E-Book-Reader, TV & Co are watching you

E-Book-Reader senden Daten zum Leseverhalten an Unternehmen, Fit­ness­arm­bänd­er messen Puls und liefern Ge­sund­heits­daten an Dritte - das sind nur 2 Beispiele dafür, was alles möglich ist.

Immer mehr Firmen preisen Dinge an, die ins Internet integriert sind und uns durchleuchten. Die Geräte erlauben den Firmen noch tiefere Einblicke in unser Leben – Erstellen von Persönlichkeitsprofilen oder Prognosen über künftiges Verhalten inbegriffen. Eine AK Studie setzt sich mit der kommerziellen di­gi­tal­en Überwachung kritisch auseinander. Mit dem ‚Internet der Dinge‘ tut sich zudem eine Vision auf, die für Datenschützer:innen ein Albtraum ist.

Nicht nur Smart­phones und mobile Apps spionieren

Smartphones und mobile Apps gelten momentan als Einfallstor für Daten­sam­mler:innen, aber es kommt noch dicker. Eine von der AK beim Wiener Institut für kritische digitale Kultur (Studienautor Wolfie Christl) in Auftrag gegebene Studie zeigt:

Mit Sensoren ausgestattete und dem Internet verbundene Geräte durchleuchten uns. Die Zahl der Daten, die Konsument:innen Datensammler:innen selbst bereitstellen, nimmt zu: E-Book-Reader übertragen Daten zum Leseverhalten an Unternehmen. Ver­netzte TV-Geräte liefern Angaben über gesehene Filme. Mit Fitness-Trackern oder -arm­bändern (Wearables)  überwachen sich Konsument:innen im Dienste ihrer Ge­sundheit nicht nur selbst, sondern liefern auch Facebook-Freund:innen und Firmen Daten über etwa Puls, Schlaf, Gewicht.

Was Ihre Zahn­bürste alles über Sie weiß

Hunderte Angebote zur Vermessung der eigenen Körperfunktionen und zur „Optimierung des Selbst“ sind bereits auf dem Markt. Aber es geht noch wilder:

  • Biometrische Kopfhörer, T-Shirts und Büstenhalter messen den Puls.
  • Intelligente Zahnbürsten melden Zahn­putz­aktiv­itäten via Bluetooth auf das Smartphone.
  • Mit einer App können Putz­pro­gramme eingestellt und das -verhalten ausgewertet werden.
  • Ein US-Forscher­team hat Gesundheitssensoren entwickelt, die sich wie entfernbare Tattoos auf die Haut drucken lassen. Sie messen Temperatur und ausgeübte Kräfte.

Totale Über­wachung der Arbeit­nehmer

Die Entwickler haben auch die Arbeitswelt im Auge. Das US-System Theatro er­möglicht die Ortung von Angestellten und bietet die Auswertung von deren Verhalten, Produktivität und Bewegungsmuster an. Überwachungsboxen im Auto zeichnen rund um die Uhr das Fahrverhalten auf und übertragen etwa Beschleunigungswerte an Versicherungen, die die Höhe der Prämienzahlung von den gemessenen Daten abhängig machen. In Spanien, Großbritannien und den USA ist dieses Prinzip schon etabliert.

Wo bleibt die Privat­sphäre?

Die Entwicklung wirft zahllose Fragen in Bezug auf Privatsphäre und Über­wach­ungs­ge­lüste auf. Informationen über das Privatleben können noch in­ten­siv­er ausgebeutet werden. Falsche Schlussfolgerungen haben negative Aus­wirk­ung­en auf Einzelne. Sind keine Daten über eine Person vorhanden, schätz­en Unternehmen das Risiko für eine Kundenbeziehung unter Umständen als zu hoch ein. 

Die AK verlangt daher vorsorgliche Risikoanalysen. Denn die gelt­enden Datenschutzgesetze bieten keine Antworten auf digitale Risiken. Aktuell klafft eine Lücke zwischen Datenschutzrecht und Praxis.

Forderungen

  • Mehr Schutz: 
    Gesetzgeber und Kontrollbehörden müssen früh­zeit­ig schützend eingreifen, wenn eine Aushöhlung des Daten­schutz­es droht. Datenschutzkritische Trends müssen frühzeitig er­kannt werden. Die Gestaltung von datenschutzrelevanten Ge­schäfts­ideen darf nicht allein den Unternehmen überlassen wer­den.

  • Regeln für den Datenhandel: 
    Anbieter berufen sich oft auf Ein­willig­ungs­klauseln, die viel zu unbestimmt sind. Meist fehlt es auch an der Freiwilligkeit der Zustimmung – dann nämlich, wenn die Konsumentin/der Kon­sum­ent keine andere Alternative vorfindet, als einen Dienst gar nicht zu nutzen. Dort, wo die freiwillige und informierte Zu­stim­mung der Konsument:innen eine bloße Fiktion ist, muss der Schutz der Nutzer:innen gesetzlich geregelt werden.

  • Kontrolliert durch Datenschutz-Gütesiegel: 
    Heikle neue Trends sollten eine Datenschutz-Zertifizierung durchlaufen müssen, etwa das europäische Datenschutz-Gütesiegel EuroPriSe.

  • Europäischen Entwurf zur Datenschutz-Verordnung ver­bes­sern:
    Es braucht strengere Anforderungen für eine „informierte Zu­stim­mung“ der Betroffenen, damit ihre persönlichen Daten ver­arbeit­et und weitergenutzt werden können für andere (Marketing)-Zwecke. Ebenso wichtig sind die (internationale) Durchsetzbarkeit, die Sanktionierung und die Ausstattung der Kontrollbehörden mit angemessenen Ressourcen.

  • Geschäftsmodelle überdenken: 
    Anbieter müssen Ge­schäfts­mod­elle entwickeln, die verantwortungsbewusst, also auch sparsam, mit den Kundendaten umgehen. Das Vertrauen vieler Nutzer:innen in di­gi­tal­e Kommunikationstechnologien ist bereits angekratzt. Das World Economic Forum hat schon 2012 festgehalten, dass dieser Mangel an Vertrauen in Bezug auf persönliche Daten eine Be­droh­ung für die digitale Wirtschaft ist.
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