Bilanz der AK Grieskirchen über Corona-Krisenjahr 2020: Fast 3 Millionen Euro für die Mitglieder erkämpft
Die Covid-19-Krise hat auch die Arbeitnehmer/-innen im Bezirk Grieskirchen im vergangenen Jahr massiv betroffen. 6.332 Arbeitnehmer/-innen suchten Rat und Hilfe. „Wichtig war der AK, dass die Menschen auch in den Bezirken trotz Lockdowns und der Umstellung der Beratung auf telefonischen und elektronischen Weg gewohnt schnelle und kompetente Beratung und Hilfe bekommen. Wir haben im März 2020 deswegen quasi über Nacht die nötigen technischen und organisatorischen Veränderungen organisiert und das hat aufgrund der hohen Flexibilität und Professionalität der AK-Expertinnen und -Experten hervorragend funktioniert“, sagt AK-Vizepräsident Andreas Stangl. In Summe hat die AK Grieskirchen beinahe 3 Millionen Euro erkämpft.
Noch nie suchten so viele Menschen Rat und Hilfe bei den Servicestellen der AK Oberösterreich wie im Jahr 2020. Die Zahl der Anfragen erreichte eine Rekordhöhe von 375.000.
119,7 Millionen Euro für Beschäftigte
Durch Lockdown und Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz waren persönliche Beratungen nur mehr eingeschränkt möglich. Ihr Anteil sank übers Jahr gerechnet um 28 Prozent auf rund 45.000. Das tat der Beratungsqualität jedoch keinen Abbruch. Denn umso mehr wurden Telefon und Internet zur Fragebeantwortung genutzt. Die Zahl der Mail-Anfragen stieg um 71 Prozent auf mehr als 50.000. Die meisten Anfragen erfolgten per Telefon: Fast 280.000 mal griffen die AK-Mitglieder zum Hörer, um sich Rat zu holen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamtberatungen von 74,6 Prozent (+ 20 Prozent).
Ausnahmesituation stoppt Beratung nicht
Trotz der Ausnahmesituation kam die „klassische“ Rechtsberatung nicht zu kurz. Insgesamt konnte die Arbeiterkammer Oberösterreich 2020 für ihre Mitglieder 119,7 Millionen Euro erkämpfen - darunter vorenthaltene Löhne, unbezahlte Überstunden oder fehlende Kündigungsentschädigungen. Der Großteil - rund 56,2 Millionen Euro - entfiel auf das Sozialrecht. Ein weiterer großer Anteil - nämlich 46,4 Millionen Euro - wurde in Insolvenzverfahren für die von Firmenpleiten betroffenen Beschäftigten erkämpft. Und in Arbeitsrechtsangelegenheiten holte die AK 13,8 Millionen Euro herein, rund 2 Millionen mehr als im Vorjahr. Der Rest des Gesamtbetrags entfällt auf Interventionen in Konsumentenschutzangelegenheiten und auf die Lohnsteuerberatung.
Homepage der AK Oberösterreich stark nachgefragt
Der Auskunftsbedarf und die vorübergehende Einstellung der persönlichen Beratungen wirkten sich im Vorjahr auch auf die Nutzung der Website der AK Oberösterreich enorm aus. Die Website wurde um 50 Prozent mehr genutzt als im Jahr davor. Der größte Teil des Zuwachses lässt sich auf die spezifisch für Corona relevanten arbeitsrechtlichen Themen zurückzuführen. Der Online-Besuch des Bereichs „Arbeit & Recht“ verdreifachte sich nahezu von 521.000 auf 1.371.660 Seitenaufrufe.
Erfolge auf interessenpolitischer Ebene
Die AK war im Jahr 2020 nicht nur auf persönlicher Ebene für die Mitglieder da, sondern auch auf interessenpolitischer Ebene. Durch Stellungnahmen, Gesetzesbegutachtungen und Forderungen konnten Verbesserungen für die Arbeitnehmer/-innen durchgesetzt werden. 2 Beispiele dafür sind der Einsatz zum Schutz von schwangeren Beschäftigten und für eine gesetzliche Regelung beim Home-Office.
Schutz für Schwangere
Die AK Oberösterreich hatte schon während des ersten Lockdowns im März ein präventives Beschäftigungsverbot für Schwangere während der Corona Krise gefordert. Mit einer neuen Regelung sind nun viele schwangere Beschäftigte in der Pflege, in der mobilen Pflege, in Krankenhäusern, in Kinderbetreuungseinrichtungen und anderen Bereichen mit direktem Körperkontakt zu anderen Personen (Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen) besser geschützt. Wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen (kein Körperkontakt, Mindestabstand von 2 Metern) oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz (etwa Home-Office) nicht möglich ist, dann hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Wird die Freistellung in Anspruch genommen, haben Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz des Entgelts.
Regelung für Home-Office
Die Arbeit im Home-Office hat durch die Corona-bedingten Lockdowns eine unglaubliche Dynamik erfahren. Nutzten vor Beginn der Pandemie nur rund 5 Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich Home-Office, arbeiteten laut einer IFES-Erhebung im April und im Oktober 2020 bereits rund 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause aus. Nach mehrmonatigen Verhandlungen haben sich Sozialpartner und Bundesregierung Ende Jänner auf eine Home-Office-Regelung geeinigt. Die Bemühungen der AK haben sich ausgezahlt, endlich gibt es klare Rahmenbedingungen für die Arbeit zuhause. Zentraler Punkt ist die Freiwilligkeit. Niemand kann gezwungen werden, im Home-Office zu arbeiten. Die Nutzung von Home-Office muss in Zukunft schriftlich vereinbart werden.
Die neuen Regeln stellen klar, dass der Arbeitgeber Arbeitsmittel wie Laptop, Handy und auch WLAN bereitstellen oder einen Kostenersatz zahlen muss. Die Abschreibung von Kosten für Anschaffungen und die Steuerfreiheit für Zuschüsse vom Arbeitgeber sorgen dafür, dass Betroffene einen finanziellen Ausgleich bekommen. Zudem ist nunmehr das wichtige Thema Unfallversicherung geregelt. Das betrifft auch Wegunfälle vom Home-Office in die Arbeitsstätte, zu einem Arzttermin oder wenn man die Kinder in den Kindergarten bringt.
Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. gestartet
Die AK Oberösterreich hat schon vor Wochen mit dem Home-Office-Test-Tool H.O.T.T. ein interaktives Serviceangebot für die Beschäftigten gestartet. Dieses beantwortet sämtliche Details zur Home-Office-Thematik, beinhaltet zehn Fragen und liefert eine individuelle Auswertung zur persönlichen Arbeitsplatzgestaltung sowie zu organisatorischen und rechtlichen Aspekten. Weitere Infos und eine Home-Office-Mustervereinbarung werden per E-Mail zugesandt. Mehr dazu finden Sie hier.
Kurzarbeit und Kinderbetreuung
Die weltweite Krise forderte die Arbeitnehmer/-innen auch im Bezirk Grieskirchen so stark wie noch nie: Rekordarbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Ängste vor Jobverlust, Probleme bei der Organisation der Kinderbetreuung und finanzielle Sorgen ließen viele Beschäftigte verzweifeln - und die Telefone der Bezirksstelle heiß laufen. „Corona hat natürlich auch in der Beratung der AK Grieskirchen eine enorme Rolle gespielt. Die Menschen hatten vor allem Fragen zur Entlohnung während der Kurzarbeit, zu Home Office, Urlaubs- und Zeitausgleichsanordnungen, Unklarheiten in Bezug auf die Frage, wer zu den Riskogruppen zählt, sowie Probleme mit der Kinderbetreuung wegen geschlossener Schulen und Kindergärten. Wir konnten hier massiv dazu beitragen, die erste Verunsicherung zu nehmen. Die Menschen waren unglaublich dankbar, in dieser kritischen Zeit kompetente Auskunft zu bekommen“, sagt die Bezirksstellenleiterin der AK Grieskirchen, Mag.a Elisabeth Marschalek.
Dauerbrenner in der Beratung abseits von Corona waren im vergangenen Jahr in Grieskirchen nicht bezahlte Löhne und Gehälter, offene Überstunden, Kündigung und Einvernehmliche Auflösung, Fragen zu Mutterschutz, Karenz, Kinderbetreuungsgeld sowie Elternteilzeit, die Überprüfung von Dienstverträgen sowie die Kontrolle von Endabrechnungen. Häufig hatten die AK-Mitglieder auch Fragen zur abschlagsfreien Pension und zu Sperren beim Arbeitslosengeld. Erneut zeigte sich, wie wertvoll die Arbeit von Betriebsräten ist: Von jenen Fällen, in denen die AK Rechtshilfe und Rechtsvertretung leisten musste, waren mehr als 85 Prozent von Beschäftigen aus Betrieben ohne Betriebsrat.
Telefonische Beratung verdoppelte sich fast
Der Großteil der Ratsuchenden wandte sich telefonisch an die AK Grieskirchen (4.784) – um 91 Prozent mehr als im Jahr 2019. 1.050 Personen kamen persönlich in die Bezirksstelle, 404 baten um Auskunft per E-Mail. Zusätzlich haben Bildungsexperten/-innen 94 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt.
In Summe konnte die AK Grieskirchen im Arbeitsrecht durch außergerichtliche Interventionen oder auf dem Gerichtsweg 437.440 Euro für die AK-Mitglieder zurückholen - Geld, das den Beschäftigten zugestanden ist, das ihnen allerdings von den Arbeitgebern unrechtmäßig vorenthalten wurde. Insgesamt wurden 118 Fälle gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen.
In Sozialrechtsangelegenheiten (Pension, Pflegegeld, Renten) erstritt die AK Grieskirchen im vergangenen Jahr 2.383.962 Euro. Zusätzlich wurden 2020 für Arbeitnehmer/-innen aus insolventen Betrieben 148.832 Euro durchgesetzt. In Summe erreichte die AK Grieskirchen im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 2.970.234 Euro.
Ein Fall aus dem Arbeitsrecht: Kündigung eines 57-Jährigen erfolgreich angefochten
In Firmen, in denen es einen Betriebsrat gibt, muss dieser vom Arbeitgeber darüber informiert werden, wenn eine Beschäftigte / ein Beschäftigter gekündigt werden soll. Der Betriebsrat hat das Recht, Kündigungen auch zu widersprechen und im Streitfall die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses einzuklagen. Daher wandte sich im Vorjahr der Betriebsratsvorsitzende eines Unternehmens mit Sitz im Bezirk Grieskirchen an die AK. Ein Metallhilfsarbeiter, der mehr als 20 Jahre im Betrieb gearbeitet hatte, sollte im 58. Lebensjahr gekündigt werden. Er war gegenüber seiner Frau und 3 Kindern unterhaltspflichtig, 2 davon befanden sich noch in Ausbildung. Der Mann war gesundheitlich angeschlagen, eine Operation stand bevor.
Der Betriebsrat widersprach der Kündigung durch die Geschäftsführung. Erstens, weil der Mann nach seiner Operation noch seiner Arbeit nachgehen könne, zweitens, weil die Firma im unmittelbaren Arbeitsumfeld des Mannes auch 10 Leasingarbeiter beschäftigte und es somit dem Arbeitgeber auch aus wirtschaftlicher Sicht zumutbar sei, den Mann weiterzubeschäftigen, und drittens, weil auf seine familiären Umstände und die Unterhaltspflicht Rücksicht zu nehmen sei. Zudem sei der Mann lange betriebszugehörig und habe stets hohe Arbeitsbereitschaft gezeigt, etwa in Form von Überstunden und Wochenendarbeit. Die AK unterstützte den Betriebsrat und gewährte kostenlose Rechtsvertretung. Sie brachte Klage beim Landesgericht Wels ein - und konnte einen Erfolg verbuchen: Die Firma lenkte noch während des laufenden Verfahrens ein und zog die Kündigung zurück.
Schwerarbeitspension für Gußmeister erkämpft
Ein 59-jähriger Mann aus dem Bezirk Grieskirchen wandte sich an die AK. Er hatte bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) einen Antrag auf Gewährung der Schwerarbeitspension gestellt, doch dieser wurde abgelehnt. Nach seinem eigenen Empfinden erfüllte der Mann aber dafür die Voraussetzungen, weil er über viele Jahre hinweg schwere körperliche Arbeit geleistet hatte. Er hatte den Eindruck, dass die PVA aufgrund seines Meistertitels meinte, er leite vorrangig nur die Schwerarbeit leistenden Kollegen an und kontrolliere sie, führe selbst aber kaum körperlich schwere Tätigkeiten aus. Ein Irrtum: Da es sich um einen kleinen Betrieb handelte, führte der Mann die gleichen Tätigkeiten aus wie seine Kollegen. Die Kontrolle lief nur nebenbei, was auch der Arbeitgeber bestätigte.
Die AK teilte die Ansicht des Mannes, wonach ihm die Schwerarbeitspension zugesprochen werden müsse, und klagte gegen den negativen Bescheid der PVA. Ein neues Gutachten prüfte die tatsächliche Tätigkeit des Mannes in der Arbeit. Das Ergebnis: Der Mann leistete beinahe 15 Jahre schwere körperliche Arbeit im Sinne der Schwerarbeitsverordnung und erfülle damit die Voraussetzung. Er kann nun mit 60 - statt erst mit 65 Jahren - seine Pension antreten.
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Andreas Stangl AK-Vizepräsident | |
Mag.a Elisabeth Marschalek AK-Bezirksstellenleiterin | |
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Wichtig war der AK, dass die Menschen auch in den Bezirken trotz Lockdowns und der Umstellung der Beratung auf telefonischen und elektronischen Weg gewohnt schnelle und kompetente Beratung und Hilfe bekommen.
Andreas Stangl
AK-Vizepräsident