeschafft hat -  muss neu gestaltet werden, da sie Ungleichheit, Armut und soziale Ausgrenzung stark erhöht. Das letzte Netz der sozialen Sicherung soll Integration fördern und soziale Notlagen lindern, nicht diese noch weiter verschärfen.

  • Ausbau der sozialen Infrastruktur! Gerade in den Bereichen Kinderbetreuung und Pflege ist ein Ausbau der Leistungen notwendig und rechnet sich auch ökonomisch.
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